Tacheles

Paul

Mitglied
Tacheles

Nun mal holla bei die Pferde,
die Rechnung nicht ohne den Wirt und
gemütlich zurückgelehnt -
lüstern das Pfeifchen, wem`s behagt Cognac,
Wodka natürlich wäre ersprießlicher,
nicht ohne das gewisse Zubrot, versteht sich,
weil der Magen und die Wirkung und
das ist eine Kunst für sich.... -
So!
Schauen wir ein wenig in das Kerzenlicht,
lauschen dem nächtlichen Wind und
erahnen beim Ticken der Uhr das Rieseln des Sandes... -
Und nu, liebe Genossen und Genossinnen,
mal Tacheles:
DER DICHTER!
Was um des Dreiteufelsnamen ist das für eine Kreatur?
Was will er?
Will er überhaupt etwas?
Versuchen wir es wie der Panther, schleichen wir uns vorsichtig und verdeckt an.
Hm.
Summasummarum scheint er recht friedlich.
Nicht unbedingt sein äußeres, nein, aber sein Blick verrät das.
Aha.
Sein Äußeres erscheint durchaus, und das sogar zumeist, etwas befremdlich.
Manchmal gar erschreckend befremdlich.
Zuweilen verhüllt.
Hut, Schal, Bart, alles was verdeckt und weckt... -
Zuweilen elegant.
Wäre die Zeit eine andere... -
Zuweilen provokativ.
Seht, ich bin von einem anderen Stern... -
Soso.
Und sein Blick, was nun erblicken wir dorten?
Den Blick eines Pierrot, so wird zumindest vermutet.
Das eine Auge lächelt, das andere weint.
Das sind die Augen also, die die Schönheit, als auch die Traurigkeit geblickt.
Die Lust und das Laster.
Dionysos und Apollo.
Anfang und Ende erahnend... -
Tja.
Interessant, so scheint es... -
Und was will er nu, der Dichter?
Nichts!
Zunächst rein und nichts und gar.
Er entspricht eher einem Badendem.
Badet im Fluß.
Badet im Meer.
Durchaus verträglich, ihn als Wahnsinnigen zu bezeichnen.
Natürlich.
Wer badet schon im Herbst, im Winter... -
Doch bleibt etwas haften, etwas kleben -
Mensch, so ein wahrhaftes Bad... -
Unterm Sternenhimmel -
Nackt-
Mit den Fischen... -
Nun gut!
Frag ihn nie nach der Zeit,
den Dichter,
das weißt Du hoffentlich,
ihn nach der Zeit zu fragen,
das wäre schlafende Hunde wecken -
frag lieber nach seinen Träumen,
das könnte aufschlußreicher sein.
Frag ihn nie nach seinem Denken,
das wiederum würdest du,
wenn auch schlucken,
so unverdaulich -
frag nach seinen Gefühlen,
seinem Empfinden und
- wenn Du Dich traust -
nach seinem Schatz,
das ist sein Geheimnis... -
wenn er will,
und die Sterne günstig stehen,
so wird er antworten.
Das ist der Dichter.
Der, der in Höhlen lebt und betet.
Der niemals weint oder immer.
Der existiert, um den Spiegel zu halten.
Der weiß, aber lieber lebt.
Lieber lebt, weil er liebt...
 

Khalidah

Mitglied
Lieber Paul,

meine Verehrung - du bist einer der wenigen Menschen (oder Schreiberlinggenossen) , die ich mit Überzeugung zitieren möchte! Manche deiner Gedichte (so wie dies hier) sind fast wie die großen Weisheiten der Menschheit, jedoch lebendiger...

Liebe Grüße

Khalidah
 

Khalidah

Mitglied
*flatter*

Wohin solls denn gehen? Die Welt steht Toren offen... :)

Mir ist gerade eingefallen, woran mich der Sog deiner Worte erinnert hatte, es hat ähnliche Anziehungskraft:

"Der Dichter mach sich selbst zum Visionär durch eine lange, grenzenlose und systematische Verwirrung aller seiner Sinne. Alle Arten der Liebe, des Leidens, der Verrücktheit sucht er, er braucht in sich alle Gifte auf und bewahrt ihr Eigentliches. Unaussprechliche Qual, in der er den tiefsten Glauben braucht, übermenschliche Stärke, in der er unter allen Menschen der Versehrteste wird, der Verfluchteste und - der höchste Wissenschaftler. Denn er gleangt zu Unbekannten! Was also, wenn er vernichtet wird auf seinem extatischen Flug durch Welten, die nie gehört wurden, unbenennbar sind..."

-Rimbaud-

Anderer Inhalt, aber wie ich schon -anders- sagte: Lieber Paul, dies klingt ebenfalls wie ein Klassiker...

Liebe Grüße

Khalidah
 

Paul

Mitglied
oh, sieh an, die rabe hat bereits die tiefen durchmessen, wie schön, so wirds gar ein pfau geworden oder besser noch ein schwan, ein schwan den fisch aus blutend meer erblicket... - ist tauchen ihr wie fliegen, hat sie jemals den flug des rochens, ists nicht von belang, so hoff ich, wohlan, ein stückchen des wegs, sehr gern, ein tänzchen auf niemandslandswiesen sei gewagt...
 

Khalidah

Mitglied
Über Niemandslandwiesen
tanzen die Raben
denen die Götter
den Tod nicht gaben
& die Sonne wird neu geboren.

Sie werden zu Schwänen
über Niemandslandwogen
die die Götter
um Gesang betrogen
& die Sonne wird neu geboren.

In Niemandslandwäldern
wispern sie, Eulen,
die mit den Götten
nicht Traurigkeit teilen
& die Sonne wird neu geboren.

In Niemandsschatten
des Niemandsnichts
sind Raben
in Gnade
wieder Kinder des Lichts
& die Sonne starb einmal mehr

Sie wissen & sie leben
nicht lieber, doch sie lieben
im Nachtherz
& glauben manchmal sogar wieder
dass sie Küken sind geblieben.
 

Paul

Mitglied
ehrwürdig verneigt sich,
der das alte lied erlauscht -
zisch, fällt eine träne in den schnee und
ein schweigen bleibt lächelnd zurück -
ein kleiner dank fliegt auf gen himmel,
sucht den urquell, in dem ein kindlein badet -
ach, da unten spiegelt sich im licht,
was von herzen scheint, ein glitzernd schatz... -
wohlan!
 



 
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