To go or not to go

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Gerd Geiser

Mitglied
Als der liebe Gott den Menschen erschaffen hatte und dieser, mit einem eigenen Leben ausgestattet, nun vor ihm stand, fragte ihn der Mensch, wie Gott sich das gedacht habe. "Soll ich das Leben hier bei Dir leben oder soll ich es mitnehmen?" Gottes Antwort lautete: "Nimm es mit. Geh hinaus und vergiss nicht, wo du hergekommen bist."

Heute beginnen wir uns wieder daran zu erinnern. Wenn wir bei Mc. Donalds unsere Bestellung aufgeben und die freundliche Bedienung als letztes fragt "Hier essen oder mitnehmen?", dann klingt dieser Satz eigenartig vertraut. Ein dunkles Ahnen durchzieht uns so wie schon am Morgen, als wir an der Tankstelle einen Kaffee in Auftrag gaben und vor die Frage gestellt wurden "Hier trinken oder mitnehmen?". Unser ganzes Leben scheint mehr und mehr von diesem "mitnehmen oder nicht" durchdrungen zu werden. Mitnehmen drückt sich in den beiden englischen Wörtern "to go" aus, die mittlerweile an jedem 3. Schaufenster in der Fußgängerzone zu lesen sind. Schuhgeschäfte bieten ihre Ware to go an, im Fahrradladen gibt es das Fahrrad to go und auch das Handy und die neue Frisur sind to go zu haben.

Sicher, das Leben besteht aus Grundverrichtungen wie Essen, Trinken, gelegentlichem Fahrradfahren und einem vernünftigen Haarschnitt. Aber die Frage muss erlaubt sein, ob Gott es so gemeint hat, als er uns das Leben mit auf den Weg gab. Werden wir in Zukunft unsere Geschäfte auch to go erledigen, wenn wir an der Raststätte die Sanifair Keramik aufsuchen um uns zu erleichtern? Fragt uns dann die Stimme aus dem Lautsprecher "Hier pinkeln oder mitnehmen?". Hören wir "Hier übernachten oder mitnehmen", wenn uns im Reisebüro die Hotelbuchungsbestätigung ausgehändigt wird?

Die Drogeriekette Rossmann geht neue Wege. Sie hat ihr Kondomsortiment entsprechend gekennzeichnet und einsortiert. Der Kunde kann sich schon beim Griff ins Regal entscheiden: Will ich hier vögeln oder die Kondome mitnehmen. Allemal besser als die Apotheke, deren Angestellte dem älteren Herrn die Hämorrhoidencreme über den Tresen reicht und diesen vor die Wahl stellt: "Hier eincremen oder mitnehmen?".

Es ist wie so oft: Hat man die Dinge erst einmal verstanden, scheinen sie plötzlich keinen Sinn mehr zu ergeben.
 
A

aligaga

Gast
Sorry, Gerd, wenn @ali diese Geschichte nicht lustig, sondern nur doof finden kann.

Er empfiehlt dir, vor deren Verballhornung, die Biblische Geschichte halbwegs durchzulesen und danach wenigstens ansatzweise zu reflektieren.

Dann würde dir auffallen, das Adam und Eva splitternackt waren, als sie aus dem Paradies vertrieben wurden, und nichts mit auf den Weg bekamen als die fiktive Erbsünde und den Fluch, arbeiten zu müssen bis an ihr Lebensende.

Wenn man aus diesen Vorgaben sowas wie eine Satire machen möchte, müsste man geschickter vorgehen, und nicht mit dümmlichen Hamburger- und Kondomrequisiten durch das Schreibstübchen werfen, sondern sich ans "Eingemachte" wagen - an den Apfel, die Schlange, den Kreationisten himself und an seinen bewaffneten Türsteher.

Die "to go"-Nummer ist leider nichts rein Menschliches, sondern wird im Tierreich seit Jahrmillionen fleißig praktiziert - die Ameisen, die Bienen, die Nager, die Vogerln, die Leoparden und die Spinnen, beispielsweise, fressen und scheißen nicht direkt dort, wo sie eingekauft haben, sondern daheim oder nochmal woanders.

Warum sie das machen, steht nicht in der Bibel, sondern in "Brehms Thierleben".

TTip: Lesen. Lesen! Dann wird vielleicht doch noch ein Gaiser aus dir. So aber hat der sich, wie's @ali scheint, eben im Grab umgedreht.

Quietschend vor Vergnügen

aligaga
 

Gerd Geiser

Mitglied
Oh man, was für ein Exemplar hat man mir denn da in die Hand gedrückt? Deine Ausgabe der Bibel scheint viel spannender und auch humorvoller zu sein. Was für eine Edition ist das?
 

onivido

Mitglied
Hallo Gerd,
wenn der aligaga vor Vergnuegen quietscht, dann hat ihm die Geschichte bestimmt Spass gemacht, oder vielleicht ist er nur vergnuegt , weil er seine biblischen Kenntnisse an den Mann bringen konnte. Mir hat sie gefallen. Gern lese ich auch die Kommentare. Die bringen Leben in die Bude und man kann oft doppelt lachen.
Gruesse///Onivido
 
Hallo Gerd,
wie üblich ist auch dieser Text in deinem rundum so angenehm zu lesenden flockig ironischen Ton geschrieben. Das muss man erstmal draufhaben.
Ich seh ihn als Satire über Trittbrettfahrerei oder auch über die Neigung, jeder Mode hinterherzuhecheln und sei sie noch so albern. (Ist das wirklich wahr? „To go“ bei Schuhen, Fahrrädern, Handys, Frisuren und Kondomen? - Ich lebe auf dem Land, mir ist das bisher nicht begegnet. Wenn dergleichen Realität ist – wozu braucht man dann noch Satire?) Aber die Sache mit der Apotheke ist doch wenigstens gut ausgedacht – oder?
Immerhin: Jede Mode erzeugt irgendwann nicht nur literarisch satirischen Gegenwind. Ich hörte kürzlich in einem Restaurant (eher drei Zacken als drei Sterne), wie ein Gast fragte, ob er den Rest auf seinem Teller „to go“ eingepackt haben könne. Die genervte Kellnerin wollte daraufhin wissen: „Für Sie oder Ihren Hund?“ Der Gast verließ das Restaurant unter Verzicht auf to go.
Es gibt also noch Hoffnung.
Jörg
 

Gerd Geiser

Mitglied
Lieber onivido, da haben wir was gemeinsam. Auch für mich sind Kommentare oft das Salz in der Suppe.
Der Kommentar meines Vorredners legt den Verdacht nahe, dass auch er sich im Grabe umgedreht hat. Stock und steif immer in der selben Stellung zu liegen führt zu Verkrampfungen und eine Veränderung der Liegestellung sorgt für Entspannung. Augenscheinlich bis hin zu quietschendem Vergnügen.
Andererseits könnte es sich in der Tat um einen satirischen Kommentar handeln, der in den Kontext "Quietschend vor Vergnügen" eingebunden werden muss. In dieser Böhmermannschen Lesart geht es dann nicht mehr um den konkreten Inhalt und Geschmacksfragen verbieten sich.
Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass man mir nicht die Bibel, sondern "Das Kapital" von Karl May in die Hand gedrückt hatte. Die Schöpfungsgeschichte wird von den Indianern etwas anders erzählt. Jedoch mussten auch sie mitunter bis zum Lebensende arbeiten. So entstehen Missverständnisse.
 

Gerd Geiser

Mitglied
Jörg, du Freude meiner alten Tage. In der Tat, die Hoffnung stirbt zuletzt. Ich wohne auch auf dem Lande und wie es in den pulsierenden Städten drumrum aussehen mag, muss ich mir zusammen reimen. Aus dem, was durchsickert, lässt sich kein schlüssiges Bild erstellen. Ich werde mich aber demnächst mal in die Stadt mitnehmen.
 

Gerd Geiser

Mitglied
"Für Sie oder Ihren Hund?"
Liebe Ji Rina, solange unsere Geschichten nicht für die Katz sind, schreiben wir weiter, ne?
 
A

aligaga

Gast
Vielleicht noch soviel, ihr Helden - München ward 1158 begründet und vom ersten Moment an nichts als ein Marktplatz, auf dem alles "to go" zu haben war, was das Mittelalter zu bieten hatte. Die Handelswege führten von der Isar bis nach Österreich und Italien.

Dass man Speisen und Reste, die man ad hoc nicht verzehren kann oder die vom Gelage übrigbleiben, nicht den Schweinen füttert, sondern nach Haus mitnimmt, ist nichts Neues, sondern ein sehr alter Brauch. Es gab dazu das "Bescheid-Tüchl", in das man das Zeug einschlug.

Auch Getränke "to go" gab's schon im Mittelalter. Die Kinder mussten den Wein und das Bier in Kannen aus der Schankstube holen und heimschleppen. Was sie dabei heimlich abtranken, haben sie aus der Regentonne oder der Dachrinne nachgefüllt.

Da war manchmal auch was Unkeusches dabei. So reimte WB 1884 in seinem "Maler Klecksel", als Kunos Klecksels Vater "etwas" in der Kanne entdeckte:

... "dieses scheint mir ein
neugeborner Spatz zu sein!
Ei wie käme dieses dann?
Kuno, sag ich, sieh mich an!
Deiner Taten schwarzes Bild
ist vor meinem Blick enthüllt" ...


Daher nochmals: "to go" ist keineswegs neumodisch und schon gar nichts Alttestamentarisches, sondern kalter Kaffee und ein uralter Hut.

Heiter, sehr heiter

aligaga
 

Wipfel

Mitglied
Die Frage: "Hier trinken oder mitnehmen" hat oft eine praktische Handlung zur Folge, der Kaffee wird dann in die Tasse gefüllt, statt in den Becher. Bei MC D nicht. Und dennoch wird gefragt. Warum?

Das hat mit der Umsatzsteuer zu tun. Verkauft MCD den Kaffee (oder andere Produkte) außer Haus, ist es ein Lebensmittel und wird mit 7% besteuert. In der Frittenbude drin getrunken ist es jedoch ein Genussmittel (?) und wird mit 19% besteuert. Die Fragende muss die richtige Steuertaste drücken, das ist alles. Bei manchen Bäckereien hierzulande ist der Kaffee to go daher billiger... Für MCD kostet ein Kaffee normaler Größe übrigens 19 EUROCent Selbstkosten.

Hallo Gerd, so richtig lustig fand ich deinen Text dann doch nicht. Möglich, dass mein Humor ein anderer ist.

Grüße von wipfel
 

Gerd Geiser

Mitglied
Für mich kriegt das langsam die Züge einer Realsatire.
Der eine erzählt mir die biblische Geschichte, dass Ameisen und Co. zuhause oder anderswo scheißen, wenn sie eingekauft haben, München bis nach Italien Handel trieb, Kinder im Mittelalter Alkohol panschten und Kuno in die Kanne onanierte. Der nächste erklärt die Umsatzsteuergesetze und wieviel Mc. Donalds am Kaffee verdient. Leute, ich bin nicht euer Friseur.
Wenn ich ins Konzert gehe, dann will ich die Musik vor Ort hören und nicht gefragt werden, ob ich das Orchester mit nach Hause nehmen will. Das ist im Grunde schon alles. Und wer damit ein Problem hat, der sagt mir das kurz, klipp und klar, drückt 1 bis 5 und fertig ist die Laube. Es sei denn, er hat konstruktive Vorschläge zu machen, die den Text weiter bringen.
Das kann doch nicht so schwer sein.
 
A

aligaga

Gast
Tja, Gerd - dass die von dir vereinnahmten Leser nicht über den Inhalt des G'schichterls, sondern über seinen Autor lachen müssen, der sich krampfhaft müht, mit dem neuenglischen Begriff für das altdoitsche "Einkaufen" witzisch zu sein und der meint, dazu gleich noch Kondome aufblasen zu müssen, liegt vielleicht nicht zuletzt an dessen Nähe zu einem großen Namen.

In "Palla fine" hatten die Eltern der HauptdarstellerIn ja auch was mit Verhütungsmitteln zu tun - sie handelten (1958 natürlich nur heimlich!) damit: to go, nicht on stage.

Satire muss sitzen, @Gerd. Nimm dir ein schlechtes Beispiel am Risenslühriker Bömmelmann. Wenn man's so dumm anstellt wie der, dann sitzt am Ende nicht die "Satire", sondern der Autor. Oder er muss zum Spargelstechen nach Anatolien.

Quietschvergnügt

aligaga
 

FrankK

Mitglied
Köstlich.
Schild an einer Tankstelle:
Kaffee to go
jetzt auch zum mitnehmen​

Das Leben schreibt die besten Satiren.

"to go or not to go"
What is the answer?

Ich liebe denglisch. ;)


Kleine Geschichte zum Thema:
Fritzchen (7) und sein kleiner Bruder (5) waren bei "DM", um dort nach eigener Aussage: "Kinder zu machen".
Sie pieksten mit einer Stecknadel in die Kondompackungen ...


Grüßend
Frank
 
A

aligaga

Gast
Wer je in einem Supermarkt Präservative gekauft hat, weiß, dass die nicht in den Regalebenen liegen dürfen, die von Kleinkindern zu erreichen sind. Zudem sind sie so fest verpackt, dass ein Kind der genannten Altersstufe vergeblich daran herumpiekste.

Man fragt sich, was dieser "Witz" mit der ebenso witzlosen Geschichte zu tun haben sollte. Wohl weil darin von Kondomen die Rede ist und bei manchem reflexhaft die vorpubertäre Kalauer-Maschinerie anläuft?

Heiter

aligaga
 

FrankK

Mitglied
Nö, @ali, nix vorpupertäre Kalauer-Maschine. (Nur weil Sie keine mehr brauchen?)
Real-Satire die das Leben schrieb.
Ich frage mich, wieviele Kondom-Verkaufs-Regale Sie wohl schon im Drogeriemarkt eingeräumt haben.
Sie haben doch immer soviel Verständnis für die "Kleinen" - aber offensichtlich keinerlei Phantasie, wie pfiffig diese Dötzchen sein können.

Zudem sind sie so fest verpackt, dass ein Kind der genannten Altersstufe vergeblich daran herumpiekste.
Pille-Palle: Die Standardverpackung besteht aus dünner Pappe, die Folie, in der die Kondome eingeschweißt sind, ist ebenfalls hauchdünn.
Eine Stecknadel geht da spielend durch. ;)


Amused
Frank
 
A

aligaga

Gast
Tja - offenbar hat da jemand schon sehr, sehr lang kein Präservativ mehr benützt (wenn überhaupt je eines) - sonst wüsst' er, wo er sie beim Großsortimenter fände und wie fest sie dort (aus gutem Grund) verpackt sind.

So locker und lose wie in dem dämlichen "Witz" kommen sie einem nur aus dem Automatenchlitz auf dem Abtritt der Kneipe oder dem Lokus der Hotelbar entgegen.

Quietschend vor Vergnügen

aligaga
 



 
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