Was Männer wirklich wollen

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brehb

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Was Männer wirklich wollen

Da thront er, Gerd Mustermann. Vor dem Fernseher auf seiner Dreisitzercouch. Eineinhalb davon belümmelt er - auf dem Lederimitat, schwarz, wie sein Muskelshirt. Die linke Seite ist ausgebleicht von der ewigen Morgensonne - die Couch, nicht das Shirt, das trägt er erst seit vorgestern. Die dunkelblaue Trainingshose mit den drei weißen Streifen schon länger. Die beige besockten Füße stecken in Birkenstocks.
„Gerd, du musst zum Müll“, ruft Evi aus der Küche.
„Ja, gleich.“ Gerd nimmt einen ordentlichen Schluck vom Oettinger, 5,99€ beim Discounter, die ganze Kiste. Er nagt an einem Streichholz, stochert, irgendetwas vom Sülzkotelett heute Mittag hängt ihm zwischen Mahlzahn und Brücke. Ah, endlich. Er inspiziert seinen Fund, ziepst nochmal durch die Zähne, dann spült er nach, mit Oettinger. Danach stellt er die leere Flasche zu den anderen unter dem Tisch, neben den Dobermann, der sich kaum rührt.
„Du musst auch noch eine Runde mit dem Hund“, ruft Evi.
„Jaa, Liebling.“ So wie andere zum Denken am Kopf, kratzt sich Gerd in der Achselhöhle. Er sucht etwas. „Evi, wo ist das Programmheft?“ Es gibt doch noch Fußball. Gerd wühlt sich durch den Papierstapel auf dem Glastisch, die Chipstüte fällt über den Tischrand. Jetzt rührt sich der Dobermann, er verzieht sich mit den Chips auf den Flokati neben dem Tisch mit dem Aquarium. Das könnte Ärger mit Evi geben, das Gebrösel.
Bunte, Welt der Frau, Kicker...wo zum Teufel ist die Hör Zu?
„Evi...?“
„In deiner Schale, wo sonst!“ Gerd bringt die obere Hälfte seiner 120 Kilo in Schwung: eins und zwei und drei! Er wuchtet sich hoch und schnauft zur Anrichte; Furnier, Mahagoni geflammt, von Ikea. Obenauf die Obstschale aus geflochtenem, rhodinierten Draht. Hat er bei einer Tombola gewonnen. Gerd würde das Silber nennen – wenn jemand fragen würde. Aber es fragt niemand. Darunter liegt die Häkeldecke von Oma aus Dresden.
„Da isse nich!.“ Aber ein Brief. „Wieso schickt uns der Wenz schon wieder eine Rechnung?“ Dabei schaut er der Nofretete an der Wand in das Gesicht. Das ist Evis Werk. Malen nach Zahlen, in Leuchtfarben. Darin ist Evi gut, findet Gerd. Er äfft die alte Ägypterin nach, kneift ein Auge zu. „Evi?“ Dann findet er doch die Zeitung. Es gibt keinen Fußball. Also: Kein Fernsehen. Barfach aufklappen, das Barlicht geht an. 55 auf 25 auf 30 Zentimeter mondäne Welt tut sich auf, die Rückwand verspiegelt. Eine Gelegenheit für Gerd, zu erschrecken, aber er schaut höchstens zum Rasieren in den Spiegel, alle zwei, drei Tage. „Evi, willst du auch einen Whisky? Dann bring Eis mit!“ Gerd gießt sich zwei Finger breit vom Johnnie Walker ein, Red Lable, trinkt einen ab, gießt drei nach.
„Gerd, Mausibär, du wolltest noch zum Müll und mit dem Hund.“ Evis Stimme klingt plötzlich so – verwaschen. Sie rumort im Badezimmer. Gerd tickt mit dem Finger auf das Barometer neben der Nofretete: tack, tack. Wenn der Zeiger nach links geht, wird das Wetter schlechter. Er geht nach rechts.
„Evi, Wetter wird besser, das Barometer steigt.“ Evi kommt – quatsch, Evi schwebt durch die Tür. Also 95 Prozent Evi und 5 Prozent Negligé und eine Wolke Calvin Klein.
„Kommst du?“ Sie scheucht den Hund vom Flokati. „Schau mal. Vom Wenz.“ Sie dreht sich einmal um die eigene Achse und klimpert mit den Augendeckeln „Was, Mausibärchen, sagtest du, steigt?“
„Ich glaube, ich muss noch mit dem Hund.“
 



 
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