Trennung und Schokoeis

Ingwer

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Ihre Worte prallten sich an seinen Mauern blutig. Irgendwann hörte sie auf zu reden. Zu fragen und zu flehen. Zu schimpfen. Irgendwann saß sie nur noch da, auf dem hässlichen orangerotem Sofa, und weinte. Schluchzer schüttelten sie wie ein kleines Kind, und genau das war auch die richtige Beschreibung dessen, was sie fühlte.

Ihre Tränen perlten salzig auf ihren Lippen auf und sie sog das Wasser in ihren Mund, um ihre Zunge langsam taub schmecken zu lassen. Sie konnte deutlich den dreckigen Vorstadtspielplatz sehen, der nur wenige Meter von der Bank entfernt war, auf der sie saß. Sechs oder sieben musste sie sein, und sie weinte, weil einer der großen Jungs, die schon rauchten und fiese Wörter brüllten, ihr ihr Eis weggenommen hatte. Drei Kugeln; und sogar eine Schoko dabei.
Dies war ihr erster Verlust, der sie weinen ließ.

Er saß neben ihr. Örtlich und gedanklich getrennt. Vollständige Seperation. Er legte eine Platte auf, zündete sich eine blaue Gauloise an und schlürfte an seiner Bierflasche. Kalt war sein Blick, mit dem er ihre Augen berührte, als hätte er sie nie zuvor angschaut.
Im Grunde war alles gesagt. das Übliche. Nein, es liegt nicht an Dir, und wenn, dann an uns beiden. nein, meine Gefühle haben sich nicht geändert. Uns trennt nur der Alltag. Das Leben eben. Ohne einander werden wir glücklicher.
Hohn klingelte in ihren Ohren, als er langsam und bedächtig, aber dennoch nicht wenig nervös die entscheidenden Worte sagte; nein, sie ihr vielmehr zuwarf wie brennende Fackeln.
Ihre Reaktion würde entscheidend sein. Auffangen oder fallenlassen- oder sich höllisch verbrennen?

Als sie an das gestohlene Schokoladeneis dachte, musste sie fast unwillkürlich lächeln. Denn wie schön war es doch, zu wissen, dass es noch Hoffnung gab, vage zwar, aber wenigstens nicht längst zu einem braunmatschigen See zerschmolzen.
 



 
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