Trauben (kjub)

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Nina K

Mitglied
Ich glaube nicht an die Magie von Trauben, nicht an ihre Farben: gelbgrün, blaulila – bei dem Gedanken an Lila lache ich bitter auf. Aber sie waren nicht lila, sondern grün und zumindest das sollte beruhigen. Dann - in der Erinnerung schälen sich Kindergeschichten aus den Ecken, schütteln Fäuste und verschwinden wieder lautlos – bist Du gegangen. Was bleibt ist das Grau der sich wichtig nehmenden Wolken, die selbstsicher den Tag dominieren.

Das ist viel besser, sage ich mir, und dass die Luft sich einsaugen lässt in die Lunge, die viel zu lange verkrampft dem Strohgeruch von Sommerwiesen stand zu halten bemüht war. Das Gelb einer viel zu hellen Sonne erinnere ich und das Wissen darum, dass nichts von dem echt war, was Du erwähntest; und wie Du aussiehst, wenn Du solche Tatsachen abstreitest, das weiß ich auch (und den stummen Vorwurf in Deinen Augen, den ich übersehen wollte, nicht konnte und also ertragen lernen musste, aber das gehört zu den Dingen, die man nur flüstert, nicht ausspricht).

Vielleicht, blitzt eine Idee in mir hoch, sollte ich mal wieder ein paar der Erinnerungen sortieren; Gefühle zusammenfalten und sorgsam in Schränken verstauen, deren Schlüssel sich nur in eine Richtung drehen. Endlich etwas Greifbares, wende ich mich voller Interesse dem Abbild dieser Schränke in mir zu, verfolge die Maserung des Holzes, das gewaltsam gebrochen, geschnitten und mit Schleifpapier bearbeitet nicht mehr Baum, sondern Tür wurde. Haben sie nicht mehr unseres Mitleids verdient, diese Bäume?

Und als ich Mitleid denke, da fällt mir ein, dass ich viel zu lange schon nicht mehr geweint habe und dass ich früher mal dachte, das Ausweinen würde helfen; und wie trügerisch das doch war, denn raus kam er doch nie aus mir, dieser Kummer. Wenn ich jetzt also deinetwegen ein paar weitere Tränen in die Sommerwiese tropfen ließe, die deinen Namen trügen, so wärest Du nicht weiter fort oder näher und nichts würde besser?

Als mir das einfällt, schlinge ich die Arme um meine Knie, zieh sie dicht unter mein Kinn und lasse mich treiben: Ich glaube nicht an die Magie von Trauben, dröhnt es leise noch in meinem Kopf; sie waren nicht lila, flüstert es nach, und etwas Strohgeruch scheint aus den verschlossenen Schränken aufzusteigen - und ich merke, es wird gar nicht besser…
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
ein

sauberes stück literatur.
allerdings wird die anrede "du" nur in briefen groß geschrieben. oder ist dies ein brief? dann müsstest du das deutlicher machen.
lg
 
Eine geschlossene Kette von Assoziationen, deren einzelne Glieder wie die Stationen einer Gedankenflucht wirken. Ja, so denken wir oft, wenn wir ein Geschehen nicht abschließend einordnen können. Unumkehrbar abschließbare Schränke wären dann sehr praktisch, denken wir, doch sie stehen gar nicht zur Verfügung. Und etwas später? Stört es uns nicht einmal, dass das nicht Weggeräumte noch immer offen herumliegt. Anderes hat sich dazwischengeschoben ...

Die Ehrlichkeit legt mir nahe zu bekennen, dass ich zwei Details am sonst überzeugenden Text nicht verstanden habe: Warum Trauben? Und was bedeutet (kjub)?

Arno Abendschön
 

Nina K

Mitglied
Hallo flammarion,

Du hast absolut recht mit der Großschreibung, ich weiß ja; und nein, ein Brief ist es nicht und dennoch fällt es mir schwer, ein direkt angesprochenes Du nicht eben so zu schreiben. Ein Tick, sonst nichts, aber einer, den ich ebenso wenig aufgeben mag, wie ich es übers Herz brächte, drei mal s in Folge zu schreiben, obwohl man es heutzutage ja müsste *zwinker*

Lieben Gruß
Nina


Guten Moren Arno,

bei der einen Erklärung müsste ich ausholen, mache es aber kurz: Als das l.D. erstmalig in die Realität Einzug hielt, brachte es Weintrauben (grüne) und Käse. Lila - bzw. blaube Trauben - also Lila ist als Farbe für mich sehr besonders und ich ordne dieser viele Assoziationen zu; das grün sollte eigentlich demgegenüber beruhigend wirken, doch kehrt die Ruhe trotz der Fokkusierung auf eben dies grün nicht ein. Darum erschien mir das wichtig.
kjub in den Titel zu nehmen ist nicht fair, da es Widmung ist und weder dem Text für einen Außenstehenden zuträglich ist, noch verständlich sein kann; aber auch bei Ausstellung in recht anonymen Foren fänd ich es falsch, der Widnmung nicht treu zu bleiben, und darum steht sie nun da...

vielen Dank für Dein Interesse und den Nachdenkenanstoss: Ich grüble, ob das Rumliegende mit der Zeit tatsächlich so nebensächlich wird wegen der neuen Dinge. Meine Haupttendenz ist eigentlich stets, dass es gut ist, sich zu erinnern; dass es so wichtig ist, dass es neues Leben und tiefe Atemzüge erst möglich macht. Letztendlich glaub ich so ungefähr daran, auch wenn natürlich manchmal frische Erinnerungen so schmerzlich sind, dass man auf diese Verschlußidee kommt; also auch ich, lächel.

Liebe Grüße an Dich
Nina
 

Ternessa

Mitglied
Trauben

Ich finde den Text sehr gelungen im Moment des noch so Fühlens.............
Du wirst ihn später in den Assoziationen vielleicht ändern........derzeit gibt er sehr viel Gefühl wieder

( Und ich wollte hier nicht- bewusst- an Sprache mäkeln, sondern einfach Wirkung wirken lassen)
Ternessa
 



 
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