Versuch

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Concorde

Mitglied
VERSUCH

Beschwingt und mit leicht geröteten Wangen verließ sie den Laden. Beide Hände voller Tüten, deren Inhalt für den Abend bestimmt war, ein kleines Geschenk, nett Verpackt, eine Flasche guten Wein, Kerzen, eben alles, was dazu gehört. Ja, es würde klappen, sie würden ihre Probleme lösen, die sie nun schon so lange vor sich her schoben. Dies wird Zeit brauchen, aber, wenn sie erst einmal anfangen zu sprechen . . . . Den Mut muß man haben, den Mut, es anzugehen, anstatt zu flüchten.
Was sind das auch für Ideale, denen sie da hinterherläuft, nein, nein, es geht ihr doch gut. Sie weiß, was sie hat. Man muß die Probleme nur wahrhaben wollen und dann darüber sprechen, um sie zu lösen.
Es sollte ein Anfang gemacht werden, nicht die Augen verschließen, sondern sich stellen. Man muß etwas für die bestehende Beziehung tun, anstatt sich in eine neue zu stürzen oder allein zu bleiben.
Sie stellte den Wagen in die Garage, noch 1 1/2 Stunden hatte sie Zeit, die Wohnung aufzuräumen und alles ein bischen nett zu machen. Wie sie sich doch fühlte, was so ein Entschluß doch ausmachte . . .
Es war lange alles vorbereitet, als er kam. "N´abend, wie gehts? Was´n los, was besonderes?"
Mit einem freundlichen Lächeln antwortete sie: "Ich dachte wir machen uns einen netten Abend, um dabei über alles zu sprechen."
"Über was willst du sprechen?"
"Ich . . . ja, ich weiß nicht, - eigentlich über alles, was bei uns nicht in Ordnung ist."
"Wieso sprechen, was ist denn nicht in Ordnung. Es stimmt doch alles, oder ist etwas passiert?"
Lächelnd nahm sie das Weinglas in die Hand, ging mit den Fingerspitzen zärtlich die Konturen nach und verließ langsam den Raum.
 

itsme

Mitglied
......

Hallo Concord

Sprachlosigkeit ist ein häufiges Problem alternder Beziehungen. Ihre sorgfältigen Vorbereitungen für ein ernsthaftes Gespräch am Abend stehen für einen Entschluss: So kann es nicht weiter gehen. Ich will reden. Ich will für die Beziehung kämpfen.

Darauf eingestimmt, kam für mich der Schluss der Geschichte zu abrupt, zu knapp und und wie beschrieben nicht glaubhaft. Sie musste ihren Partner kennen, also mit Verständnislosigkeit rechnen. Mit einem undefinierbaren Lächeln den Raum zu verlassen reicht nicht. Einige Sätze mehr würden der Geschichte gut tun. Lass sie nicht zu schnell resignieren. Du kannst zum Schluss immer noch offen lassen, ob ihrem Aufbegehren Handeln folgt, welcher Art auch immer oder ob sie sich schickt und in den Alltagstrott zurückfällt.


Grüßlinge
itsme
 

Gabriella

Mitglied
Hallo Itsme..

also ich muß ehrlich gestehn, das mir die Gesichte sehr gut gefällt. Nicht nur der Inhalt als solches, nicht nur die Ausdrucksweise sondern vor allem und in erster Linie die Aussage. Und wenn ich mal ganz offen sein darf, so hat Concorde nicht mit einem Wort erwähnt, wie lange diese Beziehung zwischen den beiden schon Bestand hat. Übrigens ist der Begriff *den anderen kennen* etwas, das man selbst nach 20 Ehejahren noch nicht richtig zu definieren weiss!

Diese Geschichte endet für mich keinesfalls abrupt, sondern es hinterläßt die Möglichekit sich in alle Richtungen Gedanken darüber machen zu können. Und das finde ich besonders gut, obwohl unterschwellig eine Antwort gegeben wurde, den man aber nicht als Fixpunkt annehmen muß.

Eine für mich wirkich sehr schöne Geschichte, die einen hohen Anteil an weiblicher Logik enthält, Und dies von einem Mann geschrieben, da kann ich nur sagen: "Hochachtung!"

grüßle Gaby
 

itsme

Mitglied
......

Hallo Gabriella

Und wenn ich mal ganz offen sein darf, so hat Concorde nicht mit einem Wort erwähnt, wie lange diese Beziehung zwischen den beiden schon Bestand hat.
Richtig, immer schön ehrlich bleiben ;-).

Zitat Concord:
Ja, es würde klappen, sie würden ihre Probleme lösen, die sie nun schon so lange vor sich her schoben.
Das können Monate aber auch Jahre sein. In ihrem Empfinden ist es ein langer Zeitraum. Dieses "so" deutet darauf hin.

Männer sind vom Mars, Frauen von der Venus, sagt man. Er verhält sich in der Geschichte durchaus typisch. Eher praktisch veranlagt und unsicher im Umgang mit Gefühlen, verdrängt bzw. flüchtet er. Als Hobby Psychologe hätte ich der Frau geraten ihn auf das Gespräch vorzubereiten. Sie hingegen reagiert "unnormal". Ihr liegen die Probleme "schon so lange" im Magen. Sie fasst sich ein Herz und einen Abend ins Auge, an dem endlich geredet werden soll. Sie bereitet den Abend sorgfältig vor ... bis zu diesem Punkt verhält auch sie sich typisch. Aber dann, statt weiter typisch zu reagieren, nämlich emotional (weinen, schreien, Vorhaltungen machen, wütend raus rennen), verlässt sie ruhig lächelnd den Raum. Nein, dieser Schluss, sieh mir das mit meiner männlichen Logik nach, irritiert mich. So wie sie sich in der Handlung bis zu den Schlussätzen verhält und wie sie denkt, nehme ich ihr dieses Verhalten nicht ab - auch nicht begründet mit der berühmten weiblichen Logik.

Aber alles das ist MEINE Meinung, mehr nicht.


Grüßlinge
itsme
 

Gabriella

Mitglied
Hallo Itsme..

nun eine Meinung soll auch deine Meinung
bleiben.

Aber bitte schön, du stellst Frauen als
hysterisch, fast schon cholerisch dar!
Nun, ich kenne deine persönliche Vergangenheit
nicht, ich möchte es auch gar nicht, aber *alle*
Frauen über einen Kamm zu scheren ist mir einfach zu
phlegmatisch! Und Hobbypsychologie anzuwenden, um etwas
zu unterstreichen,ist absolut fehl am Platze, weil es um
primäre Tatsachen geht, wenn man von den Grundeigenschaften über Mann und Frau spricht.

Wenn du das Bild zwischen den Zeilen erkannt hättest,
das Concorde da zum Ausdruck bringt, wäre dir aufgefallen, das sie zwar lächelte, starke Frauen tun das nunmal, dennoch
spürte man ihren Schmerz, und sie stellte ihn dar, in dem sie zärtlich über das Glas streichelt, mit an Sicherheit grenzender Wehmut im Herzen!

Aber was hier besonders zum Ausdruck kommt, ist doch viel mehr, wie unterschiedlich man doch diese Geschichte lesen kann, somit ist also bestätigt, was ich eingangs schon schrieb.Und genau das ist doch der Punkt, den eine gute
Geschichte ausmachen sollte,denk ich!

grüße gaby
 

itsme

Mitglied
.....

Hallo Gabriella

Aber bitte schön, du stellst Frauen als
hysterisch, fast schon cholerisch dar!
Nun, ich kenne deine persönliche Vergangenheit
nicht, ich möchte es auch gar nicht, aber *alle*
Frauen über einen Kamm zu scheren ist mir einfach zu
phlegmatisch! Und Hobbypsychologie anzuwenden, um etwas
zu unterstreichen,ist absolut fehl am Platze, weil es um
primäre Tatsachen geht, wenn man von den Grundeigenschaften über Mann und Frau spricht.
Hoppla ... schon in meinem ersten Kommentar auf dich habe ich gelinde darum gebeten, mich aufmerksamer zu lesen. Ich habe Textkritik betrieben und nur zur Handlungsweise der Protagonistin etwas gesagt, die mir nicht schlüssig erscheint. Wie du daraus mein persönliches Frauenbild ableitest ist mir schleierhaft. Wenn ich "unnormal" in Anführungszeichen stelle, sollte ausreichend deutlich sein, dass ich damit eine gängige Meinung oder ein Klischee bediene. Ich habe es mir längst zur Gewohnheit gemacht betrachtend und fragend, nicht aber mutmaßend und urteilend durch die Welt zu laufen.

Persönliches gehört nicht in dieses Forum. Wir sollten es bei Kritik und Textarbeit belassen.

Grüßlinge
itsme
 

Gabriella

Mitglied
Hallo Itsme..

du sprichst ein paar sehr wahre Wort,
gelassen aus!

Und es freut mich das du bemerkt hast,
in welche Rubrik du gerutscht bist,
mit deinen Außerungen!

*lächel*

grüße Gaby
 

herb

Mitglied
hallo itsme, hallo gaby,

worüber streitet ihr eigentlich, wahrscheinlich bin ich zu dumm, um das zu verstehen. und der autor sagt garnix, lach.
ich finde, es ist eine gute geschichte. kurze prägnante sätze. die stimmung genau eingefangen. und gerade, weil sie so gut ist, was ihr beide ja scheinbar auch so seht, könnte sie viel, viel länger sein, wenn die qualität erhalten bliebe. aber letztendlich entscheidet das der autor.
 

Conny

Mitglied
Ich finde die Situation gut beschrieben: Die Frau, die sich danach sehnt, zu verstehen, etwas zu ändern und den ersten Schritt wagt. Dann der Mann, der gar nichts ahnt, der nicht mal im Verborgenen fühlt, das etwas nicht stimmt. Ganz sicher hätte man in dieser Geschichte auch einen Rollentausch vornehmen können: Mann möchte reden, Frau sieht keinen Grund dazu. Es ist keine Geschichte, die sagen möchte: so sind Männer, und so sind Frauen. Das nehme ich zumindest an.

Klare Sprache gewählt, nichts Überflüssiges oder Überzogenes. In einer Sache möchte ich mich Itsme anschließen: man kann diese Geschichte, die Charaktere noch feiner ausbauen. Die Geschichte weiterlaufen lassen.

Liebe Grüße

Conny
 

Concorde

Mitglied
Hallo,

herb:
ich habe mich bisher bewußt nicht polarisierend in diese recht spannende Diskussion eingebracht.

Itsme, herb, Conny:
Aber warum sollte die ´Kurz´geschichte viel, viel länger sein ??? Ich schreibe doch keine "schönen" Geschichten zur Unterhaltung sondern möchte Denkanstöße geben ( und natürlich die Welt verändern ;-) ).

Danke euch allen, dass ihr euch die Zeit dafür genommen habt ...... Kuno (Concorde)
 

Conny

Mitglied
Geschichten sollten auch immer der Unterhaltung dienen, sonst solltest du vielleicht lieber Philosoph werden :)?
 

Concorde

Mitglied
Conny:

das ist wohl wahr, aber hatte ich es nicht eingegrenzt durch ein "schönes" Wort???
Jeder Text hat auch sicher einen Unterhaltungswert, dieser ist nur jeweils abhängig von der Sichtweise des Lesers.

Gruß Kuno
 

GabiSils

Mitglied
Hallo,

mir scheint die Geschichte logisch und stimmig; ich würde sie auch nicht ausführlicher machen. Die Interpretationen vorweg zu nehmen scheint mir nicht gut, siehe die vorangegangene Diskussion.
Im Text ist mir eine Stelle unklar: "Sie weiß, was sie hat."
Was weiß sie? Welche Probleme sie hat oder was sie an ihm, an der Beziehung hat? Hier könnte ein Schlüssel zum Verständnis des Folgenden liegen.

@itsme: Sprachlosigkeit so, wie sie hier beschrieben wird, ist nicht ausschließlich ein Problem alternder Beziehungen. Vermutlich hatten die beiden von Anfang an gegenseitig keinen Zugang zur Gefühlswelt des anderen; die scheinbar erst später auftretende Sprachlosigkeit besteht in Wahrheit schon immer. Solange die Beziehung frisch ist, wird viel geredet, erzählt, berichtet, die wichtigen Dinge bleiben aber außen vor. Man kennt vielleicht die vordergründigen Themen und orientiert sich sicherlich, gerade bei jungen Leuten, auch an dem, was üblich ist. Den eigenen inneren Lebensentwurf, die wirklich grundlegenden Wertvorstellungen kennt man oft nicht einmal von sich selbst, erst recht nicht vom Partner. Dann entwickelt sich einer der beiden vielleicht weiter, erkennt, was ihm eigentlich wichtig ist, und soll nun "aus heiterem Himmel" den anderen damit konfrontieren - klar, daß da erst einmal blanke Verständnislosigkeit ist. "Sie" begeht hier dann den typischen Fehler, zu erwarten, ihr Mann müsse doch wissen, was in ihr vorgeht; sie sieht ein Beziehungsproblem, wo eigentlich sie selbst ein Problem hat, und nimmt seine Reaktion innerlich vorweg. Deshalb versucht sie es auch nicht weiter, sondern verläßt - resigniert, wehmütig - lächelnd den Raum; sie hat es ja gewußt...

Gruß,
Gabi
 

Concorde

Mitglied
Einer der Schlüssel des "Nichtverstandenwerdens" ist praktiziertes Harmoniebedürfnis. Wie soll der Partner auch wissen, wie es im eigenen Innern tatsächlich aussieht wenn nach außen eine heile Welt gelebt wird?

@GabiSils
"Sie" begeht hier dann den typischen Fehler, zu erwarten, ihr Mann müsse doch wissen, was in ihr vorgeht

du hast es hier nochmal auf den Punkt gebracht. Häufigste Antworten sind doch immer wieder, der muß das doch gemerkt haben, der muß doch gesehen haben was mit mir los ist etc.
Nein, hat er und konnte er auch nicht. Sie fühlt sich dann nicht verstanden und ist enttäuscht bis gekränkt, er emotional überfordert und hilflos. Wie soll er auch all das Aufgestaute innerhalb von Minuten nachvollziehen können? Natürlich kann er dieses nicht und für sie untermauert es ihre Wahrnehmung: Wir haben ein Problem.
Wie Conny (s.o.) schon treffend angemerkt hat, ist dieses Verhalten nicht an das Geschlecht gebunden sondern die Rollen sind austauschbar.
 

itsme

Mitglied
.......

Concorde ...

Wie Conny (s.o.) schon treffend angemerkt hat, ist dieses Verhalten nicht an das Geschlecht gebunden sondern die Rollen sind austauschbar.
Das ist so absolut ausgedrückt nicht richtig. Über das Thema Rollenverhalten ist viel geforscht und geschrieben worden. Ganz eindeutig gehen Frauen gerade mit Beziehungs Problemen "typischerweise" anders um als Männer.

@Gabi

Es ist nicht NUR ein Problem alternder Beziehungen, aber in diesen tritt es häufig auf. Ansonsten stimme ich dir völlig zu. Concordes Satz: "Ja, es würde klappen, sie würden ihre Probleme lösen, die sie nun schon so lange vor sich her schoben.", hat mich annehmen lassen, auch ihm seien die Probleme bekannt. Er drücke sich nur davor gemeinsam eine Lösung zu suchen.

Grüßlinge
itsme
 

Concorde

Mitglied
@Itsme
diese Aussage bezog sich nicht auf ein geschlechtsspezifisches Rollenverhalten innerhalb einer Beziehung. Hat also wenig mit dem sich als "Mann" oder "Frau" fühlen zu tun. Es geht hier um die Wahrnehmung des Anderen sowie dem Irrglauben, dass der andere doch die eigenen Empfindungen, Wünsche, Stimmungen etc. sehen und erkennen muß. Diesem Irrtum unterliegen sowohl "Mann" wie auch "Frau" gleichermaßen.

"Ja, es würde klappen, sie würden ihre Probleme lösen, die sie nun schon so lange vor sich her schoben."

Im Kontext zeigt dieser Satz nur, wie innerlich zerrissen "sie" doch ist. Dies ist eher der Ausdruck von verbliebener Hoffnung, der Suche nach Argumenten, die Beziehung noch nicht aufzugeben. Wäre dem nicht so, wozu denn dann noch der Versuch?
 



 
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