Ungelogen

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VCNeno

Mitglied
Ungelogen

Um mal bei der Wahrheit zu bleiben. Ich möchte Ihnen hier an dieser Stelle eine kleine Geschichte erzählen. Sie beruht auf Tatsachen, ungeschönt und unverblümt, völlig ungelogen und unverfroren, tische ich Ihnen nur die absolute und reine Wahrheit auf. Meine Ehrenwort, so wahr mein Name Alfred, der Dritte ist.

Begab es sich doch zu jener Zeit in Kindertagen in der meine Person noch ein Bube ward. Zwar einem Dreikäsehoch gleich, doch clever im Kopf, flink auf den Beinen und einem Antlitz, das seinesgleichen suchte. Mögen sie sich, liebe Leser selber einen Reim daraus machen.
Der kleine Bub, also ich, wollte eines Tages zur Schule. Genaugenommen war es auch keine Frage des Wollens als eher des Müssens.
Wie hätte es auch anders sein können.!
Es waren keine Ferien, aber ein Samstag und dank diesem Umstand nahmen die Ereignisse auch ihren Lauf. Ach, wär es doch bloß ein gewöhnlicher Montag gewesen, ein Dienstag hätt's auch getan. Das Malheur wär ihm erspart geblieben.
Ja ein Samstag. Die nicht ganz so jungen unter euch hochwohlgelobten Lesern wissen es noch. Es gab einmal eine Zeit, in der man es tatsächlich fertigbrachte kleine, unschuldige Kinder auch samstags in eine sogenannte Bildungsanstalt zu zwingen. Eine wenn doch beschämende, aber wahre Tatsache. Sie wissen es noch, ich versprach Ihnen Tatsachen.
Also, zurück zum Buben, der zur Schule wollte/musste.
Ein grausamer, ohrenbetäubender, infernalischer und bis ins Mark erschütternder Krach, der Wecker, riss ihn aus seinen Träumen. Dieser Traum wäre schon für sich allein eine Geschichte größeren Umfanges wert. Doch nicht an dieser Stelle!
Ein beherzter Sprung aus dem Bett, wohl im Nachhinein schon der erste Fehler an diesem Morgen, berücksichtigte man das vermaledeite Skateboard am Fußende des Bettes und die angeschlagene Nase, nachdem man auf eben dem Board ausrutschte und dann trotz eines gekonnten Salto vorwärts mit anschließendem Abrollen, eine Leistung, das wohl jedem professionellen Stuntman zur Ehre gereicht wäre, am Ende dennoch auf benannter Nase landete.
Zum Glück verlief dann die allmorgendliche Katzenwäsche, sei hier das Fehlen einer modernen Dusche oder gar einer Badewanne doch verziehen, ganz ohne größere Zwischenfälle. Kommen wir zum Frühstück.
Nachdem Alfred den eben vollgepackten Schulranzen neben die Tür gepfeffert hatte und sich gerade über ein Toastbrot hermachte, vernahm er ein plötzliches, schallendes Gelächter. Ein Blick über die Schulter zeigte ihm seine Schwester, vor Lachen gekrümmt im Türrahmen stehend, hielt sie sich den Bauch. Angemerkt sei noch ihr sonst so, zu dieser Zeit, stilles und schüchternes Wesen in Kombination mit einer unübertroffenen, morgendlichen Miesepetrigkeit. Dies hätte ihm zu denken geben müssen.
Tat es auch, doch der Gedanke war, nach dem Blick auf die Uhr, schnell verflogen. Stehenden Fußes schnappte er sich seine Jacke, warf den Ranzen über und war schon aus der Tür. Die Zeit drängte. Zur ersten Stunde stand samstags immer der Deutschunterricht an und die Lehrerin, sei hier nicht weiter auf Ihre Person eingegangen, war eine ordnungsliebende und zutiefst pünktliche Frau. Nun ja, es muss auch solche Menschen geben.
Der Toast steckte immer noch zwischen Alfreds Zähnen, während er bereits das Gartentor verließ. Wäre er nicht schon längst aus Gewohnheit immun gegen das Gezeter seiner Mutter gewesen, so hätten ihre Rufe aus der Haustür heraus vielleicht sein Schicksal an diesem Tage doch noch zum Besseren wenden können.
Und so spazierte unser Alfred, schwer bepackt und etwas gehetzt seines Weges. Vorbei am gelben Telefonhäuschen, das schon bessere Tage gesehen hatte. An der Kreuzung links und rechts geschaut und schnell bei roter Ampel rübergehuscht als es passierte...
Ein Herr, schwarzer Mantel, schwarzer Hut, eine bis ins kleinste korrekte Erscheinung, lief geradewegs in Alfred hinein. Sicherlich ließe sich nun streiten, ob der feine Herr den Burschen oder der zerstreute Bursche nun den Herrn umgerannt habe. Es ließe sich streiten, tat es aber nicht und so bleibt es bei den Fakten: Der korrekte Herr setzte sich fein säuberlich auf den Hosenboden.
„Ohje!“ dachte sich der gute Alfred. Ausgerechnet den Herrn Griesgram hatte er umgerannt und setzte sogleich eine wahrlich betroffene Miene auf, als er ihn nun erkannte. Herr Griesgram hingegen, nicht sein bürgerlicher Name freilich, sondern nur von Alfred so benannt, weil ebendieser nur selten ohne Griesgram im Gesicht anzutreffen, setzte sich gemächlich wieder auf, wischte mit einigen kräftigen Schlägen den Schmutz vom Mantel und musterte den kleinen Delinquenten mit einem zunächst argwöhnischen, doch dann schmunzelnden Blick von Kopf bis Fuß und schüttelte belustigt den Kopf. Er wollte schon etwas sagen. Alfred jedoch nahm Reißaus, noch bevor es sich der gute Herr anders überlegen und ihn ausschimpfen konnte.
Mit stetigem Blick auf die Uhr und schnellen Schrittes erreichte der Knabe letztlich das Schultor. Verschlossen!
Mist! War er doch zu spät? Hatte man ihn bereits ausgesperrt?
Alfred warf den Kopf in den Nacken und versuchte in eines der recht hoch angelegten Klassenzimmerfenster zu spähen um jemanden vielleicht herbeiwinken zu können. Nichts. Zwar konnte er nur in zweien der Fenster sehen, doch die standen beide leer. Sein Magen machte sich langsam bemerkbar, als ein unguter Gedanke langsam in Ihm Gestalt annahm.
Verstohlen und nervös blickte er sich um. Nur ein paar Passanten blieben kurz stehen und schüttelten den Kopf, als sie ihn mutterseelenallein am Schultor stehend sahen.
Auf der Eingangstreppe hockend ging Alfred alle Ereignisse des Morgens nochmal durch. Er wusste es bereits, suchte aber den entscheidenden Moment, wie es passieren konnte.
Seit einigen Monaten war nämlich der regelmäßige, samstägliche Schulbesuch von Gesetzes wegen dahingehend geändert worden, dass man nun nur noch alle 2 Wochen im Wechsel an einem solchen eben besagte Einrichtung zu besuchen hatte.
Gut. Wer es noch nicht erraten hat, dem wird wohl folgende Schlagzeile weiterhelfen die in den darauffolgenden Tagen im Rahmen der Schülerzeitung die Runde machte.

"Alfred D. Neuerdings strebsam wie noch nie!
Wie einer an einem freien Tag die Schule besuchen wollte!"

Letzten Endes bleibt noch zu sagen: Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen und eine gewisse miesepetrige Petze ist der Quell für die nächste Geschichte, die sich ganz der Vergeltung verschreibt.

Mit diesen Worten, euer Alfred D.
 

Lio

Mitglied
Hallo VC Neno,

dass ein gutmütiger Erzähler mit dem Leser kommunzizert, halte ich für eine gute Idee und auch den verschrobenen Erzählstil (erinnert mich an Balzac) fand´ ich amüsant.

Das große Problem ist meines Erachtens der Inhalt. Es passiert nichts in der Geschichte, weder im Primär- noch im Subtext. Daher kann ich nicht wirklich etwas mit deiner KG anfangen.

Nichts für ungut und alles Gute,


Lio
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
hm,

nett dahergeplaudert.
hast du recherchiert, wann der unterricht am samstag abgeschafft wurde und seit wann es skateboards gibt? ich fürchte, da liegen n paar jährchen dazwischen . . .
lg
 

wüstenrose

Mitglied
Hallo VCNeno,

auf mich wirkt es eher wie ein Dauergeplauder, oder - neudeutsch gesagt - fühle mich zugetextet von diesen Worten oder vielleicht besser: überschüttet damit.
Dieses Dauergeplauder lässt sich natürlich auch als Stilmittel einsetzen und bestimmt ist das auch deine Absicht, aber dann dürfte das Geplauder gerne etwas leichtfüßiger und origineller daherkommen.

lg wüstenrose
 



 
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