Von einem schönen Schmetterling

Von einem schönen Schmetterling



Als im Frühling die Sonne vom Himmel lachte und mit ihren warmen Strahlen die Blumen und Bäume zum Erblühen brachte, schlüpfte ein Schmetterling aus seinem Kokon. Noch etwas unsicher spreizte er seine beiden Flügel und flog in dem Baum umher den er sich im vergangenen Jahr für seine Verwandlung ausgesucht hatte, als er noch eine kleine Raupe war.
Bald jedoch wurde er mutiger und flog zu einem nahegelegenen See um sich zu erfrischen. Dort auf der Wasseroberfläche erblickte er sein Spiegelbild und war tief bewegt von der Schönheit mit der ihn Gott gesegnet hatte. Er dachte bei sich: Ich will nicht länger auf diesem Baum bleiben. Ein solcher Wohnort ist meiner nicht länger würdig. Auf einer Wiese inmitten von Blumen will ich leben und die sollen mindestens so schön sein wie ich.
Also flog er los und machte sich auf die Suche. Er gelangte zu einer großen Wiese auf der unzählige Blumen in allen erdenklichen Farben und Formen standen. Sie alle begrüßten den jungen Schmetterling freudig indem sie ihm ihre farbenfrohen Köpfe entgegenstreckten. Doch es gefiel ihm keine und er ignorierte sie alle. Er durchflog einen finsteren Wald und gelangte zu einer Lichtung auf der ein Mensch in einem einfachen kleinen Häuschen wohnte. Im angrenzenden Garten wuchsen allerlei Blumen die der Mensch mühsam gepflanzt hatte und mit aller Liebe und Hingabe hegte und pflegte. Doch auch deren Schönheit rührten den Schmetterling nicht und weiter flog er in die anbrechende Nacht. Schließlich ließ er sich auf einem Acker nieder weil er müde war.
Früh am nächsten Morgen brach er auf und kam während des Tages über unzählige Wiesen mit noch schöneren, noch bunteren Blumen die ihn wiederum alle freundlich einladend grüßten. Doch auch sie erschienen ihm bestenfalls mittelmäßig und keinesfalls gut genug für ihn. So verbrachte er auch die nächste Nacht nicht auf einer Wiese inmitten von Blumen sondern diesmal unter dem Dach eines Bauernhofes unter das er sich vor einem Unwetter geflüchtet hatte. So verging Tag um Tag, Woche um Woche.

Mittlerweile war es Sommer geworden. Die Sonne brannte heiß vom Himmel und die ersten Wiesen mit samt ihren Blumen vertrockneten in der Hitze. Jedoch erwachten nun andere Blumen die gerade auf diese Jahreszeit gewartet hatten, blühten und erleuchteten mit ihren Farben das Land. Doch auch von denen schien dem Schmetterling keine würdig genug, Er zog es weiterhin vor auf Feldern, Felsen oder an Hauswänden zu ruhen und nächtigen. Keinesfalls wollte er bei einer Blume ruhen die seiner eigenen Schönheit nicht würdig war.

Der Herbst löste den Sommer ab und in den Wiesen trugen die Obstbäume ihre reichen schweren Früchte. Die Menschen hatten ihre Freude daran. Während die einen mit der Ernte des Obstes beschäftigt waren, mähten die anderen die Wiesen ab um Heu für das Vieh in den Ställen der Bauernhöfe zu machen.
Dem Schmetterling jedoch gefielen nicht einmal die Obstbäume. \"Es bleibt dabei. Für eine mickerige Raupe mag ein Baum ja gut und schön sein aber als Schmetterling habe ich nun einmal etwas besseres verdient\", sprach er zu sich.
Schließlich brach der Winter mit eisigem Nordwind über das Land herein, bedeckte die Erde und alles was sonst noch auf ihr blühte mit einer dicken Schneedecke. Die Flügel des schönen Schmetterlings gefroren im eisigen Wind. Er stürzte hinab in den kalten Schnee und erfror. Noch im Tode leuchtete seine Schönheit aus der weisen Schneedecke hervor.

Einige Menschen gingen in der Nähe des toten Schmetterlings spazieren. Einer sah ihn und dachte bei sich es wäre eine Blume.
Seht mal\", rief er, \" da hat doch tatsächlich eine Blume den Wintereinbruch überlebt. Sieht sie nicht schön aus, wie sie da durch den Schnee und das Eis hindurch blüht?
Ja, lachten die anderen, aber nicht mehr lange!


ENDE
 



 
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