Unnützchen

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Marusja kletterte mit den Knien auf den Stuhl, lehnte die Brust auf das Fensterbrett und schaute aus dem geöffneten Fenster. Sofort begannen die Wolken mit ihr zu scherzen, zeigten lustige Figuren, blähten und bauschten sich, bliesen sich zu Schreckgestalten auf. Marusja war traurig. Die gebeugten Beine schliefen ihr ein, doch sie wollte nicht vom Stuhl springen, es gab sowieso nichts zu tun. Bevor sie auf den Stuhl gekrochen war, hatte sie im Zimmer der Mutter mit einer Puppe gespielt. Im Zimmer gegenüber wohnte Papa. Als sich die Eltern geeinigt hatten, sich zu trennen, war Marusja in zwei Hälften zerfallen. Eine Hälfte heftete sich an den Vater, die andere an die Mutter. Nur ein leerer Körper war geblieben, mit Armen, Beinen und einem Kopf. Alles hatte sich verändert. Als sei sie verwaist. Früher hatten sie an einem Tisch gegessen, zu dritt, nun gab es „ausschließlich Mädchen“ und „schnell – schnell“. Marusja aß „weiß nicht mehr was“ und schielte ständig auf den leeren, dritten Platz. Früher war der Vater vor dem Schlafen zu ihr gekommen, hatte sie über den Kopf gestreichelt, seine Lippen hinterließen einen kitzligen Stempel auf der Wange der Tochter, er sagte etwas Lustiges, nach ihm kam Mama, umarmte sie, lag bei ihr, erzählte Märchen, küsste sie auf die Wange, wickelte sie von allen Seiten in die Bettdecke und Marusja schlief in ihrem Bettkokon ein, glücklich und geliebt.

Der Samstagmorgen roch nach Parfum, ein Freund der Mutter kam zu Besuch. Aus Vaters Zimmer klang Flaschenklirren, er erwartete eine Freundin. Die Mutter hatte der Tochter etwas übergezogen, stippte sie leicht in den Rücken und befahl „Geh zum Vater.“ Auf das Klopfen hin öffnete der Papa die Tür zur Hälfte und steckte den Kopf hinaus. „Geh zu Mama, ich habe heute einen Gast.“ Marusja ging in die Küche. Sie kauerte sich auf den Stuhl, drückte die Ellenbogen auf das Fenstersims, den Kopf zwischen die Handflächen geklemmt. Sie lauschte ihren Empfindungen. Der rechte Köperteil strahlte ein gelbes Licht ab und wies in Mamas Zimmer, die linke Hälfte einen anderen Strahl, zu Papa hin. Marusjas Gedanken hüpften von einem Strahl zum anderen. Mit gespitzten Ohren stand sie im Gestalt eines Gespensters vor den Zimmertüren und versuchte den Geräuschen nach zu deuten, womit sich die getrennten Eltern gerade beschäftigten. Beide telefonierten. Das Mädchen lauschte Mamas spitzem Lachen und Vaters hartem „Ja-Ja. Ja.“

Die Wolken zerstreuten sich wieder, veränderten ihre Konturen. Sie bedeckten den gesamten Himmel. Marusja schaute zu ihnen auf, kniff die Augen zusammen. Ihr schien, dass riesige Schneemassen von der Erde zum Himmel geweht würden. Wenn die nur nicht wieder herunterfielen! Und unten blieb die grüne Wiese. „Die Ziege zupft das Gras, die Katze liegt herum, du lässt mich nicht allein, die Sonne lacht hinein“ dichtete Marusja, den Kopf zur Seite gelegt. „Zwei mal zwei sind vier, acht wird sechs, umarme mich ganz fest, Zucker in der Tasse hier.“ Sie pulte mit einer Hand an der von der Fensterbank abblätternden Farbe und ohne das Kinn von der andern Hand zu nehmen, fabulierte sie weiter „Die Katze sielt sich, ich sage ihr „troll dich!“ Mama und Papa fassen sich an der Hand. Am Himmel ist ein blauer Schein, vorm Fenster ist ein Hündchen, du lässt mich auch nicht allein, Trilli–Milli–Koboldchen!“

An der Wohnungstür klingelte es. Die Strahlen sammelten sich sofort und verschwanden wieder im Körper. Marusja ging nicht einmal in den Flur. Als die Gäste erschienen, bat niemand sie, aus ihrer Ecke herauszukommen und sich zu zeigen. Die Mutter sagte gar: „Bleib hier in deiner Ecke sitzen und zappele nicht rum!“ Also saß sie da und wartete ab. Manchmal war sie so eingeschlafen, den Kopf auf dem Esstisch liegend. „Wie sich alles verändert hat!“ dachte das Mädchen in einem Atemzug. „Bald komme ich in die Schule, wie es dort wohl sein wird?“ Sie bereitete sich schon auf die erste Klasse vor, doch besondere Freude fühlte sie nicht. Die Freude hatte sich schon längst irgendwo versteckt, stattdessen hatte sich diese unangenehme Befremdung eingestellt, hatte ihre Augen weit geöffnete, ihre Brauen angehoben und die Stirn in Falten gelegt. Mit diesem Gesichtsausdruck lebte Marusja schon ein halbes Jahr.

Es war Gelächter zu hören, erst in einem, dann in dem anderen Zimmer. „Sie lachen…“ jammerte das Unnützchen erneut. Unnützchen. Diesen Spitznamen hatte ihr Oma Katja gegeben, Papas Mutter, die einmal im Monat kam, um „nach dem Rechten zusehen und das Kindchen zu bemitleiden“. Mit ihr wurde alles herzlicher. Meistens gingen sie, nachdem sie die Mitbringsel verspeist hatten, in die Stadt, um Sehenswertes zu betrachten. Die Großmutter hatte in Marusja die Liebe zur Stadt geweckt, Marusja wehrte sich nicht - Hauptsache Liebe! Sie lief neben der Oma her, hielt deren Hand, ihr Kopf kreiste, damit ihr Blick alles erhaschen konnte „…dort, noch ein wunderbares architektonisches Denkmal…“, worauf die Großmutter mit ihrem Finger zeigte. Dann suchten sie sich einen Platz zum Sitzen, denn Omas Beine strauchelten und stolperten. Hatten sie ein Café gefunden setzten sie sich an einen Nichtraucher-Tisch und bestellten sich ein paar Eiskugeln. „Oma, du bist so gut!“ sagte Marusja und schleckte den Löffel ab.

„Hu, hu, hu“ seufzte die Ärmste nach einem tiefen Atemzug. „Wenn ich jetzt plötzlich sterben würde, dann würden sie weinen, flennen. Beim Sarg würden sie stehen, laut schreien und sich vor Trauer umarmen, und ich würde -schwupps-! die Augen öffnen und ganz schnell sagen: Das Meer wogt einmal, das Meer wogt zweimal, das Meer wogt dreimal schnelle! Keiner rührt sich von der Stelle! ...Dann würde die Umarmung bleiben“ Aus Papas Zimmer erklang Musik, aus Mutters undefinierbare „Ohs“. Die Musik wurde lauter. Marusja konnte nicht mehr weiter träumen, in ihrem Kopf hallte das „Bumm, bumm, bumm!“, das von den Verstärkerboxen herüber klang. Sie rutschte vom Stuhl und ging zu Papa, um ihn zu bitten, die Musik leiser zu drehen. Die stieß die Tür auf, außer ohrenbetäubendem Lärm nahm sie nichts wahr. Das Geräusch vibrierte, bewegte sich gleichmäßig fort. Marusja sammelte sich und sah auf dem Boden zwei nackte Körper übereinander liegen. Der obere gehörte Papa. Die Frau öffnete geräuschlos den Mund, die Musik hatte ihr Stöhnen verschluckt. Aus irgendeinem Grund war es ihr peinlich, sie wurde unheimlich rot und lief aus dem Zimmer. Ganz durcheinander, in Panik lief sie in Mamas Zimmer, um sich in deren Umarmung zu verstecken. Als sie die Tür aufstieß war sie noch sprachloser. Auf dem breiten Bett schwang sich die Mutter wie ein Pendel während sie auf einem liegenden Onkel saß. Beide waren nackt und Mutters Haare bedeckten ihr Gesicht gänzlich.

Marusja rauschte aus dem Zimmer, blieb im Flur stehen, wusste nicht, wohin sie gehen sollte, sah die Wohnungstür, drehte den Schlüssel im Schloss und fort war sie. Sie lief zwischen den Häusern umher und ihre Tränen strömten unaufhaltsam über ihr erschrecktes Gesicht. Sie lief ohne sich umzudrehen, ziellos. Sie bemerkte die erstaunten Blicke der Vorübergehenden nicht, lief durch die Pfützen, immer nur weiter fort von jenem Ort. Die Kränkung kochte in ihrem Geheule, aus dem Bauch stieg kochende Wut zur Brust herauf. Es war das erste Mal, dass sie böse auf ihre Eltern war. Dieses neue Gefühl trieb sie an, wie ein wilder Reiter das Pferd, setzte ihre zerstörerische Kraft in Laufen um. Das Mädchen lief neben den letzten Haus, hielt nicht an, rannte über die Straße…

Sie fühlte in der linken Seite einen Stoß von enormer Wucht, der es ihr den Atem nahm, keinen Schrei zustande kommen ließ. Dann blieb kein Schmerz, keine Angst, keine Wut - nur Dunkelheit.
 
Eine weitere, gelungene (und plausible) "psychologische Episode", bei genauerem Lesen und Mitdenken ganz schön subtil sensibel dargestellt - war mir ein großes Vergnügen zu lesen ...
 
B

bluefin

Gast
hallo @ludmilla,

eine sehr sorgfältig geschriebene geschichte mit sehr viel kenntnis und liebe für die welt der kinder. sprachlich hervorragend, vor allem die umsetzung der kindergedanken, wunderschönder blick auf details (der kuss des vaters!!!).

ein bisschen zu durchkonstruiert, vieleicht, diese "symmetrie der erniedrigung".

leider versaust du das insgesamt wirklich gelunge werk und seine vielen wunderschönen und wunderschrecklichen details mit dem bis zum kotzen abgenudelten, billigen schluss. das auto bringt nicht das kleine mädchen um, sondern deinen text. ich bitte dich: lass dir was anderes einfallen - so plump und so simpel kommst du uns nicht davon, merk dir das.

ganz liebe grüße

bluefin
 

Retep

Mitglied
Bluefin hat schon alles gesagt, brauche nichts hinzu zu fügen.
Ich wiederhole:

Der Schluss versaut alles!

Gruß

Retep
 
Marusja kletterte mit den Knien auf den Stuhl, lehnte die Brust auf das Fensterbrett und schaute aus dem geöffneten Fenster. Sofort begannen die Wolken mit ihr zu scherzen, zeigten lustige Figuren, blähten und bauschten sich, bliesen sich zu Schreckgestalten auf. Marusja war traurig. Die gebeugten Beine schliefen ihr ein, doch sie wollte nicht vom Stuhl springen, es gab sowieso nichts zu tun. Bevor sie auf den Stuhl gekrochen war, hatte sie im Zimmer der Mutter mit einer Puppe gespielt. Im Zimmer gegenüber wohnte Papa. Als sich die Eltern geeinigt hatten, sich zu trennen, war Marusja in zwei Hälften zerfallen. Eine Hälfte heftete sich an den Vater, die andere an die Mutter. Nur ein leerer Körper war geblieben, mit Armen, Beinen und einem Kopf. Alles hatte sich verändert. Als sei sie verwaist. Früher hatten sie an einem Tisch gegessen, zu dritt, nun gab es „ausschließlich Mädchen“ und „schnell – schnell“. Marusja aß „weiß nicht mehr was“ und schielte ständig auf den leeren, dritten Platz. Früher war der Vater vor dem Schlafen zu ihr gekommen, hatte sie über den Kopf gestreichelt, seine Lippen hinterließen einen kitzligen Stempel auf der Wange der Tochter, er sagte etwas Lustiges, nach ihm kam Mama, umarmte sie, lag bei ihr, erzählte Märchen, küsste sie auf die Wange, wickelte sie von allen Seiten in die Bettdecke und Marusja schlief in ihrem Bettkokon ein, glücklich und geliebt.

Der Samstagmorgen roch nach Parfum, ein Freund der Mutter kam zu Besuch. Aus Vaters Zimmer klang Flaschenklirren, er erwartete eine Freundin. Die Mutter hatte der Tochter etwas übergezogen, stippte sie leicht in den Rücken und befahl „Geh zum Vater.“ Auf das Klopfen hin öffnete der Papa die Tür zur Hälfte und steckte den Kopf hinaus. „Geh zu Mama, ich habe heute einen Gast.“ Marusja ging in die Küche. Sie kauerte sich auf den Stuhl, drückte die Ellenbogen auf das Fenstersims, den Kopf zwischen die Handflächen geklemmt. Sie lauschte ihren Empfindungen. Der rechte Köperteil strahlte ein gelbes Licht ab und wies in Mamas Zimmer, die linke Hälfte einen anderen Strahl, zu Papa hin. Marusjas Gedanken hüpften von einem Strahl zum anderen. Mit gespitzten Ohren stand sie im Gestalt eines Gespensters vor den Zimmertüren und versuchte den Geräuschen nach zu deuten, womit sich die getrennten Eltern gerade beschäftigten. Beide telefonierten. Das Mädchen lauschte Mamas spitzem Lachen und Vaters hartem „Ja-Ja. Ja.“

Die Wolken zerstreuten sich wieder, veränderten ihre Konturen. Sie bedeckten den gesamten Himmel. Marusja schaute zu ihnen auf, kniff die Augen zusammen. Ihr schien, dass riesige Schneemassen von der Erde zum Himmel geweht würden. Wenn die nur nicht wieder herunterfielen! Und unten blieb die grüne Wiese. „Die Ziege zupft das Gras, die Katze liegt herum, du lässt mich nicht allein, die Sonne lacht hinein“ dichtete Marusja, den Kopf zur Seite gelegt. „Zwei mal zwei sind vier, acht wird sechs, umarme mich ganz fest, Zucker in der Tasse hier.“ Sie pulte mit einer Hand an der von der Fensterbank abblätternden Farbe und ohne das Kinn von der andern Hand zu nehmen, fabulierte sie weiter „Die Katze sielt sich, ich sage ihr „troll dich!“ Mama und Papa fassen sich an der Hand. Am Himmel ist ein blauer Schein, vorm Fenster ist ein Hündchen, du lässt mich auch nicht allein, Trilli–Milli–Koboldchen!“

An der Wohnungstür klingelte es. Die Strahlen sammelten sich sofort und verschwanden wieder im Körper. Marusja ging nicht einmal in den Flur. Als die Gäste erschienen, bat niemand sie, aus ihrer Ecke herauszukommen und sich zu zeigen. Die Mutter sagte gar: „Bleib hier in deiner Ecke sitzen und zappele nicht rum!“ Also saß sie da und wartete ab. Manchmal war sie so eingeschlafen, den Kopf auf dem Esstisch liegend. „Wie sich alles verändert hat!“ dachte das Mädchen in einem Atemzug. „Bald komme ich in die Schule, wie es dort wohl sein wird?“ Sie bereitete sich schon auf die erste Klasse vor, doch besondere Freude fühlte sie nicht. Die Freude hatte sich schon längst irgendwo versteckt, stattdessen hatte sich diese unangenehme Befremdung eingestellt, hatte ihre Augen weit geöffnete, ihre Brauen angehoben und die Stirn in Falten gelegt. Mit diesem Gesichtsausdruck lebte Marusja schon ein halbes Jahr.

Es war Gelächter zu hören, erst in einem, dann in dem anderen Zimmer. „Sie lachen…“ jammerte das Unnützchen erneut. Unnützchen. Diesen Spitznamen hatte ihr Oma Katja gegeben, Papas Mutter, die einmal im Monat kam, um „nach dem Rechten zusehen und das Kindchen zu bemitleiden“. Mit ihr wurde alles herzlicher. Meistens gingen sie, nachdem sie die Mitbringsel verspeist hatten, in die Stadt, um Sehenswertes zu betrachten. Die Großmutter hatte in Marusja die Liebe zur Stadt geweckt, Marusja wehrte sich nicht - Hauptsache Liebe! Sie lief neben der Oma her, hielt deren Hand, ihr Kopf kreiste, damit ihr Blick alles erhaschen konnte „…dort, noch ein wunderbares architektonisches Denkmal…“, worauf die Großmutter mit ihrem Finger zeigte. Dann suchten sie sich einen Platz zum Sitzen, denn Omas Beine strauchelten und stolperten. Hatten sie ein Café gefunden setzten sie sich an einen Nichtraucher-Tisch und bestellten sich ein paar Eiskugeln. „Oma, du bist so gut!“ sagte Marusja und schleckte den Löffel ab.

„Hu, hu, hu“ seufzte die Ärmste nach einem tiefen Atemzug. „Wenn ich jetzt plötzlich sterben würde, dann würden sie weinen, flennen. Beim Sarg würden sie stehen, laut schreien und sich vor Trauer umarmen, und ich würde -schwupps-! die Augen öffnen und ganz schnell sagen: Das Meer wogt einmal, das Meer wogt zweimal, das Meer wogt dreimal schnelle! Keiner rührt sich von der Stelle! ...Dann würde die Umarmung bleiben“ Aus Papas Zimmer erklang Musik, aus Mutters undefinierbare „Ohs“. Die Musik wurde lauter. Marusja konnte nicht mehr weiter träumen, in ihrem Kopf hallte das „Bumm, bumm, bumm!“, das von den Verstärkerboxen herüber klang. Sie rutschte vom Stuhl und ging zu Papa, um ihn zu bitten, die Musik leiser zu drehen. Das Mädchen stieß die Tür auf, außer ohrenbetäubendem Lärm nahm sie nichts wahr. Das Geräusch vibrierte, bewegte sich gleichmäßig fort. Marusja sammelte sich und sah auf dem Boden zwei nackte Körper übereinander liegen. Der obere gehörte Papa. Die Frau öffnete geräuschlos den Mund, die Musik hatte ihr Stöhnen verschluckt. Aus irgendeinem Grund war es ihr peinlich, sie wurde unheimlich rot und lief aus dem Zimmer. Ganz durcheinander, in Panik lief sie in Mamas Zimmer, um sich in deren Umarmung zu verstecken. Als sie die Tür aufstieß war sie noch sprachloser. Auf dem breiten Bett schwang sich die Mutter wie ein Pendel während sie auf einem liegenden Onkel saß. Beide waren nackt und Mutters Haare bedeckten ihr Gesicht gänzlich.

Marusja rauschte aus dem Zimmer, blieb im Flur stehen, wusste nicht, wohin sie gehen sollte, sah die Wohnungstür, drehte den Schlüssel im Schloss und fort war sie. Sie lief zwischen den Häusern umher und ihre Tränen strömten unaufhaltsam über ihr erschrecktes Gesicht. Sie lief ohne sich umzudrehen, ziellos. Sie bemerkte die erstaunten Blicke der Vorübergehenden nicht, lief durch die Pfützen, immer nur weiter fort von jenem Ort. Die Kränkung kochte in ihrem Geheule, aus dem Bauch stieg kochende Wut zur Brust herauf. Es war das erste Mal, dass sie böse auf ihre Eltern war. Dieses neue Gefühl trieb sie an, wie ein wilder Reiter das Pferd, setzte ihre zerstörerische Kraft in Laufen um. Das Mädchen lief neben den letzten Haus, hielt nicht an, rannte über die Straße…

Sie fühlte in der linken Seite einen Stoß von enormer Wucht, der es ihr den Atem nahm, keinen Schrei zustande kommen ließ. Dann blieb kein Schmerz, keine Angst, keine Wut - nur Dunkelheit.
 
Lieber Waldemar, danke für Deinen Mitfühlen und die guten Bewertungen!


Liebe bluefin,
lieber Retep,
vielen Dank für ihren Rezensionen! Ich schreibe Geschichten, die nah dem Realität sind. Leider, die Kinder zahlen zu große Preis für elterliche Unliebe oder Missbrauch der Erwachsenen und nämmlich mit ihrem Leben. Es genügend ein Mal in die Zeitung schauen oder Nachrichten im Fehrnsehen gucken.

Der Satz habe ich geändert. Aus versehen habe falsch geschrieben. Retep, danke für die Aufmerksamkeit!


Viele liebe Grüße an alle,
Ludmilla
 

Raul Reiser

Mitglied
Liebe Ludmilla,
mach einfach weiter mit dem Schreiben. Ich bleibe dabei: Es sind noch Ungereimheiten drin und der Schluss ist wirklich nicht notwendig. Die meisten solcher Kinder müssen einfach weiter leben. Den Schluss, den Du gewählt hast, empfindet hier niemand mehr tragisch. Weil wir wissen, wir leben in einer Gesellschaft, in der die Scheiße einfach so weiter läuft. Es gibt keine Macht von oben, die uns auf unsere Unzulänglichkeiten hinweist, wie hier der Unfalltod.
Das Schlimme ist, dieses Kind, oder diese Kinder, müssen einfach weiter leben.
Das ist der Skandal.
Nicht ein hartes Ende, das sieht man zehnmal jeden Abend im Fernsehen und keinem geht der Puls dabei hoch.
Mach weiter und konzentriere Dich auf Deine Aussagen, die allein sind schon Tragödie genug.
Meine Bewertung hab ich grad vergessen, sie ist aber besser als die bisherigen.
Viele Grüße
Raul
 
Lieber Raul, mir, genau wie vielen Leuten auch, zehnmal jeden Abend geht der Puls immer noch hoch. Ich finde sehr nett, dass du für ein glückliches Ende der Erzählung kämpfst. Ich bin aber der anderen Meinung. Das Glück tut gut für den Körper, das Unglück aber zwingt die Fähigkeiten des Geistes sich weiter zu entwickeln. Das Lesen ist eine gewisse Anregung für die Seele und den Geist. Die Katharsis kann nur durch ein tragisches Ende passieren.
Liebe Grüße, Ludmilla.
 
B

bluefin

Gast
liebe @ludmilla, du glaubst gar nicht, wie daneben du liegst mit dieser anschauung - dann müssten ja alle märchen (auch die russischen) schlecht ausgehen.

ich halt dir zugute, dass du diese auffassung jetzt nur in den raum gestellt hast, um den abgeschmackten schluss des besagten textes zu verteidigen. vergeblich.

im übrigen bin ich nach wie vor der meinung, dass die unterschlagung des übersetzers (oder der übersetzerin) ein faux pas ist, der kaum zu entschuldigen ist. dessen (oder deren) deutsch ist nämlich großartig.

lg

bluefin
 
lieber bluefin, meinst du etwa, dass die Übersetzerin selbst die Geschichte geschrieben hat?
Eigentlich, wie sie mir eingedeutet hat, musste sie mit großer Mühe die adäquaten Wörter suchen, damit sie dem Sinn und dem Wortschatz meiner Sprache passen. Dabei habe ich viele Sätze selbst geändert, weil sie einfach schlecht übersetz waren.
Ich schreibe kleine Tragödien und Dramen. Wie sollen sie ausgehen? Mit einem glücklichen Ende?

lg

Ludmilla
 
B

bluefin

Gast
hallo @ludmilla,

deine posts wollen so gar nicht zu der literatur passen, die du uns schickst.

auch dein unverständnis unseren kritken gegenüber wundern mich sehr. niemand hat verlangt, dass deine geschichten glücklich enden. nur abgedroschene showdowns wie der des unnützchens, sagten wir, seien des übrigen textes nicht würdig. das ist etwas ganz anderes.

dass deine übersetzerin noch schlechter deutsch spricht als du, glaube ich auf gar keinen fall. sie muss, wie schon gesagt, eine meisterin ihres fachs sein: nicht das allerkleinste orthografische fehlerchen, ein unglaublicher wortschatz, bestechender satzbau (vor allem der) - kompliment! sei doch so gut und gib mir ihre adresse - so eine bräuchte ich auch...

lg

bluefin
 

Retep

Mitglied
Hi Ludmilla,du bist eine Frühaufsteherin, wie es scheint.

Vielleicht, die ganze Übersetzungarbeit mit einem literarischen Text kannst du dir nicht vorstellen
Ich habe sehr lange Zeit in Südamerika gelebt und versuche Texte in spanischer Sprache zu schreiben.
Obwohl ich ziemlich fließend spanisch spreche, habe ich dabei etliche Schwierigkeiten, kann mir durchaus vorstellem, welche Probleme bei einer Übersetzung auftauchen.

Gruß

Retep
 
Lieber Retep,
dann musst du bescheid wissen, wie viel Arbeit der übersetzter Text von einem Autor verlangt.
Damit möchte ich das Übersetzungs-Thema schließen.
Es gibt genügend anderen Themen.

lg
Ludmilla
 



 
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