Was blieb

4,20 Stern(e) 10 Bewertungen

Walther

Mitglied
Was blieb


Ja: übrig blieb ein alter Sack,
Hineingesteckt in einen Frack.
Die einzge Farbe, die er hatte,
Sie glänzte tief aus der Krawatte.

Es hingen Jacke und auch Hose
An manchen Stellen etwas lose.
Das Gesicht war schon verwittert,
Hemd und Schuhe leicht zerknittert.

Abgefallen war die Last
Der Jugend mit der wilden Hast.
Statt die Erde zu verändern,
Begnügt’ er sich, auf ihr zu schlendern.

Um die Augen kleine Falten,
Man könnte sie für Zierde halten.
Und der Mund verschweigt verschmitzt,
Was humorvoll darin blitzt.
 

george

Mitglied
... nur eine winzige Kleinigkeit finde ich in diesem witzigen Text, Walther:

Das "humorvoll" passt vom Rhythmus her nicht ganz. Eventuell könntest du stattdessen "golden" schreiben, was zwar den Sinn verändert, aber auch im Sinne von "Schweigen ist Gold" interpretiert werden könnte???

Aber auch so hat der Text eine gute Wertung verdient.

Grüße
Jürgen
 

Walther

Mitglied
Lieber George,

herzlichen Dank für Deine Kommentierung. Die Dichter, auch der Dillettant bzw. Feierabendlyriker wie dieser hier, lebt ja vom Lob/Beifall. Dieser überhäuft mich bei diesem kleinen Gedichtchen geradezu, und das ist schön und aufbauend.
Ursprünglich veröffentlicht von george ... Das "humorvoll" passt vom Rhythmus her nicht ganz. Eventuell könntest du stattdessen "golden" schreiben, was zwar den Sinn verändert, aber auch im Sinne von "Schweigen ist Gold" interpretiert werden könnte??? ...
Ein interessanter Vorschlag, dem ich nicht ganz folgen will, ohne die Meinung weiterer "Kritiker" zu hören. Aber lieben Dank für Deine Überlegungen, die ich gerne bedenke.

Liebe Grüße W.
 

LuMen

Mitglied
Form und Inhalt

Hallo Walther,

Dein Text ist zweifellos originell und witzig und hat schon dafür, worin ich George Recht gebe, seine Punkte verdient.

Zur Form hätte ich allerdings noch einige Anmerkungen bzw. Fragen:

Die erste Strophe hast Du komplett - und flüssig - in Jamben gefasst.
In der 2. Strophe stehen nur die beiden ersten Zeilen im Jambus, dann wechselst Du - was m. E. die Flüssigkeit stört - mit den beiden nächsten Zeilen in den Trochäus. Ist das Absicht? Will man im Jambus bleiben, könnte man sagen:
"Das Angesicht war schon verwittert
und Hemd und Schuhe leicht zerknittert."

In der dritten Strophe setzt Du jeweils die 1. und 3. Zeile in den Trochäus und die 2. und 4. als Jamben. Bringt man alles in Jamben, würde die Strophe etwa lauten:

"Schon abgefallen war die Last
der Jugend mit der wilden Hast.
Anstatt die Erde zu verändern,
begnügt er sich, auf ihr zu schlendern."

In der 4. Strophe stehen Zeilen 1,3,4 im Trochäus, Zeile 2 im Jambus. Nimmt man durchgehend den Trochäus, was trotz des Gegensatzes zu den übrigen Strophen durchaus zulässig wäre, so würde die Strophe lauten:
"Um die Augen kleine Falten
könnte man für Zierde halten,
und der Mund verschweigt verschmitzt,
was humorvoll darin blitzt."

Auch "humorvoll" passt so in den Rhythmus.

Soweit mein Denkanstoß, zu dem Du vielleicht noch Deine eigenen Gedanken entwickeln wirst.

Herzlichen Gruß

LuMen
 

Walther

Mitglied
Liebe LuMen,

lieben Dank für Deine ausführliche Kritik! Leider bin ich gerade arbeitstechnisch ziemlich dicht, so daß ich nur sporadisch zum Lesen von Emails und von Eintragungen komme. Ich bitte vielmals um Verzeihung für diese Nachlässigkeit, sie ist nicht abwertend gemeint.

In der Tat kann man über das Metrum im Gedicht nachdenken, muß man auch, denn da hapert's meistens, auch bei mir immer wieder.;) Daher ist Hinweis und Ratschlag immer gestattet.

Deine Vorschläge sind in Gänze überlegenswert, obwohl es, wenn die Hebungen stimmen, durchaus gestattet sein mag, zwischen Jambus und Trochäus zu wechseln, um der Sache gelegentlich etwas mehr "Speed" zu geben.

Ich werde Deine Vorschläge auf jeden Fall als zweite Version zu meinem Gedicht hinzufügen, das kann ich Dir jetzt schon dankend zusagen. Allerdings bitte ich noch um etwas Zeit, ob ich sie komplett in die fertige Version integriere.

Ich danke Dir sehr für Deine Hilfe und Deine Zeit, die Du in diesen kleinen Text investiert hast. Hoffentlich darf ich Dir und anderen diese Investition bald zurückgeben, im Moment hapert es allerdings etwas mit der Muße und der Zeit dazu.

Liebe, liebe Grüße

W.
 

Udogi-Sela

Mitglied
blitzender Mund

Hallo Walther,

noch eine kleine Anmerkung:

Um die Augen kleine Falten,
Man könnte sie für Zierde halten.
Und der Mund verschweigt verschmitzt,
Was humorvoll darin blitzt.
Die Aussage der letzten Zeile bezieht sich doch sicher auf die Augen, in denen es humorvoll blitzt, es liest sich aber: Was humorvoll im Munde blitzt…

Herzlichst
Udo
 

Frieda

Mitglied
Es blitzt im Mund

Hallo Walther,

ich finde, gerade diese kleine "Unsauberkeit" in der letzten Zeile gibt dem ganzen noch einen zusätzlichen Witz. Jeder weiß, dass die Augen gemeint sind, streng nach der Gramatik müsste es aber der Mund sein, in dem etwas blitzt. Goldzähne vielleicht?
Die Vorschläge von LuMen zum Metrum solltest du wirklich nochmal überdenken. Dein Gedicht lebt schon aus sich heraus und braucht meiner Meinung nach diese häufigen Wechsel nicht als Stilmittel.

Liebe Grüße
von Frieda
 

Walther

Mitglied
Liebe Frieda, lieber Udo,

nach diesen beiden Hinweisen bin ich ein wenig hin- und hergerissen, danke aber erst einmal für die wichtigen Hinweise. Schließlich braucht man eine Rückkopplung, um überhaupt vom Fleck zu kommen.

Da sich die Hinweise widersprechen, einige Überlegungen aus meiner Sicht.

Ich neige der Ansicht von Dir, Frieda, zu, da sich aus dem Gesamtzusammenhang sich der Bezug auf die Augen ergibt, auch wenn der Vers, der Reime wegen und des Sprachbogens halber, am Ende der letzten Strophe (aber auch des gesamten kleinen Gedichts) gelandet ist. Dort steht er also am Ende sogar bewußt, dieser Vers. Die Strophen und Verse sind vor dem Einstellen in der Lupe mehrfach "rotiert". Das, was wir hier sehen, war also der Endpunkt einer längeren Überlegungs- und Bearbeitungszeit.

Andererseits finde ich den Vorschlag von Lumen durchaus in eine gute Richtung zielend, warum ich mich entschloß, ihn zu übernehmen, aber zwei Versionen in meinem Fundus zu halten.

Ich möchte gerne die jetztige Form so lassen, wie sie ist, es sei denn, es kommen ein paar Argumente, die die Hinweise von Euch beiden nochmals verstärken.

Lieben herzlichen Dank nochmals für Eure Hilfestellung.

Grüße und Wünsche

W.
 



 
Oben Unten