Tired Mind

Lieber Leser,
im Folgenden steht der Beginn eines angedachten "Reality-Romans" - ein Genre, das ich persönlich gar nicht so gern lese und deshalb bisher gescheitert versucht habe, zu erdichten.



Da hing ich nun. Kopfüber an einem Ast und starrte in die Bucht hinunter. Es war dunkel. Der Mond zersprang auf der Meeresoberfläche in tausende glitzernde Splitter. Die Wellen schwappten leise an den Strand, der von den Lichtern der wenigen Häuser orange aufleuchtete. Tänzelnde Musik und freundliche Stimmen drangen herauf. Schwarze Berge ragten rings um die Bucht auf; bedeckt von einem dichten Wald. Es war warm und roch süßlich nach farbenfrohen Blüten. Die Geräusche der Nacht erfüllten die Luft. Eine leichte Brise wehte von weit her in mein Gesicht, wirbelte durch meine braunen, halblangen Haare und zog weiter in den Wald hinein. Ich heiße Korona und bin in meinen Augen nicht gerade das Ebenbild eines „süßen Mädchens“. Ich bin zwar nicht besonders groß, aber auch nicht besonders zierlich oder graziös. Außerdem fühle ich mich in lässigen Klamotten wohler, als in aufreizendem Schnulli. Deshalb trug ich auch Pariser blaue Bermudashorts und ein einfaches hellgrünes T-Shirt. Mein Baum stand auf einem kleinen Vorsprung an einer Bergflanke an der linken Seite der Bucht. Ein schmaler Trampelpfad führte vom Strand mehrere hundert Meter hier hinauf. Ich betrachtete die Silhouetten vor den Häusern und genoss die friedliche Atmosphäre, die alles in sich hüllte. Gerade, als ich beschloss einmal hinunter zu wandern, klopfte es. Genervt ließ ich den idyllischen Ort verblassen und stopfte ihn zurück in irgendeine Gehirnwindung. Den Besuch musste ich wohl aufs nächste Mal verschieben.
„Ja“, antwortete ich auf das wiederholte Klopfen an meiner Zimmertür. Meine Mutter kam herein mit einem Stapel Wäsche in den Armen.
„Hier, mein Kind. Sie in den Schrank zu räumen schaffst du doch allein, oder?“, fragte sie spitz. Vermutlich eine Anspielung darauf, dass ich zu wenig im Haushalt übernahm.
„Die letzten Jahre hat’s ganz gut geklappt“, erwiderte ich sarkastisch. Doch wie Mütter so sind, lächelte sie nur ein Mutterlächeln und legte mir den Stapel auf das Chaos meines Schreibtisches. Natürlich nicht ohne vorher einen fassungslosen Blick darauf zu werfen.
„Findest du nicht…“, setzte sie an.
„Nein!“, unterbrach ich sie. Mehr als einmal musste ich sie schon daran erinnern, dass es mein Zimmer war und, dass ich darin hausen konnte wie ich es für richtig hielt, solang ich nicht die Wände einriss und die Fenster einschlug. Wenn ich irgendwann einmal ausgezogen sein sollte, könnte sie von mir aus nach aller Herzenslust ihre Ordnung drin walten lassen.
„Wenn’s der Körper braucht…“, murmelte sie und verließ mit einem schweren Seufzer mein Zimmer.
„Der Körper nicht, aber der Geist“, kommentierte ich, allerdings nicht in der Absicht, dass sie es hören sollte. Ich blickte mich im Zimmer um. Ok, vielleicht war es wirklich etwas sehr chaotisch, aber auf der Ziellinie zum Abitur durfte das ruhig so sein. Ich beschloss einfach auf dem Bett liegen zu bleiben, die Füße durch das offene Fenster aufs Fensterbrett gelegt. Die warme Frühlingssonne schien mir auf die Füße. Hoffentlich würde es von nun an auf den Sommer zugehen. Auf einen erneuten Wintereinbruch mitten im April hatte ich wirklich keine Lust.
Ich hatte vor ein paar Tagen die letzten Unterrichtsstunden hinter mich gebracht und hatte die nächsten Wochen und Monate frei. Unter der Bedingung für die Prüfungen zu lernen und mir eine neue Maschinerie zu suchen, in die ich mich stürzen konnte, um „mein Geld später leichter verdienen zu können“, wie Mama es gern ausdrückte. Jedes Mal, wenn sie mit diesem Argument für ein Studium kam, fragte ich mich, ob man Geld überhaupt verdienen konnte. Und wenn ja, wofür? Für einen Stapel Zettel, genannt Doktorarbeit oder Diplomarbeit? In einem Fach, mit dem man nach dem Studium nichts mehr zu tun hat, weil einem dieser Haufen Zettel die Lizenz gibt, nahezu alles zu werden, was man will, aber nie gelernt hat. Unternehmensberater/in zum Beispiel; Finanzminister/in, Familienminister/in, Bundeskanzler/in…Mit so einem Stapel Zettel stand einem anscheinend die Welt offen. Als würde ein abgeschlossenes Studium einen zu einem fähigen, vernünftigen Menschen machen. Doch mit dem Gewissen leben, dass man für etwas verantwortlich ist, von dem man eigentlich keine Ahnung hatte? Wenn man sich im Gegensatz für eine Berufsausbildung entscheidet, während der man einen Beruf wirklich erlernt, hat man Verantwortung für etwas, das man gelernt hat. Krankenschwester, Kindergärtnerin, Busfahrer…man kann den Menschen Wasser in den Hahn und das Internet in die eigenen vier Wände bringen, sie morgens zur Arbeit fahren und abends wieder nach Hause, als Sanitäter Leben retten, wenn man zu erst am Unfallort ankommt. Doch mit solchen Tätigkeiten kann man in dieser Welt nicht viel Geld verdienen. Man hat häufig familienfeindliche Arbeitszeiten und ackert sich halbtot, um dann vielleicht mit etwas Glück noch bei voller Gesundheit das Rentenalter zu erreichen. In dieser Welt konnte man mit viel Ahnung und Fähigkeit zu Grunde gehen und sich mit keiner Ahnung von nichts eine Jolle in Leer und eine Finka in der Karibik verdienen. Das war natürlich nicht die Regel, aber doch erschreckende Realität. Und ich stand nun vor der schicksalsträchtigen Entscheidung, welchen Weg ich mit dem Zettel, genannt Abiturzeugnis, einschlagen wollte. Für mich waren beide Aussichten nicht besonders verlockend. Letztendlich würde ich mich durch eine Art von Ausbildung quälen, um mit fünfzig zu alt für den Arbeitsmarkt zu sein oder zu Gunsten der Flexibilität im Arbeitsmarkt alle naselang Umschulungen, Weiterbildungen und ergänzende Qualifikationen zu absolvieren. Mir war bewusst, dass diese Ansichten sehr schwarzmalerisch und wohl etwas übertrieben waren, aber dies ist das Bild von der Welt, mit dem man, wenn man nicht in einer rosa Seifenblase aufgewachsen war oder vor Selbstbewusstsein strotzte, aus der Schule in das „echte Leben“ entlassen wurde. Marketingteschnisch eine eher mangelhafte Leistung des Bildungssystems und der Gesellschaft. Mit dem Zusatzversicherung „Wir wollen nicht an der Jugend sparen“ ergab das eine bomben Perspektive für junge Menschen. Ja, ich weiß…ich würde aller Wahrscheinlichkeit nach bald ein Abitur in der Tasche haben und hatte somit nicht die schlechtesten Ausgangsbedingungen, doch eine pessimistische Sicht auf die Dinge hatte ich mir Dank Sozialstaat Deutschland trotzdem angeeignet, denn je höher dein Abschluss, desto höher auch die Erwartungen und der Druck an die werdende Arbeitskraft. Seufzend setzte ich mich auf, legte die Wäsche in meinen Schrank, holte mir aus der Küche eine Packung Kirschsaft und setzte mich widerwillig mit den Matheheftern der letzten zwei Jahre an meinem Schreibtisch auseinander. Ich hatte eigentlich nie wirklich Probleme in diesem Fach und glücklicherweise immer Lehrer gehabt, die gut erklären konnten, was man da eigentlich tat und wieso. Trotzdem fühlte ich mich blockiert, weil ich den Stoff von zwei Jahren der Abiturstufe in zwei Wochen intus haben musste. Es war schwierig sich wieder etwas Routine in scheinbar langvergangenen Methoden anzueignen. Ich blätterte mich durch meine kritzligen Mitschriften mit kleinen Zeichnungen am Rand. Vier Stunden lang. Dann war meine Konzentration am Ende. Es hatte keinen Sinn weiterzumachen. Ich legte eine Pause ein und ging bei MSN und ICQ online, um ein paar Mitstreiter für eine gemeinsame Abendgestaltung zu finden. Ziemlich enttäuscht musste ich von sämtlichen Kontakten lesen, dass sie doch nicht abends ausschweifen konnten, sie mussten doch lernen. Traurige Sache festzustellen, dass die eigenen Freunde allesamt eine ganz andere Philosophie hatten, als man selbst. Nach dieser neuen Erkenntnis fiel es mir noch schwerer mich erneut aufs Lernen zu konzentrieren. Man brauchte doch etwas, worauf man sich am Ende des Tages freuen konnte! Schon allein, um sein soziales Leben nicht völlig verkümmern zu lassen. Dabei verkümmert man ja selber. Ich hörte ein wenig Musik und versuchte es dann nochmal mit Mathe. Irgendwann hörte ich meine Mutter rufen: „Miraculi!“ Anfangs war es nur ein Spaß, um uns über die Werbung lustig zu machen, doch nach und nach hatte es sich unserer Familie eingebürgert. Als ich in die Küche kam, saßen meine Eltern schon am Tisch. Mama drehte sich zu mir um: „Wir wussten, nicht, ob du gleich kommst oder noch etwas lernst.“ Dann stand sie auf und belud meinen Teller mit Spaghetti und Tomatensoße. Ich setzte mich.
„Und, wie kommst du mit dem Lernen voran?“, fragte mich mein Vater und wickelte eine riesige Spule Spaghetti auf seine Gabel.
„Bisher ganz gut…nur die Sachen, die schon länger her sind, fallen mir etwas schwer.“
„Wann hast du nochmal deine erste Prüfung?“, erkundigte sich Mama, obwohl ich es ihr in der vergangenen Woche schon drei Mal gesagt hatte und stellte mir meinen Teller hin.
„In zwei Wochen.“
„Ach, ja. Stimmt.“
„Ich schreib’s am Best’n in den Kalender, hm?“
„Oh ja. Dann vergess ich’s nich.“ Genüssliches Schmatzen. Ich streute mir noch ein wenig Käse über meine Nudeln und begann sie gierig aufzuwickeln. Lernen war ja so anstrengend.
„Triffst du dich gar nicht mit Freunden, damit ihr zusammen lernen könnt?“, wollte Papa wissen.
„Nä“, sagte ich vielleicht etwas zu abfällig, aber die Kommentare vom Nachmittag lagen mir immer noch schwer im Magen. „Die…Lernmethoden sind zu unterschiedlich.“
„Hm“, brummte Papa, „Schade.“ Ich zuckte resignierend mit den Schultern: „Is‘ halt so.“
Nach dem Essen packte ich zwei Flaschen Bier in meinen Rucksack und zog mir Pullover und Jacke an.
„Ich fahr nochmal `ne Runde“, rief ich vom Flur aus. Dann holte ich mein Fahrrad aus dem Keller und strampelte los. Ich hatte kein bestimmtes Ziel, wusste einfach nicht wohin ich fahren sollte. So ging es mir meistens, wenn ich abends weg wollte. Im Grunde war es mir egal wohin, aber ich hatte eben keine richtige Vorstellung. So kam es, dass ich auch an diesem Abend nur ein paar Straßen im Kiez abklapperte. Es dämmerte und wurde merklich kühler. Über die Kopfhörer drang Musik aus meinem Mp3-Player in meinen Kopf. Die Musik half mir dabei mich vom Tag zu lösen und mich an einige Dinge zu erinnern, die ich gerne im Stress des Alltags vergaß. Die Straßenlaternen gingen an und orange Lichtkegel durchschnitten die Nacht. Es roch nach Frühling. Eine kleine schwarze Katze huschte vor mir über die Straße. Ich schaute ihr hinterher wie sie zwischen den Stäben eines Gartenzauns verschwand. Ich hing meinen Gedanken nach und landete schließlich bei einer Fußgängerbrücke über den Schienen der S-Bahn. Neben ihr gab es einen kleinen Vorsprung. Dort konnte man sich bequem hinsetzen, die Beine baumeln lassen und im Halbdunkeln seinen Gedanken nachhängen. Dieses Mal hatte ich Pech: es war schon besetzt. Deshalb wich ich auf einen Spielplatz aus, stellte mein Rad und meinen Rucksack an einer Bank ab und setzte mich mit einer der beiden Flaschen auf die Schaukel. Viel lieber wäre ich in Gesellschaft gewesen.

Als die zwei Flaschen leer waren, fuhr ich wieder nach Hause. Ohne das Leergut. Ich ließ es immer stehen für einen Menschen, der weniger hatte als ich. Sechzehn Cent sind zwar auch nicht viel, aber immer noch größer als Null. Auweia, Mathe hatte in einem Teil meines Gehirns das Kommando übernommen! Wie würde es in zwei Wochen aussehen? Immer noch unzufrieden mit der Welt, aber wenigstens leicht benebelt kam ich zu Hause an. So leise wie möglich schloss ich auf. Meine Eltern mussten schließlich im Gegensatz zu mir dem Gang der Woche folgen und am nächsten Tag früh raus. Doch als ich auf Socken in den Flur tapste, bemerkte ich, dass in der Küche noch Licht schien. Hinter der halbgeschlossenen Tür drangen gedämpfte Stimmen hervor. Verwundert trat ich näher heran.
„…Ich werde morgen runter fahren…“ Das war die Stimme meines Vaters. Sie klang bedrückt. Mich durchströmte eine plötzliche Energie der Alarmbereitschaft.
„Ja…“, erwiderte Mama ebenso bedrückt. „Soll ich deinen Chef anrufen?“
„Mach ich schon…Danke…“ Schweigen trat ein. Ich atmete flach. Es schien um etwas Ernstes zu gehen und ich konnte nur vermuten. Mit „runter fahren“ bezeichneten wir eigentlich immer einen Besuch bei unseren Verwandten, die einige hundert Kilometer im Süden lebten.
„Kann man nur hoffen, dass es was nützt“, bemerkte Papa.
„Tja, ...“, Mama schien sprachlos. Behutsam drückte ich die Tür auf. Beide saßen am Küchentisch und beide drehten sich in dem Moment zu mir um, als das Küchenlicht auf mein Gesicht im Türspalt fiel. Fast gleichzeitig erblickte ich das Telefon auf dem Tisch. Ich sah meine Eltern an.
„Liane hat grad angerufen“, sagte Papa ohne, dass ich fragen musste. Liane war seine Schwester. „Oma hatte doch schon länger diese Bauchschmerzen.“ Er sah mich an, um zu sehen, ob ich mich erinnerte. Ich nickte stumm. Papa streckte seinen Arm aus und nahm mich zu sich auf den Schoß. Mama nahm meine Hand. So hatten sie es auch früher gemacht, wenn ich traurig war.
„Die hatte sie, weil sie einen großen Tumor im Bauch hat.“ Mir wurde heiß und kalt in der Brust. Ich hatte ja nicht viel Ahnung von Medizin, außer dem subtilen Wissen aus Scrubs und Dr. House, aber ein Tumor bedeutete in der Regel Krebs. Krebs bedeutete Chemotherapie und die bedeutete ein früheres oder späteres Ende. Ich fühlte mich wie betäubt und konnte nicht reden.
„Morgen wird sie operiert“, fuhr Papa fort. „Ich werde hinfahren, aber abends wiederkommen. Wieder nickte ich stumm. „Man kann nicht genau sagen, wie es danach weitergehen wird. Das wird sich erst zeigen.“
Wir saßen noch eine ganze Weile schweigend so da. Die Nachricht hatte unseren Familienzweig schwer getroffen. Aufgrund der Entfernung waren wir eher selten bei dem Rest der Familie zu Besuch. In diesen Momenten merkten wir, wie traurig das war. Wie schnell die ach so vielen Möglichkeiten verstrichen und im Alltag unwichtig erschienen. Mama kochte jedem eine Tasse heißen Kakao. Danach gingen beide schlafen. Ich nahm meine noch halbvolle Tasse und ging in mein Zimmer. Dort fuhr ich sofort den Rechner hoch und loggte mich in meinem E-Mail-Postfach ein. Schnell tippte ich eine Nachricht an meine jüngere Cousine zusammen.
hi,
Liane hat vorhin bei uns angerufn. wieso hast du mir denn nichts geschriebn??? komm mir grad vor wie in nem schlechten scatch mit schlechtem timing…
papa kommt morgn zu euch.
halt mich bitte auf dem laufendn
bin in gedankn bei euch, liebe grüße an alle
Mit einem Fingerklick auf die Entertaste schickte ich die Zeilen viele Kilometer zu meinen Verwandten. Sie lebten alle im selben Örtchen: meine Großeltern (väterlicherseits), Papas Schwester mit Mann und zwei Söhnen und Papas Bruder mit Frau, Tochter und Sohn. Die Kinder waren alle jünger als ich, aber meine Cousine von ihnen die Älteste. Mit ihr hatte ich seit einiger Zeit mehr oder weniger regelmäßig Kontakt per E-Mail. Das war zwar nicht so schön persönlich wie Briefe, aber auch weniger aufwändig und schneller. Nach diesem Buchstabenexport, fuhr ich meinen PC wieder runter und ließ mich niedergeschlagen aufs Bett fallen. Schon nach wenigen Minuten beschloss ich noch ein wenig Fern zu sehen, bevor mich meine Gedanken auffraßen. Oma kam vor allem in den letzten Jahren immer häufiger mit altklugen, nervigen Tipps und Ratschlägen, aber ich merkte, dass mir das zu gegebener Zeit fehlen und ich sie vermissen würde. Benommen zappte ich noch ein paar Mal das Fernsehprogramm rauf und runter bis mich der Hopfen irgendwann in den Schlaf wiegte.
 
löschen

süßlich würde ich löschen. Blütengeruch ist sowieso immer süßlich. Und du springst thematisch immer von einem zum anderen. Führe einen Gedanken einmal zuende.:)
 
Lieber Leser,
im Folgenden steht der Beginn eines angedachten "Reality-Romans" - ein Genre, das ich persönlich gar nicht so gern lese und deshalb bisher gescheitert versucht habe, zu erdichten.



Da hing ich nun. Kopfüber an einem Ast und starrte in die Bucht hinunter. Es war dunkel. Der Mond zersprang auf der Meeresoberfläche in tausende glitzernde Splitter. Die Wellen schwappten leise an den Strand, der von den Lichtern der wenigen Häuser orange aufleuchtete. Tänzelnde Musik und freundliche Stimmen drangen herauf. Schwarze Berge ragten rings um die Bucht auf; bedeckt von einem dichten Wald. Es war warm und roch süßlich nach farbenfrohen Blüten. Die Geräusche der Nacht erfüllten die Luft. Eine leichte Brise wehte von weit her in mein Gesicht, wirbelte durch meine braunen, halblangen Haare und zog weiter in den Wald hinein. Ich heiße Korona und bin in meinen Augen nicht gerade das Ebenbild eines „süßen Mädchens“. Ich bin zwar nicht besonders groß, aber auch nicht besonders zierlich oder graziös. Außerdem fühle ich mich in lässigen Klamotten wohler, als in aufreizendem Schnulli. Deshalb trug ich auch Pariser blaue Bermudashorts und ein einfaches hellgrünes T-Shirt. Mein Baum stand auf einem kleinen Vorsprung an einer Bergflanke an der linken Seite der Bucht. Ein schmaler Trampelpfad führte vom Strand mehrere hundert Meter hier hinauf. Ich betrachtete die Silhouetten vor den Häusern und genoss die friedliche Atmosphäre, die alles in sich hüllte. Gerade, als ich beschloss einmal hinunter zu wandern, klopfte es. Genervt ließ ich den idyllischen Ort verblassen und stopfte ihn zurück in irgendeine Gehirnwindung. Den Besuch musste ich wohl aufs nächste Mal verschieben.
„Ja“, antwortete ich auf das wiederholte Klopfen an meiner Zimmertür. Meine Mutter kam herein mit einem Stapel Wäsche in den Armen.
„Hier, mein Kind. Sie in den Schrank zu räumen schaffst du doch allein, oder?“, fragte sie spitz. Vermutlich eine Anspielung darauf, dass ich zu wenig im Haushalt übernahm.
„Die letzten Jahre hat’s ganz gut geklappt“, erwiderte ich sarkastisch. Doch wie Mütter so sind, lächelte sie nur ein Mutterlächeln und legte mir den Stapel auf das Chaos meines Schreibtisches. Natürlich nicht ohne vorher einen fassungslosen Blick darauf zu werfen.
„Findest du nicht…“, setzte sie an.
„Nein!“, unterbrach ich sie. Mehr als einmal musste ich sie schon daran erinnern, dass es mein Zimmer war und, dass ich darin hausen konnte wie ich es für richtig hielt, solang ich nicht die Wände einriss und die Fenster einschlug. Wenn ich irgendwann einmal ausgezogen sein sollte, könnte sie von mir aus nach aller Herzenslust ihre Ordnung drin walten lassen.
„Wenn’s der Körper braucht…“, murmelte sie und verließ mit einem schweren Seufzer mein Zimmer.
„Der Körper nicht, aber der Geist“, kommentierte ich, allerdings nicht in der Absicht, dass sie es hören sollte. Ich blickte mich im Zimmer um. Ok, vielleicht war es wirklich etwas sehr chaotisch, aber auf der Ziellinie zum Abitur durfte das ruhig so sein. Ich beschloss einfach auf dem Bett liegen zu bleiben, die Füße durch das offene Fenster aufs Fensterbrett gelegt. Die warme Frühlingssonne schien mir auf die Füße. Hoffentlich würde es von nun an auf den Sommer zugehen. Auf einen erneuten Wintereinbruch mitten im April hatte ich wirklich keine Lust.
Ich hatte vor ein paar Tagen die letzten Unterrichtsstunden hinter mich gebracht und hatte die nächsten Wochen und Monate frei. Unter der Bedingung für die Prüfungen zu lernen und mir eine neue Maschinerie zu suchen, in die ich mich stürzen konnte, um „mein Geld später leichter verdienen zu können“, wie Mama es gern ausdrückte. Jedes Mal, wenn sie mit diesem Argument für ein Studium kam, fragte ich mich, ob man Geld überhaupt verdienen konnte. Und wenn ja, wofür? Für einen Stapel Zettel, genannt Doktorarbeit oder Diplomarbeit? In einem Fach, mit dem man nach dem Studium nichts mehr zu tun hat, weil einem dieser Haufen Zettel die Lizenz gibt, nahezu alles zu werden, was man will, aber nie gelernt hat. Unternehmensberater/in zum Beispiel; Finanzminister/in, Familienminister/in, Bundeskanzler/in…Mit so einem Stapel Zettel stand einem anscheinend die Welt offen. Als würde ein abgeschlossenes Studium einen zu einem fähigen, vernünftigen Menschen machen. Doch mit dem Gewissen leben, dass man für etwas verantwortlich ist, von dem man eigentlich keine Ahnung hatte? Wenn man sich im Gegensatz für eine Berufsausbildung entscheidet, während der man einen Beruf wirklich erlernt, hat man Verantwortung für etwas, das man gelernt hat. Krankenschwester, Kindergärtnerin, Busfahrer…man kann den Menschen Wasser in den Hahn und das Internet in die eigenen vier Wände bringen, sie morgens zur Arbeit fahren und abends wieder nach Hause, als Sanitäter Leben retten, wenn man zu erst am Unfallort ankommt. Doch mit solchen Tätigkeiten kann man in dieser Welt nicht viel Geld verdienen. Man hat häufig familienfeindliche Arbeitszeiten und ackert sich halbtot, um dann vielleicht mit etwas Glück noch bei voller Gesundheit das Rentenalter zu erreichen. In dieser Welt konnte man mit viel Ahnung und Fähigkeit zu Grunde gehen und sich mit keiner Ahnung von nichts eine Jolle in Leer und eine Finka in der Karibik verdienen. Das war natürlich nicht die Regel, aber doch erschreckende Realität. Und ich stand nun vor der schicksalsträchtigen Entscheidung, welchen Weg ich mit dem Zettel, genannt Abiturzeugnis, einschlagen wollte. Für mich waren beide Aussichten nicht besonders verlockend. Letztendlich würde ich mich durch eine Art von Ausbildung quälen, um mit fünfzig zu alt für den Arbeitsmarkt zu sein oder zu Gunsten der Flexibilität im Arbeitsmarkt alle naselang Umschulungen, Weiterbildungen und ergänzende Qualifikationen zu absolvieren. Mir war bewusst, dass diese Ansichten sehr schwarzmalerisch und wohl etwas übertrieben waren, aber dies ist das Bild von der Welt, mit dem man, wenn man nicht in einer rosa Seifenblase aufgewachsen war oder vor Selbstbewusstsein strotzte, aus der Schule in das „echte Leben“ entlassen wurde. Marketingteschnisch eine eher mangelhafte Leistung des Bildungssystems und der Gesellschaft. Mit dem Zusatzversicherung „Wir wollen nicht an der Jugend sparen“ ergab das eine bomben Perspektive für junge Menschen. Ja, ich weiß…ich würde aller Wahrscheinlichkeit nach bald ein Abitur in der Tasche haben und hatte somit nicht die schlechtesten Ausgangsbedingungen, doch eine pessimistische Sicht auf die Dinge hatte ich mir Dank Sozialstaat Deutschland trotzdem angeeignet, denn je höher dein Abschluss, desto höher auch die Erwartungen und der Druck an die werdende Arbeitskraft. Seufzend setzte ich mich auf, legte die Wäsche in meinen Schrank, holte mir aus der Küche eine Packung Kirschsaft und setzte mich widerwillig mit den Matheheftern der letzten zwei Jahre an meinem Schreibtisch auseinander. Ich hatte eigentlich nie wirklich Probleme in diesem Fach und glücklicherweise immer Lehrer gehabt, die gut erklären konnten, was man da eigentlich tat und wieso. Trotzdem fühlte ich mich blockiert, weil ich den Stoff von zwei Jahren der Abiturstufe in zwei Wochen intus haben musste. Es war schwierig sich wieder etwas Routine in scheinbar langvergangenen Methoden anzueignen. Ich blätterte mich durch meine kritzligen Mitschriften mit kleinen Zeichnungen am Rand. Vier Stunden lang. Dann war meine Konzentration am Ende. Es hatte keinen Sinn weiterzumachen. Ich legte eine Pause ein und ging bei MSN und ICQ online, um ein paar Mitstreiter für eine gemeinsame Abendgestaltung zu finden. Ziemlich enttäuscht musste ich von sämtlichen Kontakten lesen, dass sie doch nicht abends ausschweifen konnten, sie mussten doch lernen. Traurige Sache festzustellen, dass die eigenen Freunde allesamt eine ganz andere Philosophie hatten, als man selbst. Nach dieser neuen Erkenntnis fiel es mir noch schwerer mich erneut aufs Lernen zu konzentrieren. Man brauchte doch etwas, worauf man sich am Ende des Tages freuen konnte! Schon allein, um sein soziales Leben nicht völlig verkümmern zu lassen. Dabei verkümmert man ja selber. Ich hörte ein wenig Musik und versuchte es dann nochmal mit Mathe. Irgendwann hörte ich meine Mutter rufen: „Miraculi!“ Anfangs war es nur ein Spaß, um uns über die Werbung lustig zu machen, doch nach und nach hatte es sich unserer Familie eingebürgert. Als ich in die Küche kam, saßen meine Eltern schon am Tisch. Mama drehte sich zu mir um: „Wir wussten, nicht, ob du gleich kommst oder noch etwas lernst.“ Dann stand sie auf und belud meinen Teller mit Spaghetti und Tomatensoße. Ich setzte mich.
„Und, wie kommst du mit dem Lernen voran?“, fragte mich mein Vater und wickelte eine riesige Spule Spaghetti auf seine Gabel.
„Bisher ganz gut…nur die Sachen, die schon länger her sind, fallen mir etwas schwer.“
„Wann hast du nochmal deine erste Prüfung?“, erkundigte sich Mama, obwohl ich es ihr in der vergangenen Woche schon drei Mal gesagt hatte und stellte mir meinen Teller hin.
„In zwei Wochen.“
„Ach, ja. Stimmt.“
„Ich schreib’s am Best’n in den Kalender, hm?“
„Oh ja. Dann vergess ich’s nich.“ Genüssliches Schmatzen. Ich streute mir noch ein wenig Käse über meine Nudeln und begann sie gierig aufzuwickeln. Lernen war ja so anstrengend.
„Triffst du dich gar nicht mit Freunden, damit ihr zusammen lernen könnt?“, wollte Papa wissen.
„Nä“, sagte ich vielleicht etwas zu abfällig, aber die Kommentare vom Nachmittag lagen mir immer noch schwer im Magen. „Die…Lernmethoden sind zu unterschiedlich.“
„Hm“, brummte Papa, „Schade.“ Ich zuckte resignierend mit den Schultern: „Is‘ halt so.“
Nach dem Essen packte ich zwei Flaschen Bier in meinen Rucksack und zog mir Pullover und Jacke an.
„Ich fahr nochmal `ne Runde“, rief ich vom Flur aus. Dann holte ich mein Fahrrad aus dem Keller und strampelte los. Ich hatte kein bestimmtes Ziel, wusste einfach nicht wohin ich fahren sollte. So ging es mir meistens, wenn ich abends weg wollte. Im Grunde war es mir egal wohin, aber ich hatte eben keine richtige Vorstellung. So kam es, dass ich auch an diesem Abend nur ein paar Straßen im Kiez abklapperte. Es dämmerte und wurde merklich kühler. Über die Kopfhörer drang Musik aus meinem Mp3-Player in meinen Kopf. Die Musik half mir dabei mich vom Tag zu lösen und mich an einige Dinge zu erinnern, die ich gerne im Stress des Alltags vergaß. Die Straßenlaternen gingen an und orange Lichtkegel durchschnitten die Nacht. Es roch nach Frühling. Eine kleine schwarze Katze huschte vor mir über die Straße. Ich schaute ihr hinterher wie sie zwischen den Stäben eines Gartenzauns verschwand. Ich hing meinen Gedanken nach und landete schließlich bei einer Fußgängerbrücke über den Schienen der S-Bahn. Neben ihr gab es einen kleinen Vorsprung. Dort konnte man sich bequem hinsetzen, die Beine baumeln lassen und im Halbdunkeln seinen Gedanken nachhängen. Dieses Mal hatte ich Pech: es war schon besetzt. Deshalb wich ich auf einen Spielplatz aus, stellte mein Rad und meinen Rucksack an einer Bank ab und setzte mich mit einer der beiden Flaschen auf die Schaukel. Viel lieber wäre ich in Gesellschaft gewesen.

Als die zwei Flaschen leer waren, fuhr ich wieder nach Hause. Ohne das Leergut. Ich ließ es immer stehen für einen Menschen, der weniger hatte als ich. Sechzehn Cent sind zwar auch nicht viel, aber immer noch größer als Null. Auweia, Mathe hatte in einem Teil meines Gehirns das Kommando übernommen! Wie würde es in zwei Wochen aussehen? Immer noch unzufrieden mit der Welt, aber wenigstens leicht benebelt kam ich zu Hause an. So leise wie möglich schloss ich auf. Meine Eltern mussten schließlich im Gegensatz zu mir dem Gang der Woche folgen und am nächsten Tag früh raus. Doch als ich auf Socken in den Flur tapste, bemerkte ich, dass in der Küche noch Licht schien. Hinter der halbgeschlossenen Tür drangen gedämpfte Stimmen hervor. Verwundert trat ich näher heran.
„…Ich werde morgen runter fahren…“ Das war die Stimme meines Vaters. Sie klang bedrückt. Mich durchströmte eine plötzliche Energie der Alarmbereitschaft.
„Ja…“, erwiderte Mama ebenso bedrückt. „Soll ich deinen Chef anrufen?“
„Mach ich schon…Danke…“ Schweigen trat ein. Ich atmete flach. Es schien um etwas Ernstes zu gehen und ich konnte nur vermuten. Mit „runter fahren“ bezeichneten wir eigentlich immer einen Besuch bei unseren Verwandten, die einige hundert Kilometer im Süden lebten.
„Kann man nur hoffen, dass es was nützt“, bemerkte Papa.
„Tja, ...“, Mama schien sprachlos. Behutsam drückte ich die Tür auf. Beide saßen am Küchentisch und beide drehten sich in dem Moment zu mir um, als das Küchenlicht auf mein Gesicht im Türspalt fiel. Fast gleichzeitig erblickte ich das Telefon auf dem Tisch. Ich sah meine Eltern an.
„Liane hat grad angerufen“, sagte Papa ohne, dass ich fragen musste. Liane war seine Schwester. „Oma hatte doch schon länger diese Bauchschmerzen.“ Er sah mich an, um zu sehen, ob ich mich erinnerte. Ich nickte stumm. Papa streckte seinen Arm aus und nahm mich zu sich auf den Schoß. Mama nahm meine Hand. So hatten sie es auch früher gemacht, wenn ich traurig war.
„Die hatte sie, weil sie einen großen Tumor im Bauch hat.“ Mir wurde heiß und kalt in der Brust. Ich hatte ja nicht viel Ahnung von Medizin, außer dem subtilen Wissen aus Scrubs und Dr. House, aber ein Tumor bedeutete in der Regel Krebs. Krebs bedeutete Chemotherapie und die bedeutete ein früheres oder späteres Ende. Ich fühlte mich wie betäubt und konnte nicht reden.
„Morgen wird sie operiert“, fuhr Papa fort. „Ich werde hinfahren, aber abends wiederkommen. Wieder nickte ich stumm. „Man kann nicht genau sagen, wie es danach weitergehen wird. Das wird sich erst zeigen.“
Wir saßen noch eine ganze Weile schweigend so da. Die Nachricht hatte unseren Familienzweig schwer getroffen. Aufgrund der Entfernung waren wir eher selten bei dem Rest der Familie zu Besuch. In diesen Momenten merkten wir, wie traurig das war. Wie schnell die ach so vielen Möglichkeiten verstrichen und im Alltag unwichtig erschienen. Mama kochte jedem eine Tasse heißen Kakao. Danach gingen beide schlafen. Ich nahm meine noch halbvolle Tasse und ging in mein Zimmer. Dort fuhr ich sofort den Rechner hoch und loggte mich in meinem E-Mail-Postfach ein. Schnell tippte ich eine Nachricht an meine jüngere Cousine zusammen.

hi,
Liane hat vorhin bei uns angerufn. wieso hast du mir denn nichts geschriebn??? komm mir grad vor wie in nem schlechten scatch mit schlechtem timing…
papa kommt morgn zu euch.
halt mich bitte auf dem laufendn
bin in gedankn bei euch, liebe grüße an alle
Mit einem Fingerklick auf die Entertaste schickte ich die Zeilen viele Kilometer zu meinen Verwandten. Sie lebten alle im selben Örtchen: meine Großeltern (väterlicherseits), Papas Schwester mit Mann und zwei Söhnen und Papas Bruder mit Frau, Tochter und Sohn. Die Kinder waren alle jünger als ich, aber meine Cousine von ihnen die Älteste. Mit ihr hatte ich seit einiger Zeit mehr oder weniger regelmäßig Kontakt per E-Mail. Das war zwar nicht so schön persönlich wie Briefe, aber auch weniger aufwändig und schneller. Nach diesem Buchstabenexport, fuhr ich meinen PC wieder runter und ließ mich niedergeschlagen aufs Bett fallen. Schon nach wenigen Minuten beschloss ich noch ein wenig Fern zu sehen, bevor mich meine Gedanken auffraßen. Oma kam vor allem in den letzten Jahren immer häufiger mit altklugen, nervigen Tipps und Ratschlägen, aber ich merkte, dass mir das zu gegebener Zeit fehlen und ich sie vermissen würde. Benommen zappte ich noch ein paar Mal das Fernsehprogramm rauf und runter bis mich der Hopfen irgendwann in den Schlaf wiegte.
 
Lieber Leser,
im Folgenden steht der Beginn eines angedachten "Reality-Romans" - ein Genre, das ich persönlich gar nicht so gern lese und deshalb bisher gescheitert versucht habe, zu erdichten.



Da hing ich nun. Kopfüber an einem Ast und starrte in die Bucht hinunter. Es war dunkel. Der Mond zersprang auf der Meeresoberfläche in tausende glitzernde Splitter. Die Wellen schwappten leise an den Strand, der von den Lichtern der wenigen Häuser orange aufleuchtete. Tänzelnde Musik und freundliche Stimmen drangen herauf. Schwarze Berge ragten rings um die Bucht auf; bedeckt von einem dichten Wald. Es war warm und roch süßlich nach farbenfrohen Blüten. Die Geräusche der Nacht erfüllten die Luft. Eine leichte Brise wehte von weit her in mein Gesicht, wirbelte durch meine braunen, halblangen Haare und zog weiter in den Wald hinein. Ich heiße Korona und bin in meinen Augen nicht gerade das Ebenbild eines „süßen Mädchens“. Ich bin zwar nicht besonders groß, aber auch nicht besonders zierlich oder graziös. Außerdem fühle ich mich in lässigen Klamotten wohler, als in aufreizendem Schnulli. Deshalb trug ich auch Pariser blaue Bermudashorts und ein einfaches hellgrünes T-Shirt. Mein Baum stand auf einem kleinen Vorsprung an einer Bergflanke an der linken Seite der Bucht. Ein schmaler Trampelpfad führte vom Strand mehrere hundert Meter hier hinauf. Ich betrachtete die Silhouetten vor den Häusern und genoss die friedliche Atmosphäre, die alles in sich hüllte. Gerade, als ich beschloss einmal hinunter zu wandern, klopfte es. Genervt ließ ich den idyllischen Ort verblassen und stopfte ihn zurück in irgendeine Gehirnwindung. Den Besuch musste ich wohl aufs nächste Mal verschieben.
„Ja“, antwortete ich auf das wiederholte Klopfen an meiner Zimmertür. Meine Mutter kam herein mit einem Stapel Wäsche in den Armen.
„Hier, mein Kind. Sie in den Schrank zu räumen schaffst du doch allein, oder?“, fragte sie spitz. Vermutlich eine Anspielung darauf, dass ich zu wenig im Haushalt übernahm.
„Die letzten Jahre hat’s ganz gut geklappt“, erwiderte ich sarkastisch. Doch wie Mütter so sind, lächelte sie nur ein Mutterlächeln und legte mir den Stapel auf das Chaos meines Schreibtisches. Natürlich nicht ohne vorher einen fassungslosen Blick darauf zu werfen.
„Findest du nicht…“, setzte sie an.
„Nein!“, unterbrach ich sie. Mehr als einmal musste ich sie schon daran erinnern, dass es mein Zimmer war und, dass ich darin hausen konnte wie ich es für richtig hielt, solang ich nicht die Wände einriss und die Fenster einschlug. Wenn ich irgendwann einmal ausgezogen sein sollte, könnte sie von mir aus nach aller Herzenslust ihre Ordnung drin walten lassen.
„Wenn’s der Körper braucht…“, murmelte sie und verließ mit einem schweren Seufzer mein Zimmer.
„Der Körper nicht, aber der Geist“, kommentierte ich, allerdings nicht in der Absicht, dass sie es hören sollte. Ich blickte mich im Zimmer um. Ok, vielleicht war es wirklich etwas sehr chaotisch, aber auf der Ziellinie zum Abitur durfte das ruhig so sein. Ich beschloss einfach auf dem Bett liegen zu bleiben, die Füße durch das offene Fenster aufs Fensterbrett gelegt. Die warme Frühlingssonne schien mir auf die Füße. Hoffentlich würde es von nun an auf den Sommer zugehen. Auf einen erneuten Wintereinbruch mitten im April hatte ich wirklich keine Lust.
Ich hatte vor ein paar Tagen die letzten Unterrichtsstunden hinter mich gebracht und hatte die nächsten Wochen und Monate frei. Unter der Bedingung für die Prüfungen zu lernen und mir eine neue Maschinerie zu suchen, in die ich mich stürzen konnte, um „mein Geld später leichter verdienen zu können“, wie Mama es gern ausdrückte. Jedes Mal, wenn sie mit diesem Argument für ein Studium kam, fragte ich mich, ob man Geld überhaupt verdienen konnte. Und wenn ja, wofür? Für einen Stapel Zettel, genannt Doktorarbeit oder Diplomarbeit? In einem Fach, mit dem man nach dem Studium nichts mehr zu tun hat, weil einem dieser Haufen Zettel die Lizenz gibt, nahezu alles zu werden, was man will, aber nie gelernt hat. Unternehmensberater/in zum Beispiel; Finanzminister/in, Familienminister/in, Bundeskanzler/in…Mit so einem Stapel Zettel stand einem anscheinend die Welt offen. Als würde ein abgeschlossenes Studium einen zu einem fähigen, vernünftigen Menschen machen. Doch mit dem Gewissen leben, dass man für etwas verantwortlich ist, von dem man eigentlich keine Ahnung hatte? Wenn man sich im Gegensatz für eine Berufsausbildung entscheidet, während der man einen Beruf wirklich erlernt, hat man Verantwortung für etwas, das man gelernt hat. Krankenschwester, Kindergärtnerin, Busfahrer…man kann den Menschen Wasser in den Hahn und das Internet in die eigenen vier Wände bringen, sie morgens zur Arbeit fahren und abends wieder nach Hause, als Sanitäter Leben retten, wenn man zu erst am Unfallort ankommt. Doch mit solchen Tätigkeiten kann man in dieser Welt nicht viel Geld verdienen. Man hat häufig familienfeindliche Arbeitszeiten und ackert sich halbtot, um dann vielleicht mit etwas Glück noch bei voller Gesundheit das Rentenalter zu erreichen. In dieser Welt konnte man mit viel Ahnung und Fähigkeit zu Grunde gehen und sich mit keiner Ahnung von nichts eine Jolle in Leer und eine Finka in der Karibik verdienen. Das war natürlich nicht die Regel, aber doch erschreckende Realität. Und ich stand nun vor der schicksalsträchtigen Entscheidung, welchen Weg ich mit dem Zettel, genannt Abiturzeugnis, einschlagen wollte. Für mich waren beide Aussichten nicht besonders verlockend. Letztendlich würde ich mich durch eine Art von Ausbildung quälen, um mit fünfzig zu alt für den Arbeitsmarkt zu sein oder zu Gunsten der Flexibilität im Arbeitsmarkt alle naselang Umschulungen, Weiterbildungen und ergänzende Qualifikationen zu absolvieren. Mir war bewusst, dass diese Ansichten sehr schwarzmalerisch und wohl etwas übertrieben waren, aber dies ist das Bild von der Welt, mit dem man, wenn man nicht in einer rosa Seifenblase aufgewachsen war oder vor Selbstbewusstsein strotzte, aus der Schule in das „echte Leben“ entlassen wurde. Marketingteschnisch eine eher mangelhafte Leistung des Bildungssystems und der Gesellschaft. Mit dem Zusatzversicherung „Wir wollen nicht an der Jugend sparen“ ergab das eine bomben Perspektive für junge Menschen. Ja, ich weiß…ich würde aller Wahrscheinlichkeit nach bald ein Abitur in der Tasche haben und hatte somit nicht die schlechtesten Ausgangsbedingungen, doch eine pessimistische Sicht auf die Dinge hatte ich mir Dank Sozialstaat Deutschland trotzdem angeeignet, denn je höher dein Abschluss, desto höher auch die Erwartungen und der Druck an die werdende Arbeitskraft. Seufzend setzte ich mich auf, legte die Wäsche in meinen Schrank, holte mir aus der Küche eine Packung Kirschsaft und setzte mich widerwillig mit den Matheheftern der letzten zwei Jahre an meinem Schreibtisch auseinander. Ich hatte eigentlich nie wirklich Probleme in diesem Fach und glücklicherweise immer Lehrer gehabt, die gut erklären konnten, was man da eigentlich tat und wieso. Trotzdem fühlte ich mich blockiert, weil ich den Stoff von zwei Jahren der Abiturstufe in zwei Wochen intus haben musste. Es war schwierig sich wieder etwas Routine in scheinbar langvergangenen Methoden anzueignen. Ich blätterte mich durch meine kritzligen Mitschriften mit kleinen Zeichnungen am Rand. Vier Stunden lang. Dann war meine Konzentration am Ende. Es hatte keinen Sinn weiterzumachen. Ich legte eine Pause ein und ging bei MSN und ICQ online, um ein paar Mitstreiter für eine gemeinsame Abendgestaltung zu finden. Ziemlich enttäuscht musste ich von sämtlichen Kontakten lesen, dass sie doch nicht abends ausschweifen konnten, sie mussten doch lernen. Traurige Sache festzustellen, dass die eigenen Freunde allesamt eine ganz andere Philosophie hatten, als man selbst. Nach dieser neuen Erkenntnis fiel es mir noch schwerer mich erneut aufs Lernen zu konzentrieren. Man brauchte doch etwas, worauf man sich am Ende des Tages freuen konnte! Schon allein, um sein soziales Leben nicht völlig verkümmern zu lassen. Dabei verkümmert man ja selber. Ich hörte ein wenig Musik und versuchte es dann nochmal mit Mathe. Irgendwann hörte ich meine Mutter rufen: „Miraculi!“ Anfangs war es nur ein Spaß, um uns über die Werbung lustig zu machen, doch nach und nach hatte es sich unserer Familie eingebürgert. Als ich in die Küche kam, saßen meine Eltern schon am Tisch. Mama drehte sich zu mir um: „Wir wussten, nicht, ob du gleich kommst oder noch etwas lernst.“ Dann stand sie auf und belud meinen Teller mit Spaghetti und Tomatensoße. Ich setzte mich.
„Und, wie kommst du mit dem Lernen voran?“, fragte mich mein Vater und wickelte eine riesige Spule Spaghetti auf seine Gabel.
„Bisher ganz gut…nur die Sachen, die schon länger her sind, fallen mir etwas schwer.“
„Wann hast du nochmal deine erste Prüfung?“, erkundigte sich Mama, obwohl ich es ihr in der vergangenen Woche schon drei Mal gesagt hatte und stellte mir meinen Teller hin.
„In zwei Wochen.“
„Ach, ja. Stimmt.“
„Ich schreib’s am Best’n in den Kalender, hm?“
„Oh ja. Dann vergess ich’s nich.“ Genüssliches Schmatzen. Ich streute mir noch ein wenig Käse über meine Nudeln und begann sie gierig aufzuwickeln. Lernen war ja so anstrengend.
„Triffst du dich gar nicht mit Freunden, damit ihr zusammen lernen könnt?“, wollte Papa wissen.
„Nä“, sagte ich vielleicht etwas zu abfällig, aber die Kommentare vom Nachmittag lagen mir immer noch schwer im Magen. „Die…Lernmethoden sind zu unterschiedlich.“
„Hm“, brummte Papa, „Schade.“ Ich zuckte resignierend mit den Schultern: „Is‘ halt so.“
Nach dem Essen packte ich zwei Flaschen Bier in meinen Rucksack und zog mir Pullover und Jacke an.
„Ich fahr nochmal `ne Runde“, rief ich vom Flur aus. Dann holte ich mein Fahrrad aus dem Keller und strampelte los. Ich hatte kein bestimmtes Ziel, wusste einfach nicht wohin ich fahren sollte. So ging es mir meistens, wenn ich abends weg wollte. Im Grunde war es mir egal wohin, aber ich hatte eben keine richtige Vorstellung. So kam es, dass ich auch an diesem Abend nur ein paar Straßen im Kiez abklapperte. Es dämmerte und wurde merklich kühler. Über die Kopfhörer drang Musik aus meinem Mp3-Player in meinen Kopf. Die Musik half mir dabei mich vom Tag zu lösen und mich an einige Dinge zu erinnern, die ich gerne im Stress des Alltags vergaß. Die Straßenlaternen gingen an und orange Lichtkegel durchschnitten die Nacht. Es roch nach Frühling. Eine kleine schwarze Katze huschte vor mir über die Straße. Ich schaute ihr hinterher wie sie zwischen den Stäben eines Gartenzauns verschwand. Ich hing meinen Gedanken nach und landete schließlich bei einer Fußgängerbrücke über den Schienen der S-Bahn. Neben ihr gab es einen kleinen Vorsprung. Dort konnte man sich bequem hinsetzen, die Beine baumeln lassen und im Halbdunkeln seinen Gedanken nachhängen. Dieses Mal hatte ich Pech: es war schon besetzt. Deshalb wich ich auf einen Spielplatz aus, stellte mein Rad und meinen Rucksack an einer Bank ab und setzte mich mit einer der beiden Flaschen auf die Schaukel. Viel lieber wäre ich in Gesellschaft gewesen.

Als die zwei Flaschen leer waren, fuhr ich wieder nach Hause. Ohne das Leergut. Ich ließ es immer stehen für einen Menschen, der weniger hatte als ich. Sechzehn Cent sind zwar auch nicht viel, aber immer noch größer als Null. Auweia, Mathe hatte in einem Teil meines Gehirns das Kommando übernommen! Wie würde es in zwei Wochen aussehen? Immer noch unzufrieden mit der Welt, aber wenigstens leicht benebelt kam ich zu Hause an. So leise wie möglich schloss ich auf. Meine Eltern mussten schließlich im Gegensatz zu mir dem Gang der Woche folgen und am nächsten Tag früh raus. Doch als ich auf Socken in den Flur tapste, bemerkte ich, dass in der Küche noch Licht schien. Hinter der halbgeschlossenen Tür drangen gedämpfte Stimmen hervor. Verwundert trat ich näher heran.
„…Ich werde morgen runter fahren…“ Das war die Stimme meines Vaters. Sie klang bedrückt. Mich durchströmte eine plötzliche Energie der Alarmbereitschaft.
„Ja…“, erwiderte Mama ebenso bedrückt. „Soll ich deinen Chef anrufen?“
„Mach ich schon…Danke…“ Schweigen trat ein. Ich atmete flach. Es schien um etwas Ernstes zu gehen und ich konnte nur vermuten. Mit „runter fahren“ bezeichneten wir eigentlich immer einen Besuch bei unseren Verwandten, die einige hundert Kilometer im Süden lebten.
„Kann man nur hoffen, dass es was nützt“, bemerkte Papa.
„Tja, ...“, Mama schien sprachlos. Behutsam drückte ich die Tür auf. Beide saßen am Küchentisch und beide drehten sich in dem Moment zu mir um, als das Küchenlicht auf mein Gesicht im Türspalt fiel. Fast gleichzeitig erblickte ich das Telefon auf dem Tisch. Ich sah meine Eltern an.
„Liane hat grad angerufen“, sagte Papa ohne, dass ich fragen musste. Liane war seine Schwester. „Oma hatte doch schon länger diese Bauchschmerzen.“ Er sah mich an, um zu sehen, ob ich mich erinnerte. Ich nickte stumm. Papa streckte seinen Arm aus und nahm mich zu sich auf den Schoß. Mama nahm meine Hand. So hatten sie es auch früher gemacht, wenn ich traurig war.
„Die hatte sie, weil sie einen großen Tumor im Bauch hat.“ Mir wurde heiß und kalt in der Brust. Ich hatte ja nicht viel Ahnung von Medizin, außer dem subtilen Wissen aus Scrubs und Dr. House, aber ein Tumor bedeutete in der Regel Krebs. Krebs bedeutete Chemotherapie und die bedeutete ein früheres oder späteres Ende. Ich fühlte mich wie betäubt und konnte nicht reden.
„Morgen wird sie operiert“, fuhr Papa fort. „Ich werde hinfahren, aber abends wiederkommen. Wieder nickte ich stumm. „Man kann nicht genau sagen, wie es danach weitergehen wird. Das wird sich erst zeigen.“
Wir saßen noch eine ganze Weile schweigend so da. Die Nachricht hatte unseren Familienzweig schwer getroffen. Aufgrund der Entfernung waren wir eher selten bei dem Rest der Familie zu Besuch. In diesen Momenten merkten wir, wie traurig das war. Wie schnell die ach so vielen Möglichkeiten verstrichen und im Alltag unwichtig erschienen. Mama kochte jedem eine Tasse heißen Kakao. Danach gingen beide schlafen. Ich nahm meine noch halbvolle Tasse und ging in mein Zimmer. Dort fuhr ich sofort den Rechner hoch und loggte mich in meinem E-Mail-Postfach ein. Schnell tippte ich eine Nachricht an meine jüngere Cousine zusammen.

hi,
Liane hat vorhin bei uns angerufn. wieso hast du mir denn nichts geschriebn??? komm mir grad vor wie in nem schlechten scatch mit schlechtem timing…
papa kommt morgn zu euch.
halt mich bitte auf dem laufendn
bin in gedankn bei euch, liebe grüße an alle


Mit einem Fingerklick auf die Entertaste schickte ich die Zeilen viele Kilometer zu meinen Verwandten. Sie lebten alle im selben Örtchen: meine Großeltern (väterlicherseits), Papas Schwester mit Mann und zwei Söhnen und Papas Bruder mit Frau, Tochter und Sohn. Die Kinder waren alle jünger als ich, aber meine Cousine von ihnen die Älteste. Mit ihr hatte ich seit einiger Zeit mehr oder weniger regelmäßig Kontakt per E-Mail. Das war zwar nicht so schön persönlich wie Briefe, aber auch weniger aufwändig und schneller. Nach diesem Buchstabenexport, fuhr ich meinen PC wieder runter und ließ mich niedergeschlagen aufs Bett fallen. Schon nach wenigen Minuten beschloss ich noch ein wenig Fern zu sehen, bevor mich meine Gedanken auffraßen. Oma kam vor allem in den letzten Jahren immer häufiger mit altklugen, nervigen Tipps und Ratschlägen, aber ich merkte, dass mir das zu gegebener Zeit fehlen und ich sie vermissen würde. Benommen zappte ich noch ein paar Mal das Fernsehprogramm rauf und runter bis mich der Hopfen irgendwann in den Schlaf wiegte.
 

Ralph Ronneberger

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Filjanka Seenonne,

was soll man zu diesem Text sagen? Rein handwerklich gäbe es eine Menge anzumerken (ein Beispiel von vielen hat ja Christof bereits genannt), aber macht das bei diesem „Roman-Anfang“ bereits Sinn? Du schreibst am Anfang

im Folgenden steht der Beginn eines angedachten "Reality-Romans"
Da frage ich mich, was meinst du mit „angedachtem Roman“? Heißt das, du weißt selbst noch nicht, was am Ende dabei rauskommen soll? Wenn man nicht gerade ein besonders genialer Schreiberling ist, sollte man schon einen Plan haben, wie ein Roman – zumindest in Groben Zügen – inhaltlich gestaltet werden soll. Aber ich fürchte, du verzettelst dich bereits jetzt. Würde es sich bei dem Text um eine Kurzgeschichte oder Erzählung handeln, dann könnte locker ein Drittel gestrichen werden, denn es lässt sich in einigen Passagen keine Relevanz für die Handlung ableiten. Das kann aber noch kommen – soll ja ein Roman werden.
Ab der Stelle „Ich heiße Korona… „ bis zu Mutters Ruf „ Miraculi!“ muss sich der Leser (über etwa 4-5 Taschenbuchseiten) durch ellenlange Gedankengänge und Zustandsschilderung deiner Korona quälen und sich dabei furchtbar langweilen. Es ist keinesfalls so, dass das Alles uninteressant wäre, aber du schilderst es viel zu kompakt und erschlägst damit den Leser. Es ist immer gut, möglichst viele der notwendigen Informationen, in die Handlung direkt einzubauen – wenn es geht, sogar tröpfchenweise.
Von dem Moment an, wo beim Abendessen so etwas wie eine Handlung einsetzt, wird es dann wohltuend lebendiger.

Wie gesagt: über stilistische Stolpersteine will ich jetzt nichts weiter sagen. Dafür sollte man das Gesamtwerk kennen.

Der Anfang erschließt sich mir überhaupt nicht, denn mit dem Satz: „Genervt ließ ich den idyllischen Ort verblassen und stopfte ihn zurück in irgendeine Gehirnwindung.“ machst du dem Versuch, ein romantisches Bild zu malen, abrupt ein Ende und katapultierst den Leser übergangslos ins chaotische Jugendzimmer.

Völlig unverständlich ist mir der englische Titel. Den hätte man ebenso gut in Deutsch wählen können, ohne dass er etwas anderes aussagt. In einem deutschen Text sollte man Fremdwörter bzw. die allseits beliebten (warum auch immer) englischen Begriffe, nur dann anwenden, wenn die Muttersprache dafür keinen passenden Ausdruck kennt.


Das sind nur ein paar Aspekte, die sich auf den Text beziehen. Jetzt kommt ein redaktioneller Hinweis.
Nämlich: Bei Romanen handelt es sich gewöhnlich um lange Texte. Und deshalb bist du hier in der falschen Rubrik gelandet. Die Rubrik „Erzählungen“ ist abgeschlossenen Texten, die den Charakter einer Erzählung besitzen, vorbehalten. Du kannst aber gern hier einen Klappentext veröffentlichen, der uns über den Inhalt des Romans informiert. Der eigentliche Text muss dann bei „Lange Texte“ eingestellt werden, wo er auch kapitel- oder abschnittsweise fortgeführt wird.
Ich warte also noch ein paar Tage auf den Klappentext (oder zumindest auf einen Hinweis auf den Roman), und dann wird verschoben. Sollte deinerseits keine Reaktion erfolgen, muss ich den Text leider löschen.
Für weitere Fragen stehe ich per PN oder email zur Verfügung.

Gruß Ralph
 
Vielen Dank für Eure schnelle Resonanz.
Mir ist klar, dass das hier kein ausgereifter Text, und Vieles überflüssig ist. Ich bin auf Grund meines Studiums lange nicht zum Schreiben gekommen und stelle zuvor angefangene "Werke" und skizzenhafte Ideen ein, um einmal eine unabhängige Reaktion darauf zu bekommen. Ich kann Eure Anmerkungen gut nachvollziehen; einige würden sich mit Fortführung und Ausreifung der Geschichte in Wohlgefallen auflösen bzw. an Bedeutung gewinnen.

@ Ralph: Ich würde gern einen Klappentext erstellen, um die eigentliche Idee besser vorstellen zu können, jedoch habe ich noch immer nicht durchschaut, wie ich das genau mache.
 



 
Oben Unten