Susi und die Bienen ( kleiner Ausschnitt)

Tinchen66

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Susi und die Bienen (kleiner Ausschnitt)

** Ein kleiner Ausschnitt aus meinem Manuskript "Susi und die Bienen" ... **


So langsam weicht der Frühling dem Sommer.
Auf dem Lande bringt der Imker seine Bienenstöcke nahe an die Raps- und Kleefelder heran, um den Bienen einen weiten Anflug zu ersparen.
Von den einzelnen Bienenstöcken hat ein jeder eine eigene Farbe. Gelb, rot, grün, blau oder braun. Das sieht lustig aus, und die Bienen finden schneller ihr eigenes Volk.

Es ist heiß geworden. Der Juli erfreut die Menschen ringsumher mit einem strahlend blauen Himmel und weißen Schäfchenwolken. Kein Windhauch regt sich. Alles ist still und die Hitze flimmert über dem Garten.
Auch den Bienen ist diese Hitze lästig. In ihrem Stock ist es unerträglich heiß! Die Waben werden weich, und die Bienen sind müde.

"Was ist das?", denkt Susi, und läuft zum Bienenstock. Auf dem Brettchen vor dem Flugloch sitzen ganz viele Bienen. Was machen sie da nur? Susi staunt, denn alle Bienen bewegen ihre Flügelchen ganz schnell, so wie kleine Propeller. Der leichte Windhauch, der dabei entsteht, zieht hinein in den Bienenstock, sogar bis in die engen Gassen zwischen den einzelnen Waben. Und wirklich: es ist kühler geworden!
Jetzt können die Bienen wieder an ihre Arbeit gehen, denkt Susi, und schaut ihnen dabei zu, wie sie beginnen, emsig hin und her zu fliegen. Beruhigt, dass den Bienen nichts fehlt, geht sie wieder in den Garten zurück.

Hier sitzt sie nun mit ihren Eltern und genießt die Ruhe. Zum Spielen hat sie keine Lust, es ist zu warm. Aber unter den Zweigen der großen Birken ist es angenehm schattig. Sie kuschelt sich in ihren Liegestuhl. Ihre Eltern liegen neben ihr und dösen. Doch das ist Susi auf die Dauer doch zu langweilig. Sie steht auf, läuft im Garten auf und ab und erfreut sich an der überwältigenden Blütenpracht der sommerlichen Stauden. Dabei sieht sie den fleißigen Bienen bei ihrem Flug durch den Garten zu.
"Ich werde mich wohl doch etwas hinlegen", denkt Susi und will bereits zu ihren Eltern zurückgehen, als sie ein schreckliches Gekreische vernimmt. Erschrocken schaut sie sich um. "Was ist denn da passiert?", ruft sie und läuft zum Gartentürchen. Sie will unbedingt wissen, woher der Krach so plötzlich kommt. Doch was musste sie dort sehen?!

Seppl und Andy, die beiden schlimmsten Rüpel aus ihrer Klasse, lagen im Staub der Straße vor dem Bauernhof und wälzten sich dort herum. Außerdem warfen sie sich die schlimmsten Schimpfwörter an den Kopf. Beide Jungen hatten schon ganz rote, verschwitzte Gesichter und plärrten, was das Zeug hielt!
Lachend hielt Susi sich die Ohren zu! Eine ganze Weile beobachtete sie das Treiben der beiden Burschen, doch dann rief sie, nicht, ohne sich vorher hinter dem Gartenzaun in Sicherheit zu bringen: "He, ihr zwei. Was treibt ihr denn da? Hört doch auf, euch zu hauen!"
Es reagierte keiner der beiden Buben auf ihren Zuruf. Sie rangelten weiter und wurden dabei auch nicht gerade leiser. Susi sah sich um. Direkt neben der Haustür lehnte der alte Straßenbesen. Diesen nahm sie sich nun, ging wieder auf die sich streitenden Buben zu und stupste Seppl mit dem Besenstiel in den gerade nach oben gereckten Po.
"Huh!", schrie Seppl auf, und ließ von Andy ab. "Was soll denn das?" Zornig schaute er sich um und sah in Susis lachendes Gesicht.
"He, Susi, was mischst du dich denn hier ein?", krähte Seppl schon wieder lautstark und wischte sich über sein verschwitztes Gesicht. Da seine Finger nicht gerade sauber waren, sah er im Gesicht nun aus wie ein Sioux-Indianer auf Kriegspfad. Susi kugelte sich vor Lachen!
Das ärgerte Seppl nun wieder und er raffte sich auf, um zu Susi in den Garten zu gelangen und diesem aufsässigen Mädel einmal zu zeigen, was für ein prima Kerl er doch war. Doch Andy sprang ebenfalls auf, hielt Seppl an den Hosenträgern fest und hinderte ihn somit daran, sich auf Susi zu stürzen.
"Nun gib doch mal endlich Ruhe, Seppl", rief er diesem zu. "Susi kann doch auch nichts dafür. Wir sollten uns wieder vertragen. Vielleicht finden wir ja einen neuen."
"Was habt ihr denn gefunden?", fragte Susi nun neugierig.
"Einen Frosch!", plärrte Seppl, noch immer erbost.
"Was denn für einen Frosch?", wollte Susi genauer wissen.
"Einen grünen!", erwiderte Seppl und funkelte sie an. "Einen ganz grünen Frosch! Und den habe ich gefunden, damit das klar ist. Und ich wollte ihn auch haben!"
"Aha", machte Susi und schaute von einem Buben zum anderen. "Und wozu?"
"Typisch Mädchen", winkte Seppl verächtlich ab und verzog den Mund. "Das ist Jungensache", erklärte er sodann wichtigtuerisch und blinzelte Andy verschwörerisch zu. "Wehe, du sagst was!"
Aber Andy wollte Susi gern erzählen, was sie heute Morgen erlebt hatten. Er stupste sie leicht an und meinte dann: "Wir wollten eigentlich fischen gehen, aber es waren keine Fische da, die anbeißen wollten. Also sind wir um den Teich herumgelaufen, als wir ein leises Quaken gehört haben. Seppl ist gleich los und hat gesucht. Dann hat er den Frosch mitgebracht. Ein hübsches kleines grünes Kerlchen. Vor allem die Fingerchen waren putzig. Sie sahen aus, als hätten sie vorne eine kleine Kuller dran", erzählte er weiter.
"Aber ihr könnt doch den Frosch nicht einfach mitnehmen", sagte Susi darauf und schüttelte den Kopf, dass ihre blonden Zöpfchen lustig um ihr Gesicht wippten. "Das darf man nicht. Der Frosch muss da bleiben, wo er war. Sonst kann er nicht überleben."
"Woher willst du das denn eigentlich so genau wissen, häh?", kam es von Seppl, der gerade damit beschäftigt war, seine nicht mehr saubere Hose vom Straßenstaub zu befreien, soweit das überhaupt noch möglich war.

"Was genau hattest du denn mit dem gefangenen Frosch vor, Seppl?", erklang es plötzlich vom Garten her. Susis Vater hatte den Lärm auf der Straße gehört und wollte einmal nachschauen, was dort eigentlich los war. Er hatte die letzten Worte des Jungen noch vernommen. Stirnrunzelnd trat er auf diesen zu.
"Wer soll denn das Tierchen versorgen?", fragte er den Jungen. Dieser wand sich vor Unbehagen hin und her. Ganz leise wisperte er als Antwort: "Na ich!"
"Ja sag einmal, du dummer Bengel, hast du denn überhaupt eine Ahnung davon, was solch ein Tierchen braucht, um überleben zu können?"
"Äh - Fliegen, glaube ich", murmelte Seppl zögernd und schaute Susis Vater an.
"Fliegen, aha. Und die willst du fangen, ja? Kannst du mir mal erklären, wie du das machen willst? Musst du denn nicht zur Schule gehen?"
"Aber - aber - ich habe den Frosch ja gar nicht mehr", kam es leise aus Seppls Mund. "Er muss mir unterwegs aus der Tasche gehüpft sein."
"Das macht es auch nicht besser, Bub. Der Frosch gehört in seinen Lebensraum, nur dort kann er überleben. Nur dort allein findet er alles, was er zum Leben braucht. Die richtige Luftfeuchtigkeit und seine Nahrung. Und vor allem: Er kann ins Wasser springen. Das hätte er bei dir auch alles gehabt?", fragte Susis Vater und sah zweifelnd in das gerötete Jungengesicht.

"Ich freue mich ja, dass ihr Kinder solch ein Interesse an der Natur zeigt", sagte er sodann. "Auch unsere Susi hat ein sehr großes Interesse an der Natur, und ich habe mich sehr gern mit ihr an unseren Bienenstock gesetzt und ihr erklärt, was wir von den fleißigen Insekten lernen können. Auch haben wir hier in unserem Haus so manches kranke Tier wieder gesund gepflegt und diesem darauf die Freiheit wiedergegeben. Und wenn Susi heute fast alle Pflanzen ihrer neuen Heimat kennt und in ihrem Herbarium gesammelt hat, so ist das sehr gut. Aber was ihr beiden Jungen heute getan habt, war mehr als hässlich und gemein."
"Ich habe auch ein Herbarium", warf Andy ein. "Ich habe viele Pflanzen im Wald gesammelt, gepresst und mit ihrem richtigen und ihrem lateinischen Namen versehen. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, diese Arbeit zu tun. Aber ich habe noch längst nicht alle Pflanzen, die hier bei uns vorkommen, in meinem Herbarium."
"Das ist sehr schön, Andy. Es zeigt mir, dass du mit dem Herzen dabei bist, und dass auch du die Natur liebst. Aber es verwundert mich, zu sehen, dass ihr Tiere fangt und einfach mit euch nehmen wollt. Das ist Tierquälerei, Kind. Und hat mit Liebe zum Tier wahrhaft nichts zu tun."
"Ja, ich weiß", kam es leise von Andy zurück, dem die Tränen in den Augen standen. So sehr schämte er sich für das, was er heute getan hatte. Obwohl ja eigentlich Seppl den Frosch gefangen hatte ...
Susis Vater schaute nun Seppl an.
"Du wolltest heute also einem freien Wesen seine Freiheit nehmen."
"Aber ... Ich wollte doch nur ..."
"Jetzt rede ich. Was du wolltest, weiß ich genau. Du wolltest das Tier großfüttern und es wieder aussetzen. Weißt du aber, ob dir das gelungen wäre?"
Seppl schwieg.
"Hast du auch einmal an den Frosch gedacht? Dass er sich vielleicht nicht wohlfühlen könnte, dort, wo du ihn hinsetzen wolltest? Hältst du ein Tier eigentlich für seelenlos? Denkst du, dass ein Tier kein Leid empfinden könnte?"
Seppl liefen dicke Tränen die Wangen hinab.
"Noch ist es nicht zu spät, mein Junge. Es ist noch sehr hell. Wenn ihr jetzt den Weg zurück lauft, den ihr gekommen seid, müsstet ihr den Frosch vielleicht noch finden. Wenn es so ist, nehmt ihn vorsichtig auf, und tragt ihn zurück - dahin, wo ihr ihn gefunden habt! Aber beeilt euch ein bisschen damit!"
Beide Jungen sahen auf und nickten stürmisch.
"Ja, das wollen wir tun. Ganz bestimmt finden wir den Frosch noch", rief Andy und sprang auf.
"Ich gehe mit euch", sagte Susi, und lief ebenfalls zur Tür. "Ich darf doch mitgehen, Papa, oder nicht?"
"Ja, gehe mit und pass mir auf die Lausbuben auf, damit sie den Frosch wirklich zurückbringen", rief er ihr augenzwinkernd zu.
"Ja, Papa."

Die drei Kinder fanden den Frosch tatsächlich wieder. Er saß, eng an einen stacheligen Stängel gedrückt, inmitten einer großen Brennesselpflanze. Seppl sprang eifrig hinzu und nahm den kleinen Frosch von der Pflanze herunter. Auch wenn ihm die Brennesseln mächtig in seine nackten Waden bissen und auch die Hand anfing, schrecklich zu kribbeln, sagte er doch kein Wort. Er drückte den kleinen grünen Kerl an sein Herzchen, welches noch immer wie wild klopfte.
"Wir haben ihn, wir haben ihn", rief er froh und hielt den Frosch hoch, um ihn den Freunden zu zeigen.
"Jetzt aber schnell zurück in den Wald, Seppl", sagte Andy. "Wir müssen ihn doch zurückbringen."
Schnurstracks und ohne noch einmal anzuhalten, liefen die drei Kinder dem Waldrand entgegen. Kurz darauf verschwanden sie im Dickicht. Dort vorn war schon der Teich. Juhu! Sie hatten es geschafft!
"Tauche den kleinen Kerl lieber noch einmal ins Wasser", sagte Susi nun. "Er muss ja ganz ausgetrocknet sein."
"Ja, mache ich", antwortete Seppl und sprang schon auf das Ufer zu. Langsam und ganz vorsichtig tauchte er die Faust, worin der kleine grüne Kerl saß, ins Wasser, zog sie dann wieder heraus und ging zu den dicht am Ufer wachsenden Büschen. Dort öffnete er die Hand knapp über dem Boden und stupste den kleinen Frosch ein wenig an, damit er loshüpfen sollte. Erst sah es so aus, als ob der grüne Bursche lieber in der Hand sitzen bleiben wollte. Doch dann sprang er mit einem eleganten Hüpfer aus der Hand des Buben mitten hinein ins Gebüsch.
"Quaaaak - quaaaak", rief er zum Abschied, dann war er verschwunden.

Glücklich ließen sich die drei Kinder ins feuchte Waldgras plumpsen. Vor allem Seppl atmete sichtlich auf.
"Wirst du deinem Vater sagen, dass wir den Frosch zurückgebracht haben, Susi?", fragte er leise.
"Ja, Seppl, das werde ich tun. Und mein Vater wird sich sehr darüber freuen. Ihr dürft das aber nicht noch einmal machen, hört ihr? Ein Tier leidet wirklich sehr! Daran müsst ihr immer denken. Bitte!"
"Nein, wir werden nie wieder ein Tier mitnehmen", versprach Andy feierlich. Seppl nickte zustimmend.
"Nein, nie weider! Was bin ich froh, dass wir das grüne Kerlchen noch finden und wieder hierher zurückbringen konnten. Ob er allein wohl den weiten Weg bis zum Teich geschafft hätte?"
"Sicher nicht. Es gibt auf dem langen Weg zurück zum Waldsee genügend Feinde, die ihm hätten auflauern können. Darum muss er auch hier bleiben. Denn in seiner vertrauten Umgebung und in seinem natürlichen Lebensraum ist er am besten an das harte Leben angepasst und weiß sich besser zu schützen. Mitten auf dem Feld hätte er fast keine Chance gehabt, zu überleben. Das müsst ihr immer bedenken. Versprecht ihr das?", fragte Susi und schaute beide Buben an, die noch immer auf dem Waldboden saßen.
"Ja, Susi, das versprechen wir gern."

Copyright by: Katrin Ruedel, Weimar
(kleiner Ausschnitt aus "Susi und die Bienen")
 
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Rote Socke

Gast
Hallo Tinchen,

Auszüge sind ja nur schwer zu bewerten. In der Erzählsprache haste es jedenfalls drauf. Es liest sich flüssig.
Ich für meinen Teil, konzentriere mich lieber auf die kurzen Storys mit ein wenig Grusel drin. Aber das nur zu mir. Ich denke Deine Geschichte ist ein längeres Werk und dürfte recht ordentlich sein, was ich bisher las.

Schöne Grüße
Socke
 

Tinchen66

Mitglied
Hallo, Rote Socke!

Ganz herzlichen Dank, dass Du Dir die Zeit genommen hast für einen kurzen Kommentar.

Ja, ich weiß, dass es nicht einfach ist, einen Ausschnitt aus einem längeren Werk einzuschätzen. Man weiß ja doch nicht so recht, um was es da eigentlich geht :) ...

Trotzdem freue ich mich, dass Du mir Deine Meinung zu obigem Teilstück geschrieben hast. Ich war mir nicht so sicher, ob es in dieser Weise überhaupt "ankommt" und gelesen wird.

Ich denke, ich werde weitermachen und das Teil zu Ende schreiben ... irgendwie hatte ich zwischendurch das Gefühl, nicht weiter zu kommen, nicht "kindgerecht" zu schreiben, festzuhängen - weiß nicht, wie ich es beschreiben soll ...

Aber Dein Kommentar hat mir nun doch Mut gemacht, weiter zu schreiben ...
Ich danke Dir!

Viele Grüße aus Weimar
Katrin
(Tinchen66)
 



 
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