Verben

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flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
Verben

Es heißt, die deutsche Sprache sei schwer. Dabei ist sie vor allem aufschlussreich. An den Verben zum Beispiel kann man deutlich erkennen, welches Verb wie alt ist.
Die ältesten nämlich werden stark konjugiert, die moderneren schwach. Weil sogar schon die Urmenschen wussten, dass es etwas ganz anderes ist, ob „ich“ etwas mache oder jemand anders.
So heißt es also: „ich esse, du isst“, „ich gebe, du gibst“, „ich nehme, du nimmst“, „ich stehle, du stiehlst“, „ich laufe, du läufst“, „ich schlage, du schlägst“, „ich schlafe, du schläfst (pennst)“.
Fragen ist ein Zwitter, denn man sagt teilweise „ich frage, du frägst“, aber auch „ich frage, du fragst“. Frägst verschwindet leider allmählich aus dem Sprachgebrauch. Dabei ist es doch wirklich ganz was anderes, ob „ich“ eine Frage stelle oder irgendwer blöd plappert.
Lügen ist das älteste schwach gebeugte Verb, weil lugen ja ein ganz anderes Wort ist. Daher ist lügen die Urmutter aller schwach gebeugten Verben.
Für hören benutzte man sehr lange Zeit die Gebärde Hand am Ohr, damit der Partner weiß, dass er jetzt ungestört sprechen kann. Man benutzte diese Geste so lange, dass inzwischen der Gebrauch der Sprache so weit fortgeschrittenen war, dass hören nur noch als schwach gebeugtes Verb benutzt werden konnte. Gleichzeitig trug gerade diese Gebärde zur Entwicklung der Pantomime bei. Noch heute lassen sich damit Lacher erzeugen.
Die moderneren Verben sind haben, lieben, glauben, hoffen, streiken, bauen, verdienen, zeigen, siegen, segnen, biegen, bringen, springen, bangen, verlangen, beten, bitten, hassen, spinnen, weben, kleiden, verneigen, achten, wachen, merken, stärken, wetten, vertrauen, befriedigen, verzichten, berichten und viele, viele andere.
Aber nicht alle schwach konjugierten Verben sind moderne. Unter ihnen verstecken sich auch viele alte, z.B. singen und reden: Ich singe, rede, du hältst das Maul. Ich tanze, du siehst zu. Ich gehe, du haust ab. Ich rufe, du schreist. Ich schwitze, du stinkst. Ich leide, du jammerst nur. Ich arbeite, du stehst im Weg.
Fest steht, dass die am schwächsten gebeugten Verben die modernsten sind.
Wie das mit dem Modernen nun mal so ist, hatten einige Verben es nicht leicht, am Leben zu bleiben. Z.B. schwächen. Wer sagt heute noch: „Ich habe mein Weib geschwächt?“
Ein ganz großer Sonderfall ist: „Ich Male, du Dieter“. Weil das zu selten stimmt, wurde dieser Mädchenname abgeschafft. Aber das Malen erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit.
In diesem Sinne - Kallau (Zusammenfassung von Kölle alaaf und helau).
 

SCHNEPF

Mitglied
Hallo flammarion,

köstlich zu lesen; interesse mich immer für Sprachen, habe so eine heitere Auslegung noch nicht gefunden gehabt. Da muß man erst drauf kommen. :)))

Mit freundlichem Gruß,
SCHNEPF
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
hallo,

herzlichen dank, schnepf, fürs lesen und kommentieren. ja, ich fühlte mich verpflichtet, auch was zur närrischen zeit beizutragen . . .
ganz lieb grüßt
 

SCHNEPF

Mitglied
Hallo flammerion,
ja, war echt närrisch. Mein "interesse mich" sollte aber keine närrische Spracherneuerung sein, sondern eigentlich "interessiere mich" heißen.

Gruß,
Schnepf
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
ja,

das hatte ich auch erkannt. typischer flüchtigkeitsfehler.
det sehn wa nich so vabissn.
ganz lieb grüßt
 

katia

Mitglied
gut gelacht

die urmutter aller schwach gebeugten verben....HERRLICH. hat spaß gemacht, dieser text!

findet
katia
 



 
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