Verschreckt

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Jongleur

Mitglied
Version II --- ???

Und wenn ich es - stutzig machend, Deutung erleichternd - verändere:
 
 

Verschreckt


Unter Amselgezeter, scharf
keckernden Elstern liegt
auf dem Garagendach, reglos,
die Katze, den Kopf geduckt,
springt - fliegt
der Zaunkönig unruhig
im Schutz dichter Hecke
davon. Ich singe nicht mehr
bis zum Abend.
 

Venus

Mitglied
Das gefällt!
Nicht nur, weil ich einen habe.
Nicht den Vogel.
Nein, so einen regungslos Geduckten, zierlich kleinen, winzigen Maine Coon Kater. 11 kg.

Kurze Episode:
G und W sind im Garten und sehen Katzi lauern. Unter einem Mäuerchen (ca. 60 cm hoch). Etwa 3 m entfernt im Hang zupft die Amsel aufgeregt dem armen Würmchen das Licht aus.

W: „...die kriegt der nie – „
G: „oh oh – „
K: „ – springt, fliegt - !“
A: flog auch – ca. 30 cm (wenn Federn fliegen, macht das kein Geräusch)
W und G: rennen wie verrückt durch den Garten und retten A
K: schaut dumm
A: (und jetzt kommts!!) Zetert wie verrückt! Und zwar ad hoc! Und dermaßen und wie! Noch während dem Wegfliegen!

Fazit:
War es Glück, dass es in deiner Geschichte, um den, der Vielweiberei bekannten, Zaunkönig ging? Wäre es nicht so, dass gerade der Zaunkönig, auffällig durch seinen laut schmetternden Gesang, im Leben nicht so lange gewartet hätte, bis er losmotzt?

Oder hat die Leserin den Sinn einfach nicht kapiert? Welch tolle Sache, dass sie sich dennoch so ausführlich mit dem Gedicht beschäftig hat?

...fragt Gabi
(und ist schon ganz schwindelig vor lauter Kopfschütteln, ob der Anm. des Autors: „Deutung erleichternd...“)
 

Jongleur

Mitglied
Katzen, Vögel, Menschen

Hallo Gabi,
hängt es irgendwie mit Deinem liebesfreudigen Nick zusammen, dass Dir die Liebesfreude des männlichen Zaunkönigs bekannt ist? :D

Ich weiß nur aus früheren verblüfften Beobachtungen - und dann noch zur Bestätigung nachgelesen -, dass der Zaunkönig mehrere Nester bewohnt, für die Jungen "Spielnester" hat ... Soso, Spielfrauen hat er auch?!

Danke für die Schilderung der Katze-Amsel-Mensch-Begebenheit! Stimmt, die Amsel ist ein Sänger - und Schimpfer. Man denke nur mal an die Dämmerungszeit kurz vor totaler Dunkelheit und vor dem Vogelschlaf, da heben die Amseln noch ein paar Minuten zum "Großen Abendschimpf" an, ehe es ruhig wird. Keine Ahnung, wen sie beschimpfen. Ob es vorsorgliche Drohgebärde ist: Wehe, jemand wollte mich stören oder mir des Nachts zu nahe kommen! Dem hacke ich die Augen aus! Schimpfschimpfschimpf! - Oder was sie wohl zetern?

Was ein "Losmotzen" des Zaunkönigs angeht - mmh, meine Beobachtung reicht nur soweit, dass er schnell das Feld räumt, weghuscht, schweigend. Kennst Du Warnrufe des Zaunkönigs?

Dein Kopfschütteln ... Meinst Du also, der Überraschungseffekt durch das eingeführte Lyrische Ich sei überflüssig, weil jeder die kleine Tierbegebenheit sowieso als Metapher auf Menschebene überträgt?
Ist es nicht trotzdem durch die überraschende Wendung eine weitere Spannung im Gedicht?
Bin mir selbst noch nicht klar darüber.

Grüße vom Jongleur
 

Venus

Mitglied
Lieber König :D,
du warst einer der ersten, hier in der grünen Insel, die mich auf furchtbar kompetente Weise empfangen haben. Ein Leser und Helfer, wie ich sie mir immer gewünscht hab’ (und bittschön: immer noch tu!). Deshalb will die Begegnung mit deinen Texten für mich (nebst Hirn) immer eine Anforderung bleiben.
Was soll ich sagen, auf deine erste Frage? Venus war ja nicht nicht ausschließlich in bekannter Ebene ein wissentlich Weib, nein!, wenn man so will, war sie auch ein schlaues Luder... und das lass ich nu mal so stehen :D

Ja! Herrgott! Ich kenn es (und wie!), das Amselgeschimpf zur schönsten friedlichen (abendlichendlichheimkomm-)Zeit! Und ehrlich, es tät mich auch interessieren, über wen sie sich da hermachen (Katzi ist es oft genug nicht – ich schwöre!).

hm.. neiiin (ein zögerliches), ich glaube, die Warnrufe des Zaunkönigs sind mir wohl nicht bewusst bekannt. Ich kenn sein Rufen. Bei Gott!, es ist allerhand! Ob er denn dann warnt oder einfach „schmettert“ ist mir wissentlich verwehrt.

Und nun, lieber Jongleurkönig hast du mich ordentlich am Schlawittel.
Ich gestehe, aufrecht und egal ob der Schande über Venus! Ich habe die Schleife nicht erkannt.
Ehrlich.
Die „Venus“ in Gabi ist miserabler als du dir denken magst.

Ich täts mir wünschen mögen. Dass jemand so dermaßen beeindruckt ist, von mir (VenusKatzGabi), dass er erst mal bis abends schweigt. Sich zurückzieht (und egal was denkt). Möglich, dann gebündelt wieder...
Jetzt, mit deiner wundersamen Erklärung, stell ich mir einfach mal vor, wie toll es sein mag, Frau (Katz) zu sein. Es ehrt dich, dein Genre und erst recht dein Gedicht, wenn ich’s neu (belehrt) überdenke –

Ich wünsche dir, für dieses wunderbare Werk, verflixt viel Frauenkatzklicks, die’s nachempfunden bestätigen können, ohne dermaßen bescheuerte Anmerkungen zu schreiben.
Ich bin eine EselVenus, echt!

Bitte, nimm deine zweite Version!
Sie ist traumhaft!

Von Herzen herzlich,
Gabi
 

Vera-Lena

Mitglied
2. Fassung

Lieber Jongleur,

ich bevorzuge auch die zweite Fassung. Ich lebe hier sehr intensiv mit den Vögeln in unsren Bäumen und Hecken. Schimpfen tut die Amsel aber nur, und das ganztägig bis hin zu meiner Nervenzerrüttung, wenn ihr ein Leid geschehen ist. Abends stimmt sie einen Lobgesang an, der wirklich ein Balsam für die Seele ist.
Wenn ich miterleben muss, wie die Elstern wieder einmal ein Nest mit Jungvögeln bei aller mutigen Gegenwehr der Eltern plündern konnten, bin ich auch den ganzen Tag traurig, obgleich das eigentlich unsinnig ist, denn die Tierwelt funktioniert nun einmal so. Trotzdem kann ich da nichtüber meinen Schatten springen, vermenschliche leider die Situation und singe an diesem Tage auch kein Lied mehr.

Liebe Grüße von Vera-Lena
 
S

Stoffel

Gast
Hallo,

so unterschiedlich die Geschmäcker.
Meine Gedanken dazu mitten drin.:)
(meine Tochter meinte, es heisst "Gezether"?)

Ok, es ist eine kleine Szene...
nett..aber für mich nicht sonderlich herausragend.

lG
Susanne

Verschreckt

Unter Amselgezether,
scharf keckernder Elstern
liegt auf dem Garagendach, reglos,
die Katze, den Kopf geduckt,
springt -
fliegt
der Zaunkönig unruhig
im Schutze dichter Hecke davon.
Ich singe nicht mehr
bis zum Abend.
 
K

Klopfstock

Gast
Liebe Stoffel,
"unter Amselgezether,
scharf keckernder Elstern" - ist, denke ich, nicht richtig, denn das würde bedeuten, daß dieses Amselgezether von der scharf keckernden Elstern stammt und das kann nicht sein;) - man ist entweder Amsel oder Elster....

Liebe Grüße
Klopfstock :)
 
K

Klopfstock

Gast
Nee, laut Wahrig-Wörterbuch ohne "h" - habe gerade
nachgeschaut;)

LG Irene
 

Jongleur

Mitglied
zeter - ein Wehruf

hmm, habs nachgeschlagen, dass hier keine Zeter und Mordio schreie ... zeter ist ursprünglich ein Weh-Ruf gewesen, der Nachbarn, Gefährten eines Gefährdeten zur sofortigen Hilfe verpflichtete.

Venus, nun aber! Keine verkannte Schleife. Jeder liest und versteht es auf seine Art. Je nach eigener Stimmung höre ich oft auch ganz unterschiedliche Töne, Zwischentöne und Bedeutungen aus einem Gedicht.
Und ... erotisch und vielbeweibt, das kam durch Dich neu herein, ;) davon wusste doch der Zaunkönig meines Gedichtes nichts. Nur von Gefahr - wussten sie alle.

Vera-Lena, oh, diese Beobachtungen habe ich auch voller Zorn und Trauer so oft gemacht. Wie die klugen Elstern Nester ausspähen, dann ausräubern, egal was die Singvogeleltern alles anstellen an Kampfgeschrei, Ablenkflügen. Wie oft bin ich händeklatschend raus in den Garten. Trockener Kommentar der Kinder: Und was, glaubst Du, machen *die* (die Elstern und Eichelhäher) von Montag bis Freitag, wenn Du arbeiten bist???
Mir ist dann auch immer traurig gewesen. Denn so ganz "natürlich" läuft das heute nicht mehr. Die Elstern haben immens überhand genommen, haben wohl keine natürlichen Feinde mehr und können sich auch in Städten, Stadtnähe, Autobahnrändern von dem, was Mensch übriglässt, gut ernähren.
Interessant, dass man doch seine Sympathien und Abneigungen unterschiedlich und unabhängig vom Schaden verteilt, den die "Übeltäter" anrichten. In diesem besagten Garten räuberten drei Tiere Eier und Jungtiere aus Nestern: Elstern, Eichelhäher und Eichhörnchen. Die Elster ist meine Hassliebe Nummer eins gewesen, weil so spitzschnabelig, forsch und mit ekliger Krätschstimme ausgestattet. Allein dieser Ruf durch die Buchen! Dann kam, absteigend, der besonders hübsche, aber ähnliche Kräääätschtöne produzierende Eichelhäher. Am liebsten und unschuldigsten ist mir das Eichhörnchen gewesen, ein irgendwie kindlich zu vermenschelndes Tier (Walt Disney??), das die Pfoten wie Hände benutzt, klettert und mit dem buschigen Schwanz lenkt.

Stoffel, freue mich, dass es Dich trotzdem zu dem Gedicht verschlagen hat. Die unterschiedlichen Sprachgeschmäcker hatten wir ja schon mal festgestellt. ;)
Meine Einstiegszeilen - Danke, Klopfstock, für Deine Erklärungen :) - beziehen sich beide auf das "unter", also unter Amselgezeter und unter keckernden Elstern liegt die Katze auf der Lauer. Verkürzt: unter Amselgezeter, [unter] scharf keckernden Elstern ...
Den Umbruch nach dem "liegt" vorzunehmen - ist dann wohl eine solche Frage des persönlichen Stils. So ist jedenfalls alles ganz schnell deutlich. allerdings lässt sich jetzt das "springt" nicht mehr auf Katze *und* Vogel beziehen. Also in meinen Auge eher ein sprachlicher Verlust.
Und "Schutze - geht natürlich, ist mir aber in dieser schwerfälligeren, ausformulierten Form zu unbeweglich für den huschenden, auffliegenden kleinen Zaunkönig.

Ach, noch eine kleine Überlegung zum "Gezether". Meine Großmutter erzählte mir als Kind manchesmal, dass sie sich nicht nur im Lauf ihres Lebens von deutscher Schrift auf lateinische hat umstellen müssen, sondern auch eine Rechtschreibreform miterlebte. Sie schrieb mir etliche Beispiele auf, auch für th-Wörter, die dann ihr 'h' verloren. Thor und Thür und Rat und That. Als Kind empfand ich die alten großmütterlichen Worte als mächtigere Gebilde. Gezether - ist zwar nicht schreibkorrekt, kommt mir aber lauter, zänkischer, mächtiger vor
Danke Euch für Eure Kommentare!
Grüße vom Jongleur
 

Jongleur

Mitglied
nachgekleckert

Stoffel, ich muss noch mal hinterhergekleckert kommen.
Ok, es ist eine kleine Szene... nett..aber für mich nicht sonderlich herausragend.

Ja.
Stimmt. Kleine Szene. Nett (?). Nicht herausragend.

In den letzten Jahren haben mich auch von den "gestandenen", auf Papier gedruckten und zu erwerbenden Gedichtautoren vor allem die interessiert, die nicht nur die großen philosophischen (immer wieder kehrenden) Gedanken manifestierenden oder die "großen", bewegenden Gefühle und Themen, sondern die alltägliches Leben, kleine Sequenzen, Begebenheiten, Gefühle festhalten und durch die Kunst ihrer Wortwahl, Sprachmelodie, ihres Rhythmus, vielleicht sogar Reim (fällt mir gerade Peter Maiwald ein) in Gedichtform festhalten.

J.
 

Vera-Lena

Mitglied
Aussage

Lieber Jongleur,

ich habe jetzt die 2. Fassung bewertet, denn der Zaunkönig ist kurz von Gedächtnis, wenn ihm nicht wirklich etwas Schlimmes passiert ist. Es ist schon günstiger, den Menschen mit ins Spiel zu bringen, weil durch seine beobachtende Position ja erst die Aussage, die dieser kleine Text macht, richtig deutlich wird.

Ich stimme mit Dir darin überein, das es sich lohnt, auch das winzigste Erlebnis zu verdichten, wenn es denn ein Erlebnis ist. Die meisten Menschen beachten solche kleinen Szenen eben nicht und dadurch haben diese kleinen Dinge für sie auch keinen Erlebnisinhalt.

Liebe grüße von Vera-Lena
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ein Haiku in Perfektion...ja, ich weiß...und doch ist es ein Haiku.

Mein Kompliment

Alles Liebe Otto
 



 
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