Und jeden Tag ein kleines Glück (Tag 44)

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Astrid

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Eine kleine warme Hand

Welch ein Geschenk heute an diesem Sonntag. So unbezahlbar und selten geworden und mich einfach glücklich machend - ich frühstücke gemeinsam mit meinem Sohn. Seit er eine Freundin hat und eigene Wege geht, bin ich dankbar für jeden noch so kleinen Moment von Gemeinsamkeit. Ja, ich weiß, es ist der Lauf der Zeit und es ist mir auch lieber, als würde er mir am „Rockzipfel“ hängen – doch manchmal gibt es diese Momente, wo ich traurig bin darüber und mir die alte Zeit zurückwünsche.
Ich gebe zu, es ist kein ausgiebiges Frühstück und nach nicht mal einer halben Stunde ist er schon wieder verschwunden, doch es ist ein guter Start in den Tag.
Sonntag. Dieser Tag, der noch immer nicht mein Freund geworden ist. Manchmal denke ich, dass mein Kopf beim Aufwachen bereits ein Signal aussendet: „Achtung! Sonntag! Höchste Alarmstufe!“ Seit ein paar Wochen aber haben wir eine Art Waffenstillstand geschlossen. Der Sonntag und ich. Klappt bisher nicht schlecht. „Also, was wollen wir heute machen?“ frage ich meinen Waffenstillstandspartner, nachdem mein Sohn gegangen ist. Er schlägt mir einen Spaziergang vor. Ich sehe auf die Uhr. Es könnte klappen. Die meisten werden wohl erst nach dem Mittagessen losziehen. So kann ich den Sonntagsspaziergängern in Familie und händchenhaltenden Paaren vielleicht entgehen. Denn das macht nicht wirklich Spaß, wenn ich ihnen als „Einzelgänger“ begegne. Meist schaue ich beim Vorübergehen zu der Frau, sollte mein Blick aus Versehen doch zuerst auf seinem Gesicht landen, kann es durchaus passieren, dass ich mir von ihr einen dementsprechend bösen einfange. Als wäre ich ein gefährlicher Gegner. Dabei möchte ich doch nur spazieren gehen…
Als ich mit vom kalten Wind rot gefärbten Wangen wieder zu Hause bin, klingelt das Telefon. Es ist meine ehemalige Nachbarin. Seit ich eine Straße weiter gezogen bin, haben wir nicht mehr so viel Kontakt und manchmal denke ich wehmütig an die Zeit zurück, als wir Tür an Tür wohnten, zusammen kochten und Zeit miteinander verbrachten. Vor allem ihre beiden kleinen Jungs vermisse ich, die ich schon als Babys im Arm hielt.
„Hast du Lust, spazieren zu gehen, die Kinder müssen raus?“
Ich ziehe mir also die Stiefel wieder an und gehe ihr entgegen.
Der zweijährige Phillip ist sofort an meiner Seite. Er schiebt seine kleine warme Hand in meine und lässt sie nicht mehr los. Und dieser Sonntag wird der schönste Tag meiner Woche.
 



 
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