Und jeden Tag ein kleines Glück (Tag 11 u.12)

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Astrid

Mitglied
Mir schwante es
Tag 11

An manchen Tagen scheint einfach nichts nach Plan zu laufen, es kommt „dicke“, wie man so schön sagt. Bei mir fing es ab dem Mittag an. Ich arbeitete an einem Text und wurde immer wieder durch ein Klingeln rausgerissen - der Briefträger, eine Lieferung für einen Nachbarn, das Telefon.
Am frühen Nachmittag hatte ich einen Interviewtermin. Der Journalist verspätete sich und war dazu noch schlecht auf das Gespräch vorbereitet. Ich begann mich unwohl zu fühlen.
Nachdem er sich verabschiedet hatte, wollte ich mir schnell ein Essen zubereiten, da rief der Fotograf an, ob wir den für morgen geplanten Fototermin auf heute verschieben können. Innerhalb weniger Minuten stand er vor meiner Tür - ich verschob das Essen auf später.
Auf der Suche nach dem richtigen Motiv blieben wir vorerst an meinem Schreibtisch und landeten schließlich an meinem heiß geliebten See. Langsam begann ich mich zu entspannen. Der Fotograf und ich fanden schnell eine gemeinsame Sprache und ich wurde immer lockerer. Als er schon glaubte, alles im Kasten zu haben, tauchte ein Schwan auf. Doch das Blitzlicht vertrieb den Gefährten wieder. Wir blieben unbeirrt stehen und siehe da, nach kurzer Zeit schwamm er erneut auf uns zu, voller Neugier und zugleich gelassen und sehr majestätisch. Das Motiv saß.
Wieder Zuhause erwartete mich die nächste Hiobsbotschaft - eine Arbeit würde sich aufgrund falscher Informationen bis weit in die Nachtstunden verschieben. Ärgerlich, aber nicht zu ändern. Lohnte es, sich zu ärgern?
Ich dachte an den Schwan, der so stolz und in großer Gelassenheit seine Bahn zog, unabhängig von unserem Treiben.
Und ich tat es ihm nach.


Lügen oder besser nichts sagen?
Tag 12
Mein Anruf kam zwei Tage zu spät. "Alles Liebe nachträglich zum Geburtstag!" Ich hatte an dem betreffenden Tag mehrmals an sie gedacht, wusste aber, ich würde sie erst am Abend erreichen und war dann wieder so abgelenkt und beschäftigt, dass es mir erst am nächsten Morgen voller Schrecken erneut einfiel: 'Du wolltest doch anrufen!' Ich schrieb mir ihren Namen groß auf einen Zettel und legte ihn auf meinen Schreibtisch. Dort lag er auch am nächsten Tag noch.
Als ich endlich anrief, entschuldigte ich mich tausend Mal. So schlimm sei das doch nicht. "Mein Telefon stand an dem Abend ohnehin nicht still." sagte die zu Beglückwünschende.
"Da hätte ich ja auch sagen können, ich habe ununterbrochen versucht, dich anzurufen, es war aber ständig besetzt!" meinte ich. "Hättest du, aber ich finde es gut, dass du ehrlich bist."
Die Frage nach der Ehrlichkeit schien mich an diesem Tag regelrecht zu verfolgen. Bis zum Mittag hatte ein Auftraggeber einen wichtigen Text von mir erwartet, den ich ihm bereits am Morgen per e-mail zusandte. Ja, ich war fleißig gewesen. Kurz vor dem Mittag rief ich dennoch dort an und fragte, ob alles angekommen sei. Mein Bauchgefühl hatte mich zum Hörer greifen lassen. "Nein, bisher ist nichts eingetroffen." Das konnte doch nicht sein! Gut, wenn Briefe bei der Post verloren gehen können, vielleicht erwischt es ja auch mal eine e-mail. Voller Panik, weil der Abgabetermin nun wirklich drängte, verschickte ich den Text noch einmal über ein anderes System. Das klappte. Obwohl somit alles doch noch rechtzeitig erledigt wurde, war ich enttäuscht, weil mein erarbeiteter Vorsprung unbeachtet unterging. Außerdem blieb ich misstrauisch, beziehungsweise mein Bauch. Als ich mein Postfach überprüfte, stellte ich fest, dass die mail wieder an mich zurückgekommen war, weil ich mich beim Namen des Empfängers vertippt hatte. Nun könnte ich es darauf beruhen lassen. Niemand hat es bemerkt. Aber ich, ich wusste es und dieser Fehlgriff ärgerte mich. So schickte ich am nächsten Tag eine mail an meinen Auftraggeber mit einer Entschuldigung, in der ich den Fehler "beichtete". "Es ist doch alles gut gegangen" kam zurück und ein Dankeschön.
Ja, nun war wirklich alles gut (gegangen).
 



 
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