Ihr Lieben,
Marie-Luise- Maren und Heidrun,
ja ich finde es auch interessant, wie weiträumig der Text interpretierbar ist, ohne dadurch ins Beliebige abzugleiten, denn auch Deine Sicht, liebe Marie-Luise könnte man aus dem Text entnehmen.
Liebe Maren,
das "ich habe dich üben gesehen" hat für mich nicht nur klangliche sondern auch inhaltliche Gründe. Ich habe hier das Plusquamperfekt gewählt, weil der Lebensgefährte die Geliebte schon viele Male beobachtet hat, wie sie darum gerungen hat, sich ins Jenseites aufmachen zu dürfen.
Denn darum, liebe Heidrun, geht es mir bei diesem Text tatsächlich. Natürlich will der Lebenspartner gerne, dass sie noch auf Erden bleibt und er versucht, sie zurückzuhalten, schon allein dadurch, dass er mit ihr über diese diesbezüglichen Wünsche spricht.
"Warum willst du fort?", diese Frage steht im Raum, aber sie wird nicht beantwortet.
Das "Üben zwischen den Weiden" hatte ich mir so vorgestellt, dass es der Frau (wenn wir das Lyri mal so bezeichnen wollen) schwer fällt sich gänzlich abzulösen, von Wesen, die nah bei ihr emporwachsen und vielleicht noch eine Orientierung bei ihr suchen könnten. Sich nach dem Jenseits zu sehnen ist die eine Sache, Abschied zu nehmen ist wieder eine andere Sache.
Dass der Gefährte "die Sonne kichern hörte", macht deutlich, dass er um die Gedanken seiner Frau gut Bescheid weiß und dass er es nicht verurteilt, dass sie gerne in ein leichtfüssigeres Leben ohne physischen Körper hinüberwechseln möchte. Trotzdem will er sich nicht von ihr trennen.
So, wie es ein Text über den Tod ist, ist es aber auch ein Text über die Liebe, finde ich. Die Beiden sind einander sehr nah. Eigentlich wünschen sich alle Paare, gemeinsam sterben zu dürfen, aber den wenigsten wird das geschenkt. Ich habe es schon zwei Mal erleben dürfen, dass wirklich alte Ehepaare im Abstand von 6 Wochen gestorben sind ohne äußeren Anlass, einfach so.
Nun muss ich noch anmerken, dass ich persönlich gesund und munter bin, mich aber trotzdem auf meinen eigenen Tod schon im Voraus freue und mir wünsche, dass er sanft sein möge, wie ich das sowieso allen Menschen wünsche, wenn es dann einmal so weit ist.
Ich danke Euch ganz herzlich für Eure Kommentare, durch die mir meine Texte stets näher kommen.
Ganz liebe Grüße
Vera-Lena