Vendetta

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Petrichor

Mitglied
Vendetta

Langsam ging die Sonne über den Bergen auf. Noch reichten ihre Strahlen nicht bis ins Tal hinein, berührten erst die Spitze des Sostos (1), die wie ein Pfeil in den noch rosarot gefärbten Himmel ragte.
Americo Vianeli trat nervös von einem Bein auf das andere und blickte suchend umher. Hinter ihm konnte man noch das alte Perron erkennen, das früher benutzt worden war, um in die kleine Bahn, die einst von Aquarossa bis nach Olivone gefahren war, einzusteigen. Heute jedoch gab es diese Bahn nicht mehr und der grosse Platz wurde als Wendeplatz für die Busse benutzt. Der Bus, der von Biasca hochkam, kreuzte hier den Bus, der von Olivone herunterfuhr.
Americos Herz schlug schneller, als er den beleibten Mann mit den braunen, zerzausten Haaren auf sich zukommen sah. „Bongiorno, sehnsüchtig auf mich gewartet?“, begrüsste er Americo mit starkem, südländischem Akzent. Americo antwortete ihm mit dem hier üblichen, lokalen Akzent: „Bongiorno, werde ich ihn heute treffen?“. Der Mann nickte und gab Americo ein Zeichen, ihm zu folgen.
Heute war der grosse Tag. All die endlosen Monate, in denen er sich mühevoll darum bemüht hatte, in den Klan der im Bleniotal herrschenden Mafia aufgenommen zu werden, waren nun vorüber. Nun würde er endlich den Chef der Mafiabande, die ihren Hauptsitz im alten, verlassenen Thermalbad von Aquarossa hatte, kennen lernen. Das Thermalbad hatte einst Vorteile aus den warmen Quellen gezogen, die dem Dorf ebenso seinen Namen gegeben hatten: Aquarossa, rotes Wasser.
Der Mann führte Americo in den hinteren Teil des Platzes, wo unbenutzte Busse in riesigen Hallen gelagert wurden. Er steuerte auf eine unbenutzte Halle zu und in der Halle angekommen, machte er sich daran, Kisten von ihrem Standplatz wegzuräumen.
Americo zögerte zuerst, ihm in die Halle zu folgen. Ihm wurde plötzlich bewusst, dass er ohne irgendeine Unterstützung da stand.
„Hast du Wurzeln geschlagen oder was?“, schreckte sein Begleiter Americo aus seinen Gedanken, „Hilf mir, die Kisten aus dem Weg zu räumen!“. Unter den Kisten kam nach und nach eine Falltür zum Vorschein, die der Mann öffnete und Americo Anweisungen gab, hinab zu steigen. Americo war wenig begeistert, in dieses düstere Loch zu steigen, doch er wusste, dass er nun, da er so nahe an seinem Ziel war, keinen Rückzieher mehr machen konnte. Er sammelte seinen ganzen Mut zusammen und kletterte die Leiter hinunter.
Vor ihm breitete sich ein langer Gang aus. Als sein Begleiter ebenfalls hinuntergestiegen war, gingen sie gemeinsam den Gang entlang, der nur von der Taschenlampe des Mannes beleuchtet wurde. Sie gelangten schliesslich wieder an eine Öffnung und Americo wurde angewiesen die Leiter hochzuklettern, dreimal an die Falltür zu klopfen und laut „Lazzarone (2)!“ zu rufen.
Nachdem er die Anweisungen befolgt hatte, wurde die Falltür geöffnet und Americo sah sich umgeben von mürrisch dreinblickenden, schwarzgekleideten Männern. In einem ledernen Ohrensessel sass ein elegant gekleideter Herr mit einer Zigarre im Mund und lächelte Americo an. Dabei wurden drei Goldzähne sichtbar und sein gepflegter, elegant gedrehter Schnurrbart wanderte ein Stück näher an seine Nase heran.
„Bongiorno, signore Vianeli. Ich bin Dottore Ricardo Adulatori und heisse dich in meinem Heim herzlich willkommen“, begrüsste der Herr Americo.
Americo lief ein kalter Schauer über den Rücken.
Endlich hatte sich das Ausgeben als überzeugter Mafiaanhänger über all die Monate hinweg gelohnt. Nun wusste er, wer der Chef des Mafiaklans war und hatte genug Beweise zusammen, um diese Dreckskerle für alle Zeiten hinter Gitter zu bringen. Die Korruptionen, Erpressungen und Morde durch die Mafia im Bleniotal würden endlich aufhören. Wut stieg in ihm auf, die Gleiche wie damals, als er Teresa tot, auf den harten Steinfliesen ihres Restaurants liegend, aufgefunden hatte.
Tränenaufgelöst war sie ein paar Tage vorher zu ihm gekommen, hatte ihn um Verzeihung gebeten, da sie in letzter Zeit nichts von sich habe hören lassen. Nach und nach hatte sie ihm erzählt, dass die Mafia sie erpresse: Würde sie nicht jeden Tag eine bestimmte Summe zahlen, würden sie kommen und ihr Restaurant zerstören. Americo hatte ihr versprochen, sich um das Problem zu kümmern und war wieder einmal zu feige gewesen, ihr einen Heiratsantrag zu machen. Die Mafia war wenig begeistert gewesen, einen ihrer Klienten aus dem Polizeipräsidium kommen zu sehen, und sie beschlossen, den Klienten aus dem Weg zu räumen. Als Americo die kleine, zierliche doch jetzt eiskalte und starre Hand in die seine legte, schwor er sich Rache zunehmen. Trotz mancher Mahnungen und Versuche seines Chefs, ihn von seinem Plan abzubringen, war Americo überzeugt von seinem Plan und war nicht gewillt, ihn aufzugeben.
Reiss dich zusammen, ermahnte sich Americo, du darfst dir deine Wut nicht anmerken lassen. Du darfst jetzt keine Fehler machen- nicht jetzt, da du schon beinahe am Ziel bist.

(1) ein Berg im Tessin
(2) Lump/Schuft/Schurke
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Petrichor, herzlich Willkommen in der Leselupe!

Schön, dass Du den Weg zu uns gefunden hast. Wir sind gespannt auf Deine weiteren Werke und freuen uns auf einen konstruktiven Austausch mit Dir.

Um Dir den Einstieg zu erleichtern, haben wir im 'Forum Lupanum' (unsere Plauderecke) einen Beitrag eingestellt, der sich in besonderem Maße an neue Mitglieder richtet. http://www.leselupe.de/lw/titel-Leitfaden-fuer-neue-Mitglieder-119339.htm

Ganz besonders wollen wir Dir auch die Seite mit den häufig gestellten Fragen ans Herz legen. http://www.leselupe.de/lw/service.php?action=faq


Die Geschichte könnte fortgesetzt werden ...

Viele Grüße von DocSchneider

Redakteur in diesem Forum
 

Bursch

Mitglied
Spannende Geschichte, spannend erzählt.
Wirft zugleich ein interessantes erzählerisches Thema auf. Die Redaktion schreibt, die Geschichte könnte fortgesetzt werden. Schrieb sie mir auf meinen Erstling auch, der ebenfalls dem Thema Rache im weiten Sinn galt.

Als Leser bin ich nach dieser Geschichte erstmal sanft düpiert nach dem Motto: und was jetzt? Hat der Fahnder am Ende Erfolg? Macht er keinerlei Fehler? Rächt er sich erfolgreich?

Der Autor sieht das wahrscheinlich ganz anders. Ich vermute, es wird keine Fortsetzung geben. Es ging erzählerisch um ein Schlaglicht. Der Held "bricht durch", kann die Identität des Mafiabosses klären. Beweise hat er ja genug gesammelt, um sie alle ans Messer zu liefern. Das wird klar angesprochen, der Leser soll selbst weiterspinnen und kann sich nicht beschweren.
Mehr als die Phantasie anregen ist bei Kurz-Geschichte und Kurz-Prosa kaum drin,

vermutet Bursch
 
A

aligaga

Gast
Selbstverständlich ist das keine "Geschichte", sondern nur ein Fragment.

Leider ist es weder spannend noch unterhaltsam geschrieben. Wer sich von vorn bis hinten durch den umständlichen Satzbau gekämpft hat, bekommt als Belohnung nichts als ein Bild, das sich in nichts von dem Klischee unterscheidet, das schon einer Million billigen und ebenso langweiligen Gangsterfilmen zur Vorlage gedient hat und wohl auch weiter dienen wird.

Der Text wird mit allerlei Italienischem gewürzt, das wohl bunt machen soll, schafft es aber geichwohl nicht, dem Leser etwas vor Augen zu führen, das wirklich Interesse wecken könnte. Es bleibt bei einer oberflächlichen Beschreibung gegebener, banaler Verhältnisse, und ebenso blass bleiben alle Personen, die in dem Fragment vorkommen.

Sorry - aber da liest sich ja ein Börsenbericht spannender.

TTip: Näher ran an die Personen, einen spannenderen Plot ersinnen und nur Requisiten aufstellen, die einen Bezug zum Geschehen haben. Und die grausigen Schachtelsätze durch eine Sprache ersetzen, die so viel Drive hat wie eine atemlose Verfolgungsjagd!

Dann wird's vielleicht noch zu dem, was die Überschrift verspricht.

Heiter immer weiter

aligaga
 



 
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