Was ich bei Burger King erlebte und wie es mein Leben verändert hat, vorerst

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Kabelkolb

Mitglied
Was ich bei Burger King erlebte und wie es mein Leben verändert hat, vorerst

Als ich heute bei Burger King war, geschah etwas gewaltiges. Ich entschloss mich dazu, nicht mehr dort zu essen. Obwohl ich die Zwiebelringe liebe und es eigentlich sehr mochte, mir am Bahnhof schnell einen Kaffee und diese wunderbaren Zwiebelringe zu holen. Oh, diese Zwiebelringe. Vielleicht werde ich es nicht schaffen, von ihnen loszukommen. Der Konzern hatte mich über all die Jahre Zwiebelringabhängig gemacht. Es war mir seitdem nie mehr möglich, in ein Land zu reisen, das nicht auf der ‚Burger-King Filialliste weltweit’ aufgeführt ist. Höchste Zeit von dem Zeug runter zu kommen. Es wird nicht leicht, aber ich werde es versuchen. Warum?

Weil heute neben mir an der Kasse ein zuerst vermeintliches Pärchen, bestehend aus einer jungen Frau und einem recht heruntergekommenem Typen stand und wartete. Während ich bestellte wurden auch sie bedient. Ich weiß nicht was sie bestellt haben, da ich mit einer Kassiererin, die nur wenig deutsch konnte, gestraft war, dafür, dass ich mich in meiner Eile vor einen anderen Wartenden geschummelt hatte. Wäre ich doch bloß an ihrer Kasse. Da geht alles so schnell und freundlich. Diese Kassiererin scheint auch jedes Wort zu verstehen und nimmt die Bestellung der beiden an, ohne zehn mal nachzufragen. Hm...

Endlich zeigt meine Kasse einen Betrag an, den ich passend gegeben habe, um nicht noch in Wechselgeldmodalitäten verwickelt zu werden. Der Zug sollte gleich fahren und ich musste sogar noch Zigaretten holen, da für den Uniautomaten milde Cabinet als exotisch galten. Plötzlich stand der Filialleiter an der Nebenkasse.

-„Entschuldigen sie, aber betteln ist hier verboten. Bitte verlassen sie unser Restaurant.“
Unglaublich! Er wollte den Typen neben mir, der zwar so aussah, aber keinesfalls gebettelt hatte, rausschmeißen. Außerdem bezeichnet er diese Fast-Food-Spilunke als Restaurant. Das war doch nicht zu glauben!
-„Er bettelt nicht, wir haben was gekauft.“ Erwiderte die junge Frau und die Kassiererin nickte zustimmend. Der Kassenbon wurde vom Drucker abgerissen. Hier.
-„Na gut.“ Sagte der Chef und wollte sich umdrehen und abziehen.

Moment. Das konnte doch nicht alles gewesen sein? Die beiden kriegen ihr Essen und er haut ab? Er wird als Bettler tituliert und gut is’? Alle stehen rum und halten das für normal? Nee. Nicht mit mir.
Da ich wusste, dass der Tyrann mir gegenüber seit jeher in der Geschichte schon immer die schlechteren Karten hatte, ging ich in Angriffsposition. Ich beugte meinen Oberkörper leicht über die Theke und rief dem Filialleiter hinterher: „Entschuldigen sie, hätten sie einen Moment?“ Er drehte sich um. Der vermeintliche Bettler stand noch neben mir.
-„Ja?“ fragte der Burger-King-Scherge.
„Ich habe folgende Frage: Wenn ich mir heute nach der Arbeit nicht die Hände gewaschen hätte und nun hier essen wollen würde, wäre es falsch etwas zu bestellen und es zu bezahlen, wenn ich augenscheinlich auch darum betteln könnte?“ Ich gebe zu, ich hatte mich etwas verhaspelt. Aber auch er verstand nicht mehr genau was ich wollte.
-„Wie meinen sie das?“
„Ich meine, dass es eine Unmöglichkeit ist, sich derart dümmlich zu verhalten und einen Menschen grundsätzlich nur nach dem Äußeren zu beurteilen.“
-„Äh, wie?“
„Sie haben doch von hinten überhaupt nicht gesehen, ob dieser Mann“, ich zeigt auf den Typen, der gerade seinen Burger erhielt und glücklich dreinschaute, „überhaupt ein Obdachloser ist. Und ob er bettelt!“
-„Ich kenne diesen Mann. Und er bettelt hier fast täglich.“
Mist. Er hatte also recht. Aber war das ein Grund, mich so patzig anzukucken. Oder bildete ich mir dies nur ein? Ich wusste es nicht und ich weiß es auch jetzt nicht. Ich sagte:
„Entschuldigen sie, aber hier möchte ich nichts mehr essen. Das hat mir irgendwie den Appetit verdorben.“ Kurzzeitig dachte ich noch an meinen knurrenden Magen und die Zwiebelringe, dann aber kam mein Stolz wieder durch und ich sagte mit einer derartig festen Stimme, dass ich ab diesem Zeitpunkt gar nichts mehr sagen musste: „Bitte geben sie mir mein Geld zurück. Ich möchte gehen!“

Die Kassiererin an meiner Kasse, die bis zu diesem Zeitpunkt gebraucht hatte um mein Kleingeld in die Kasse zu zählen, fing an dieses Kleingeld wieder in meine Hand zu bugsieren. Der Filialleiter stand mit einem Kopf da, der aussah wie eine unreife Tomate, die noch nicht weiß ob sie nun rot oder doch grün bleibt und fragte sich bestimmt, ob ich verrückt war oder so was. Ich war nicht verrückt. Nur beleidigt von der Art des Filialleiters. Und hungrig!
Jetzt sitze ich im ‚Falafel Daye’ und überlege. Den Zug habe ich verpasst und Zigaretten habe ich auch nicht.

Soll ich das aufschreiben? Ist eigentlich zu langweilig. Irgendwie so alltäglich. Zugverpassen und Zigarettenvergessen. Aber ist es nicht gerade das Alltägliche, das mich verrückt macht? Und habe ich mir nicht irgendwann vorgenommen, von den Dingen, die mich verrückt machen, zu berichten? Zu schreiben? Aber wie?

Vielleicht so: „Hallo, mein Name ist Thomas, ich arbeite in einem Grundbedarfsladen und ich bin süchtig, ...nach Zwiebelringen.“
 

Kabelkolb

Mitglied
Spe..Spi..Spa!!!

Hallo Flammarion,

danke für den Hinweis. Ist mir bis jetzt nicht bekannt gewesen, habe das Wort wohl zum ersten Mal geschrieben.

Ich weiß nicht genau, ob die Geschichte es überhaupt wert war, sie aufzuschreiben. Ich bin teilweise sehr verunsichert, was die Themen anbelangt, die mir an manchen Tagen entgegenwuchten. Ich weiche manchmal aus, aber die meisten nehme ich mit der vollen Breiseite. Ich schreibe schon wieder Unsinn hin und eigentlich wollte ich dir nur für den Tip (oder Tipp) danken.

Ich glaube eher: Tipp!

Pfirty allemiteinand' und liebe Grüsse zurück an die Flamme...

Der Kabelkolb!!
 
H

hoover

Gast
das

hat mich vom hocker gerissen, ganz ehrlich, das teil ist ja fantastisch ...
... immer weiter so, weiter so ...

hoover (kriegt sich gar nicht mehr ein)
 
D

Denschie

Gast
Hallo Kabelkolb,

die Geschichte ist super, der Stil gefällt mir, nur ein kleiner moralischer Einwand:
Du verdammst an einer Stelle, dass der Filialleiter nur nach dem Äußeren beurteilt. Das ist löblich.
Aber was ist, wenn einer innerlich und äußerlich obdachlos und ein Bettler ist? Darf der Filialleiter ihn dann des Ortes verweisen? Teilweise hört es sich so an, als ob du es ok findest, wenn "echte" Bettler so behandelt werden.
Kling spitzfindig, ist mir aber aufgefallen, wollt` ich nur erwähnt haben.
Nicht mehr bei Burger King zu essen ist wahrscheinlich so oder so eine gute Entscheidung...
Viele Grüße,
Denschie
 

Kabelkolb

Mitglied
Bettler raus? NEIN!!!

Nein, nein,

das hätte ich vielleicht nochmal explizieren müssen. Ich bin absolut dagegen, wenn man Bettler, ob nun echte oder nicht, des Ladens verweist. Die Sache hat wie alles zwei Seiten:

1. Wenn der Typ, wie bei BK nicht bettelt und einfach abgestempelt wird, weil er halt so aussieht, obwohl er etwas kauft, wie jeder andere auch.

2. Wenn der Typ wirklich bettelt und die Leute damit nervt. ALLERDINGS: Er will halt auch was zu essen, oder trinken, oder nen Platz zum schlafen. Wenn jeder den er fragen würde, ob er ihm nicht etwas Geld geben kann oder ihm etwas zu essen kaufen, ihm auch etwas Geld geben würde, müsste man sich über solche Filialleiter gar nicht ärgern. Dann wär ja allen geholfen. Der Typ hat was zu beissen, der Leiter hat seinen Laden "Bettlerrein" und ich muss mich nicht aufregen.

Also: Almosen geben ist Pflicht. Ich geb jedesmal meinen Einkaufswageneuro nach dem Einkauf an den Stütze Verkäufer vorm Aldi. Wenns jeder machen würde, wär es super. Ich bin zwar auch nicht reich, aber auf den einen Euro kann ich gut und gerne verzichten und der Stütze Typ freut sich, das hat er mir gesagt. Ist doch ok, ich werte ihn nicht ab, weil er bettelt und er weiß, dass er mich ruhig anschnorren kann.

Pfirty allemiteinand'

..der Kabelkolb!!
 



 
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