Verstand gegen Herz

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ebbajones

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Verstand gegen Herz

Sie ist tot, seit drei Jahren versucht nun schon mein Verstand mein Herz von dieser Tatsache zu überzeugen. Doch dieser verdammte Muskel in meiner Brust will die Wahrheit nicht akzeptieren, pocht in seinem ganz eigenen Rhythmus.
Ich kann meinem Verstand keinen Vorwurf machen, schließlich tut er sein Bestes,
auch unter promilleerschwerten Bedingungen.
Bei den Augen hat er es inzwischen geschafft, sie suchen nicht mehr ständig in jeder Menschenmenge nach ihrer Gestalt. Der Gehörsinn ist etwas störrischer,
vermeint immer noch manchmal den Klang ihrer Stimme zu vernehmen.
Ab und zu höre ich auf meinen Verstand, versuche ihn zu unterstützen.
So habe ich es auch endlich geschafft die Bettwäsche auf ihrem Bett zu wechseln.
Das macht es leichter für den Geruchssinn, hat mir mein Verstand erklärt.
Zugegebenerweise war es nicht ganz so schwer, denn ich meide seit jenem Tag unser Schlafzimmer, warum weiß nicht einmal mein ach so vernünftiger Verstand.
Meistens lege ich mich am Abend einfach im Wohnzimmer auf den Boden,
schlafen kann ich sowieso nur noch selten.
Eine Tatsache, die ich meinem Verstand anlaste, doch er redet sich ständig raus,
fühlt sich überlastet, versucht doch nur alles wieder „ins Gleichgewicht“ zu bringen.
„Lächerlich, nichts wird je wieder in einem Gleichgewicht sein!“!
pocht sofort mein widerspenstiges Herz.
Es sich aus Protest eingesponnen, in einen Kokon aus Erinnerungen.
Manchmal zwingt es mich mit der Kraft seiner Macht in diesen geächteten Raum,
der dem Tod seine Tür geöffnet hat und jetzt ein verwaistes Dasein führt.
Vor dem Bett stehen noch immer ihre Hausschuhe.
Mein Verstand beginnt schon mich zu verspotten, weil ich es nicht schaffe sie zu entsorgen.
Ihre Bedeutung für mich begreift nur mein Herz.
Es hat einfach mehr Gefühl als mein Verstand.
Wenn mein Verstand sagt:“ Bedank dich für die Anteilnahme!“, dann schreit mein Herz:
“ Leeres Gewäsch, keine Zeit der Welt heilt diesen Schmerz!“
Behauptet mein Verstand: “ Du bist noch jung, es wird wieder jemanden in deinem Leben geben!“, flüstert mein uneinsichtiges Herz nur: „N I E M A L S“
Ich bin geneigt in dieser Angelegenheit eher meinem Herzen zu glauben,
schließlich hat es über all diese Jahre nur für diese eine geschlagen.
Sie ist tot, mein Verstand hat es begriffen, aber mein Herz kann es nicht akzeptieren.
Direkt nach ihrem Tod hat es sich eingehüllt in einen Mantel aus Hass.
Hass auf den lautlosen, unsichtbaren Gegner, der sie innerlich zerfressen hat.
Hass auf die medizinische Grenzsetzung und ihre Knechte.
Hass auf einfach alles was atmen und weiterleben durfte.
Und letztendlich den größten Hass auf mich, weil ich sie nicht gerettet habe.
„Du hast alles versucht!“, sagt mein Verstand.
„Vielleicht, aber wenn…?“, meldet sich dann mein zerrissenes Herz.
Ich habe mit dem Gedanken gespielt es endgültig zum Schweigen zu bringen,
doch das würde s i e mir nie verzeihen.
Ich kann sie nicht mehr sehen, riechen oder ihre Stimme hören.
Aber dieser verdammte, uneinsichtig klopfende Muskel in meiner Brust
kann sie immer noch spüren.
 

SanneZwei

Mitglied
Hallo ebbajones,

deine Geschichte hat mich berührt, aber wenn es eine Erzählung sein soll, musst du sie noch mit Substanz versehen. Sie ist zu kurz dafür. Zum Beispiel mit Erinnerungen an die alten Zeiten, die du immer wieder in die Geschichte einwebst (die Stelle mit dem Bettlaken eignet sich beispielsweise dafür).

Die Worte "Herz" und "Verstand" würde ich hin- und wieder durch einen anderen Ausdruck mit der gleichen Bedeutung ersetzen, damit es sich weniger oft wiederholt. Das kann Lebendigkeit hineinbringen.

Liebe Grüße
Susanne
 



 
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