Una festa sui prati

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Avaro

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Una festa sui prati

Bereits nach wenigen Autobahn-Kilometern waren wir in der Wirklichkeit angekommen. Es wurde gehupt, gedrängelt und – in Ermangelung einer direkten Sprechverbindung – zeigte man sich wechselseitig den Mittelfinger. Kaum vorstellbar, dass wir während unseres Urlaubs mit einigen dieser Raser und Drängler an einem Tisch gesessen haben könnten, um den Tag in gemütlicher Runde ausklingen zu lassen?

In diesem Moment setzte Adriano Celentano im Autoradio zu seinem als Sommerhit verkannten Lied „Una festa sui prati“ an. Melodie und Rhythmus sind gerade dazu angetan, als Entscheidungshilfe zwischen Eifel- und Italienurlaub zu dienen, doch stellt sich bei genauerem Zuhören große Nachdenklichkeit ein. Celentano beschreibt, wie schön ein Fest im Freien auf der Wiese ist, dass sich alle Menschen gern haben, man lacht und tanzt miteinander, isst Panini und trinkt Wein, die jungen Leute werfen sich verliebte Blicke zu. Welch schöner Tag – wir sind alle gute Freunde. Doch tags darauf beginnt wieder der Wettkampf, die Schlacht ums Geld wird fortgesetzt - keine Zeit zum Lachen und Lieben. Wer gewinnen will, muss kämpfen können.

Galten wir im Urlaub noch als das humorvolle Ehepaar aus dem Ruhrgebiet, ändert sich unser Verhalten im grauen Alltag schlagartig. Plötzlich sind wir wieder kleinlich, rachsüchtig und missgünstig, gebrauchen unsere Ellbogen und schwärzen unsere Kollegen - des eigenen Vorteils wegen - beim Abteilungsleiter an. Den Luxus, nett miteinander umzugehen, leisten wir uns offensichtlich nur im Urlaub oder auf gemeinsamen Feiern.

So tröstet Adriano Celentano sich und uns mit der Aussicht, dass es ja irgendwann wieder ein Fest geben wird, auf dem wir uns wieder alle lieb haben werden. Una festa sui prati - una bella compagnia.

Vorsorglich sollte man seinen Urlaubsbekanntschaften bereits bei der Verabschiedung den Mittelfinger zeigen, denn man weiß nie, ob sie uns kurz vor Frankfurt durch ein riskantes Überholmanöver in Todesangst versetzen oder sich in Dinslaken an der Wursttheke rücksichtslos vordrängen.

“Siamo tutti buoni amici,” singt Celentano – jedoch leider nur mit begrenztem Haltbarkeitsdatum.
 
U

USch

Gast
Hallo Avaro,
ja, so ist das Leben. Ein anderes Beispiel: Wenn ich Auto fahre, schimpfe ich auf die Radfahrer, die jedwede Verkehrsregeln missachten, z.B. bei rot über die Ampel fahren. Wenn ich Rad fahre schimpfe ich auf die Autofahrer, die mich beim Abbiegen einfach ignorieren. Wir verhalten uns halt meistens rollengemäß.
LG USch
 



 
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