Tierpark

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H

HFleiss

Gast
Tierpark

Im kunstvollen Bett ein schwarzer Bach
Voll Federn und Entengrütze am Ufer
Paar träge Erpel fern hinter uralten Bäumen
Zänkisch zwei domestizierte Pfauenkönige
Die Füße im Wasser ein traurig gestutzter
Kronenkranich erhaben wandt er sich ab
Er kannte noch Meere und Wüsten sein Reich
vorzeiten wohl wars von anderer Welt
Auf nem Hügel der Tempel zu Ehren der
Griechengötter Dorersäulen wolkenweiß
Die Wiese blau so blau wie Benns Blaue Stunde
Meine Plebejerfüße im preußischen Zuckersand
 

Carlo Ihde

Mitglied
Plebejerfüße im preußischen Zuckersand: toll gedacht. Damit gehst du auf deine eigene, unlebbare Vergangenheit ( weil Preußen ist nicht mehr) ein, wo du doch vorher die unlebbare Vergangeheit des Kranichs beschrieben hast. Ihr seid beide irgendwie Käfigtiere, aber du gestattest dem Vogel, eine erhabenere unlebbare Geschichte zu, als dir, dem Menschen.

Etwas mystisch das Ganze. Nicht ohne Geschmack zu lesen. Etwas Rilke, der Panther, kam mir in Gedanken hervor. Auch er zauberte eingesperrten, von ihrer üblichen Daseinsform enthobenen Tieren ein uraltes Recht in das Antlitz, dass durch den Menschen und sein Domestizieren gebrochen wurde.

Wie immer ist mir der Text leider zu kurz. Ja sicher, ein Gedicht. Aber ich will immer so viel mehr darin sehen.
 
H

HFleiss

Gast
Denk dir das zwischen den Zeilen Stehende, Carlo. Davon muss meiner Meinung so ein kleiner Text das meiste haben (grins), ich mach mir nichts aus langen Riemen. Der Tierpark wurde auf dem Gelände eines Schlossparks (Treskow letzter Privatbesitzer) erbaut (in den fünfziger Jahren, Nationales Aufbauwerk, die Bevölkerung hatte auch gespendet). Es geht die Rede, er solle geschlossen werden, Berlin brauche keine zwei Zoos. Es gab gewaltigen Protest, aber ich glaube, vom Tisch ist die Schließung immer noch nicht ganz. Das mit den Käfigtieren, Carlo, ischa doch nbissken um die Ecke gedacht. Hanna
 
B

Beba

Gast
Ist wieder schön zu lesen, dein Text. Und hier reicht mir auch die Länge. Ein schönes Bild, was du da malst.

Nur eines stört mich:

...erhaben wandt er sich ab
Er kannte noch Meere und Wüsten...
Mich stört, dass du hier bei "wandt" die Vergangenheit wählst, da fällt man irgendwie aus dem Bild heraus.

Ciao,
Beba
 
H

HFleiss

Gast
Beba, "wandt" und "kannte" sind die einzigen Verben, an denen man das Präteritum (damit die Zeit des Textes überhaupt) festmachen kann. Im Präsens gefiele mir der Text nicht, weil es dann heißen müsste: "wendet". Wandt mit dem a gefällt mir besser, auch wegen des Rhythmus. Hanna
 

Milko

Mitglied
tiere

berlin berlin,
hallo hannah ,

tja an berlin dachte ich bei dir
geschichtliche verknüpfung ebenso
zwei zoos weiß ick och
(..und noch so gross , ost & west...nee!)is nur blödsinn !!!

doch dein kommentar irritiert mich etwas :
quote:
(frei schnauze von mir!)
__________________________
berlin braucht keine zwei zoos! (zwar als erklärung für fragende nur von dir eingeworfen - ...)
__________________________

ABER WAS IST MIT DEN TIEREN
Käfige ,geplättete Eisenstangen
hinterlassenschaft von
kreisenden" ausstellstücken
sind nur noch auf dem weg zum tod

&
aber
deine schrift sieht das tier
der kronenkranich
wandt sich ab...
: beinhaltet all dies !

jedoch keiner spricht davon ,
ich hoffe wenigstens dir, hannah war dies
bewusst
& dann gibt es auch keine frage zu
wandt" oder zur zeitlichen darstellung ,
es gibt nur
wandt"
( nur das menschliche gehirn ist dazu in der lage auch überflüssiges und nicht relevantes in ein thema einzubeziehen -welch eine Herausforderung , eigentlich?)

mir gefällt deine umsetzung des themas sehr hannah,
mich grübelt nur dies eine Gedanke ! siehe oben
sonst
zieh gar den hut vor dir.
gm
 
H

HFleiss

Gast
Nee, Milko, da haste was verkehrt verstanden.
Mit der Begründung, Berlin brauche keine zwei Zoos, wollte der Berliner Senat den Tierpark schließen. Es ist keinesfalls meine Meinung. Aber ansonsten freut mich dein Kommentar (auch wenn ich wie immer bei dir sowas wie eine Hilfsleine brauche, an der ich mich entlanghangeln muss, um dich zu verstehen). Was aber den Hut angeht - Milko, Milko, stilisiere mich nicht noch zum Gessler (!) hoch. Es gibt hier einige verklemmte Herzchen, die nehmen das bereits jetzt an. Und der nächste Willy Tell steht vielleicht schon auf der Matte (grins).

Hanna
 

Carlo Ihde

Mitglied
Ich hab ne Idee: wie wärs, wenn der Tierpark in Berlin die vier Millionen Euro Überschusseinnahmen aus dem Verkauf von Knut-Devotionalien einfach teilt und mit der einen Hälfte einen Zoo-Finanz-Ausgleich startet um den Tieren in dem weniger überlaufenen Ost-Zoo etwas mehr Futter und Gehege-Platz zu besorgen...

Dann könnte Hanna weiterhin im Angesicht der Tiere ihren lyrischen Existenzialismus verfolgen und wir alle können dann weiterhin ambitioniert über Literatur und so was diskutieren...
 
H

HFleiss

Gast
Das mieft aus einer bestimmten Richtung, ich spüre den Gestank, Carlo. Hanna
 

Carlo Ihde

Mitglied
Welchen Gestank? Ich bin dafür, dass man Vielfalt erhalten muss. Der Zoo hat das verdient. Ich kennen zufällig beide Berliner Tiergehege ganz gut und bin ernsthaft der Meinung, dass die Realsatire nicht länger auf Berlins Boden wüten darf. Der eine Zoo schreibt obszöne Gewinne und der andere soll nach Meinung der Stadtoberen abgeschafft werden. Das ist ungerecht.

Kritik an deinem Text war das nicht. Kam bestimmt falsch an. Wenn der Zoo eine Inspiration für die ist und lange war, dann wird er dir wichtig sein und muss in deinen Augen erhalten bleiben. Ich wollte nur aus meiner distanzierten Position beipflichten, dass der Zoo erhalten bleiben möge.
 



 
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