Wahrheit

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Vera-Lena

Mitglied
Wahrheit

Ergösse sich die Wahrheit
wie ein linder Regen
aus den Himmeln und
ein jeder öffnete den Mund,
um ihrer habhaft zu werden,

schmeckten süß die Zeiten;
Frieden flüsterten die Binsen
durch Menschenherzen,
die eilfertigen Tratschgräser:
aus Liebe und Weisheit geboren
die Wahrheitsfrucht,

so redeten sie ununterbrochen
und wüssten sich nicht zu lassen,
ob der übergroßen Neuigkeit.

Erwartungsvoll sah ich sie stehen
an einem kleinen Gartenteich.
 
M

max

Gast
jetzt komm mal wieder runter!
ich habe dir meine bücher gezeigt und
meine zeitschriften

jetzt zeige ich dir meine filme und
meine musik
du

hast noch gar nichts von dir gezeigt
außer
einem mummenschanz!
 

Perry

Mitglied
Hallo Vera-Lena,
Ob die Wahrheit nun vom Himmel tropft oder als "Tratschgräser" im Teich wächst, ist glaube ich zweitrangig. Letztlich müssen wir alles, auch uns selbst, auf die Waage legen, um im Reinen zu sein.
Wunderbare Wortbilder hast du hier geschaffen.
LG
Manfred
 

Inge Anna

Mitglied
Hilfe!
was bitte ist Mummenschanz?
Mir wird seltsam mulmig bei diesem Wort.
Wenn mein Bildungshorizont auch schmal, so habe ich doch beim Lesen dieser Antwort das Gefühl, dass hier ein gehaltvoller Text abgewertet wird.
Inge Anna
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Manfred,

danke für Dein Lob! Da sehe ich genauso, dass jeder für sich durch Denken und Fühlen zu Wahrheiten vorstoßen muss.

Vernachlässigt er das Denken kommt er auch ziemlich weit, denn das Herz erkennt oft den wahren Grund der Dinge.

Vernachlässigt er das Fühlen, kommt er auch ziemlich weit, denn der Verstand ist wie ein Seziermesser und kann die Dinge klar ans Licht bringen.

Seine Wahrheit wird er aber erst entdecken, wenn er in einer Sache Herz und Verstand bemüht:
Mit Liebe sollte er die Dinge betrachten, so weit ihm das möglich ist (immer klappt das nun wirklich nicht;) ) und dann sollte er auch die Kälte des Verstandes ihre Arbeit tun lassen, die Dinge durchleuchten wie bei einem Röntgengerät, um zu einer Erkenntnis zu kommen.

Dir einen schönen Sonntag! :)

Liebe Grüße
Vera-Lena
 

Vera-Lena

Mitglied
Liebe Inge Anna,

Danke für Deine Unterstützung und Deine Bewertung!

Auch Dir einen schönen Sonntag :)

Liebe Grüße
Vera-Lena

PS.Mummenschanz ist nichts Beleidigendes, auch wenn sich das hier so anhört. Mummenschenschanz heißt nichts weiter als Verkleidung, ähnlich wie beim Karneval.
 

Vera-Lena

Mitglied
Wahrheit

Ergösse sich die Wahrheit
wie ein linder Regen
aus den Himmeln und
ein jeder öffnete den Mund,
um ihrer habhaft zu werden,

schmeckten süß die Zeiten;
Frieden flüsterten die Binsen
durch Menschenherzen,
die eilfertigen Tratschgräser:
Aus Liebe und Weisheit geboren
die Wahrheitsfrucht,

so redeten sie ununterbrochen
und wüssten sich nicht zu lassen,
ob der übergroßen Neuigkeit.

Erwartungsvoll sah ich sie stehen
an einem kleinen Gartenteich.
 

Thylda

Mitglied
Liebe Vera-Lena

Ich bin mir da gar nicht so sicher, daß die Menschen, die die Wahrheit kennen, friedlicher werden, eher umgekehrt. Andererseits ist die Wahrheit zu einem großen Maße für den zugänglich, der sie sehen will. Es ist wohl eher so wie in Deinem Gedicht, daß die Menschen um den Teich stehen und statt die Wahrheit selbst zu fangen, die einfachere Secondhand-Wahrheit schon gesammelt und trinkfertig schlucken. Das nenne ich Löffelkost, vorbereitet und leicht zu schlucken, so daß die kariösen Zähne des Gehirns, löchrig von der pappigsüßen und inhaltsleeren Nahrung, nicht arbeiten müssen. Vielen Dank z.B. RTL bzw Bertelsmannstiftung http://de.wikipedia.org/wiki/Bertelsmann-Stiftung ;-)

Liebe Grüße
Thylda
 
H

Heidrun D.

Gast
Liebe Vera-Lena,

dein Gedicht ist von grundsätzlicher Wahrheit und sehr schön umgesetzt. Diesmal (das kommt bei deinen Texten selten genug vor) "stören" mich aber zwei Winzigkeiten.

Mein Vorschlag:

Wahrheit

Ergösse sich die Wahrheit
wie ein linder Regen
aus den Himmeln und
ein jeder öffnete den Mund,
um ihrer habhaft zu werden,

schmeckten süß die Zeiten;
Frieden flüsterten die Binsen
durch Menschenherzen,
die [strike]eilfertigen[/strike] [blue]wispernden[/blue] Tratschgräser:

Aus Liebe und Weisheit geboren
die Wahrheitsfrucht,
so redeten sie ununterbrochen
und wüssten sich nicht zu lassen,
ob der übergroßen Neuigkeit.

Erwartungsvoll [strike]sah[/strike] sehe ich sie stehen
an einem kleinen Gartenteich.
In den Schlussversen wählte ich den Präsens, weil Wahrheit ja bestehen bleibt, selbst wenn es sich - wie immer - um die eigene handelt. :)

Liebe Grüße
Heidrun
 

Vera-Lena

Mitglied
Liebe Thylda,

Über die Wahrheit ist schon so viel gesagt worden, dass man natürlich sämtliche Sichtweisen hier wieder auflisten könnte. Man denke nur an Pilatus, der auf die Antwort Jesu zurückfragte: "Was ist Wahrheit?" und doch lag die Entscheidung über den qualvollen Tod Jesu oder über Seine Freiheit ausschließlich in seinen Händen, die er anschließend, wie wir wissen in Unschuld wusch. Also: Was ist Wahrheit.

Ich habe diese Frage hier nicht beantwortet,sondern nur beschrieben, wie man seiner Wahrheit auf die Sprünge kommen kann, welchen Arbeitsprozess man da in Gang setzen muss. Und davon bin ich allerdings überzeugt, wenn jeder Mensch die Kraft, den Mut und die Ausdauer hätte, alles mit Verstand und Herz zu betrachten, dass es dann in der Welt friedlicher zuginge.

Ich meine ja hier nicht, dass man Unwahrheiten und Verlogenheiten aufdecken sollte, sondern mir geht es um den ganz tiefen philosophischen und antroposophischen Aspekt, also um die Wahrheit schlechthin.

Danke für Deinen Beitrag!

Liebe Grüße
Vera-Lena
 

Vera-Lena

Mitglied
Liebe Heidrun,

danke für Deine Antwort! Das freut mich dass Du, wie ich es auch nicht anders erwartet hätte, den inhaltlichen Bezug zu meinem Text mühelos gefunden hast.

Ansonsten sind wir uns diesmal nicht ganz einig. Einmal möchte ich auf das Flüstern nicht schon wieder so rasch ein Wispern folgen lassen und zum anderen kenne ich kein eilfertigeres Wesen, als jemanden, der stänig die neuesten Neuigkeiten unbedingt verbreiten muss. Das ist in diesem Falle ganz neutral gemeint, und deshalb wolltest Du vielleicht auch lieber das "Wispern" sehen, aber für mich ist das "eilfertig" hier nicht negativ besetzt.

"Erwartungsvoll sah ich sie stehen."

Klar stehen die Gräser da immer noch, aber ich wollte auch schon mit dem durchgezogenen Konjunktiv vorab deutlich machen, dass es sich hier um eine kurzfristige Vision des Lyri handelt, denn noch sind die Menschen ja an diesem Punkt, den das Lyri herbeisehnt, nämlich, dass die Menschen die Dinge mit Weisheit und Liebe betrachten, nicht angekommen, und die Gräser warten also auch noch lange Zeit darauf, jedenfalls länger als das Lyri dort an diesem Teich verweilen könnte.

Und so geht das Lyri weiter und behält nur in seinem Herzen dieses Bild, wie die Gräser dort standen in völliger Bereitschaft, diese gute Botschaft (wenn es sie denn schon gegeben hätte) in Windeseile auszubreiten.

Danke für Dein Mitdenken! Ich genieße immer Dein stets interessantes und bereicherndes Echo auf meine Texte.

Dir einen schönen Sonntag! :)

Liebe Grüße
Vera-Lena
 
I

Ivor Joseph

Gast
Liebe Vera-Lena,
habe Deinen Text schon Minuten nach dem Erscheinen kommentieren wollen, es aber zurückgestellt - wegen der Wahrheitsfrucht. Du weißt ich bin der, der nicht an erster Stelle deutet, ich nehme die Welt eines Gedichtes erstmal als eigenes Universum auf und spinne fast immer etwas weiter.

Die Wahrheitsfrucht bietet mir zuviele Möglichkeiten. Irgendwo las ich mal von einer, wenn man davon gegessen hat dann ... Dann was? Sprach man nur noch die Wahrheit ? Schon läuft ich eine Grimm-Geschichte los.
Oder man erkannt die Wahrheit. Welche? Andere Geschichte.

Ein schöner Text, klassisch anmutig. Das
>> "sich nicht zu lassen wissen"
erinnerte mich an etwas Vergangenes und da "konnte ich nicht an mir halten" und musste nachschlagen: Aha, Märchen!

Das "eilfertig" finde ich interessanter als das oftgenutzte "gewispere"; der Präsens hat schon etwas aber das Präteritum hält den "vergangenes Märchen" Charakter besser aufrecht.


P.S.
Natürlich könnte man jetzt stundenlang über die Wahrheit und die böse Welt reden. Ein Thema so alt wie die Menschheit. Das Hauptproblem, so scheint es mir, ist, dass der Wahrheitsbegriff nicht klar umrissen ist und je nach Interessenlage verschiedene Menschen Verschiedenes darunter verstehen. Und deswegen wird das Problem noch Jahrtausende nach uns am gleichen Punkt stehen.

Oder kanns Du genau sagen was du mit Wahrheit meintest? Selbst wenn, wird dein Begriff keine klar umrissenen Grenzen haben. Wahrheit ist ein Mischprodukt in dem Standpunkt und Interessen enthalten sind.





LG, Ivor
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Ivor,

danke für Deinen interessanten Beitrag!

Zuallererst möchte ich auf das Märchen zu sprechen kommen. Es stammt aus dem Altgriechischen. König Midas verbot seinem Barbier, weiter zu erzählen, dass ihm Eselsohren gewachsen waren, die er unter seinen Haaren verbarg. Aber der Barbier konnte das Geheimnis nicht für sich behalten. Er rief es in ein Erdloch. Dort hörten es die Binsen, die mit ihrem ständigen Rauschen es durch die ganze Welt erzählten, so dass es zur "Binsenwahrheit" wurde.

Ich hatte ja schon weiter oben erwähnt und schreibe es gerne noch einmal, dass es mir nicht darum ging, zu erläutern, was Wahrheit sei.

Jeder Mensch kann auf seine Wahrheit stoßen, wenn er sich bemüht, die Sache, um die es ihm zu tun ist, mit Herz und Verstand zu betrachten. Er wird heute zu diesem Ergebnis kommen. Da er aber ständig ein Wachsender und Werdender ist, das Herz sich vielleicht schon stärker erwärmt und der Verstand sich schon schärfer ausgebildet hat, kann er morgen wieder zu einem anderen Ergebnis gelangen in derselben Sache. Jedesmal erhält er aber die Frucht seiner Bemühung, nämlich die für ihn aktuelle Wahrheitsfrucht.

Daran denke ich, wenn ich das Wort "Wahrheit" benutze oder das Wort "Wahrheitsfrucht".

Schön wäre es nun, wenn erstens alle Menschen solche Bemühungen betreiben würden und wenn sie sich zweitens zudem bewusst sein könnten, dass der andere auch solche Bemühungen betreibt. Dann gäbe es mehr gegenseitigen Respekt auf der Erde und viel, viel weniger Feindseligkeit. Die Zeiten, dass jeder die Wahrheit für sich gepachtet hat, wären vorüber. Also hier habe ich einen Zukunftstraum in Worte gefasst.

Dir ganz liebe Grüße
Vera-Lena
 



 
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