Trauer

3,30 Stern(e) 3 Bewertungen

tho schett

Mitglied
Vergessene Trauer

Einmal möchte ich dich greifen,
unheimliches Gefühl in mir.
Mitnehmen möchte ich dich,
in die geballte Faust hinein.

Und hinüberschleudern,
in diese dreisten Gesichter!

Aber immer stirbst du mir weg,
unter dem kleinen Kind von einst,
das immer nur flehte, - stumm,
doch bitte verschont zu werden!

Wann werde ich dir vergeben?
du kleiner Feigling in mir.
Wann werde ich dich heben,
du mein Schatz in stillem Revier?
 

ENachtigall

Mitglied
Hallo Thomas,

wäre ich ein ängstlicher Leser, würde ich mich vor Deinem Text in Sicherheit bringen, um nicht versehentlich eine faustvoll abzubekommen...von dem was an Hilflosigkeit, Feindseeligkeit, Wut und Schwäche herausspringt.

Und hinüberschleudern,
in diese dreisten Gesichter!

Da ich es nicht bin, fühle ich mich herausgefordert, Wege aus dem Dilemma zu suchen. Beides behagt mir nicht.

Was mir gefällt ist die Sprache und die vorhandene Idee der Bewegung.

...greifen,... mitnehmen,... heben

Den Bezug des Titels zum Text verstehe ich nicht.

Bin ich zu sinngläubig dafür?

So long
ENa
 

tho schett

Mitglied
Hallo ENa!

Danke für die Kritik!

Zu lösen gibt es hier für den Leser wohl nichts, sollte auch nicht der Sinn der Sache sein. Eher sich darauf einlassen, und spüren was dahinter steckt, ohne gleich wertend zu attributieren.

Dass dir die "vorhandene Idee der Bewegung" gefällt ist ja ein kleiner Trost für mich.

Zu Sinngläubig? Keineswegs! Nur vielleicht etwas zu sehr an der Oberfläche des Sinns orientiert!

Es soll der Zusammenhang zwischen Ohnmacht, Zorn/Wut und Trauer thematisiert werden. Vergessen ist die Trauer, weil sie unbewusst (dunkel) wurde, beim "hinübernehmen" wird sie zum Zorn oder zur Wut die natürlich ein Objekt, die "dreisten Gesichter" brauchen (Psychologen wissen, dass hinter Trauer oftmals unterdrückte Wut steckt). Und alles das hat seine Quelle wiederum in der einstigen Ohnmacht.

So long und danke dass du mir die Gelegenheit gegeben hast, mein eigenes Gedicht noch mal genauer zu reflektieren.

tho
 
B

bonanza

Gast
mein erster eindruck: mitreißend, doch beim letzten vers
entglitt dir die dichtkunst.

bon.
 
S

Stoffel

Gast
Hallo Tho,

das Thema hab ich auch mal aufgegriffen. Finde ich sehr gut ausgedrückt.
Dennoch mal Gedanken dazu, als Fragen gedacht. Der Titel, mei, der könnte passend zu dem Text noch ein wenig "tiefgründiger" sein.

lG
Sanne

Vergessene Trauer

Einmal möchte ich
dich packen(können),
unheimliches Gefühl in mir.
Heraus greifen möchte ich dich,
in die geballte Faust hinein.

Und hinüberschleudern,
in diese dreisten Gesichter!

Aber immer stirbst du mir weg,
hinter dem [strike]kleinen[/strike] Kind von damals,
das immer nur flehte - stumm,
doch bitte verschont zu werden!

Wann werde ich dir vergeben?
du kleiner Feigling in mir.
Wann werde ich dich heben,
du mein Schatz in den Tiefen
meines Ozeans
?
 

tho schett

Mitglied
@bonanza:
Hast leider recht. Man merkt, dass die letzte Strophe mehr oder weniger nachträglich dazugekommen ist. Danke für den Hinweis!

@Stoffel:
Hab ich nicht ganz verstanden, wie das mit den Gedanken als Fragen gemeint ist, da nachher eine Eigenversion vorgestellt wird. Den Titel finde ich ok. Es gäbe viele Namen dafür. Danke für deine Reaktion.
 

ENachtigall

Mitglied
reflektieren

Hallo thosche,

ich habe noch lange darüber nachgedacht, woher das Unbehagen beim Lesen Deines Gedichtes kam. Also habe ich (übrigens gerne!) meine Reaktion reflektiert.

Beim ersten Lesen hatte ich nicht den Eindruck, dass die
dreisten Gesichter
verantwortlich sind für das
unheimliche Gefühl
, und fand somit die gegen sie gerichteten agressiven Gefühle ungerecht(fertigt).

Tatsächlich sagt aber Dein Gedicht nichts über so einen Zusammenhang aus. Insofern darf ich es auch nicht so interpretieren.

In der Trauer kommen tatsächlich viele verschiedene Gefühle hoch und es tut gut, wenn man sie abladen kann, um wieder Platz zu haben, für das hier und jetzt.

P.S. Die Bemerkung über die Sinngläubigkeit bezog sich auf Deine frühere Signatur.

Mach weiter!
ENa
 
S

Stoffel

Gast
Hallo,

wenn ich meine Gedanken äussere, dann sind es auch gleichzeitig Fragen. Etwas in Deinem Text, was ich sichtlich verändere, ist dann als Hinterfragung gedacht.

Zudem versuche ich schon immer, wenn ich Vorschläge bringe, den Text und Sinn nicht zu verändern. So was geht nämlich ziemlich schnell.
Es ist in meinen Augen kein eigenes Gedicht dabei heraus gekommen.

Für mich ist das hier Textarbeit.
Wobei Du natürlich Dein Gedicht lassen kannst wie es ist. Manche, auch ich, schöpfen was aus den Gedanken anderer, verändern auch mal was. Muss aber nie zwingend sein.;)

"dreist"...vielleicht muss man die Bedeutung des Begriffs genau definieren? Um dann zu schauen,passt er da hin oder nicht. Hab leider grad keinen neuen Duden da:(

lG
Sanne
 

tho schett

Mitglied
@ENachtigall:
Danke für deine nochmalige Reaktion und für die Worte. Das freut mich sehr.

@Stoffel:
Alles klar. War halt als Fragen nicht so leicht erkennbar. Aber danke dafür. Ich bin deine Anregungen noch mal durchgegangen. Zu "dreist": Ich hab die genaue Bedeutung dieses Begriffs nicht nachgeschlagen, intuitiv stimmt er aber für mich.
 



 
Oben Unten