Vom Nutzen des Weibes

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gareth

Mitglied
Ein Trost- und Ermutigungsgedicht



Ein Mann beendet seine Pflicht
des abends spät. Er löscht das Licht,
geht rücksichtsvoll und leis wie immer
ins eheliche Ruhezimmer,
wo seine Frau seit alters her
stets Stunden früher liegt als er.

Still sucht er sich die rechte Lage,
derweil noch die und jene Frage
sich nicht verschieben lässt auf morgen
und ihn bedrängt in Form von Sorgen.

Und während er noch sinnend wacht,
bewegt sich seine Gattin sacht,
bis gänzlich außerhalb der Decken
ihr Rücken liegt und auch ihr Becken.

Nun, erstmals im Kalenderjahr,
nimmt sie der Mann als weiblich wahr,
und fühlt von ihres Rückens Bogen
sich unerwartet angezogen.

Besonders wirkt auf seine Lende
das breite Rund am Rückenende,
das dort im Dunkel sich erhebt
und manchmal weich und lockend bebt.

Da schwindet alles was beschwerlich,
des Mannes Denken wird begehrlich,
erkennbar wirkt das Lustgefühl
Es erigiert, was erektil

Dann nimmt das Schicksal seinen Lauf:
Es richtet auch die Frau sich auf
und unter ihrem strengen Blick
geht die Entfaltung rasch zurück.

Knapp wird und freundlich ihm erklärt,
was richtig sei und was verkehrt,
dass man im Grunde nicht dagegen,
nur müsst er’s früher überlegen

und nun gut Nacht und Gott befohlen,
die Nacht wär da, sich zu erholen,
man wolle nichts als seine Ruh –
sagt’s, dreht sich um und deckt sich zu.

Den Mann erinnert dies fatal
vom Ablauf her ans letzte Mal
und überdies an das davor.
Ernüchtert legt er sich aufs Ohr.

Doch bald hat sich sein Sinn gewandt,
er hat die Chance im Leid erkannt,
steht auf und federnd ist sein Schritt,
als er an seinen Schreibtisch tritt.

Und sieh: nach wenigen Minuten
ist alles auf dem Weg zum Guten.
Es denkt der Mann, die Gattin döst,
und schon ist sein Problem gelöst

Oh, dunkel ist des Schicksals Walten.
Was wir am Weib für lieblos halten,
ist nur sein Weg, durch stetes Streben,
des Mannes Sinn und Geist zu heben.
 

MarenS

Mitglied
Auch wenn ich es inhaltlich absolut nicht für meine Person als nachvollziehbar betrachte....es ist einfach köstlich!

Humorvoll-ironisch mit einem Schuß ordentlicher Boshaftigkeit, getarnt durch "hebend lobende" Worte über das Weib...Klasse!

Wehe dem Manne, dem dieses Weib "zur Seite steht" oder besser "liegt"!!!

Hmpf... eigentlich hatte ich ja erwartet, das es ein trivialeres Ende nähme...er geht zu sienem Schreibtisch, an den PC und ruft entweder Pornoseiten auf oder lässt sich in einem Chat helfen...
...aber nein, der Gute, stets Arbeitende, treu Sorgende, sich immer Mühende, er findet ob der Abweisung die Lösung seiner Probleme...sehr schön, dass lässt mich erneut sehr breit grinsen!

Ein rundum gelungenes Werk, da für mich auch der Ausdruck wie der Fluss nichts zu wünschen übrig lassen...danke...

schmunzelt Maren
 
I

IKT

Gast
Das ich Deinem Werk durchaus "Schmunzelpunkte" gebe heißt nicht, dass ich dem Inhalt zustimme! Du beschreibst da sicher einen totalen Ausnahmefall!!! :D
LG IKT
 
S

Sandra

Gast
Hallo Gareth,

der Schluss hat mich etwas enttäuscht. Alles Vorangegangene ließ mich für das Ende mehr erhoffen. Die Pointe ist sehr kurz und m.E. auch ein wenig flach, nach der schönen Einleitung und der längeren, auch sehr amüsanten Beschreibung. Für mich liest sich das Ende in der Art, dass sich der gute Mann an seinen Schreibtisch setzt und dort entweder anfängt zu arbeiten oder zu schreiben. Im Zuge dessen wird die Frau gelobt, ob ihrer Weitsicht, die dafür gesorgt hat, dass der Mann fleißig und strebsam bleibt. Vielleicht auch falsch interpretiert, doch in diesem Sinne ließ mich das Ende etwas "erwartungsschwanger" zurück.
Nichts desto Trotz, sehr schön gereimt - wie immer - darüber hinaus flüssig zu lesen.
LG
Sandra
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber gareth,

überzeugend ist Dein Text durch die Worte "seit alters her",
denn bei einem jüngeren Liebespaar wäre die Angelegenheit anders ausgegangen.

Sehr amüsant finde ich die Beschreibung der entsprechenden Werkzeuge, auch die Erwähnung der vorangegangenen Male.

Wenn sich die Geschichte schon öfter so zugetragen hat, ist der Schluss einleuchtend und der arme zersorgte Mann, der ja eigentlich auch sowieso nicht wollte, hat nun doch noch die Gelegenheit, seine Angelegenheiten zu durchdenken, zu ordnen und vielleicht (durch die eingesparte Energie) den kreativen Funken zu finden, der alles plötzlich auf die Reihe bringt.

Mich stört eigentlich nur: "Was wir am Weib für lieblos halten". Du hast die Frau nicht als lieblos geschildert, sie schien eher nicht besonders spontan zu sein. Und da es sich um Deine Schlussaussage handelt, finde ich das doch schade.

Oh, dunkel ist des Schicksals Walten.
Wird Liebesspiel uns vorenthalten,


Wenn es so oder ähnlich da stünde, hätte es mich überzeugt.

Liebe Grüße von Vera-Lena
 

gareth

Mitglied
Hallo MarenS, IKT, Sandra, Sunny Rose und Vera-Lena,

danke fürs Lesen und die Auseinandersetzung mit Inhalt und Form.

Zuerst einmal zu Vera-Lena:

Schimpf ruhig ordentlich! Natürlich ist es eine provozierende Unterstellung, das Verhalten der Gattin sei lieblos. "Nicht sehr anschmiegsam" hat aber einfach metrisch nicht reinpassen wollen :eek:)
Gleichzeitig habe ich ja auch deutlich gemacht, dass der Gatte seinerseits offenbar gar nichts für ein besseres Bettklima tut (vergl. "Nun, erstmals im Kalenderjahr..."). Ich wollte ihn aber aus Solidaritätsgründen nicht ganz so hart anfassen :eek:)
Das "wir" in "was wir am Weib für lieblos halten" bezieht sich auf die Denkweise einiger weniger Männer, die ein Verhalten wie das beschriebene ggf. als gegen sich gerichtet interpretieren könnten.

Für das reine Genießen können danke ich MarenS und Sunny Rose :eek:)

Liebe IKT, auch Deine skeptische Grundhaltung kann ich ohne weiteres hinnehmen, bei der Art und Weise, wie hier mit einer Frau umgegangen wird, aber immerhin hast Du noch Schmunzelpunkte vergeben können :eek:)

Was das Lob der Frau angeht, Sandra, so ist es eher ein satirisch-ironisches. So wie MarenS es interpretiert hat ist das Gedichtlein gedacht.

Liebe Grüße
gareth


p.s. im übrigen glaube ich tatsächlich, dass es möglicher Weise nicht ganz zufällig wäre, falls es tatsächlich (treue) Ehemänner gäbe, die regelmäßig sehr viel und sehr lange in den Nächten arbeiten würden :eek:)
 
S

Sandra

Gast
Was das Lob der Frau angeht, Sandra, so ist es eher ein satirisch-ironisches. So wie MarenS es interpretiert hat ist das Gedichtlein gedacht.
Ja, so hatte ich es auch verstanden ... und dabei ein wenig geschmunzelt.

Einen schönen Abend noch.
Sandra
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber gareth,

danke für den Einblick in in die männliche Psyche:

Frauen sind blond + dumm + lustlos beim Sex

Der letzte Punkt fehlte mir bisher auf dieser Liste. Ich habe ihn aber nun treuen Auges in meinen Wissenschatz aufgenommen.

So betrachtet, sagt mir auch Deine letzte Strophe zu.
Gäbe es mehr nützliche Weiber dieser Spezies an der Seite genialer Männer, gäbe es doch gar keine Probleme mehr, die noch zu lösen wären!!!!

Liegt es nun an Frauenmangel(dieser besonderen Art), an Männermangel (dieser besonderen Art), oder findet ein sexlüsternes Weib gar nicht erst den genialen Mann,und der geniale Mann in jedem Falle die sexhungrige Frau??? Fragen über Fragen.

Bei Paul-Ehrlich war es jedenfalls die liebende Gattin, die dazu beigetragen hat, dass er den Impfstoff gegen Diphterie entdecken konnte. Es war Winter. Paul Ehrlich hustete und hustete. Geld, seinen Experimentierraum zu beheizen, hatten die Ehrlichs nicht. Paul Ehrlich stellte eines Abends die vorbereiteten Präparate auf den Kohleherd, weil woanders kein Platz dafür da war, und befahl seiner Frau strengstens, das Zimmer nicht zu heizen. Aber die liebende Gattin dachte nur an den Gesundheitszustand ihres Mannes, schließlich wollte sie noch ein Weilchen ihr Leben mit ihm teilen, und befolgte seine Anweisung nicht.
Am nächsten Morgen, betrat Paul Ehrlich sein Laboratorium und bekam einen Panikanfall. Dann betrachtete er die Präparate unter dem Mikroskop, und siehe, die Wärme war der gesuchte Katalysator! Heureka!!!
Nach einer nicht endenwollenden Geschichte, bei der die Liebe eines Schulhausmeisters zu seinem Enkelkind auch noch eine Rolle spielte, konnten hunderte von Kindern innerhalb von drei Tagen von der Diphterie geheilt werden, die sonst qualvoll erstickt wären.
Man kann sagen, die Entdeckung des Impfstoffes gegen Diphterie war ein Triump, geboren aus Genie und Liebe.

Naja, gareth, soviel zur Nützlichkeit des Weibes;)

Dir noch einen schönen Tag und viele gute Inspirationen!
Liebe Grüße von Vera-Lena
 

gareth

Mitglied
Ich weiß ja, liebe Vera-Lena,

dass solcherlei liebenswerte Dinge vorkommen, wie Du sie am Beispiel Paul Ehrlichs, bzw. seiner Gattin, beschreibst. Eines Tages werde ich vielleicht die Kraft haben, auch darüber ein Gedicht zu schreiben :eek:)

Im übrigen, liebe Vera-Lena, habe ich mit keinem Wort je behauptet, dass Frauen blond seien :eek:)


In diesem Sinne
liebe Grüße
gareth
 

Olsen

Mitglied
Ich bin begeistert!!! Das ist wirklich großes Tennis, was du hier bietest.

Lediglich den Schluss, also den wahren Nutzen des Weibes, hätte ich mir etwas deutlicher gewünscht.

Ansonsten: Bravo!
 

BikeXdream

Mitglied
Gareth,

Auch hier Applaus!
Gefällt mir gut, und ich denke dass die meißten mal in die Lebensphase kommen, in der sie eine solche so beschreiben können (möchten ;) ).

LG
Bike :)
 
C

casy01

Gast
Schreibstil und Sinnbilder

schöne Form

zu lesen in Freude und Humor

gelungen

mehr fällt mir kaum ein

bin nun neugierig

auf mehr
 
N

no-name

Gast
Brilliant... handwerklich einfach klasse gemacht, Gareth, aber da bin ich ja bei weitem nicht die erste, der das bei diesem Werk auffällt. Also reihe ich mich mal ganz bescheiden in den Kreis Deiner Bewunderer ein... ;-)

Wirklich schön, dass dieses Kleinod wieder hervorgeholt wurde.

Nur eine Kleinigkeit möchte ich noch anmerken: Es gibt auch Frauen, die sich von dem in Deinem Gedicht beschriebenen Exemplar deutlich unterscheiden! So, das musste ich noch losewerden... *lächelt*...

Liebe Grüße von no-name.
 

gareth

Mitglied
Es freut mich auch, liebe no-name,

dass dieses kleine Leidens Gedicht noch einmal das Licht des Tages erblickt hat, und es sei casy01 gedankt, sie sich freundlicher Weise gerade für meine Sachen interessiert hat.

Was das aber angeht,liebe no-name:
Es gibt auch Frauen, die sich von dem in Deinem Gedicht beschriebenen Exemplar deutlich unterscheiden!

das glaub ich nicht :eek:)

Grüße
gareth
 

gareth

Mitglied
Ein Trost- und Ermutigungsgedicht



Ein Mann beendet seine Pflicht
des abends spät. Er löscht das Licht,
geht rücksichtsvoll und leis wie immer
ins eheliche Ruhezimmer,
wo seine Frau seit alters her
stets Stunden früher liegt als er.

Still sucht er sich die rechte Lage,
derweil noch die und jene Frage
sich nicht verschieben lässt auf morgen
und ihn bedrängt in Form von Sorgen.

Und während er noch sinnend wacht,
bewegt sich seine Gattin sacht,
bis gänzlich außerhalb der Decken
ihr Rücken liegt und auch ihr Becken.

Nun, erstmals im Kalenderjahr,
nimmt sie der Mann als weiblich wahr,
und fühlt von ihres Rückens Bogen
sich unerwartet angezogen.

Besonders wirkt auf seine Lende
das breite Rund am Rückenende,
das dort im Dunkel sich erhebt
und manchmal weich und lockend bebt.

Da schwindet alles was beschwerlich,
des Mannes Denken wird begehrlich,
erkennbar wirkt das Lustgefühl
Es erigiert, was erektil

Dann nimmt das Schicksal seinen Lauf:
Es richtet auch die Frau sich auf
und unter ihrem strengen Blick
geht die Entfaltung rasch zurück.

Knapp wird und freundlich ihm erklärt,
was richtig sei und was verkehrt,
dass man im Grunde nicht dagegen,
nur müsst er’s früher überlegen,

Es sein Zwölf Uhr und Gott befohlen,
die Nacht wär da, sich zu erholen,
man wolle nichts als seine Ruh –
sagt’s, dreht sich um und deckt sich zu.

Den Mann erinnert dies fatal
vom Ablauf her ans letzte Mal
und überdies an das davor.
Ernüchtert legt er sich aufs Ohr.

Doch bald hat sich sein Sinn gewandt,
er hat die Chance im Leid erkannt,
steht auf und federnd ist sein Schritt,
als er an seinen Schreibtisch tritt.

Und sieh: nach wenigen Minuten
ist alles auf dem Weg zum Guten.
Es denkt der Mann, die Gattin döst,
und schon ist sein Problem gelöst.

Oh, dunkel ist des Schicksals Walten,
Nichts ahnen wir von seiner Macht,
denn was für lieblos wir gehalten,
das war sein Wirken mit Bedacht.

Um eines Mannes Geist und Streben
in höchste Sphären zu erheben
allein durch Meidung seines Leibes,
dazu bedarf es eines Weibes.

Moral: es liegt des Weibes Nutzen
nicht nur im Waschen, Kochen, Putzen,
nein, wie man sieht, macht manchmal auch
die Vorsehung davon Gebrauch.
 

gareth

Mitglied
Nach langer, langer Zeit

habe ich mich daran erinnert, dass mir der Kommentar von Olsen nach der Erstveröffentlichung dieses Textes irgendwie begründet erschien. Er hat darauf hingewiesen, dass das Gedicht irgendwie ziemlich abrupt endet und hat damit offene Türen eingerannt, weil es mir selbst von Anfang an auch irgendwie so vor kam. Jetzt habe ich mich noch einmal damit auseinandergesetzt und es etwas umgeschrieben.

Mir scheint es jetzt insgesamt runder und stimmiger zu sein. Es ist ein bisschen bösartiger :eek:) aber hoffentlich deshalb nicht schlechter geworden.

Auf jeden Fall bitte ich Vera-Lena schon einmal ausdrücklich und vorsorglich um Nachsicht.

gareth
 

Vera-Lena

Mitglied
Doch, doch, gareth,

der Text ist jetzt runder. Das Wort "Vorsehung" kann ich wegen Mißbrauchs im "Dritten Reich" nicht ausstehen, das ist jetzt das Einzigste, was mich stört, aber inhaltlich finde ich es gar nicht bösartig, sondern da schimmert so ein wenig Dankbarkeit hindurch, dass die Fau, wenn auch unwissentlich, zur Entstehung einer bedeutenden Sache mit beigetragen hat.

Wacker, wacker, dass Du nach so langer Zeit noch einmal Hand anlegst an Dein Werk! :D

Liebe Grüße von Vera-Lena
 

gareth

Mitglied
Ich bin erleichtert, Vera-Lena,

ehrlich :eek:)

Danke für Deine rasche und freundliche Rückmeldung.

Was das Wort Vorsehung angeht, hab ich keinen wirklich guten Ersatz dafür gefunden. Da andererseits der Begriff in den Religionen seinen festen Platz hat, sollte seine missbräuchliche Verwendung uns nicht daran hindern ihn dort einzusetzen, wo das Versmaß nach ihm ruft :eek:)

Dass die Überarbeitung nach so langer Zeit noch kommt, liegt eher daran, dass ich so langsam bin :0)

Liene Grüße
gareth
 



 
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