Was ich an dir hasse.

Jane Smith

Mitglied
Du ziehst deine Beine aufs Sofa und lehnst dich an mich an. In mir braut sich etwas Dunkles zusammen, ein Knäul, der dafür sorgt das diese einfache Bewegung von dir, mir den letzen Nerv raubt.
Woran liegt das?
Woran liegt es, dass diese einfache menschliche Handlung in mir so einen Hass erzeugt?
Ich glaube meine Antwort darauf würde die wenigsten Menschen zufriedenstellen. Sie würden denken es ist eine Ausrede, eine Art Versuch "hip" und "cool", einfach "besonders" zu sein um sich von allen anderen abzuheben. Das Problem ist aber, dass diese Antwort nicht mal mich selbst zufriedenstellt.
Wie könnte sie also nur eine Ausrede meines eigenen Verstandes sein, um mich auf irgendeine Art besonders zu fühlen? Wie könnte etwas, das mir selbst missfällt nur ein Konstrukt meines eigenen Bewusstseins sein?
Die Leute werden zugeben müssen, dass ich damit nicht allzu falsch liegen kann – vorausgesetzt natürlich sie glauben mir.
Aber ich merke, ich schweife ab, versuche mich zu rechtfertigen, da ich selbst nicht glücklich mit dem Ergebnis bin. Jedoch darf ich dich aus Gewissensgründen nicht länger auf die Folter spannen. Ich muss dir meine Lösung, meine Antwort – oder vielmehr meine Theorie - über das obrige Ereignis jetzt wohl erläutern.
Dieses An-Mich-Lehnen scheint aus meiner Sicht ein Zeichen zu sein, dass du menschliche Nähe brauchst, dass du Wärme und Zuneigung brauchst, dass du ohne diese Zuwendung nicht leben kannst, so wie ein Säugling nicht ohne seine Mutter leben könnte.
Möglicherweise erscheint dir das wie eine sehr gewagte Interpretation eines so unschuldigen Verhalten. Aber wir beide wissen, dass es Anzeichen gab: weitere solcher Annäherungsversuche um sich Nähe zu erschleichen, die Enttäuschung in deinen Augen, wenn ich wieder einmal nicht darauf einging und dann noch das:
Sinngemäß zitiert sagtest du zu mir: ich brauche etwas zum kuscheln.
Zugegeben, damals bezog sich das auf deinen Wunsch nach einem Haustier, nicht auf einen anderen Menschen, der dich liebt oder wertschätzt. Aber sagt dieser Wunsch nicht genau dasselbe aus? Dass du Nähe brauchst? Wärme? Auch wenn es dir hier nur um eine tierische ging?
Das jedenfalls muss es gewesen sein, was diesen Hass, diesen dunklen Abgrund in mir geweckt hat. Diese Wunsch deinerseits erscheint mir als eine der größten menschlichen Schwächen, wenn nicht sogar die größte Schwäche überhaupt.
Den Umstand nicht alleine sein zu können, ohne Nähe, Wärme und dergleichen – das verabscheue ich.
Schwache Menschen waren noch nie mein Fall, auch wenn ich natürlich selbst in einigen Punkten schwach bin, das ist jeder, denn es ist menschlich. Aber diese spezielle Schwäche – wenn man dieses Nähebedürfnis als eine Schwäche bezeichnen will – bewirkt in mir eine unfassbare Abscheu. Eine Abscheu gegen all jene, die dieser Schwäche nachgeben, all jene die glauben das tatsächlich zu "brauchen", all jene die nicht allein sein können.
Ich hasse diese Menschen, vielleicht einfach weil ich etwas neidisch bin, da ich selbst nur allein sein kann. Aber ich glaube hauptsächlich weil ich dieses Gefühl nicht nachempfinden kann und somit fest davon überzeugt bin, dass der Mensch fähig ist dies abzustellen, wenn er es wollte. Dass all das Gejammer und Geheule über den letzten Partner, all die depressiven Phasen nach einem Abschied und alle Gefühlsduselei der Welt, nichts weiter sind als Schreie nach Aufmerksamkeit und diese Schreie zeigen mir was du für ein Mensch bist - dass du schwach bist. Und damit kann ich nicht leben.
Denn das ist es, was ich hasse – Schwäche.
 



 
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