Verwandte

Inge Anna

Mitglied
Wenn Tante Hedwig zu uns kam,
sich jeder vorbildlich benahm.
Beim letzten Umzug fanden wir
ihr Tagebuch hinterm Klavier:
Sein Inhalt sorgte für Tamtam.

Nichts schreckte Tante Edeltrud;
so lief sie voller Übermut
vier Stunden barfuß durch den Schnee,
sprang jauchzend in den Bodensee:
Bei Lindau sie im Grabe ruht.

Ein As war Tante Hildegard,
nach sechs Glas Wein kam sie in Fahrt;
sie setzte schrillen Wortwitz ein,
der nur ganz selten stubenrein,
doch allerseits geduldet ward.

Unser Onkel Ferdinand
war nicht klug, doch arrogant;
seine Knoblauchpillen
lähmten jeden Willen:
Ein Freudentag, als er verschwand.

Ein Onkel aus dem Odenwald
war in sein Spiegelbild verknallt;
er sah im Spiegelglas,
dass Schönheit er besaß:
Im Haus zog es durch jeden Spalt.

In Rosenheim saß Onkel Max,
hatte ein Herz so weich wie Wachs,
las kitschige Romane,
kam sonntags mit 'ner Fahne
nach Haus' und fraß dort falschen Lachs.

Nichte Mathilde aus der Schweiz
blieb ledig, da sie ohne Reiz.
Sie summte fromme Lieder,
fand Hausarbeit zuwider:
Die Wohnung stank nach Frust und Geiz.

Als Klempner war er unentbehrlich,
flink und geschickt - leider nicht ehrlich;
doch zahlte man den Preis,
ob des Neffen Fleiß:
Sein Konto wuchs - sein Haar blieb spärlich.

In Freudenstadt gab's noch zwei Basen,
die ständig vorm Radio saßen.
Ludmilla hörte gern Händel,
Gerhilda roch nach Lavendel:
Unmengen Pralinen sie aßen.

Ich habe Onkel Benedikt,
dem einzigen, der richtig tickt,
mein Machwerk zugesandt;
der hat das Ding verbrannt
und mir die Asche zugeschickt.
 

wondering

Mitglied
wo ist der knall?

Hallo Inge,

dein Gedicht ist größten Teils witzig und gut gereimt...
haben wir alle, so'ne buckelige Verwandtschaft mit ihren Eigenarten, insofern leist man weiter und vergleicht.
Allein, die Spannung steigt so drei, vier Tanten lang und dann wartet man auf den Knaller, die Auflösung, den Schrecken oder sonst irgend etwas... jetzt kennt der Leser dein Verwandten... und dann? irgendwie verpuffen die Reime im Leeren...
Wie wär's, wenn du am Schluss dich selbst ins Spiel brächtest, oder ein bestimmtes Treffen, wo alles drunter und drüber geht? Auf jeden Fall die ersehnte Überraschung...
was, das weißt du besser!
Liebe Grüße
wondering
 

Herr Müller

Mitglied
Fast vollendet

Hallo inge, wondering hat recht. Da fehlt noch was, eine letzte Strophe. Sinngemäß:

nur einer lebt noch, Onkel Otto
den pflege ich, denn der spielt Lotto....

Natürlich nicht diesen Text und diesen Versaufbau.
Du hast da genug eigene Ideen sicherlich. :)
 
S

Sansibar

Gast
Hallo Inge-Anna,
ih kann mich meinen "Vorschreibern" nur anschließen. Es fehlt der "Knaller, die Pointe zum Schluß. Das Thema an sich ist ergiebig und jeder hat bestimmt einen Spinner oder Knallkopp in der Familie, oder wie in deinem Fall gleich alle. Die lassen sich genüßlich auseinandernehmen.
Überdenk es noch einmal
Gruß Sansibar aus Sansibar
 

Inge Anna

Mitglied
Hallöchen,

zunächst vielen Dank für die berechtigte Kritik. Ob ich in meinem letzten Vers den sogenannten "Knaller" gefunden habe, bleibt abzuwarten.
Liebe Grüße sendet euch Inge Anna
 



 
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