Uns ist gegeben keine Stätte zu ruhen

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Ralf Langer

Mitglied
Bettgeflüster

Katja war die große Liebe meines Maschinenbaustudiums.
Sie, solide in der Buchhandlung von Möbel Unger, und ich ,ebenso brav, täglich unterwegs zwischen den Hörsälen der Schützenbahn, dem Hauptsitz der Essener Maschinenbauabteilung, und den fensterlosen Übungsräumen der Hochschule selbst.
Alles war so wie es sein sollte.
Und so entschlossen wir uns einen gemeinsamen Hausstand zu gründen, um festzustellen auf welch festem Fundament unsere Beziehung tatsächlich stand.
Ihr Vater war ein ehemaliger Schrotthändler, der zu ansehnlichem Wohlstand durch den Verkauf von Alteisen gekommen war, und seinen Unterhalt nun durch Restauration und Verkauf von Oldtimern bestritt. Einen Teil seines Geldes hatte er in Immobilien angelegt und so zogen wir ganz natürlich in eine seiner Wohnungen.
Es war der Tag vor der ersten gemeinsamen Nacht.
Das letzte Möbelstück, das Bett, stand endlich im Schlafzimmer. Die Monteure hatten das zwei Meter mal zwei Meter große Stück zusammen geschraubt. Ich hatte von meinem spärlichen Geld nur dies eine Möbel für unsere erste Wohnung zur Verfügung stellen können, hatte zähneknirschend die letzten tausend D-Mark in bar dem Spediteur in die Hand gedrückt, und schaute nun ,mittlerweile wieder etwas entspannt, Katja dabei zu, wie sie mit gekonnten Kniffen die Tagesdecke und Tageskissen in Ordnung brachte.
Im Türrahmen stehend lächelte ich leise vor mich hin.
„Lass gut sein Kati“, sagte ich, “wir können den endgültigen Platz für das Bett ja noch im Laufe der Nacht herausfinden. Du weißt schon, je nach dem wo`s sich besser ….“
Katja hatte sich neben mich gestellt.
„Ganz schön düster“, sagte sie.
Ich erwiderte nichts. Sie wollte es haben. Das Gestell aus mattem schwarzem Eisen mit blutroten Bezügen aus Satin und mit Rosen verzierten Kopfkissen.
Ich fand es zu kitschig und auf eine namenlose Art monströs.
Aber, ich hatte mich breit schlagen lassen, und klein beigegeben.

Stunden später stand ich wieder im Türrahmen und meine Welt zerbröselte.
Katja saß auf der Bettkante und weinte.
Taschentücher lagen verstreut auf dem Parkettboden und meine von mir so sorgfältig ausgedachte Zukunft lag ebenso zerknüllt dazwischen.
„Ich glaube, es ist einfach zu früh“, wiederholte sie sich, und immer wieder:
„Was soll ich denn tun?“
Ich sagte nichts.
Dachte nur die ganze Zeit an die stundenlangen vorbereitenden Gespräche mit ihr , ob wir diesen Schritt wagen sollten, dachte an ihre lächelnden Augen und ihre immer stets bejahende Antwort, dachte an das viele Geld, das ich für dieses schwarze Ungetüm bezahlt hatte, und dachte dann wieder an nichts.
Eigentlich wollte ich auch nur weinen. Aber es gelang mir nicht. So wartete ich im Türrahmen auf ein Wunder, auf einen schönen letzten Satz, auf irgendetwas das geschehen könnte.
Da aber nichts geschah, bin ich dann einfach gegangen.

Ich kam bei Paul, einem Kommilitonen von mir, unter.
Er hatte etwas das ich dringend benötigte:
Ein freies Zimmer.
Eigentlich eher die Winzigkeit von einem Zimmer. Viel zu klein für das Bett. Für eine halbe Stunde nur stand es in diesem Raum.
Immer wenn ich hinein gewollt hätte, hätte ich über das Stahlgestänge am Kopfende steigen müssen, um dann mit einem kleine Sprung an den Schreibtisch zu gelangen.
Ich baute es wieder ab, und entschloss mich es erst einmal abzugeben.
So kam es zu meinem Bruder.
Der hatte gerade sein Architekturstudium, das ihm von seiner Freundin Iris und ihrem Einkommen als Bankkauffrau wohlwollend finanziert worden war, beendet.
Jetzt kam auch er ins Geld und so hatten sie beschlossen in eine größere Wohnung zu ziehen.
„ Wäre doch schade um das Bett“, sagte er, als wir zu dritt im Schlafzimmer standen und uns überlegten aus welchem der drei Fenster es sich am Morgen besser herausschauen ließe.
Gut zwei Jahre haben die beiden das Bett hin und her geschoben.
Bei jedem meiner spärlichen Besuche stand es an einem anderen Platz.
Einen endgültigen Standort dafür hatten die beiden nie gefunden.
Dann machten sie einen langen Urlaub in Übersee:
Transamerikanische Eisenbahn!
In der Hochebene Perus sprach Iris viel über die nächsten Schritte.
Sprach von Hochzeit, von Kindern, von der biologischen Uhr, die in ihr tickte.
Mein Bruder sprach wenig. Er dachte an seine Kinder:
An all die Häuser, die er noch bauen wollte, und an Urlaubsziele, die zu zweit angenehmer zu bereisen waren.
Ihre letzten Weihnachten verbrachten die beiden in einem romantischen Hotel an der Magellanstraße. Der Wind stürmte, die See toste, als mein Bruder Iris zum Fest einen einsamen Flug zurück in die Heimat schenkte.

So verlies auch das Bett, das nie einen richtigen Platz in ihrer Wohnung gefunden hatte, die beiden, und suchte sich einen neuen Schläfer.
Ich hatte zu dieser Zeit mein Studium geschmissen und schlug mich als Kellner durch die Gelsenkirchener Kneipenszene.
Ingo war mein neuer Seelenverwandter geworden.
Existentialist.
Er schrieb wunderbar verschrobene Gedichte, die ich nur selten verstand, trank schwarzen Kaffee und liebte überhaupt und in allen Maßen, das Unglück und das Allein sein.
„ Das Bett sieht doch noch aus wie neu“, sagte er, nachdem wir es in kleine Teile zerlegt, durch das enge Treppenhaus der Steigerwohnung, hinauf in den dritten Stock, in seine Dachwohnung mit Schräge, getragen hatten.
„ Und außerdem ist es schwarz! In ihm werde ich an verregneten Sonntagen viele dunkle Poems schreiben.“
Ich wollte es glauben.
Dann lernte Ingo Susanne kennen. Eine Logopädin mit großen Brüsten, die ihn, wie er sagte an die Urmutter erinnerte, nach der wir Männer uns alle sehnten.
Er schrieb weniger und noch seltener bekam ich ihn zu Gesicht.
Irgendwann trank er keinen Kaffee mehr und sprach über die Gefahren des Rauchens und des Trinkens, bis er schließlich beides aufgab.
Zum Ende unserer Zeit schulte er um und wurde Pharmareferent.
Einmal rief er mich noch an. Das war etwa ein halbes Jahr nachdem wir uns das letzte Mal gesehen hatten.
Er sprach von Hochzeit. Alles wäre schon geplant. Trauung auf der Schüngelberghalde. Ein Pastor wäre auch schon gefunden. Frei-evangelische Kirche. Die Beste von allem, sagte er.
Dann Flitterwochen in Donaueschingen.
„ Und“, erkundigte ich mich. “Wo ist das Problem?“
Er lachte. Das Problem war, seine Zukünftige wusste noch nichts von ihrem Glück. Es lag an der richtigen Gelegenheit, die noch nicht gekommen sei und ob nicht ich vielleicht einmal mit Iris…
Ich hatte aufgelegt.
Zwei Wochen später habe ich Ingo dann zum allerletzten Mal gesehen. Er saß in unserer alten Stammkneipe am Tresen, war blau wie tausend Russen und rauchte wie ein Schlot.
Susanne hatte ihn verlassen.
Sie hatte die Gelegenheit des Heiratsantrages genutzt um sich von Ingo zu trennen. Er hätte sich so sehr verändert. Gar nicht mehr der Mann den sie geliebt hatte.
Also war sie zu ihrem Ex zurückgekehrt.
Die Woche drauf verschwand Ingo in die neuen Bundesländer. Wie ich hörte, soll er jetzt Schultornister von Scout verkaufen.

So kam ich letztlich doch noch zu meinem Bett.
Ich war inzwischen Geschäftsführer in einem Szene Lokal, wohnte in der alten Wohnung meines Bruders und war glücklicher Single.
Ich hatte das Bett, auf einen Impuls hin, einfach aus Ingos ehemaliger Wohnung herausgeholt und mir ins Schafzimmer gestellt.
Es war eine unruhige Nacht. Im Traum sah ich immer wieder drei Frauen auf der Bettkante sitzen, die abwechselnd schimpften und weinten.
Gereizt stand ich mitten in der Nacht auf und legte mich zum Schlafen auf das Ledersofa im Wohnzimmer.
Am Morgen habe ich dann den Sperrmüll bestellt.
 

Ralf Langer

Mitglied
Bettgeflüster

Katja war die große Liebe meines Maschinenbaustudiums.
Sie, solide in der Buchhandlung von Möbel Unger, und ich ,ebenso brav, täglich unterwegs zwischen den Hörsälen der Schützenbahn, dem Hauptsitz der Essener Maschinenbauabteilung, und den fensterlosen Übungsräumen der Hochschule selbst.
Alles war so wie es sein sollte.
Und so entschlossen wir uns einen gemeinsamen Hausstand zu gründen, um festzustellen auf welch festem Fundament unsere Beziehung tatsächlich stand.
Ihr Vater war ein ehemaliger Schrotthändler, der zu ansehnlichem Wohlstand durch den Verkauf von Alteisen gekommen war, und seinen Unterhalt nun durch Restauration und Verkauf von Oldtimern bestritt. Einen Teil seines Geldes hatte er in Immobilien angelegt und so zogen wir ganz natürlich in eine seiner Wohnungen.
Es war der Tag vor der ersten gemeinsamen Nacht.
Das letzte Möbelstück, das Bett, stand endlich im Schlafzimmer. Die Monteure hatten das zwei Meter mal zwei Meter große Stück zusammen geschraubt. Ich hatte von meinem spärlichen Geld nur dies eine Möbel für unsere erste Wohnung zur Verfügung stellen können, hatte zähneknirschend die letzten tausend D-Mark in bar dem Spediteur in die Hand gedrückt, und schaute nun ,mittlerweile wieder etwas entspannt, Katja dabei zu, wie sie mit gekonnten Kniffen die Tagesdecke und Tageskissen in Ordnung brachte.
Im Türrahmen stehend lächelte ich leise vor mich hin.
„Lass gut sein Kati“, sagte ich, “wir können den endgültigen Platz für das Bett ja noch im Laufe der Nacht herausfinden. Du weißt schon, je nach dem wo`s sich besser ….“
Katja hatte sich neben mich gestellt.
„Ganz schön düster“, sagte sie.
Ich erwiderte nichts. Sie wollte es haben. Das Gestell aus mattem schwarzem Eisen mit blutroten Bezügen aus Satin und mit Rosen verzierten Kopfkissen.
Ich fand es zu kitschig und auf eine namenlose Art monströs.
Aber, ich hatte mich breit schlagen lassen, und klein beigegeben.

Stunden später stand ich wieder im Türrahmen und meine Welt zerbröselte.
Katja saß auf der Bettkante und weinte.
Taschentücher lagen verstreut auf dem Parkettboden und meine von mir so sorgfältig ausgedachte Zukunft lag ebenso zerknüllt dazwischen.
„Ich glaube, es ist einfach zu früh“, wiederholte sie sich, und immer wieder:
„Was soll ich denn tun?“
Ich sagte nichts.
Dachte nur die ganze Zeit an die stundenlangen vorbereitenden Gespräche mit ihr , ob wir diesen Schritt wagen sollten, dachte an ihre lächelnden Augen und ihre immer stets bejahende Antwort, dachte an das viele Geld, das ich für dieses schwarze Ungetüm bezahlt hatte, und dachte dann wieder an nichts.
Eigentlich wollte ich auch nur weinen. Aber es gelang mir nicht. So wartete ich im Türrahmen auf ein Wunder, auf einen schönen letzten Satz, auf irgendetwas das geschehen könnte.
Da aber nichts geschah, bin ich dann einfach gegangen.

Ich kam bei Paul, einem Kommilitonen von mir, unter.
Er hatte etwas das ich dringend benötigte:
Ein freies Zimmer.
Eigentlich eher die Winzigkeit von einem Zimmer. Viel zu klein für das Bett. Für eine halbe Stunde nur stand es in diesem Raum.
Immer wenn ich hinein gewollt hätte, hätte ich über das Stahlgestänge am Kopfende steigen müssen, um dann mit einem kleinen Sprung an den Schreibtisch zu gelangen.
Ich baute es wieder ab, und entschloss mich es erst einmal abzugeben.
So kam es zu meinem Bruder.
Der hatte gerade sein Architekturstudium, das ihm von seiner Freundin Iris und ihrem Einkommen als Bankkauffrau wohlwollend finanziert worden war, beendet.
Jetzt kam auch er ins Geld und so hatten sie beschlossen in eine größere Wohnung zu ziehen.
„ Wäre doch schade um das Bett“, sagte er, als wir zu dritt im Schlafzimmer standen und uns überlegten aus welchem der drei Fenster es sich am Morgen besser herausschauen ließe.
Gut zwei Jahre haben die beiden das Bett hin und her geschoben.
Bei jedem meiner spärlichen Besuche stand es an einem anderen Platz.
Einen endgültigen Standort dafür hatten die beiden nie gefunden.
Dann machten sie einen langen Urlaub in Übersee:
Transamerikanische Eisenbahn!
In der Hochebene Perus sprach Iris viel über die nächsten Schritte.
Sprach von Hochzeit, von Kindern, von der biologischen Uhr, die in ihr tickte.
Mein Bruder sprach wenig. Er dachte an seine Kinder:
An all die Häuser, die er noch bauen wollte, und an Urlaubsziele, die zu zweit angenehmer zu bereisen waren.
Ihre letzten Weihnachten verbrachten die beiden in einem romantischen Hotel an der Magellanstraße. Der Wind stürmte, die See toste, als mein Bruder Iris zum Fest einen einsamen Flug zurück in die Heimat schenkte.

So verlies auch das Bett, das nie einen richtigen Platz in ihrer Wohnung gefunden hatte, die beiden, und suchte sich einen neuen Schläfer.
Ich hatte zu dieser Zeit mein Studium geschmissen und schlug mich als Kellner durch die Gelsenkirchener Kneipenszene.
Ingo war mein neuer Seelenverwandter geworden.
Existentialist.
Er schrieb wunderbar verschrobene Gedichte, die ich nur selten verstand, trank schwarzen Kaffee und liebte überhaupt und in allen Maßen, das Unglück und das Allein sein.
„ Das Bett sieht doch noch aus wie neu“, sagte er, nachdem wir es in kleine Teile zerlegt, durch das enge Treppenhaus der Steigerwohnung, hinauf in den dritten Stock, in seine Dachwohnung mit Schräge, getragen hatten.
„ Und außerdem ist es schwarz! In ihm werde ich an verregneten Sonntagen viele dunkle Poems schreiben.“
Ich wollte es glauben.
Dann lernte Ingo Susanne kennen. Eine Logopädin mit großen Brüsten, die ihn, wie er sagte an die Urmutter erinnerte, nach der wir Männer uns alle sehnten.
Er schrieb weniger und noch seltener bekam ich ihn zu Gesicht.
Irgendwann trank er keinen Kaffee mehr und sprach über die Gefahren des Rauchens und des Trinkens, bis er schließlich beides aufgab.
Zum Ende unserer Zeit schulte er um und wurde Pharmareferent.
Einmal rief er mich noch an. Das war etwa ein halbes Jahr nachdem wir uns das letzte Mal gesehen hatten.
Er sprach von Hochzeit. Alles wäre schon geplant. Trauung auf der Schüngelberghalde. Ein Pastor wäre auch schon gefunden. Frei-evangelische Kirche. Die Beste von allem, sagte er.
Dann Flitterwochen in Donaueschingen.
„ Und“, erkundigte ich mich. “Wo ist das Problem?“
Er lachte. Das Problem war, seine Zukünftige wusste noch nichts von ihrem Glück. Es lag an der richtigen Gelegenheit, die noch nicht gekommen sei und ob nicht ich vielleicht einmal mit Iris…
Ich hatte aufgelegt.
Zwei Wochen später habe ich Ingo dann zum allerletzten Mal gesehen. Er saß in unserer alten Stammkneipe am Tresen, war blau wie tausend Russen und rauchte wie ein Schlot.
Susanne hatte ihn verlassen.
Sie hatte die Gelegenheit des Heiratsantrages genutzt um sich von Ingo zu trennen. Er hätte sich so sehr verändert. Gar nicht mehr der Mann den sie geliebt hatte.
Also war sie zu ihrem Ex zurückgekehrt.
Die Woche drauf verschwand Ingo in die neuen Bundesländer. Wie ich hörte, soll er jetzt Schultornister von Scout verkaufen.

So kam ich letztlich doch noch zu meinem Bett.
Ich war inzwischen Geschäftsführer in einem Szene Lokal, wohnte in der alten Wohnung meines Bruders und war glücklicher Single.
Ich hatte das Bett, auf einen Impuls hin, einfach aus Ingos ehemaliger Wohnung herausgeholt und mir ins Schafzimmer gestellt.
Es war eine unruhige Nacht. Im Traum sah ich immer wieder drei Frauen auf der Bettkante sitzen, die abwechselnd schimpften und weinten.
Gereizt stand ich mitten in der Nacht auf und legte mich zum Schlafen auf das Ledersofa im Wohnzimmer.
Am Morgen habe ich dann den Sperrmüll bestellt.
 
Hallo Ralf,

für mein Empfinden ist das eine Erzählung, keine Kurzgeschichte. Das nur nebenbei.

Du beschreibst, wie ein Bett, das dein Prot. nur aus Liebe zu seiner Liebsten erstand, nach Irrwegen wieder zu ihm gelangte. Der Titel "Bettgeflüster" basiert also auf jenem roten Faden, der sich als schwarzes Bett durch deine Geschichte zieht.

Am Anfang stellst du eine Buchälterin (übrigens: du hast "Buchhandlung" geschrieben - oder kapiere ich da etwas nicht?) vor, die große Liebe deines Prot. - die beiden nehmen sich die erste gemeinsame Wohnung vor, sie wollen es wagen, fühlen sich insgeheim dem Abenteuer gewappnet. Es sind so einige Nebensächlichkeiten, die gewaltig Fahrt aus deiner Geschichte nehmen: die Beschaffenheit der Universität, der Werdegang des Vaters der Braut - das ist in meinen Augen vollkommen irrelevant für die Geschichte. Mit ein, zwei Sätzen ließe es sich abtun.

Dagegen beschreibst du den eigentlichen Mittelpunkt deiner Geschichte, eben jenes Bett, eher lieblos.

Ich fand es zu kitschig und auf eine namenlose Art monströs.
Diesen Kitsch, diese Monstrosität sollte bei einer ansprechenden Beschreibung dem Leser geradezu in die Augen springen. Denn, was Kitsch ist, entscheidet immer noch jeder selbst! Du hast es dir da sehr einfach gemacht; es bedarf ja keiner seitenlangen Details: kurz und prägnant die (offensichtliche) Abscheulichkeit des Bettes darstellen, gefiele mir wesentlich besser.

Stunden später stand ich wieder im Türrahmen und meine Welt zerbröselte.
Katja saß auf der Bettkante und weinte.
Gut, Katja hat, scheint's, kalte Füße bekommen. Warum auch nicht. Aber dies wiederum wird auf derart rasante Weise von dir abgehandelt, dass ich nachlesen musste, ob ich's richtig verstanden hatte. Ich nehme an, Katja bekam ob der anzüglichen Bemerkungen deines Prot. weiche Knie? Das war mir irgendwie zu harmlos; wenigstens zum Streit hättest du es kommen lassen können.

Dachte nur die ganze Zeit an die stundenlangen vorbereitenden Gespräche mit ihr , ob wir diesen Schritt wagen sollten, dachte an ihre lächelnden Augen und ihre immer stets bejahende Antwort, dachte an das viele Geld, das ich für dieses schwarze Ungetüm bezahlt hatte, und dachte dann wieder an nichts.
Das ist so furchtbar unpersönlich! Ein kurzer Dialog ("Wir waren uns doch sicher!" - "Aber jetzt bin ich's eben nicht mehr...") würde diese Stelle überzeugender machen. - Bitte: das Beispiel sollte zur Veranschaulichung dienen; es war kein ernst gemeinter Textvorschlag.

Dann geht es weiter: Der Prot. mal hier, mal da - das Bett mal hier, mal da. Im Grunde ist es egal, wo und warum das Bett ist: man hat kein Verlangen zu erfahren, wie es weitergeht - was mit dem Bett geschieht. Es kommt überhaupt keine Spannung auf.

Hättest du eine bestimmte Konstellation gesponnen, etwa: "Prot. hängt an dem Bett, aber irgendwelche böse Umstände wollen es ihm immer wieder entreißen." oder "Prot. hasst das Bett, aber es verfolgt ihn ununterbrochen.", dann hättest du einen Handlungsstrang, der deine Leser mitreißen würde. So aber (entschuldige die harte Sprache, ich meine es ganz gewiss nicht böse) ist es einfach nur langweilig. Ich möchte wetten, entgegen deinem fiktiven "Bettschicksal" haben sich in Wirklichkeit hunderte wesentlich spannendere zugetragen.

Die Szene mit Ingo und seiner Verlobten habe ich absolut nicht begriffen: Was hat das mit deiner Geschichte (bzw. dem Bett) zu tun?

Tut mir leid, wenn mein Kommentar so negativ ausgefallen ist. Aber es ist allein der Objektivität geschuldet.

Schönen Gruß

Karsten
 

Ralf Langer

Mitglied
Bettgeflüster

Katja war die große Liebe meines Maschinenbaustudiums.
Sie, solide in der Buchhaltung von Möbel Unger, und ich ,ebenso brav, täglich unterwegs zwischen den Hörsälen der Schützenbahn, dem Hauptsitz der Essener Maschinenbauabteilung, und den fensterlosen Übungsräumen der Hochschule selbst.
Alles war so wie es sein sollte.
Und so entschlossen wir uns einen gemeinsamen Hausstand zu gründen, um festzustellen auf welch festem Fundament unsere Beziehung tatsächlich stand.
Ihr Vater war ein ehemaliger Schrotthändler, der zu ansehnlichem Wohlstand durch den Verkauf von Alteisen gekommen war, und seinen Unterhalt nun durch Restauration und Verkauf von Oldtimern bestritt. Einen Teil seines Geldes hatte er in Immobilien angelegt und so zogen wir ganz natürlich in eine seiner Wohnungen.
Es war der Tag vor der ersten gemeinsamen Nacht.
Das letzte Möbelstück, das Bett, stand endlich im Schlafzimmer. Die Monteure hatten das zwei Meter mal zwei Meter große Stück zusammen geschraubt. Ich hatte von meinem spärlichen Geld nur dies eine Möbel für unsere erste Wohnung zur Verfügung stellen können, hatte zähneknirschend die letzten tausend D-Mark in bar dem Spediteur in die Hand gedrückt, und schaute nun ,mittlerweile wieder etwas entspannt, Katja dabei zu, wie sie mit gekonnten Kniffen die Tagesdecke und Tageskissen in Ordnung brachte.
Im Türrahmen stehend lächelte ich leise vor mich hin.
„Lass gut sein Kati“, sagte ich, “wir können den endgültigen Platz für das Bett ja noch im Laufe der Nacht herausfinden. Du weißt schon, je nach dem wo`s sich besser ….“
Katja hatte sich neben mich gestellt.
„Ganz schön düster“, sagte sie.
Ich erwiderte nichts. Sie wollte es haben. Das Gestell aus mattem schwarzem Eisen mit blutroten Bezügen aus Satin und mit Rosen verzierten Kopfkissen.
Ich fand es zu kitschig und auf eine namenlose Art monströs.
Aber, ich hatte mich breit schlagen lassen, und klein beigegeben.

Stunden später stand ich wieder im Türrahmen und meine Welt zerbröselte.
Katja saß auf der Bettkante und weinte.
Taschentücher lagen verstreut auf dem Parkettboden und meine von mir so sorgfältig ausgedachte Zukunft lag ebenso zerknüllt dazwischen.
„Ich glaube, es ist einfach zu früh“, wiederholte sie sich, und immer wieder:
„Was soll ich denn tun?“
Ich sagte nichts.
Dachte nur die ganze Zeit an die stundenlangen vorbereitenden Gespräche mit ihr , ob wir diesen Schritt wagen sollten, dachte an ihre lächelnden Augen und ihre immer stets bejahende Antwort, dachte an das viele Geld, das ich für dieses schwarze Ungetüm bezahlt hatte, und dachte dann wieder an nichts.
Eigentlich wollte ich auch nur weinen. Aber es gelang mir nicht. So wartete ich im Türrahmen auf ein Wunder, auf einen schönen letzten Satz, auf irgendetwas das geschehen könnte.
Da aber nichts geschah, bin ich dann einfach gegangen.

Ich kam bei Paul, einem Kommilitonen von mir, unter.
Er hatte etwas das ich dringend benötigte:
Ein freies Zimmer.
Eigentlich eher die Winzigkeit von einem Zimmer. Viel zu klein für das Bett. Für eine halbe Stunde nur stand es in diesem Raum.
Immer wenn ich hinein gewollt hätte, hätte ich über das Stahlgestänge am Kopfende steigen müssen, um dann mit einem kleinen Sprung an den Schreibtisch zu gelangen.
Ich baute es wieder ab, und entschloss mich es erst einmal abzugeben.
So kam es zu meinem Bruder.
Der hatte gerade sein Architekturstudium, das ihm von seiner Freundin Iris und ihrem Einkommen als Bankkauffrau wohlwollend finanziert worden war, beendet.
Jetzt kam auch er ins Geld und so hatten sie beschlossen in eine größere Wohnung zu ziehen.
„ Wäre doch schade um das Bett“, sagte er, als wir zu dritt im Schlafzimmer standen und uns überlegten aus welchem der drei Fenster es sich am Morgen besser herausschauen ließe.
Gut zwei Jahre haben die beiden das Bett hin und her geschoben.
Bei jedem meiner spärlichen Besuche stand es an einem anderen Platz.
Einen endgültigen Standort dafür hatten die beiden nie gefunden.
Dann machten sie einen langen Urlaub in Übersee:
Transamerikanische Eisenbahn!
In der Hochebene Perus sprach Iris viel über die nächsten Schritte.
Sprach von Hochzeit, von Kindern, von der biologischen Uhr, die in ihr tickte.
Mein Bruder sprach wenig. Er dachte an seine Kinder:
An all die Häuser, die er noch bauen wollte, und an Urlaubsziele, die zu zweit angenehmer zu bereisen waren.
Ihre letzten Weihnachten verbrachten die beiden in einem romantischen Hotel an der Magellanstraße. Der Wind stürmte, die See toste, als mein Bruder Iris zum Fest einen einsamen Flug zurück in die Heimat schenkte.

So verlies auch das Bett, das nie einen richtigen Platz in ihrer Wohnung gefunden hatte, die beiden, und suchte sich einen neuen Schläfer.
Ich hatte zu dieser Zeit mein Studium geschmissen und schlug mich als Kellner durch die Gelsenkirchener Kneipenszene.
Ingo war mein neuer Seelenverwandter geworden.
Existentialist.
Er schrieb wunderbar verschrobene Gedichte, die ich nur selten verstand, trank schwarzen Kaffee und liebte überhaupt und in allen Maßen, das Unglück und das Allein sein.
„ Das Bett sieht doch noch aus wie neu“, sagte er, nachdem wir es in kleine Teile zerlegt, durch das enge Treppenhaus der Steigerwohnung, hinauf in den dritten Stock, in seine Dachwohnung mit Schräge, getragen hatten.
„ Und außerdem ist es schwarz! In ihm werde ich an verregneten Sonntagen viele dunkle Poems schreiben.“
Ich wollte es glauben.
Dann lernte Ingo Susanne kennen. Eine Logopädin mit großen Brüsten, die ihn, wie er sagte an die Urmutter erinnerte, nach der wir Männer uns alle sehnten.
Er schrieb weniger und noch seltener bekam ich ihn zu Gesicht.
Irgendwann trank er keinen Kaffee mehr und sprach über die Gefahren des Rauchens und des Trinkens, bis er schließlich beides aufgab.
Zum Ende unserer Zeit schulte er um und wurde Pharmareferent.
Einmal rief er mich noch an. Das war etwa ein halbes Jahr nachdem wir uns das letzte Mal gesehen hatten.
Er sprach von Hochzeit. Alles wäre schon geplant. Trauung auf der Schüngelberghalde. Ein Pastor wäre auch schon gefunden. Frei-evangelische Kirche. Die Beste von allem, sagte er.
Dann Flitterwochen in Donaueschingen.
„ Und“, erkundigte ich mich. “Wo ist das Problem?“
Er lachte. Das Problem war, seine Zukünftige wusste noch nichts von ihrem Glück. Es lag an der richtigen Gelegenheit, die noch nicht gekommen sei und ob nicht ich vielleicht einmal mit Iris…
Ich hatte aufgelegt.
Zwei Wochen später habe ich Ingo dann zum allerletzten Mal gesehen. Er saß in unserer alten Stammkneipe am Tresen, war blau wie tausend Russen und rauchte wie ein Schlot.
Susanne hatte ihn verlassen.
Sie hatte die Gelegenheit des Heiratsantrages genutzt um sich von Ingo zu trennen. Er hätte sich so sehr verändert. Gar nicht mehr der Mann den sie geliebt hatte.
Also war sie zu ihrem Ex zurückgekehrt.
Die Woche drauf verschwand Ingo in die neuen Bundesländer. Wie ich hörte, soll er jetzt Schultornister von Scout verkaufen.

So kam ich letztlich doch noch zu meinem Bett.
Ich war inzwischen Geschäftsführer in einem Szene Lokal, wohnte in der alten Wohnung meines Bruders und war glücklicher Single.
Ich hatte das Bett, auf einen Impuls hin, einfach aus Ingos ehemaliger Wohnung herausgeholt und mir ins Schafzimmer gestellt.
Es war eine unruhige Nacht. Im Traum sah ich immer wieder drei Frauen auf der Bettkante sitzen, die abwechselnd schimpften und weinten.
Gereizt stand ich mitten in der Nacht auf und legte mich zum Schlafen auf das Ledersofa im Wohnzimmer.
Am Morgen habe ich dann den Sperrmüll bestellt.
 

Ralf Langer

Mitglied
hallo karsten,
jetzt erst einmal nur in aller kürze.
Hab dank für deine kritische Auseinandersetzung mit diesem text.
Ich kann dir nicht in allen belangen zustimmen.
Werde aber gerne heute nacht nach der Arbeit etwas einstellen.

lg
ralf
 

Ralf Langer

Mitglied
Hallo Karsten,
so jetzt ist Nacht und ich habe die Zeit mich um deine Kritik zu kümmern.

Du schreibst, es täte dir leid wegen der negativen Kritik und das sie nur der Objektivität geschuldet sei.
Im diesen Sinne freue ich mich endlich jemanden kennen gelernt zu haben, der von sich behaupten kann, als Subjekt objektiv zu sein.
Das mit der Buchhändlerin war ein Tippfehler und ich habe ihn korrigiert.
Des Weiteren stimme ich dir im Punkto der Einführung des Vaters als Person zu. Ich werde diese Passage streichen. Die Person bringt die Geschichte nicht voran.
Ich habe lange über deine Kritik bezüglich der Einführung des Bettes und der Gefühle die Prot. dem Bett gegenüber hat, nachgedacht.
Ich werde eine neue Szene einarbeiten, möglicherweise bei ihrem ersten Besuch im Möbelgeschäft, um einige nötige Fronten konkreter darzustellen.
Allerdings widerspreche ich dir darin, dass das Bett weiter hervorgehoben werden müsste.
Der Philosoph Sissek nennt solche Gegenstände „Mc Guffin“.
Objekte, die eine Geschichte oder einen Film vorantreiben, ihn begleiten, teilweise sogar den Inhalt determinieren und doch seltsam schemenhaft bleiben.
Als Beispiel sei hier nur der Koffer aus dem Film Pulp Fiction genannt.
Er trägt die ganze Geschichte, motiviert die Personen zu Handeln und ist doch ein „Nichts“.
Auch der Kritik am Prot. selbst kann ich nicht folgen.
Prot. blickt rückblickend und durchaus lakonisch auf die von ihm beschriebenen Ereignisse.
Er hält sich selbst und seine Gefühle versteckt und offenbart sich dem Leser nur durch seine Sichtweise auf die anderen agierenden Personen.
Seine eigene Lebensbeschreibung, seine Ausdrucksweise ist determiniert.
Er ist eine Oberflächenbeobachter. Als solcher fühlt er sich nicht betroffen. Er ist vom Wesen eher lakonisch und hat Hang zum Zynismus.
Darum beschreibt er die Welt und die Geschehnisse in ihr so. Darum fehlen Details die dir wichtig scheinen, aber außerhalb seiner Wahrnehmung liegen.
So hat der Autor die Person angelegt.
Dadurch entwickelt sich der Text szenisch, wechselt wie du, m E. falsch vermutest, wahllos.
Der Werdegang des Prot. ( Es gibt keine Entwicklung) liegt im Gegenständlichen und nicht im Geistigen.
Des Weiteren war es die Absicht des Autors diesen Text satirisch verstanden zu wissen.
Das Bett ist eine Metapher. Als Ort der Ruhe, des Schlafs, der Besinnung. Vor all dem flieht
der Prot. bis zum Schluss. Die Reise des Bettes, und insofern auch die Geschichte von Ingo sind Schlaglichter im Leben des Prot.
Inwiefern es bedeutsam sein kann, für die Entwicklung eines Textes, das diese Geschichte fest mit wirklichen Erlebnissen ist, magst du als Leser selbst entscheiden.
Das soll natürlich keine Entschuldigung für die Langeweile sein, die mein Text bei dir verursacht hat.
Es wird dich wahrscheinlich nicht wundern, das ich als Autor diese Geschichte durchaus amüsant finde.
In Bezug auf das wichtigste eines Textes, seinen Unterhaltungswert, werde ich noch auf die ein oder andere Antwort der LL-Gemeinde warten.

Ich verbleibe mit einem freundlichen Gruß
Ralf
 

Retep

Mitglied
Morgen Ralf,

deine Erzählung hat mich amüsiert, teilweise hast du bildhaft gezeigt, ich konnte mir Situationen und Personen vorstellen.


Zum Text:

Katja war die große Liebe meines Maschinenbaustudiums.
Sie, solide in der Buchhaltung von Möbel Unger, und ich ,ebenso brav, täglich unterwegs zwischen den Hörsälen der Schützenbahn, dem Hauptsitz der Essener Maschinenbauabteilung, und den fensterlosen Übungsräumen der Hochschule [strike]selbst[/strike].
Alles war so ([blue]Komma)[/blue] wie es sein sollte.

Ich fand es zu kitschig und auf eine namenlose Art monströs.
Aber,([blue]Kein Komma[/blue]) ich hatte mich breit schlagen lassen,([blue]kein Komma[/blue]) und klein beigegeben.

[blue]Ich denke, hier fehlt irgendwas.Kleiner Dialog, der die Trennung verdeutlicht?[/blue]

Taschentücher lagen verstreut auf dem Parkettboden und meine von mir so sorgfältig ausgedachte Zukunft lag ebenso zerknüllt dazwischen.
- Gut gezeigt.

„Ich glaube, es ist einfach zu früh“, wiederholte sie sich, und [blue]sagte[/blue] immer wieder:


das ich für dieses schwarze Ungetüm bezahlt hatte,([blue]kein Komma[/blue]) und dachte dann wieder an nichts.
auf irgendetwas [blue](Komma[/blue])das geschehen könnte.
Er hatte etwas ([blue]Komma[/blue])das ich dringend benötigte:
Immer wenn ich hinein gewollt [red]hätte[/red], [red]hätte [/red]ich über das Stahlgestänge am Kopfende steigen müssen, um dann mit einem kleinen Sprung an den Schreibtisch zu gelangen.
Ich baute es wieder ab,([blue]kein Komma[/blue]) und entschloss mich es erst einmal abzugeben.
Schade um das Bett“, sagte er, als wir zu dritt im Schlafzimmer standen und uns überlegten [blue](Komma)[/blue]aus welchem der drei Fenster es sich am Morgen besser herausschauen ließe.
- ob man zu [blue]Dritt[/blue] schreiben müsste, weiß ich nicht so genau.

Einen endgültigen Standort dafür hatten [strike]die beiden [/strike] [blue]sie[/blue] gefunden.

So verlie[blue]ß[/blue] auch das Bett, und in allen Maßen, das Unglück und das [blue]Alleinsein. [/blue]
„ Das Bett sieht doch noch aus wie neu“, sagte er, nachdem wir es in kleine Teile zerlegt, durch das enge Treppenhaus der Steigerwohnung,([blue]kein Komma[/blue]) hinauf in den dritten Stock, in seine Dachwohnung mit Schräge,([blue]kein Komma[/blue]) getragen hatten.
Eine Logopädin mit großen Brüsten, die ihn, wie er sagte ([blue]Komma[/blue])an die Urmutter erinnerte, nach der wir Männer uns alle sehnten.
Das war etwa ein halbes Jahr ([blue]komma)[/blue]nachdem wir uns das letzte Mal gesehen hatten.
„ Und“, erkundigte ich mich.([blue]komma[/blue]) “[blue]w[/blue]o ist das Problem?“
Es lag an der richtigen Gelegenheit, die noch nicht gekommen sei([blue]Komma[/blue]) und ob nicht ich vielleicht einmal mit Iris…
Sie hatte die Gelegenheit des Heiratsantrages genutzt ([blue]Komma[/blue])um sich von Ingo zu trennen. Er hätte sich so sehr verändert. Gar nicht mehr der Mann ([blue]Komma)[/blue]den sie geliebt hatte.
Ich war inzwischen Geschäftsführer in einem Szene[blue] -[/blue] Lokal,
Es war eine unruhige Nacht. Im Traum sah ich immer wieder drei Frauen auf der Bettkante sitzen, die abwechselnd schimpften und weinten.
Gereizt stand ich mitten in der Nacht auf und legte mich zum Schlafen auf das Ledersofa im Wohnzimmer.
Am Morgen habe ich dann den Sperrmüll bestellt.
- Dieser Schluss gefällt mir sehr gut.

Über den Titel würde ich noch einmal nachdenken.

Deine Geschichte hat keinen Spannungsbogen und braucht auch keinen.

Gerne gelesen.

Gruß

Retep
 

Mandelbaum

Mitglied
Hallo Ralf,
ich habe deine Geschichte gelesen und mich nicht gelangweilt. Ich bin auf die angekündigte Überarbeitung gespannt.
Liebe Grüße,
Mandelbaum
 

Ralf Langer

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Ruhe sanft

Katja war die große Liebe meines Maschinenbaustudiums.
Sie, solide in der Buchhaltung von Möbel Unger, und ich ,ebenso brav, täglich unterwegs zwischen den Hörsälen der Schützenbahn, dem Hauptsitz der Essener Maschinenbauabteilung, und den fensterlosen Übungsräumen der Hochschule .
Alles war so, wie es sein sollte.
Und so entschlossen wir uns einen gemeinsamen Hausstand zu gründen, um festzustellen auf welch festem Fundament unsere Beziehung tatsächlich stand.
Es war der Tag vor der ersten gemeinsamen Nacht.
Das letzte Möbelstück, das Bett, stand endlich im Schlafzimmer. Die Monteure hatten das zwei Meter mal zwei Meter große Stück zusammen geschraubt. Ich hatte von meinem spärlichen Geld nur dies eine Möbel für unsere erste Wohnung zur Verfügung stellen können, hatte zähneknirschend die letzten tausend D-Mark in bar dem Spediteur in die Hand gedrückt, und schaute nun ,mittlerweile wieder etwas entspannt, Katja dabei zu, wie sie mit gekonnten Kniffen die Tagesdecke und Tageskissen in Ordnung brachte.
Dieses Bett.
Ich mußte an unseren ersten gemeinsamen Besuch im Möbelhaus denken:
Ich hatte es schon von weitem erblickt. Und obschon es nur am Rande meiner Wahrnehmung gelegen hatte - eben eines von vielen Ausstellungsstücken - war mir intuitiv bewußt, dass dieses schwarze Stück Eisen mit der blutroten Tagesdecke und den ebenso roten Kopfkissen mit Rosenapllikationen, nicht in Fage kam.
Aber Katja hatte sich verliebt.
Was sollte ich machen?
Ihr Vater, ein zu ansehnlichem Reichtum gekommener Schrotthändler, hatte, wie selbstverständlich, die komplette Wohnungseinrichtung finanziert.Da wollte ich nicht mit kleinlichen Bedenken im Wege stehen, und versuchte also, während wir auf dem Stück Probe lagen, meiner Freude Ausdruck zu verleihen.
Immerhin, die Matratzen waren hart, und so war entschieden auf welcher Ruhestätte ich die Zukunft verbringen sollte.

Im Türrahmen stehend lächelte ich leise vor mich hin.
„Lass gut sein Kati“, sagte ich, “wir können den endgültigen Platz für das Bett ja noch im Laufe der Nacht herausfinden. Du weißt schon, je nach dem wo`s sich besser ….“
Katja hatte sich neben mich gestellt.
„Ganz schön düster“, sagte sie.
Ich erwiderte nichts. Sie hatte es gewollt.
Und so blickte ich nur schweigend auf das monströse Stück.
"Das wird schon", sagte ich sanft, " wart`s nur ab!"

Stunden später stand ich wieder im Türrahmen und meine Welt zerbröselte.
Katja saß auf der Bettkante und weinte.
Taschentücher lagen verstreut auf dem Parkettboden und meine von mir so sorgfältig ausgedachte Zukunft lag ebenso zerknüllt dazwischen.
„Ich glaube, es ist einfach zu früh“, wiederholte sie sich, und sagte immer wieder:
„Was soll ich denn tun?“
Ich sagte nichts.
Dachte nur die ganze Zeit an die stundenlangen vorbereitenden Gespräche mit ihr , ob wir diesen Schritt wagen sollten, dachte an ihre lächelnden Augen und ihre immer stets bejahende Antwort, dachte an das viele Geld das ich für dieses schwarze Ungetüm bezahlt hatte, und dachte dann wieder an nichts.
Eigentlich wollte ich auch nur weinen. Aber es gelang mir nicht. So wartete ich im Türrahmen auf ein Wunder, auf einen schönen letzten Satz, auf irgendetwas, das geschehen könnte.
Da aber nichts geschah, bin ich dann einfach gegangen.

Ich kam bei Paul, einem Kommilitonen von mir, unter.
Er hatte etwas, das ich dringend benötigte:
Ein freies Zimmer.
Eigentlich eher die Winzigkeit von einem Zimmer. Viel zu klein für das Bett. Für eine halbe Stunde nur stand es in diesem Raum.
Immer wenn ich hinein gewollt hätte, hätte ich über das Stahlgestänge am Kopfende steigen müssen, um dann mit einem kleinen Sprung an den Schreibtisch zu gelangen.
Ich baute es wieder ab und entschloss mich es erst einmal abzugeben.
So kam es zu meinem Bruder.
Der hatte gerade sein Architekturstudium, das ihm von seiner Freundin Iris und ihrem Einkommen als Bankkauffrau wohlwollend finanziert worden war, beendet.
Jetzt kam auch er ins Geld und so hatten sie beschlossen in eine größere Wohnung zu ziehen.
„ Wäre doch schade um das Bett“, sagte er, als wir zu dritt im Schlafzimmer standen und uns überlegten aus welchem der drei Fenster es sich am Morgen besser herausschauen ließe.
Gut zwei Jahre haben die beiden das Bett hin und her geschoben.
Bei jedem meiner spärlichen Besuche stand es an einem anderen Platz.
Einen endgültigen Standort dafür hatten sie nie gefunden.
Dann machten sie einen langen Urlaub in Übersee:
Transamerikanische Eisenbahn!
In der Hochebene Perus sprach Iris viel über die nächsten Schritte.
Sprach von Hochzeit, von Kindern, von der biologischen Uhr, die in ihr tickte.
Mein Bruder sprach wenig. Er dachte an seine Kinder:
An all die Häuser, die er noch bauen wollte, und an Urlaubsziele, die zu zweit angenehmer zu bereisen waren.
Ihre letzten Weihnachten verbrachten die beiden in einem romantischen Hotel an der Magellanstraße. Der Wind stürmte, die See toste, als mein Bruder Iris zum Fest einen einsamen Flug zurück in die Heimat schenkte.

So verließ auch das Bett, das nie einen richtigen Platz in ihrer Wohnung gefunden hatte, die beiden, und suchte sich einen neuen Schläfer.
Ich hatte zu dieser Zeit mein Studium geschmissen und schlug mich als Kellner durch die Gelsenkirchener Kneipenszene.
Ingo war mein neuer Seelenverwandter geworden.
Existentialist.
Er schrieb wunderbar verschrobene Gedichte, die ich nur selten verstand, trank schwarzen Kaffee und liebte überhaupt und in allen Maßen, das Unglück und das Alleinsein.
„ Das Bett sieht doch noch aus wie neu“, sagte er, nachdem wir es in kleine Teile zerlegt, durch das enge Treppenhaus der Steigerwohnung hinauf in den dritten Stock, in seine Dachwohnung mit Schräge getragen hatten.
„ Und außerdem ist es schwarz! In ihm werde ich an verregneten Sonntagen viele dunkle Poems schreiben.“
Ich wollte es glauben.
Dann lernte Ingo Susanne kennen. Eine Logopädin mit großen Brüsten, die ihn, wie er sagte, an die Urmutter erinnerte, nach der wir Männer uns alle sehnten.
Er schrieb weniger und noch seltener bekam ich ihn zu Gesicht.
Irgendwann trank er keinen Kaffee mehr und sprach über die Gefahren des Rauchens und des Trinkens, bis er schließlich beides aufgab.
Zum Ende unserer Zeit schulte er um und wurde Pharmareferent.
Einmal rief er mich noch an. Das war etwa ein halbes Jahr, nachdem wir uns das letzte Mal gesehen hatten.
Er sprach von Hochzeit. Alles wäre schon geplant. Trauung auf der Schüngelberghalde. Ein Pastor wäre auch schon gefunden. Frei-evangelische Kirche. Die Beste von allem, sagte er.
Dann Flitterwochen in Donaueschingen.
„ Und“, erkundigte ich mich,“wo ist das Problem?“
Er lachte. Das Problem war, seine Zukünftige wusste noch nichts von ihrem Glück. Es lag an der richtigen Gelegenheit, die noch nicht gekommen sei, und ob nicht ich vielleicht einmal mit Iris…
Ich hatte aufgelegt.
Zwei Wochen später habe ich Ingo dann zum allerletzten Mal gesehen. Er saß in unserer alten Stammkneipe am Tresen, war blau wie tausend Russen und rauchte wie ein Schlot.
Susanne hatte ihn verlassen.
Sie hatte die Gelegenheit des Heiratsantrages genutzt um sich von Ingo zu trennen. Er hätte sich so sehr verändert. Gar nicht mehr der Mann den sie geliebt hatte.
Also war sie zu ihrem Ex zurückgekehrt.
Die Woche drauf verschwand Ingo in die neuen Bundesländer. Wie ich hörte, soll er jetzt Schultornister von Scout verkaufen.

So kam ich letztlich doch noch zu meinem Bett.
Ich war inzwischen Geschäftsführer in einem Szene - Lokal, wohnte in der alten Wohnung meines Bruders und war glücklicher Single.
Ich hatte das Bett, auf einen Impuls hin, einfach aus Ingos ehemaliger Wohnung herausgeholt und mir ins Schafzimmer gestellt.
Es war eine unruhige Nacht. Im Traum sah ich immer wieder drei Frauen auf der Bettkante sitzen, die abwechselnd schimpften und weinten.
Gereizt stand ich mitten in der Nacht auf und legte mich zum Schlafen auf das Ledersofa im Wohnzimmer.
Am Morgen habe ich dann den Sperrmüll bestellt.
 

Ralf Langer

Mitglied
Hallo retep,
hab dank für deine ausführlichen Verbesserungen, die ich gerne
umgesetzt habe.
Den Titel, mit dem ich auch nicht wirklich glücklich war, habe ich geändert.
Was meinst du?
lg
ralf
 

Retep

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Der Titel gefällt mir auch nicht so richtig, bei "ruhe sanft" muss ich an Tote denken. Aber mir fällt auch nichts Besseres ein.

Gruß

Retep
 

Ralf Langer

Mitglied
Hallo retep,
es gibt eine schöne zeile aus einem
Hölderlin Gedicht, die da heißt:

"Uns ist gegeben keine Stätte zu ruhen..."

ist vielleicht ein bischen dick ?
ralf
 

Ralf Langer

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Ruhe sanft

Katja war die große Liebe meines Maschinenbaustudiums.
Sie, solide in der Buchhaltung von Möbel Unger, und ich ,ebenso brav, täglich unterwegs zwischen den Hörsälen der Schützenbahn, dem Hauptsitz der Essener Maschinenbauabteilung, und den fensterlosen Übungsräumen der Hochschule .
Alles war so, wie es sein sollte.
Und so entschlossen wir uns einen gemeinsamen Hausstand zu gründen, um festzustellen auf welch festem Fundament unsere Beziehung tatsächlich stand.
Es war der Tag vor der ersten gemeinsamen Nacht.
Das letzte Möbelstück, das Bett, stand endlich im Schlafzimmer. Die Monteure hatten das zwei Meter mal zwei Meter große Stück zusammen geschraubt. Ich hatte von meinem spärlichen Geld nur dies eine Möbel für unsere erste Wohnung zur Verfügung stellen können, hatte zähneknirschend die letzten tausend D-Mark in bar dem Spediteur in die Hand gedrückt, und schaute nun ,mittlerweile wieder etwas entspannt, Katja dabei zu, wie sie mit gekonnten Kniffen die Tagesdecke und Tageskissen in Ordnung brachte.
Dieses Bett.
Ich mußte an unseren ersten gemeinsamen Besuch im Möbelhaus denken:
Ich hatte es schon von weitem erblickt. Und obschon es nur am Rande meiner Wahrnehmung gelegen hatte - eben eines von vielen Ausstellungsstücken - war mir intuitiv bewußt, dass dieses schwarze Stück Eisen mit der blutroten Tagesdecke und den ebenso roten Kopfkissen mit Rosenapllikationen, nicht in Fage kam.
Aber Katja hatte sich verliebt.
Was sollte ich machen?
Ihr Vater, ein zu ansehnlichem Reichtum gekommener Schrotthändler, hatte, wie selbstverständlich, die komplette Wohnungseinrichtung finanziert.Da wollte ich nicht mit kleinlichen Bedenken im Wege stehen, und versuchte also, während wir auf dem Stück Probe lagen, meiner Freude Ausdruck zu verleihen.
Immerhin, die Matratzen waren hart, und so war entschieden auf welcher Ruhestätte ich die Zukunft verbringen sollte.

Im Türrahmen stehend lächelte ich leise vor mich hin.
„Lass gut sein Kati“, sagte ich, “wir können den endgültigen Platz für das Bett ja noch im Laufe der Nacht herausfinden. Du weißt schon, je nach dem wo`s sich besser ….“
Katja hatte sich neben mich gestellt.
„Ganz schön düster“, sagte sie.
Ich erwiderte nichts. Sie hatte es gewollt.
Und so blickte ich nur schweigend auf das monströse Stück.
"Das wird schon", sagte ich sanft, " wart`s nur ab!"

Stunden später stand ich wieder im Türrahmen und meine Welt zerbröselte.
Katja saß auf der Bettkante und weinte.
Taschentücher lagen verstreut auf dem Parkettboden und meine von mir so sorgfältig ausgedachte Zukunft lag ebenso zerknüllt dazwischen.
„Ich glaube, es ist einfach zu früh“, wiederholte sie sich, und sagte immer wieder:
„Was soll ich denn tun?“
Ich sagte nichts.
Dachte nur die ganze Zeit an die stundenlangen vorbereitenden Gespräche mit ihr , ob wir diesen Schritt wagen sollten, dachte an ihre lächelnden Augen und ihre immer stets bejahende Antwort, dachte an das viele Geld das ich für dieses schwarze Ungetüm bezahlt hatte, und dachte dann wieder an nichts.
Eigentlich wollte ich auch nur weinen. Aber es gelang mir nicht. So wartete ich im Türrahmen auf ein Wunder, auf einen schönen letzten Satz, auf irgendetwas, das geschehen könnte.
Da aber nichts geschah, bin ich dann einfach gegangen.

Ich kam bei Paul, einem Kommilitonen von mir, unter.
Er hatte etwas, das ich dringend benötigte:
Ein freies Zimmer.
Eigentlich eher die Winzigkeit von einem Zimmer. Viel zu klein für das Bett. Für eine halbe Stunde nur stand es in diesem Raum.
Immer wenn ich hinein wollte, mußte ich über das Stahlgestänge am Kopfende steigen, um dann mit einem kleinen Sprung an den Schreibtisch zu gelangen.
Also baute ich es wieder ab und entschloss mich davon zu trennen.
So kam es zu meinem Bruder.
Der hatte gerade sein Architekturstudium, das ihm von seiner Freundin Iris und ihrem Einkommen als Bankkauffrau wohlwollend finanziert worden war, beendet.
Jetzt kam auch er ins Geld und so hatten sie beschlossen in eine größere Wohnung zu ziehen.
„ Wäre doch schade um das Bett“, sagte er, als wir zu dritt im Schlafzimmer standen und uns überlegten aus welchem der drei Fenster es sich am Morgen besser herausschauen ließe.
Gut zwei Jahre haben die beiden das Bett hin und her geschoben.
Bei jedem meiner spärlichen Besuche stand es an einem anderen Platz.
Einen endgültigen Standort dafür hatten sie nie gefunden.
Dann machten sie einen langen Urlaub in Übersee:
Transamerikanische Eisenbahn!
In der Hochebene Perus sprach Iris viel über die nächsten Schritte.
Sprach von Hochzeit, von Kindern, von der biologischen Uhr, die in ihr tickte.
Mein Bruder sprach wenig. Er dachte an seine Kinder:
An all die Häuser, die er noch bauen wollte, und an Urlaubsziele, die zu zweit angenehmer zu bereisen waren.
Ihre letzten Weihnachten verbrachten die beiden in einem romantischen Hotel an der Magellanstraße. Der Wind stürmte, die See toste, als mein Bruder Iris zum Fest einen einsamen Flug zurück in die Heimat schenkte.

So verließ auch das Bett, das nie einen richtigen Platz in ihrer Wohnung gefunden hatte, die beiden, und suchte sich einen neuen Schläfer.
Ich hatte zu dieser Zeit mein Studium geschmissen und schlug mich als Kellner durch die Gelsenkirchener Kneipenszene.
Ingo war mein neuer Seelenverwandter geworden.
Existentialist.
Er schrieb wunderbar verschrobene Gedichte, die ich nur selten verstand, trank schwarzen Kaffee und liebte überhaupt und in allen Maßen, das Unglück und das Alleinsein.
„ Das Bett sieht doch noch aus wie neu“, sagte er, nachdem wir es in kleine Teile zerlegt, durch das enge Treppenhaus der Steigerwohnung hinauf in den dritten Stock, in seine Dachwohnung mit Schräge getragen hatten.
„ Und außerdem ist es schwarz! In ihm werde ich an verregneten Sonntagen viele dunkle Poems schreiben.“
Ich wollte es glauben.
Dann lernte Ingo Susanne kennen. Eine Logopädin mit großen Brüsten, die ihn, wie er sagte, an die Urmutter erinnerte, nach der wir Männer uns alle sehnten.
Er schrieb weniger und noch seltener bekam ich ihn zu Gesicht.
Irgendwann trank er keinen Kaffee mehr und sprach über die Gefahren des Rauchens und des Trinkens, bis er schließlich beides aufgab.
Zum Ende unserer Zeit schulte er um und wurde Pharmareferent.
Einmal rief er mich noch an. Das war etwa ein halbes Jahr, nachdem wir uns das letzte Mal gesehen hatten.
Er sprach von Hochzeit. Alles wäre schon geplant. Trauung auf der Schüngelberghalde. Ein Pastor wäre auch schon gefunden. Frei-evangelische Kirche. Die Beste von allem, sagte er.
Dann Flitterwochen in Donaueschingen.
„ Und“, erkundigte ich mich,“wo ist das Problem?“
Er lachte. Das Problem war, seine Zukünftige wusste noch nichts von ihrem Glück. Es lag an der richtigen Gelegenheit, die noch nicht gekommen sei, und ob nicht ich vielleicht einmal mit Iris…
Ich hatte aufgelegt.
Zwei Wochen später habe ich Ingo dann zum allerletzten Mal gesehen. Er saß in unserer alten Stammkneipe am Tresen, war blau wie tausend Russen und rauchte wie ein Schlot.
Susanne hatte ihn verlassen.
Sie hatte die Gelegenheit des Heiratsantrages genutzt um sich von Ingo zu trennen. Er hätte sich so sehr verändert. Gar nicht mehr der Mann den sie geliebt hatte.
Also war sie zu ihrem Ex zurückgekehrt.
Die Woche drauf verschwand Ingo in die neuen Bundesländer. Wie ich hörte, soll er jetzt Schultornister von Scout verkaufen.

So kam ich letztlich doch noch zu meinem Bett.
Ich war inzwischen Geschäftsführer in einem Szene - Lokal, wohnte in der alten Wohnung meines Bruders und war glücklicher Single.
Ich hatte das Bett, auf einen Impuls hin, einfach aus Ingos ehemaliger Wohnung herausgeholt und mir ins Schafzimmer gestellt.
Es war eine unruhige Nacht. Im Traum sah ich immer wieder drei Frauen auf der Bettkante sitzen, die abwechselnd schimpften und weinten.
Gereizt stand ich mitten in der Nacht auf und legte mich zum Schlafen auf das Ledersofa im Wohnzimmer.
Am Morgen habe ich dann den Sperrmüll bestellt.
 

Retep

Mitglied
In deinem Text steckt ja einige Ironie. So gesehen, finde ich das Hölderlin-Zitat ausgezeichnet.

Gruß

Retep
 

Ralf Langer

Mitglied
Uns ist gegeben keine Stätte zu ruhen

Katja war die große Liebe meines Maschinenbaustudiums.
Sie, solide in der Buchhaltung von Möbel Unger, und ich ,ebenso brav, täglich unterwegs zwischen den Hörsälen der Schützenbahn, dem Hauptsitz der Essener Maschinenbauabteilung, und den fensterlosen Übungsräumen der Hochschule .
Alles war so, wie es sein sollte.
Und so entschlossen wir uns einen gemeinsamen Hausstand zu gründen, um festzustellen auf welch festem Fundament unsere Beziehung tatsächlich stand.
Es war der Tag vor der ersten gemeinsamen Nacht.
Das letzte Möbelstück, das Bett, stand endlich im Schlafzimmer. Die Monteure hatten das zwei Meter mal zwei Meter große Stück zusammen geschraubt. Ich hatte von meinem spärlichen Geld nur dies eine Möbel für unsere erste Wohnung zur Verfügung stellen können, hatte zähneknirschend die letzten tausend D-Mark in bar dem Spediteur in die Hand gedrückt, und schaute nun ,mittlerweile wieder etwas entspannt, Katja dabei zu, wie sie mit gekonnten Kniffen die Tagesdecke und Tageskissen in Ordnung brachte.
Dieses Bett.
Ich mußte an unseren ersten gemeinsamen Besuch im Möbelhaus denken:
Ich hatte es schon von weitem erblickt. Und obschon es nur am Rande meiner Wahrnehmung gelegen hatte - eben eines von vielen Ausstellungsstücken - war mir intuitiv bewußt, dass dieses schwarze Stück Eisen mit der blutroten Tagesdecke und den ebenso roten Kopfkissen mit Rosenapllikationen, nicht in Fage kam.
Aber Katja hatte sich verliebt.
Was sollte ich machen?
Ihr Vater, ein zu ansehnlichem Reichtum gekommener Schrotthändler, hatte, wie selbstverständlich, die komplette Wohnungseinrichtung finanziert.Da wollte ich nicht mit kleinlichen Bedenken im Wege stehen, und versuchte also, während wir auf dem Stück Probe lagen, meiner Freude Ausdruck zu verleihen.
Immerhin, die Matratzen waren hart, und so war entschieden auf welcher Ruhestätte ich die Zukunft verbringen sollte.

Im Türrahmen stehend lächelte ich leise vor mich hin.
„Lass gut sein Kati“, sagte ich, “wir können den endgültigen Platz für das Bett ja noch im Laufe der Nacht herausfinden. Du weißt schon, je nach dem wo`s sich besser ….“
Katja hatte sich neben mich gestellt.
„Ganz schön düster“, sagte sie.
Ich erwiderte nichts. Sie hatte es gewollt.
Und so blickte ich nur schweigend auf das monströse Stück.
"Das wird schon", sagte ich sanft, " wart`s nur ab!"

Stunden später stand ich wieder im Türrahmen und meine Welt zerbröselte.
Katja saß auf der Bettkante und weinte.
Taschentücher lagen verstreut auf dem Parkettboden und meine von mir so sorgfältig ausgedachte Zukunft lag ebenso zerknüllt dazwischen.
„Ich glaube, es ist einfach zu früh“, wiederholte sie sich, und sagte immer wieder:
„Was soll ich denn tun?“
Ich sagte nichts.
Dachte nur die ganze Zeit an die stundenlangen vorbereitenden Gespräche mit ihr , ob wir diesen Schritt wagen sollten, dachte an ihre lächelnden Augen und ihre immer stets bejahende Antwort, dachte an das viele Geld das ich für dieses schwarze Ungetüm bezahlt hatte, und dachte dann wieder an nichts.
Eigentlich wollte ich auch nur weinen. Aber es gelang mir nicht. So wartete ich im Türrahmen auf ein Wunder, auf einen schönen letzten Satz, auf irgendetwas, das geschehen könnte.
Da aber nichts geschah, bin ich dann einfach gegangen.

Ich kam bei Paul, einem Kommilitonen von mir, unter.
Er hatte etwas, das ich dringend benötigte:
Ein freies Zimmer.
Eigentlich eher die Winzigkeit von einem Zimmer. Viel zu klein für das Bett. Für eine halbe Stunde nur stand es in diesem Raum.
Immer wenn ich hinein wollte, mußte ich über das Stahlgestänge am Kopfende steigen, um dann mit einem kleinen Sprung an den Schreibtisch zu gelangen.
Also baute ich es wieder ab und entschloss mich davon zu trennen.
So kam es zu meinem Bruder.
Der hatte gerade sein Architekturstudium, das ihm von seiner Freundin Iris und ihrem Einkommen als Bankkauffrau wohlwollend finanziert worden war, beendet.
Jetzt kam auch er ins Geld und so hatten sie beschlossen in eine größere Wohnung zu ziehen.
„ Wäre doch schade um das Bett“, sagte er, als wir zu dritt im Schlafzimmer standen und uns überlegten aus welchem der drei Fenster es sich am Morgen besser herausschauen ließe.
Gut zwei Jahre haben die beiden das Bett hin und her geschoben.
Bei jedem meiner spärlichen Besuche stand es an einem anderen Platz.
Einen endgültigen Standort dafür hatten sie nie gefunden.
Dann machten sie einen langen Urlaub in Übersee:
Transamerikanische Eisenbahn!
In der Hochebene Perus sprach Iris viel über die nächsten Schritte.
Sprach von Hochzeit, von Kindern, von der biologischen Uhr, die in ihr tickte.
Mein Bruder sprach wenig. Er dachte an seine Kinder:
An all die Häuser, die er noch bauen wollte, und an Urlaubsziele, die zu zweit angenehmer zu bereisen waren.
Ihre letzten Weihnachten verbrachten die beiden in einem romantischen Hotel an der Magellanstraße. Der Wind stürmte, die See toste, als mein Bruder Iris zum Fest einen einsamen Flug zurück in die Heimat schenkte.

So verließ auch das Bett, das nie einen richtigen Platz in ihrer Wohnung gefunden hatte, die beiden, und suchte sich einen neuen Schläfer.
Ich hatte zu dieser Zeit mein Studium geschmissen und schlug mich als Kellner durch die Gelsenkirchener Kneipenszene.
Ingo war mein neuer Seelenverwandter geworden.
Existentialist.
Er schrieb wunderbar verschrobene Gedichte, die ich nur selten verstand, trank schwarzen Kaffee und liebte überhaupt und in allen Maßen, das Unglück und das Alleinsein.
„ Das Bett sieht doch noch aus wie neu“, sagte er, nachdem wir es in kleine Teile zerlegt, durch das enge Treppenhaus der Steigerwohnung hinauf in den dritten Stock, in seine Dachwohnung mit Schräge getragen hatten.
„ Und außerdem ist es schwarz! In ihm werde ich an verregneten Sonntagen viele dunkle Poems schreiben.“
Ich wollte es glauben.
Dann lernte Ingo Susanne kennen. Eine Logopädin mit großen Brüsten, die ihn, wie er sagte, an die Urmutter erinnerte, nach der wir Männer uns alle sehnten.
Er schrieb weniger und noch seltener bekam ich ihn zu Gesicht.
Irgendwann trank er keinen Kaffee mehr und sprach über die Gefahren des Rauchens und des Trinkens, bis er schließlich beides aufgab.
Zum Ende unserer Zeit schulte er um und wurde Pharmareferent.
Einmal rief er mich noch an. Das war etwa ein halbes Jahr, nachdem wir uns das letzte Mal gesehen hatten.
Er sprach von Hochzeit. Alles wäre schon geplant. Trauung auf der Schüngelberghalde. Ein Pastor wäre auch schon gefunden. Frei-evangelische Kirche. Die Beste von allem, sagte er.
Dann Flitterwochen in Donaueschingen.
„ Und“, erkundigte ich mich,“wo ist das Problem?“
Er lachte. Das Problem war, seine Zukünftige wusste noch nichts von ihrem Glück. Es lag an der richtigen Gelegenheit, die noch nicht gekommen sei, und ob nicht ich vielleicht einmal mit Iris…
Ich hatte aufgelegt.
Zwei Wochen später habe ich Ingo dann zum allerletzten Mal gesehen. Er saß in unserer alten Stammkneipe am Tresen, war blau wie tausend Russen und rauchte wie ein Schlot.
Susanne hatte ihn verlassen.
Sie hatte die Gelegenheit des Heiratsantrages genutzt um sich von Ingo zu trennen. Er hätte sich so sehr verändert. Gar nicht mehr der Mann den sie geliebt hatte.
Also war sie zu ihrem Ex zurückgekehrt.
Die Woche drauf verschwand Ingo in die neuen Bundesländer. Wie ich hörte, soll er jetzt Schultornister von Scout verkaufen.

So kam ich letztlich doch noch zu meinem Bett.
Ich war inzwischen Geschäftsführer in einem Szene - Lokal, wohnte in der alten Wohnung meines Bruders und war glücklicher Single.
Ich hatte das Bett, auf einen Impuls hin, einfach aus Ingos ehemaliger Wohnung herausgeholt und mir ins Schafzimmer gestellt.
Es war eine unruhige Nacht. Im Traum sah ich immer wieder drei Frauen auf der Bettkante sitzen, die abwechselnd schimpften und weinten.
Gereizt stand ich mitten in der Nacht auf und legte mich zum Schlafen auf das Ledersofa im Wohnzimmer.
Am Morgen habe ich dann den Sperrmüll bestellt.
 

Ralf Langer

Mitglied
Uns ist gegeben auf keiner Stätte zu ruhen

Katja war die große Liebe meines Maschinenbaustudiums.
Sie, solide in der Buchhaltung von Möbel Unger, und ich ,ebenso brav, täglich unterwegs zwischen den Hörsälen der Schützenbahn, dem Hauptsitz der Essener Maschinenbauabteilung, und den fensterlosen Übungsräumen der Hochschule .
Alles war so, wie es sein sollte.
Und so entschlossen wir uns einen gemeinsamen Hausstand zu gründen, um festzustellen auf welch festem Fundament unsere Beziehung tatsächlich stand.
Es war der Tag vor der ersten gemeinsamen Nacht.
Das letzte Möbelstück, das Bett, stand endlich im Schlafzimmer. Die Monteure hatten das zwei Meter mal zwei Meter große Stück zusammen geschraubt. Ich hatte von meinem spärlichen Geld nur dies eine Möbel für unsere erste Wohnung zur Verfügung stellen können, hatte zähneknirschend die letzten tausend D-Mark in bar dem Spediteur in die Hand gedrückt, und schaute nun ,mittlerweile wieder etwas entspannt, Katja dabei zu, wie sie mit gekonnten Kniffen die Tagesdecke und Tageskissen in Ordnung brachte.
Dieses Bett.
Ich mußte an unseren ersten gemeinsamen Besuch im Möbelhaus denken:
Ich hatte es schon von weitem erblickt. Und obschon es nur am Rande meiner Wahrnehmung gelegen hatte - eben eines von vielen Ausstellungsstücken - war mir intuitiv bewußt, dass dieses schwarze Stück Eisen mit der blutroten Tagesdecke und den ebenso roten Kopfkissen mit Rosenapllikationen, nicht in Fage kam.
Aber Katja hatte sich verliebt.
Was sollte ich machen?
Ihr Vater, ein zu ansehnlichem Reichtum gekommener Schrotthändler, hatte, wie selbstverständlich, die komplette Wohnungseinrichtung finanziert.Da wollte ich nicht mit kleinlichen Bedenken im Wege stehen, und versuchte also, während wir auf dem Stück Probe lagen, meiner Freude Ausdruck zu verleihen.
Immerhin, die Matratzen waren hart, und so war entschieden auf welcher Ruhestätte ich die Zukunft verbringen sollte.

Im Türrahmen stehend lächelte ich leise vor mich hin.
„Lass gut sein Kati“, sagte ich, “wir können den endgültigen Platz für das Bett ja noch im Laufe der Nacht herausfinden. Du weißt schon, je nach dem wo`s sich besser ….“
Katja hatte sich neben mich gestellt.
„Ganz schön düster“, sagte sie.
Ich erwiderte nichts. Sie hatte es gewollt.
Und so blickte ich nur schweigend auf das monströse Stück.
"Das wird schon", sagte ich sanft, " wart`s nur ab!"

Stunden später stand ich wieder im Türrahmen und meine Welt zerbröselte.
Katja saß auf der Bettkante und weinte.
Taschentücher lagen verstreut auf dem Parkettboden und meine von mir so sorgfältig ausgedachte Zukunft lag ebenso zerknüllt dazwischen.
„Ich glaube, es ist einfach zu früh“, wiederholte sie sich, und sagte immer wieder:
„Was soll ich denn tun?“
Ich sagte nichts.
Dachte nur die ganze Zeit an die stundenlangen vorbereitenden Gespräche mit ihr , ob wir diesen Schritt wagen sollten, dachte an ihre lächelnden Augen und ihre immer stets bejahende Antwort, dachte an das viele Geld das ich für dieses schwarze Ungetüm bezahlt hatte, und dachte dann wieder an nichts.
Eigentlich wollte ich auch nur weinen. Aber es gelang mir nicht. So wartete ich im Türrahmen auf ein Wunder, auf einen schönen letzten Satz, auf irgendetwas, das geschehen könnte.
Da aber nichts geschah, bin ich dann einfach gegangen.

Ich kam bei Paul, einem Kommilitonen von mir, unter.
Er hatte etwas, das ich dringend benötigte:
Ein freies Zimmer.
Eigentlich eher die Winzigkeit von einem Zimmer. Viel zu klein für das Bett. Für eine halbe Stunde nur stand es in diesem Raum.
Immer wenn ich hinein wollte, mußte ich über das Stahlgestänge am Kopfende steigen, um dann mit einem kleinen Sprung an den Schreibtisch zu gelangen.
Also baute ich es wieder ab und entschloss mich davon zu trennen.
So kam es zu meinem Bruder.
Der hatte gerade sein Architekturstudium, das ihm von seiner Freundin Iris und ihrem Einkommen als Bankkauffrau wohlwollend finanziert worden war, beendet.
Jetzt kam auch er ins Geld und so hatten sie beschlossen in eine größere Wohnung zu ziehen.
„ Wäre doch schade um das Bett“, sagte er, als wir zu dritt im Schlafzimmer standen und uns überlegten aus welchem der drei Fenster es sich am Morgen besser herausschauen ließe.
Gut zwei Jahre haben die beiden das Bett hin und her geschoben.
Bei jedem meiner spärlichen Besuche stand es an einem anderen Platz.
Einen endgültigen Standort dafür hatten sie nie gefunden.
Dann machten sie einen langen Urlaub in Übersee:
Transamerikanische Eisenbahn!
In der Hochebene Perus sprach Iris viel über die nächsten Schritte.
Sprach von Hochzeit, von Kindern, von der biologischen Uhr, die in ihr tickte.
Mein Bruder sprach wenig. Er dachte an seine Kinder:
An all die Häuser, die er noch bauen wollte, und an Urlaubsziele, die zu zweit angenehmer zu bereisen waren.
Ihre letzten Weihnachten verbrachten die beiden in einem romantischen Hotel an der Magellanstraße. Der Wind stürmte, die See toste, als mein Bruder Iris zum Fest einen einsamen Flug zurück in die Heimat schenkte.

So verließ auch das Bett, das nie einen richtigen Platz in ihrer Wohnung gefunden hatte, die beiden, und suchte sich einen neuen Schläfer.
Ich hatte zu dieser Zeit mein Studium geschmissen und schlug mich als Kellner durch die Gelsenkirchener Kneipenszene.
Ingo war mein neuer Seelenverwandter geworden.
Existentialist.
Er schrieb wunderbar verschrobene Gedichte, die ich nur selten verstand, trank schwarzen Kaffee und liebte überhaupt und in allen Maßen, das Unglück und das Alleinsein.
„ Das Bett sieht doch noch aus wie neu“, sagte er, nachdem wir es in kleine Teile zerlegt, durch das enge Treppenhaus der Steigerwohnung hinauf in den dritten Stock, in seine Dachwohnung mit Schräge getragen hatten.
„ Und außerdem ist es schwarz! In ihm werde ich an verregneten Sonntagen viele dunkle Poems schreiben.“
Ich wollte es glauben.
Dann lernte Ingo Susanne kennen. Eine Logopädin mit großen Brüsten, die ihn, wie er sagte, an die Urmutter erinnerte, nach der wir Männer uns alle sehnten.
Er schrieb weniger und noch seltener bekam ich ihn zu Gesicht.
Irgendwann trank er keinen Kaffee mehr und sprach über die Gefahren des Rauchens und des Trinkens, bis er schließlich beides aufgab.
Zum Ende unserer Zeit schulte er um und wurde Pharmareferent.
Einmal rief er mich noch an. Das war etwa ein halbes Jahr, nachdem wir uns das letzte Mal gesehen hatten.
Er sprach von Hochzeit. Alles wäre schon geplant. Trauung auf der Schüngelberghalde. Ein Pastor wäre auch schon gefunden. Frei-evangelische Kirche. Die Beste von allem, sagte er.
Dann Flitterwochen in Donaueschingen.
„ Und“, erkundigte ich mich,“wo ist das Problem?“
Er lachte. Das Problem war, seine Zukünftige wusste noch nichts von ihrem Glück. Es lag an der richtigen Gelegenheit, die noch nicht gekommen sei, und ob nicht ich vielleicht einmal mit Iris…
Ich hatte aufgelegt.
Zwei Wochen später habe ich Ingo dann zum allerletzten Mal gesehen. Er saß in unserer alten Stammkneipe am Tresen, war blau wie tausend Russen und rauchte wie ein Schlot.
Susanne hatte ihn verlassen.
Sie hatte die Gelegenheit des Heiratsantrages genutzt um sich von Ingo zu trennen. Er hätte sich so sehr verändert. Gar nicht mehr der Mann den sie geliebt hatte.
Also war sie zu ihrem Ex zurückgekehrt.
Die Woche drauf verschwand Ingo in die neuen Bundesländer. Wie ich hörte, soll er jetzt Schultornister von Scout verkaufen.

So kam ich letztlich doch noch zu meinem Bett.
Ich war inzwischen Geschäftsführer in einem Szene - Lokal, wohnte in der alten Wohnung meines Bruders und war glücklicher Single.
Ich hatte das Bett, auf einen Impuls hin, einfach aus Ingos ehemaliger Wohnung herausgeholt und mir ins Schafzimmer gestellt.
Es war eine unruhige Nacht. Im Traum sah ich immer wieder drei Frauen auf der Bettkante sitzen, die abwechselnd schimpften und weinten.
Gereizt stand ich mitten in der Nacht auf und legte mich zum Schlafen auf das Ledersofa im Wohnzimmer.
Am Morgen habe ich dann den Sperrmüll bestellt.
 



 
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