Unwelt

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HaraldAlexa

Mitglied
Unwelt

Die Wochen vergehen und die Unwirklichkeit in dieser in sich abgeschlossenen Welt wird immer unerträglicher. Die, die ihr Schicksal leichter meistern, flüchten in die Apathie. Die, die damit nicht klarkommen, in den Wahnsinn. Aber sie halten durch. Wie Zinnsoldaten stehen sie und halten die Stellung, auch wenn es völlig dunkel wird.

Wenn ein Brief aus der Heimat kommt, beginnt das Herz wie wild zu schlagen. Die Gleichgültigkeit wird von einer unglaublichen Euphorie verdrängt. Sie weinen vor Freude und ernten tanzend das Obst, bis die Sehnsucht nach denen zu Hause so stark wird, dass wieder nur die Flucht in die Apathie oder den Wahnsinn bleibt. Dies ist ihr Leben. Frauen als Tagelöhner. Ausgebeutet im Dienste des europäischen Wohlstands.
 
B

bluefin

Gast
wie bei heinis wurstverkäuferin ("burn out") und marcs "alltagsheldin" verkaufst auch du, lieber @harald, wieder nur das hascherl, das es gar schwer hat in der feindlichen, fremden welt, welchselbiges der sinnende dichter als einziger zu erkennen vermag, auf beifall bei der anprangerung von missständen hoffend.

die nummer ist längst vergiftet, mein lieber, weil fast jeder leser tagtäglich mit personen umgang pflegt, die, wie es so gräßlich heißt, "migrationshintergrund" haben und deshalb recht gut weiß, warum und wovor die abgehauen sind.

ich finde es richtig, dass man so viel asylsuchende wie möglich nicht in konzentrationslagern versauern läßt oder zurückschiebt, sondern aufnimmt, ihnen arbeit und lebenssichertheit verschafft: unsere gesellschaft wird etwas dafür zurück bekommen. ich finde nicht, dass der dämliche rassismus, über den sich herr adabei wallraff gerade wieder telegen erregt, grundsätzlich verhindert, dass vielen menschen ja doch geholfen ist, wenn sie bei uns unterkommen und wir mit ihnen teilen.

selbstverständlich gibt es ganz grausame schicksale, und es wäre sicher wichtig, sie auch literarisch aufzuarbeiten. der von dir gewählte, kategorische ansatz aber geht fehl - er ertrinkt im moralin, macht uns zu sklavenhaltern und die boat people zu zwar unschuldigen, aber einfältigen deppen. das haben wir alle miteinander nicht verdient, finde ich.

tipp: mach den schablonenkarton weg und zeig uns inhalt.

liebe grüße aus münchen

bluefin
 

HaraldAlexa

Mitglied
Hallo Bluefin!

Es geht nicht um das arme Hascherl, dass es schwer hat in der fremden, feindlichen Welt. Es geht darum, dass das arme Hascherl nicht genötigt wäre den Kontinent zu wechseln, wenn die Umverteilung etwas gerechter wäre. Es geht nicht um Asylmissbrauch und auch nicht um das Übersiedeln in ein Land, wo die gebratenen Hendln in der Gegend herumfliegen. Es geht darum, dass in gewissen Regionen dieser Erde, Menschen nicht genug zu essen haben, obwohl sie doppelt soviel und so schwer arbeiten wie ein Arbeiter hier.

Und wenns so weitergeht werden auch wir beide bald zwei arme Hascherln sein, die im Mistkübeln nach Eßbaren suchen, während andere Zigtausende von Euros im Monat verdienen. Ich glaube auch nicht, dass es uns beide zu Sklavenhaltern macht.

Dieses Forum hier nennt sich Kurzprosa und mir geht es einfach darum Stimmungen einzufangen, und keinen Tätigkeitsbericht über Obstpflückerinnen niederzuschreiben.

Liebe Grüße aus Wien

Harald
 
B

bluefin

Gast
lieber @harald,

moralinsaure aufrufe und traktätchen besser nur im konfirmationsunterricht oder in gutmenschenzirkeln platzieren, nicht unter literarischer kurzprosa.

ob flüchtlinge dort, wo sie herkommen, doppelt so schwer arbeiten mussten als "hier", sei dahingestellt. von asylmissbrauch redest jedenfalls nur du, nicht bluefin - er hat in seiner zuschrift das gegenteil thematisiert und darauf aufmerksam gemacht, dass dein ansatz leider kein literarischer, sondern bestenfalls ein ungelenker, weltanschaulicher ist.

dass du persönlich existenzängste hegst, ist dir unbenommen. es liegt bei dir, sie zu überwinden - der leser kann dir dabei jedenfalls nicht helfen.

tipp: lies meine kritik vielleicht noch einmal etwas sorgfältiger durch. mag sein, dass du mit deinem texterl dann doch noch ein schrittchen weiter kommst, statt weiter in den üblichen klischees stecken zu bleiben.

liebe grüße aus münchen

bluefin
 

Ralf Langer

Mitglied
Hallo harald,
auch ich denke das dieser text
eher in den bereich non fiktionaler
literatur unterzubringen wäre.

ist eher etwas essayistisch!

Es fehlt hier für mich z.B.der prot. , durch dessen
blick wir an seinem schicksal teilnehmen.

So lässt es mich undberührt.
obwohl thematisch relevant
lg
ralf
 

HaraldAlexa

Mitglied
Hallo Ralf!

Danke für deine Kritik. Ich wollte einfach eine Stimmung wiedergeben, ohne auf ein Einzelschicksal einzugehen. Dies mit dem Versuch, zuviel Herz - Schmerz zu vermeiden.

Liebe Grüße
Harald
 

Ofterdingen

Mitglied
Hallo HaraldAlexa,

du willst also Herz-Schmerz-Geschichten vermeiden? Solche Ausdrücke wirken auf mich allerdings reichlich überzogen:

"flüchten ... in den Wahnsinn. Aber sie halten durch... auch wenn es völlig dunkel wird"

Vielleicht wäre es besser, wirkungsvoller, möglichst präzise einige Fetzen Wirklichkeit einzufangen statt über Gefühle von Ausgebeuteten zu spekulieren. Deine Darstellung kommt allzu schablonenhaft daher, was ihre Glaubwürdigkeit beschädigt.

Auch fehlt es manchmal an Formulierungskünsten, zum Beispiel hier:

"die Unwirklichkeit in dieser in sich abgeschlossenen"

Ich halte das Thema für lohnend. Versuche doch einfach mal, es nicht so weich, sondern bissfest auszumünzen. Frohes Schaffen wünscht

Ofterdingen
 



 
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