Vergessen, dass ich vergessen, dass ich vergessen, dass ich...

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Sploink

Mitglied
Hier nun ein Teil des ersten Kapitels des Buches, dass ich gerne schreiben möchte. Ich frage mich, ob der Erzählstil nicht ein bisschen zu schräg daherkommt; der Hauptakteur ist in vielerlei Hinsicht eigen:

Ich weiß; es ist kalt und windig und von alten Säcken wie mir erwartet man frühe Zubettgehzeiten. Aber leider habe ich ein Problem mit meinem Alter, deshalb versumpfe ich mitternachts auf dem Campus in Biertrink- und Tagtraumroutinen; zu einer Uhrzeit an der niemals gute Dinge geschehen. Es ist leer und still, ich kann Stille nicht hören, es nervt, wenn nichts und niemand Geräusche macht, ich hasse es, wenn der Kopf lauter als alles andere ist, denken ist scheiße, ich denke zu viel, ich denke zu wenig. Meine Bierdose ist leer, ich werfe sie auf das Haus vor meinen Füßen; das Haus ist 300 Meter von mir entfernt; die Dose landet auf dem Boden.

Ein potenzieller Freund hat hier mal gearbeitet, ich nannte ihn Ollie. Als Sicherheitsmann ist er in seinen Nachtschichten über den Campus patrouilliert. Zumindest hätte er sich darum kümmern sollen, dass abends keine lustigen Geschichten auf dem Campus stattfinden, aber nein; er saß immer da vorne in Gebäude 19G und verschanzte sich hinter eine Wand von Bildschirmen; ein Riesengestell aus acht oder neun Monitoren, ich konnte nie sein Gesicht erkennen, wenn ich ihn durch das Erdgeschossfenster beobachtete. Nachts, wenn er auf seine Bildschirme glotzte, konnte ich nur seine Hände durch den Spalt zwischen Bildschirm und Tisch erkennen. Da war immer Cola und Schokolade in der Nähe seiner Hände.
— Hunger.

Manchmal wenn mir langweilig ist, klaue ich Mülltonnen, um sie gegen Wände zu werfen. Es scheppert so schön und wenn der Müll durch die Gegend fliegt muss ich immer für einen Moment an Regen denken und wenn man Glück hat und gebrauchte Taschentücher im Müll liegen, rieseln Papierflocken durch die Lüfte und man hat das Gefühl, dass es schneit. Hier, auf dem Campus dürfte ich jede Tonne schon mindestens zehn mal zerdeppert haben, aber Ollie ist nie rausgekommen, um mir zu sagen, dass ich das nicht darf.

Seit zwei Wochen hat der Campus einen neuen Sicherheitsmann; ich nenne ihn Vladimir. Mit Ollie habe ich es verhauen, ich wollte unbedingt sein Freund sein, aber ich habe mich nie getraut, ihn anzusprechen. Mit Vladi habe die zweite Chance, einen neuen besten Freund zu gewinnen, er hat andere Hände, ungewohnt, aber irgendwie interessant; wenn Vladi auf der Tastatur tippt, sieht es ein bisschen so aus, als würden zwei Spinnen über die Tasten krabbeln. Man sieht ihn öfters draußen als drinnen, er leuchtet immer mit seiner Taschenlampe über das Gelände; manchmal lande ich im Lichtkegel, aber er redet nie mit mir. Morgen Abend werde ich eine Tonne kaputtmachen, vielleicht kommen wir dann endlich ins Gespräch.

Neulich hat mich ein Mensch besucht, den ich fast nicht wiedererkannt hätte. Als er abends über das Hochschulgelände ging machte er den Eindruck, gegen irgendetwas zu kämpfen, so als ob er Gegenwind hätte. Er war nervös und ging sehr langsam auf mich zu. Man musste kein Genie sein — und erst recht kein Student — um zu erkennen, dass er nicht froh war, mich wiederzusehen. Wir sind nicht zufällig ineinandergelaufen; er wollte mich sehen, er musste mich sehen.

Man konnte ihn hören, lange bevor er zu sehen war. Seine Schuhe hatten Absätze, liefen vorne, im Zehenbereich spitz zu und machten wunderschöne Geräusche. Ich schloss die Augen und hörte, wie das ‚Klack-Klack‘ immer näher kam und es kann sein, dass ich ein bisschen lächelte, als das Klackern direkt vor meinen Füßen verstummte. Ich öffnete die Augen und plötzlich stand ein Mensch vor mir. Ich kannte ihn nicht, aber er kannte mich, denn er kannte meinen Namen:
„Schmolle?“, fragte er.
„Yau!"
„Ach du scheiße.“
Zuerst wollte ich fragen, ob ich ihm irgendeinen Weg erklären soll, er wirkte so verloren; aber meine Intuition sagte mir, dass er den Weg bereits gefunden hat und nun, mit seinen astreinen Schuhen vor meinen wahnsinnig abgefetzten Schuhen stand, der Moment wäre perfekt gewesen, wenn jemand 'Sie haben ihr Ziel erreicht' gesagt hätte,
„Bist du in den letzten acht Jahren überhaupt mal von diesem Fleck aufgestanden?“, fragte er.
„Manchmal. Woher wissen Sie eigentlich wie ich heiße? Sind Sie Professor?“
Er guckte mich einige Sekunden lang an. „Du erinnerst dich nicht mehr?“
„Ich versuche es, aber ich weiß nicht, woran ich mich erinnern soll.“
„Niemand? Kennst du nicht mehr Herr Niemand?“
Ich fand den Namen lustig und sagte: „Zahlreiche psychologische Hypothesen untermauern die Annahme, dass Vergesslichkeit ein Indikator für ein gesundes Gehirn ist. Vielleicht habe ich Sie vergessen, weil mein Unterbewusstsein der Meinung ist, Sie seien unnötiger Ballast.“
Wieder guckte er mich an und überlegte, bevor er redete. „Ist das die neue Art, um sich vor Schulden zu drücken? Schmolle, ich formuliere es mal extra für dein Unterbewusstsein: Du...“
Ich nickte.
„...hast...“
Ich nickte
„...Schulden.“
Er schüttelte den Kopf, das brachte mich durcheinander, denn ich habe ihm keine Frage gestellt, also nickte ich.
„Eine halbe Million Euro.“, sagte er. „Das sind in Zahlen: 500.000€.“
Mein Unterbewusstsein kitzelte. „Herr Niemand! NATÜRLICH kenne ich Sie! Wie könnte ich Sie vergessen, Sie haben mir damals das Leben gerettet, vor ein Paar Jahren, als Sie sehr viel Geld hatten!“
Ich wollte ihn mit einer Mülltonne bewerfen.
 

Vagant

Mitglied
Yep, etwas eigen ist es allemal und schräg und sonstnochallerhand.
Mach doch das Kapitel bitte komplett, dass man erahnen kann, worauf es hinaus läuft. Oder poste ein Exposé, 'nen Klappentext, oder wenigsten einen Satz zum Plot und zur Figur. Vielleicht kann man dann was sagen. So wie's da steht, so kurz und so völlig ohne Bezug, entzieht es sich einer kritischen Betrachtung.
Vagant.
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
So schräg finde ich das gar nicht.
Es ist ja nicht jeder nicht epigonenhafte Stil schräg.
Mir gefällt's, jedoch, Vagant hat recht, ein wenig mehr Text um den Inhalt etwas besser fassen zu können wäre dienlich.

L.G
Patrick
 



 
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