Weihnachtsgeschichte

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Walther

Mitglied
Weihnachtsgeschichte


Es ragen kahle Äste starr ins Grau
Des Wolkenhimmels, zeichnen schwarze Striche.
Es ist, als ob ein Tag dem andern gliche,
Und es zerfließt die Zeit ins Ungenau.

Die Kälte rötet Wangen und führt Stiche,
Sie färbt die hellen Nasen rosablau.
Es löst sich tief im Innern mancher Stau.
Und mancher kommt dem Wahnsinn auf die Schliche,

Den man die Weihnacht nennt und gern missbraucht,
Um schnell noch seine Scheibe sich zu schneiden.
Der weiße Hauch, der aus den Mündern raucht,

Kann zwischen Lug und Trug kaum unterscheiden:
Man merkt, wie Stress und das Gehetze schlaucht;
Man will sich bessern; man kann sich nicht leiden.
 

Gerd Geiser

Mitglied
Hier ist sie nun endlich: Die wahre Weihnachtsgeschichte. Der Zeitgenosse erkennt sich wieder und badet in wohlfeilen Worten.
Gedreht wird der Hebel der Mischbatterie, und Weihnachten fließt für ihn und für sie. Und man dreht und dreht am Hebel und setzt sich unter Nebel.
Ich für meinen Teil ziehe mir die Nikolausmütze übers Gesicht und warte, bis alles vorbei ist.

Gans, du bist umsonst gestorben.

LG,
Gerd
 

Walther

Mitglied
Moin Gerd,

ich dachte schon, ich falle mal wieder der Nichtbeachtung anheim. Gedicht tot, Gans tot, der Walther untot. Mein Dank.

Den einen Fan, den muß ein Dichter haben, außer der Liebsten, Mütter, Tanten. Die feiern gerne alle Unbekannten. An deren Lob muß Du Dich laben. :)

Weihnachten können die eigenen Werke dann verpackt und verschenkt werden. So war die Kohle nicht ganz umsonst, und der Gehirnsch(w)eiß auch nicht. Daher liebe ich diese Jahreszeit. Extra für uns Dichter geschaffen.

Grüßend W.
 

Eve

Mitglied
Ja, da kommen sie durch, die genervten Adventshektiker, die ihre Unzufriedenheit auf den Weihnachtsstress schieben ... wobei solche Festtage den bereits vorhandenen Wahnsinn ja nur betonen, nicht erschaffen ;-)

Mir gefällt besonders diese Zeile
Und es zerfließt die Zeit ins Ungenau
Ein guter Text, der mal nicht besinnliche Beschaulichkeit mit den Lieben in trauter Einigkeit zum Thema hat *g*

Viele Grüße,
Eve
 

Walther

Mitglied
Hallo Eve,

Dein Lob berührt. :) Gegen ein paar Bewertungs-Sternchen hat niemand was, nicht mal an Weihnachten. ;)

Ich versuche, das Unwohlsein auf meine Art zu beschreiben. Das traute Heim ist traut, wenn man eines hat. Wer keins hat, hat kein "traut". Wobei dieses Adjektiv sicher am besten mit "heimelig / wohltuend / geborgen" ins heutige Deutsch übertragen werden könnte.

Wir sind deshalb so skeptisch, da uns der Glaube und die Sicherheit der Bilder und Bezüge abhanden gekommen ist. Wo alles neuronales Marketing ist, bleibt nichts mehr ohne wirtschaftlichen Hintergedanken, und jedes Gefühl schmeckt benutzt.

So meine Sicht der Dinge. Und weiter oben eine weitere Facette aus diesem Bezugsgeflecht.

Weihnachtsgruß W.
 
S

Spaetschreiber

Gast
Berührt.

Ach Walther, es gibt nicht mehr so viele Geschichten die man an sein Herz läßt. Gegen diese aber, kann man sich nicht wehren. Ist denn, wenn ich mitfühle, mit mir noch alles gut?
Ich wünsche es mir. Und dir schicke ich einen herzlichen Gruß aus den Berliner Saitenstraßen.

Danke
Tom
 

Walther

Mitglied
Hallo Spaetschreiber,
man kann sich der Weihnachtsstimmung nicht ganz entziehen - und will es doch.
Alles Gute nach Berlin. Und schlag die Saiten. Laß es tönen.
Gruß W.
 

Walther

Mitglied
Hallo Limba,
danke für Dein Lob. Am Ende hilft allerdings nur eine Note besser als "6" (setzen). :)
Beste Grüße und frohe Festtage. W.
 



 
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