Übellaunigkeit

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\"Na wenn Sie das auch auf read-only stellen, kann es natürlich nicht funktionieren!\" Mein Boss belehrte mich mit einem unangenehmen Tonfall. Ich kenn mich mit diesem blöden Computer eben nicht aus. Heute hatte ich eine Dreiviertelstunde versucht, die Kundenkartei zu aktualisieren, und immer funktionierte es nicht. Mit einem überlegenen, hämischen Grinsen hatte der Boss es mit einem Klick erledigt. Und dafür war ich nun länger in Büro geblieben. Ich hatte miese Laune.

Als ich dann allein in meinem Fiat durch den Regen nach Hause fuhr, hellte ich meine Stimmung damit auf, den Boss zu imitieren: \"reedt-ouhnlie\" - wie übertrieben er immer die englischen Fachbegriffe betonte. Der Spaß hielt allerdings nicht lange vor. In meiner kleinen Single-Wohnung lag ich dann rücklings auf dem Sofa und starrte die Decke an. Keine Lust auf nichts. Der Fernseher nervte mich nur, ich schaltete ihn gleich wieder ab. Ich aß etwas, obwohl ich keinen Hunger hatte. Es schmeckte nicht. Zum schlafen war ich nicht müde genug. Radio kannste sowieso vergessen. Die CD-Sammlung war auch nicht ergiebig. Pop war zu fröhlich, Rock zu dröhnend, und alles andere ging mir nur auf die Nerven. Kurz: Ich war übellaunig.

Wieder auf dem Sofa liegend, fiel mein Blick auf eine halb volle Flasche Tequila. Ich trank einen Schluck. Das entspannte. Noch ein Glas. Mir kam meine Queen-CD in den Sinn. Nun machte Musik wieder Spaß. Und noch ein Glas. Ich konnte den Bürostress vergessen. Auf einen Schluck mehr kam es nun auch nicht an. Ich bewegte mich zu der Musik. Ich fühlte mich wohl. Erinnerungen aus vergangenen Zeiten brachten mich zum lachen. Wirklich, ich fühlte mich wohl. Keine Spur mehr von Übellaunigkeit.

Am nächsten Morgen ging es mir nicht schlecht. Ich hatte nicht zu viel Getrunken. Ich fühlte mich erholt. Ein wenig Heiterkeit war noch immer in mir. Seit dem greife ich immer, wenn es mir schlecht geht, zur Flasche. So oft ist das nicht. Soll ich deshalb Alkoholiker sein? Ach was!
 
D

Denschie

Gast
Hallo Richard Beermann!
Eine etwas merkwürdige Geschichte. Du beginnst mit
einer Erzählung und endest mit dem erhobenen Zeigefinger,
ohne dass ich richtig mitbekomme, warum dieser plötzliche
Wechsel stattfindet.
Als Geschichte überzeugt es mich nicht, weil es keine
abgeschlossene Handlung gibt; als Zeigefinger schreckt
es mich nicht, weil der Mann allzu sehr ein bestimmtes
Klischee verkörpert.
Man könnte mehr daraus machen.
Viele Grüße,
Denschie
 
Hallo Richard Bergmann,

Erstmal willkommen in der Leselupe.
Deine Geschichte spiegelt eine Reihe von Tatsachen wieder, die jeder wahrscheinlich schon so oder so ähnlich erlebt hat. Mir ging es so, ich sass davor, las und dachte: Ja und weiter? Du solltes meiner Meinung nach versuchen, in die Geschichte bzw. in Deine künftigen Werke versuchen eine Ebene einzubauen, die über eine reine Aneinanderreihung von Begebenheiten hinausgeht. Der Ansatz davon ist, so lese ich den Text zumindest in dem letzen Abschnitt enthalten, als es konkret um das Verhältnis des Protagonisten zur Flasche geht.
Diesen Ansatz solltest Du mehr herausarbeiten, und nicht erst erklären, daß er in seinem Fiat im Regen in seine kleine Singlewohnung fährt. Diese Ausschmückungen braucht es meiner Ansicht nach in dieser Breite nicht. Konzentriere Dich auf das wesentliche und setze Details dort ein, wo sie essentiell für eine Geschichte sind.
Viel Erfolg Dir für weitere Geschichten und viele gute Einfälle.
In der Hoffnung, mich verständlich ausgedrückt zu haben.

Gruß

AM
 
B

bonanza

Gast
das liest sich, als hätte ein zwölfjähriger seinem
leben zuvorgegriffen und einen aufsatz über seinen
zukünftigen computerjob und seine stressbewältigung
mit hilfe von queen und alk geschrieben.
eigentlich zu blöd, um wahr zu sein.
der autor will uns auf die schippe nehmen.

bon.
 
M

Melusine

Gast
Hallo Richard,
du versuchst, eine Alltagsszene zu schildern, aber, hm, sei mir nicht böse: Hier wird mir deutlich bewusst, was es mit dem oft bemühten Spruch "Schreibe über das, was du kennst" für eine Bewandtnis hat.
Der Anfang (die ersten beiden Absätze) wirken auf mich noch einigermaßen so wie realistische Schilderungen aus dem Büroalltag. Wobei ich die leise Befürchtung habe, dass eine Bürokraft, die sich "mit diesem blöden Computer eben nicht auskennt", den Probemonat kaum überstehen wird. Zumindest sollte hier ein Hinweis hinein, dass der Protagonist gerade in einer neuen Firma anfängt und sich noch nicht auskennt.
Die Öde und Übellaunigkeit im zweiten Absatz klingt ebenfalls noch realistisch, auch einigermaßen gut geschildert.

Dann aber kippt es ins Klischeehafte. Ich vermute mal stark, dass du mit der Materie Alkohol keine Erfahrung hast.
Der Blick des Prot. fällt also auf eine halb volle Flasche Tequila. Die steht bei ihm einfach so rum? Aber normalerweise trinkt er nicht, oder wie?
Dennoch verträgt er ein paar Gläser Tequila problemlos, fühlt sich entspannt, hat am nächsten Morgen keinen Kater. Das ist phänomenal. Ein Naturtalent in Sachen Alkoholtoleranz. Meine eigenen Erfahrungen speziell mit Tequila sind andere. Aber vielleicht bin ich ja auch bloß überempfindlich, wer weiß.
Die Reflexion des Prot. kommt viel zu früh. Wer sich nur ein wenig in der Materie auskennt weiß, dass Alkoholiker in der Regel erst sehr, sehr spät zu der glorreichen Erkenntnis kommen, dass ihr Alkoholkonsum möglicherweise bedenklich sein könnte. Manche erst wenn sie schon im Sterben liegen.
Auch und gerade die Erkenntnis, dass man zur Flasche greift wenn und weil es einem schlecht geht, kommt spät oder nie.

Wenn du also über das Problem/die Gefahren des Stresstrinkens schreiben willst, solltest du dich auf Andeutungen beschränken. Die Reflexion des Prot. hat hier nichts verloren, sie passt einfach nicht. Du könntest Dinge schreiben wie: Am nächsten Tag hatte ich Kopfschmerzen und schluckte ein Aspirin ... nach ein paar Wochen trinkt der Prot. öfter und kriegt kein Kopfweh mehr ... eines Tages überhört er am Morgen den Wecker oder gerät mit morgendlichem Restalkoholspiegel in eine Polizeikontrolle oder der Chef riecht seine Fahne oder....
Na ja, das waren nur mal so ein paar Ideen. Vielleicht kannst du ja was damit anfangen.

LG Mel
 
Danke für die Rückmeldungen!

Denschie, ich habe versucht, mit dem Ende einen Anstoß für die Betrachtung der Handlung zu geben. Es ist natürlich besser, wenn sich den Lesenden allein durch die Handlung ein komplexes Problem darstellt, dass nicht explizit genannt wird. Es fällt mir aber schwer, dies in einem sehr kurzen Text zu erreichen. Hier habe ich es gar nicht versucht.

Algernon Moncrief, danke für den Rat! Ich werde versuchen, künftig klarer eine Aussage herauszustellen. Mir fällt es schwer, Ausschmückungen zu dosieren - schließlich können sie genauso gut ablenken wie intensivieren.

bonanza, leider geht aus Deiner Reaktion nicht hervor, was genau Dich an meinem Text so stört, dass Du ihn nicht ernst nehmen kannst.

Melusine, vielen Dank für die Anregungen. Ich werde verstärkt auf Realismus achten müssen. Allerdings werde ich wohl keinen Versuch unternehmen, diesen Text noch zu retten.

Gruß, Richard
 
S

Saurau

Gast
hallo Richard!

es ist ja immerhin kein grund zur trauer, dass dir dieses thema für eine packende geschichte noch zu wenig in fleisch und blut übergegangen ist.

was deinen schreibstil angeht sind mir ein paar grundsätzlichkeiten aufgefallen:

abgesehen von den schwächen, die Melusine schon angesprochen hat (computer, tequilaflasche, frühe einsicht/moral) habe ich auch den eindruck, dass du den text kaum selbst reflektiert hast. er wirkt wie ein rohwerk, das man, wenn das seine art zu schreiben ist, als idee festhält. die wortwahl ist manchmal unglücklich ("immer funktionierte es nicht". besser: "nie hatte es funktioniert"; "...hellte meine stimmung damit auf, indem" - "dadurch, dass"). vielleicht erscheint dir das als pedantisch, aber diese kleinen ungereimtheiten sind es, die mich beim flüssigen lesen aus der illusion stolpern lassen. dein thema hierbei ist ja wohl kaum die sprache an sich, also sollte sie auch nicht im weg stehen.

die kurzen letzten sätze im vorletzten absatz wiederum passen meines erachtens recht gut. aber mit einer kurzprosa eine derart komplexe aussage zu tätigen kann exemplarisch nicht an einem tag und plötzlich "seit dem" passieren, wenn moral überhaupt die zentrale aussage sein soll. du müsstest einen größeren zeitraum umfassen - vielleicht ein halbes jahr oder länger - und dann den blick weg von unwichtigen details wie den fiat und die singlewohnung auf den rettungsschimmer des alkohol und die dadurch entstehenden probleme lenken. wenn du so eine geschichte schreiben willst.

es wurde auch schon erwähnt, dass details den blick in eine bestimmte richtung schärfen sollen. wenn sie zufällig daherkommen lenken sie ab. das gilt auch für die sprachlichen details.

versuch dich wirklich in einem thema, das du erlebt hast oder das dich betrifft. verfremden kannst du ja in jede richtung.


vielleicht konnte ich dir helfen.
lg daniel
 
S

Saurau

Gast
PS: die bewertung bezieht sich auf den text und nicht auf dich oder das thema, das du vielleicht in zwanzig, dreißig jahren besser umsetzen kannst oder hoffentlich nie.
 
Hallo Saurau! Danke für Deine Einschätzung!

Es stimmt, dass die Geschichte über meine eigenen Erfahrungen hinausgeht. Beschränkte ich mich auf eigene Erlebnisse, könnte es sein, dass die Handlung etwas zu dünn ausfallen würde. Zum Wohle des Stils sollte ich mich vielleicht mehr an gesprochener Sprache orientieren. Der Text sollte ursprünglich ausschließlich eine Momentaufnahme sein, bis ich feststellte, dass ich ohne einen Rückblick das Problems nicht klarstellen konnte.

Gruß, Richard
 
M

Melusine

Gast
Hallo Richard,
aus eigener Schreiberfahrung würde ich sagen: Momentaufnahmen gelingen am besten, wenn sie sich auf eigenes Erleben beziehen. Natürlich kann man auch über Sachen schreiben die man nicht selber kennengelernt hat. Je nach Thema und Genre dann halt entweder aus der Fantasie heraus - oder du recherchierst. Das ist an sich nicht weiter schwierig. Über fast jedes Thema findest du massenhaft Informationen im Internet. (Die Schwierigkeit ist eher das Aussieben, aber das ist reine Übungssache.) Für einen kurzen Text ist dann halt die Frage, ob sich die Mühe überhaupt lohnt. Plus - ebenfalls wieder aus eigener Schreiberfahrung: Frisch Angelesenes lässt sich nicht leicht literarisch umsetzen. Das muss erst mal sozusagen abliegen und rasten.
Sogar frische Emotionen lassen sich meiner Erfahrung nach nur schwer umsetzen. Vielleicht geht das, wenn man mal sehr routiniert ist. Muss ich noch rausfinden :).

LG Mel
 
Hallo Melusine!

Danke für die Anregungen! Ich hoffe, dass ich mal auf eine Geschichte komme, die sich aus selbst erlebten und angelesenen Teilen zu einem einheitlichen Ganzen kombinieren lässt. Mich reizt es auch, Geschichten komplett aus dem Nichts zu erfinden. Allerdings ist man dann schon fast auf bestimmte Genres festgelegt, wenn der Text nicht unrealistisch wirken soll.

Gruß, Richard
 



 
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