Tragödie von Zwerg und Rose

Die Tragödie von Zwerg und Rose

Ein Gartenzwerglein steht im Garten,
still zwischen Beeten und Rabatten
und rings um ihn fühlt äußerst wohl
sich Sellerie und Blumenkohl.
Der Zwerg sieht die Radieschen sprießen,
hört des Salates Köpfe schießen
und nichts und niemand stört ihm die
vertraute Gartenharmonie.

Nur wenn er einen Spatz erblickt
der frech an einem Blättchen pickt,
dann wackelt er bös mit der Spitze
von seiner roten Zipfelmütze,
was nicht so schlimm ist, wie es scheint,
weil er es gar nie böse meint.
Der Gärtner und die Gärtnerin
sind ausgesprochen stolz auf ihn.

Doch eines Tags lag in der Luft
des Gartens ein ganz neuer Duft,
denn an des Nachbars Zaune blühte
eine betörend schöne Blüte,
und staunend sah er eine große
voll aufgeblühte Edelrose.

Die Rose war so wunderschön
wie unser Zwerg noch nie gesehn.
All Morgen ist er hochbeglückt,
wenn er sie nur von fern erblickt,
am Tag schaut er, so oft es geht,
hinüber, wo die Rose steht
und ist am Abend tief betrübt,
weil er im Dunkeln nichts mehr sieht.

Das Zwerglein wünscht sich nichts so sehr,
als dass er eine Rose wär,
dann flög vielleicht ein Schmetterling
von ihm zu jener Blüte hin
und käme nachher wieder her
als Liebesbote, oder mehr
und brächte ihm, wer weiß, was immer...

Doch endet mein Gedicht viel schlimmer:
Jetzt kommt mit einem Pappkarton
des Gärtners selbstgerechter Sohn,
der drei Semester Kunst studiert
und gerne weise Reden führt,
weshalb er jetzt im Haus verkündet,
dass er den Kerl nur kitschig findet.

Er packt den Zwerg, der zu nichts nütze,
recht roh an seiner Zipfelmütze,
verächtlich trägt er ihn davon
in einem alten Schuhkarton
und legt ihn achtlos erst einmal
im Keller neben ein Regal,
dort, wo man alles, was vergammelt
im Hause, für den Sperrmüll sammelt.

Der Zwerg ahnt mehr, als dass er spürt,
was man mit ihm im Schilde führt,
er weint ein wenig, doch ganz still,
weil man ihn einfach nicht mehr will.
Kein Sonnenlicht, kein Sterngefunkel
durchdringt die Schachtel, es bleibt dunkel.
Oft träumt er in der engen Gruft
von einer fernen Rose Duft,
dann denkt er bang: Wenn ich nur wüsste,
ob mich die Rose je vermisste?

Doch dieser ging es nicht viel besser!
Ein Mensch kam her mit einem Messer
und schnitt, bar jeglichem Gefühl,
sie ab an ihrem schlanken Stiel,
worauf sie ihre Lebensphase
aushaucht in einer Blumenvase.
Von dort hat man, nach drei, vier Tagen,
sie achtlos auch hinausgetragen.

Beim Abfall liegt sie, sehr verblüht,
wie gut, dass dies der Zwerg nicht sieht!
Wer weiß, womöglich landen sie
gemeinsam auf der Deponie.

So trostlos endet diese große
Tragödie von Zwerg und Rose.
 
S

Sansibar

Gast
Wie traurig

Bernhard,
ich schluchze mit der Rose und dem Zwerg um die Wette
SaS
 



 
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