Von einem Spießer, dem das Fremdgehen ziemlich mißlang

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Ralph Ronneberger

Foren-Redakteur
Teammitglied
Von einem Spießer, dem das Fremdgehen ziemlich mißlang

(Eigentlich wollte ich Goethes "Zauberlehrling" parodieren - zum Schluß blieb nur das Versmaß übrig.)

Meine Frau, die Kunigunden
ist zwei Tage weggefahren,
doch ich will in diesen Stunden
nicht mit Liebestaten sparen.
Schon greif ich zum Hörer.
Ruf die Kathrin an.
Heut' gibt's keinen Störer,
der's verhindern kann.
Leute, Leute!
Das wird Klasse!
Die hat Rasse,
und schon lange
wart' ich auf so'n Tag wie heute
wo die Kathrin ich empfange.

Komm zu mir, du meine Liebe.
Kleide dich in zarte Hüllen.
Fühl ich doch schon heiße Triebe
meinen Körper ganz erfüllen.
Wochenlang ich harrte,
süchtig - nur nach dir.
Ich leg auf und warte,
bis du kommst zu mir.
Schwenke, schwenke
gleich drei Flaschen,
die vernaschen
wir heut' Abend
eh' ich meine Schritte lenke
hin zur Couch, im Arm dich tragend.


Seht, schon knallt der erste Korken.
Kathrin - prost! Die Gläser klingen.
Uns zum Wohl und daß bis morgen
heiße Stunden wir verbringen.
Ihre Augen blitzen
so verheißungsvoll.
Neben ihr zu sitzen,
macht mich rasend toll.
Küsse, Küsse
voll Verlangen
auf die Wangen,
auf den Nacken.
Oh, mein Schatz, mir ist als müsse,
ich dich fest und fester packen.

Schließlich finden wir uns wieder
auf der Couch. Ganz liebestrunken
legen wir uns wohlig nieder,
in das Polster tief versunken.
Herrlich wogt dein Busen.
Mach die Arme weit
Küssen, streicheln, schmusen
Uns bleibt soviel Zeit!
Heiße Welle!
Meine Kleine,
deine Beine
möcht' ich kosen,
streicheln sie, bis hin zur Stelle,
wo sie sanft zusammenstoßen.

Bluse, Rock und Büstenhalter,
streif ich ab und laß sie liegen.
Zuviel Licht? Ich greif zum Schalter
"Liebling komm! Laß dich besiegen!"
Weg jetzt mit der Hose!
Ach, was bin ich wild!
Wie sich meine Pose
immer stärker füllt.
Stehe, stehe!
denn die Kathrin,
ja, die hat ihn,
will ihn fassen.
Doch ich merk es - wehe, wehe,
wie die Kräfte mich verlassen.

Ruhig bleiben, Mühe geben.
Doch schon packt mich das Entsetzen.
Kann trotz Wollen und auch Streben
Nur in Panik mich versetzen.
Ich will fluchen, brüllen:
"Oh, die Not ist groß!"
Kann's ihr nicht erfüllen.
"Sag, was ist das bloß?"
Peinlich, peinlich.
Welch Blamage!
Keine Frage.
Könnt versinken.
Wie bereu ich, daß ich heimlich,
soviel Wein mußt vorher trinken.

Voll Verzweiflung will erklären
ich den Grund für Impotenzen.
Doch sie meint, daß ihr Begehren
futsch sei. Alles hät' ja Grenzen.
"Still! Laß mich mal hören!
Ob ein Spuk mich narrt!"
Mensch, ich könnte schwören,
daß die Haustür knarrt!"
Schrecken, Schrecken!
Da sind Schritte!
Bitte,bitte
nicht auch das noch.
Keine Zeit, sich zu verstecken.
Kathrin meint: "Zu spät! Ach laß doch!"

Da erscheint die Kunigunde.
So hab ich sie nie gesehen.
Zornig bebend, Schaum vorm Munde,
bleibt sie vor uns Beiden stehen.
Schon schreit auf die Meine:
"Hab ich's mir gedacht,
daß ihr fiesen Schweine
heut' ne Nummer macht!
Scheidung, Scheidung!
Oh du frecher
Ehebrecher!
Pack die Sachen!
Hier der Koffer, rein die Kleidung.
Ich werd' dir schon Beine machen!"

Etwas später schleich ich müde
durch die Stadt zu Kathrins Zimmer.
Sie empfängt mich reichlich prüde.
Voller Mitleid? Nicht ein Schimmer!
"Was denn? Bei mir wohnen?
Komm mir nicht ins Haus!
Das würd' sich nie lohnen.
Mit uns ist es aus!"
Reue, Reue
Ich verspüre
vor der Türe.
Was soll werden?
Ehedramen mangels Treue
zahl'n sich selten aus auf Erden.
 

Ralph Ronneberger

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Felipe,
kurz bevor ich nun endlich ins Bett kriechen muß, noch ein großes Dankeschön für dein Kompliment. Das mit dem Zauberstab ist mir selbst noch nicht aufgefallen. Also doch ein klein wenig dichter am großen Meister dran als gedacht. ;-)
Übrigens, vielen Dank auch für Deine Mail. Ich fahre jetzt für drei Tage weg, aber dann muß ich endlich mal meine Post aufarbeiten. Du hörst also von mir.
Tschüs, bis bald

Ralph
 
O

Olly

Gast
Eine schöne Idee

Lieber Ralf,

zwar schreibe ich liebend gern und viel, aber auf dem Gedicht-Sektor bin ich ein absoluter Versager. Zumindest glaube ich das, denn ich bin noch nie auf die Idee gekommen eines zu schreiben.

Daher bewundere ich umso mehr die Menschen, die dazu in der Lage sind. Dein "Spiesser" hat mir ausnehmend gut gefallen. Es lässt sich wunderbar lesen und - was für mich persönlich viel wichtiger ist - es klingt nicht bemüht. Will meinen, Du suchst nicht mit Gewalt nach reimbaren Vokabeln. Alles passt einfach bestens zusammen, ergibt Sinn und macht obendrein grosse Freude es zu lesen (was ich nicht von allen Gedichten behaupten kann).

Beneide Dich ein bisschen um diese Fähigkeit, werde aber mit Rücksicht auf alle "Leselupianer" auf meinen Satire-, Kurzgeschichten und Glossenpfaden weiterwandeln. Stets treu der Devise: Schuster bleib bei deinem Leisten.

Freue mich auf weitere Werke aus Deiner Tastatur (Feder hat sich ja wohl seit ein paar Jahren mehr als erledigt).

Grüsse, der Olly
 

Ralph Ronneberger

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hollo, ihr Lieben,
da schaue ich nach ein paar Tagen Abwesenheit mal wieder hier vorbei und was sehe ich? Soviel lobende Worte, daß es einem gleich vor Verlegenheit die Sprache verschlägt. Glaubt mir, es war gar nicht schwer, dieses Gedicht (oder ist es mehr eine Ballade?)zu schreiben. Durfte ich mich doch stets an meinen unten stehenden Leitspruch halten!! ;-)

Es grüßt Euch Ralph
 
B

Bruno Bansen

Gast
Zauberlehring

Na bitte - mal wieder was zum Vergnügen. Technisch 1.Klasse, Idee + Umsetzung beispielhaft, vielleicht 'n büschen zu lang - aber nee, Glückwunsch!

Grüße!!!

Bruno
 

urte

Mitglied
Fremdgehen

Sehr gelungen, hochkonzentriert, locker, scheinbar mühelos und kunstvoll. Ebenfalls Glückwunsch! Mach mehr sowas.
Viele Grüße, Urte
 
B

Bruno Bansen

Gast
Spießer

Hi Ralph! Erstmal einen schönen Sonntag.

Ich muß nochmal eben auf die diversen Kritiken eingehen, die zu deinem Spießer eingegangen sind. Natürlich sind sie alle sehr positiv - logisch, das Teil ist ja auch ausge-gesprochen hervorragend, wenn auch, nach mehrmaligem Lesen, doch 'n klein büschen zu lang. Aber bitte, das ist rein persönlich (Siehe auch meine Kritik auf "Hochzeitsreise v. Sansibar)Nein, was ich eigentlich sagen wollte ist, daß etliche der Kritiker genau gemerkt haben, w a r u m dieser Text ein kleines Meisterwerk ist: Es ist die L e i c h t i g k e i t die man merkt. Da gibt es kein krampfhaftes Gewürge um diese oder jene Formulierung. Neben den rein technischen Kriterien, die ein gutes Gedicht ausmachen, wie Versmaß, Rhytmik usw. ist meiner Ansicht nach, dieses der wichtigste Punkt. Ich lege immer, was sehr selten vorkommt, eine Idee, die ich nicht auf Anhieb realisiern kann, auf Eis um sie mir dann irgendwann mal wieder vor zuknöpfen und mach was draus, wenn mir dann die Sache glatt von der Hand geht.

Weiter so, Ralph, macht wirklich, auch nach dem zwanzigsten mal noch Spaß zu lesen!

Grüße Bruno
 



 
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