Weine nicht, weil... (gelöscht)

Status
Für weitere Antworten geschlossen.

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Anita,

ich füge Anmerkungen zu Deiner Geschichte in blau ein:


Weine nicht, weil es vorbei ist. Lächle, weil es schön war. [blue]Streichen, weil der Satz zu viel vorwegnimmt[/blue]

Sie stand auf dem großen Platz vorm [blue]vor dem[/blue] Amtsgericht und wartete auf ihn, ihren Ex-Mann. Durfte sie ihn schon so nennen, oder musste man damit warten bis das Urteil rechtskräftig war? Vor zwanzig Minuten hatte der Familienrichter das Ende ihrer Ehe verkündet, nach fast fünf Jahren.
Vor sieben Jahren [blue]Doppelung Jahre, klingt nicht so gut[/blue] hatten sie sich kennengelernt, waren sich auf der Party eines gemeinsamen Freundes begegnet. Nach dem ersten Glas Wein bahnte sie sich den Weg zur Küche, auf der Suche nach etwas Essbarem. Sie schob sich zwischen den Partygästen hindurch, die sich in der Wohnung des Freundes drängten.[blue]letzter Teil des Satzes überflüssig [/blue]Die Musik war nicht zu laut, wegen der Nachbarn, überall standen die Leute in kleinen Gruppen und unterhielten sich angeregt.
Ein Lachen, gedämpft, etwas heiser, ließ sie aufhorchen. Sie blickte in die Runde, um ausfindig zu machen, zu welchem Mann dieses Lachen gehörte. [blue]Woher wusste sie, dass das Lachen zu einem Mann gehörte? [/blue]Dann entdeckte sie ihn. Mittelgroß, schlank, braunes langes Haar, nicht schön, nicht hässlich, aber auch nicht mittelmäßig. [blue]Ja was denn nun? Verwirrende Beschreibung! [/blue]Er sprach leise, eindringlich, auf seine Gesprächspartnerin, vielleicht seine Freundin, ein. Etwas Verwegenes, etwas Wildes ging von ihm aus. Er bemerkte ihren Blick, erwiderte ihn, lächelte. Sie war verunsichert, fühlte sich hilflos, hin und her gerissen. Sollte sie zurück lächeln oder seinen Blick ignorieren? Abrupt drehte sie sich um und steuerte in Richtung Küche. Als sie mit einem Käsebrötchen in der Hand aus der Küche [blue]aus der Küche überflüssig [/blue]zurückkehrte, sah sie ihn und lächelte, mit etwas Verspätung, zurück. So fing alles an.

Gemeinsam genossen sie zwei aufregende, wilde Jahre. Sie mochte sein[blue]e[/blue] Stimme, das etwas heisere Lachen, seine Art sich zu bewegen, liebte seine Spontan[blue]e[/blue]ität, seinen Humor, seinen Geruch. Seine Küsse schmeckten nach Rauch und seinen Händen haftete immer der Duft von Tabak an. Es war die große Liebe und sie waren sich sicher, dass diese Liebe ein Leben lang Bestand haben würde. So beschlossen sie zu heiraten und gemeinsam durchs Leben zu gehen. Er war mit Leib und Seele Musiker und der Himmel hing voller Gitarren. Sie brauchten nicht viel, um glücklich zu sein, einen Plattenspieler, einen Kühlschrank, ein paar Möbel vom Sperrmüll, eine gebrauchte Waschmaschine.
Dann begann sein Studium in einer anderen Stadt. Sie vermissten sich. Wenn er sie montags, manchmal auch schon sonntags, verließ und zum Bahnhof fuhr, fühlte sie sich einsam, sehnte sich nach ihm, saß zu Hause, vergrub ihr Gesicht in seinem T-Shirt und atmete seinen Geruch ein. So ging es Wochen, Monate, Jahre. Dieses Kommen und Gehen war Gift für ihre Liebe. Dieses Warten von Wochenende zu Wochenende ödete sie an. Sie ging neuerdings auch mal unter der Woche aus, ohne ihn. Wenn er samstags und sonntags da war, blieben sie meist zu Hause und genossen die gemeinsame Zeit. Immer öfter hatte sie, wenn er nicht da war, Verabredungen mit Leuten, die er kaum kannte, meist Leute aus der Firma oder vom Sportverein. Am Wochenende erzählte er von seinen Kommilitonen, die ihr fremd waren und von Veranstaltungen an der Uni, bei denen sie nie dabei war. Fünf Tage führte jeder sein eigenes Leben.
Irgendwann war es montags sehr wichtig die Wohnung zu lüften. Seine dauernde Qualmerei empfand sie als störend. Sie vergrub ihr Gesicht nicht mehr in seinem T-Shirt, damit sein Geruch ihn ihr näher brachte. Sie konnte ihn nicht mehr riechen, steckte seine Wäsche schnell in die Waschmaschine, um den Geruch nach Rauch loszuwerden. Seine Küsse schmeckten nach kalter Asche.
Er kam nicht mehr jedes Wochenende nach Hause, musste lernen. Sie war froh drum. Wenn er freitags, meist aber erst samstags kam, hatten sie sich nicht viel zu erzählen. Wie erwartet umarmten und küssten sie sich. Sie schliefen miteinander, weil sie das immer taten, wenn er nach Hause kam. Doch dann ging auch das nicht mehr. Die Liebe war vorbei, irgendwo auf der Strecke geblieben, verloren gegangen. Sie wussten nicht wo und wann es geschehen war. Die Liebe war verschwunden.
Immer wieder kam es zum Streit wegen Kleinigkeiten, Mülleimerruntertragen, Wäschewaschen oder übers [blue]über das [/blue]liebe Geld. Sie vermieden Berührungen, wichen sich in der kleinen Wohnung [blue]aus[/blue] so gut es ging [strike]aus.[/strike]
Schließlich ergriff sie die Initiative und machte dem unwürdigen Zustand ein Ende. Sie wandte sich an einen Rechtsanwalt und reichte die Scheidung ein.
Man war sich schnell einig. Reichtümer besaßen sie keine, und so gab es nicht viel aufzuteilen.

Nun stand sie auf dem Platz vorm [blue]vor dem [/blue]Amtsgericht und wartete. Er musste jeden Moment kommen, hatte noch etwas mit seinem Anwalt zu besprechen. Die große Flügeltür des Gerichtsgebäudes öffnete sich, er trat heraus und blickte sich suchend um. Dann sah er sie und ging mit großen Schritten über den Platz. Sie beobachtete ihn, während er näher kam.
„Mein Gott“, dachte sie, „jede Bewegung ist mir vertraut. Wie er den Kopf leicht zur Seite neigt, die rechte Schulter etwas nach vorne schiebt und mit den Fingern schnippt, wie immer, wenn er nervös ist.“
Langsam ging sie ihm entgegen.
„Und?“, fragte sie, als sie sich gegenüberstanden. „Alles geklärt?“
Er nickte.
„Gehen wir noch einen Kaffee trinken oder etwas essen?“, schlug sie vor.
Er lachte wieder das heisere Lachen, dass [blue]das[/blue] sie einmal geliebt hatte.
„Ein Abschiedsessen?“, meinte er grinsend. „Soviel Zeit hab ich nicht mehr, mein Zug geht in einer Stunde, aber ein Kaffee wäre nicht schlecht.“
Sie betraten das Café am Bahnhof und setzten sich an einen Tisch am Fenster. Während sie auf die Bedienung warteten, blickten sie sich an.
„Wir haben es versaut!“, stellte er fest.
„Ja, das haben wir!“
Sie bestellten ihren Kaffee und sahen etwas verunsichert aus dem Fenster. Was gab es noch zu sagen? Es war vorbei. Der Kaffee wurde serviert und sie beobachtete wie er zwei Tütchen Zucker aufriss, den Inhalt in seine Tasse rieseln ließ und sie fragend ansah. Sie lächelte und schob ihre Zuckertütchen über den Tisch.
Ach, was hatte sie sich oft über die Pampe in seiner Tasse geärgert, die man vor dem Spülen immer erst einweichen musste. Aber es war vorbei. Schweigend tranken sie ihren Kaffee.
„Kommst du zurecht?“, fragte sie schließlich, „Ich meine finanziell.“
„Es geht schon. Ich werde nicht am Hungertuch nagen. Aber danke der Nachfrage.“
Er sah auf die Uhr.
„Ich muss los“, sagte er und blickte sich nach der Bedienung um.
„Lass mal, ich lad dich ein“, sagte sie und ihre Stimme klang anders als sonst.
„Danke!“, er erhob sich und reichte ihr die Hand. Auch sie stand auf, ergriff seine Hand und spürte einen Klos [blue]Kloß[/blue]im Hals. Sie umarmten sich steif, hölzern. Wie immer roch er nach Rauch und Tabak.
„Jetzt nicht zu viel Nähe aufkommen lassen und nur nicht flennen“, dachte sie, „das würde noch fehlen.“
„Mach's gut“, sagte er leise.
„Du auch“, antwortete sie, „und rauch nicht so viel.“
Er lachte wieder sein heiseres Lachen, drehte sich abrupt um und verließ das Café. Sie sah ihm nach, wie er mit großen Schritten über den Bahnhofsvorplatz ging.
Es tat noch verdammt weh, aber es war vorbei.



Ich hoffe, Du kannst damit etwas anfangen. Das Ende des Textes gefällt mir besonders gut. Es ist Dir gelungen, die Stimmung des "Es ist vorbei" zu transportieren.

LG
DS
 

molly

Mitglied
Deine Geschichte ist so gut geschrieben, dass ich sie vom Anfang bis zum Schluss lesen wollte. Die Fehler hat DocSchneider schon angemerkt.
Du könntest als Titel einen Deiner letzten Sätze verwenden: Jetzt nur nicht flennen. Mich stört zwar Dein Titel nicht, aber er verrät wirklich schon viel.
Ob Du den Satz nun lässt oder änderst: es ist Deine Geschichte.

Gern gelesen :)
Gruß
molly
 

Maribu

Mitglied
Weine nicht, weil ...

Hallo Anita,

ich finde die Geschichte - Pardon - sehr konstruiert; deine
Personen leben nicht!

Ein Mann, mehr als mittelmäßig mit einem heiseren Lachen, von dem etwas Verwegenes, Wildes, ausging.

Sie genossen zwei aufregende, wilde Jahre. Was ist darunter zu verstehen?

Seine Küsse schmeckten nach Rauch, seine Hände nach Tabak. War er Kettenraucher? Pfeife oder Zigaretten? Ein Kuss und Händedruck wäre für eine Nichtraucherin eher abstoßend!

Irgendwann fand sie seine Qualmerei dann doch störend; konnte ihn nicht mehr riechen. Seine Küsse schmeckten jetzt nach kalter Asche. Wie schmeckt die?

Schreiben kannst du! Die Geschichte ist auch nicht uninteressant. Aber das Kennenlernen, Zusammenleben und die Scheidung überzeugen nicht! - Andere Leser mögen sie vielleicht besser beurteilen.
L.G.
Maribu
 
Weine nicht, weil...

Hallo Maribu,
ich habe in deinem Profil nachgeschaut, ob sich hinter Maribu ein Mann oder eine Frau verbirgt. Leider hast du keine Angaben gemacht.
Ich tippe mal, dass du ein männliches Wesen bist und deine Sichtweise auf diese Liebesgeschichte daher etwas distanziert ist.
Riechen und schmecken sind in der Liebe für die meisten Frauen sehr wichtige Wahrnehmungen. Ist die Liebe dahin, wird der Kettenraucher, den man mal über alles liebte, zum Stinker. So ist das nun mal.
Sorry, ich wollte dir jetzt nicht die Frauen erklären. ;-))

Danke für deine Anmerkungen.

Liebe Grüße
Anita K-M
 
A

aligaga

Gast
Hallo @Anita,

zu deinem Stück hat @ali vor einiger Zeit mal ein Liedchen geschrieben.

Du fändest es [blue]hier[/blue].

Viel Spaß damit.


Gruß

aligaga
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
@aligaga:
zu deinem Stück hat @ali vor einiger Zeit mal ein Liedchen geschrieben.

Du fändest es hier.
Was bedeutet das? Du hast das Lied geschrieben? Wenn, ist der Link unzulässige Eigenwerbung. Wenn nicht, ist er ebenso deplatziert, weil er nichts mit dem Text und Textarbeit zu tun hat.

LG
DS
 

petrasmiles

Mitglied
Liebe Anita,

hier ist einmal flüssig erzählt, wie sich so eine Verlieben und Entlieben Geschichte auf kurzem Raum beschreiben lässt.

Der Einwand von Maribu ist insofern berechtigt, als hier wirklich die Personen nicht leben; vielleicht liegt es daran, dass die feststehende Dramatik nicht hinterfragt oder aufgebrochen wird und rein vom Gefühl her erzählt wird.

Mich stört ein bisschen die Oberflächlichkeit, die darin liegt, dass der Rausch der Gefühle konsumiert wurde, aber aus diesem sich selbst verzehrenden Feuer nichts gerettet wurde. Das ist keine Liebe. Wenn man liebt, dann gibt es ein häufiges Ringen um die Abwägung, wie weit geht die Anpassung, wo muss ich darauf beharren, ich zu sein; wo ist das wir, wo ist das ich, wie stellen wir Balance her. Das setzt eine wirkliche Zugewandtheit voraus, die Deine Protagonisten nicht haben. Der andere 'lebt einem nicht nur zu' und man sucht sich aus, womit man was anfangen kann.

Aber das alles bewahrt einen nicht davor, dass man eines Tages nicht mehr 'riechen' kann, was man einmal liebte.

Sagen wir mal so, was Du beschrieben hast, was aus der Rückblende durchlebt wird, das ist sehr authentisch, aber was die Beziehung selbst anbelangt, da fehlt der Ursprung für die Trauer.

Wie man das besser hinbekommen hätte, ohne das Gesamtgefüge ausufern zu lassen - ich weiß es nicht.
Vielleicht muss das auch nicht sein. Dann ist es eben die Entliebungsgeschichte weniger reifer Menschen.

Liebe Grüße
Petra
 
A

aligaga

Gast
Was bedeutet das? Du hast das Lied geschrieben? Wenn, ist der Link unzulässige Eigenwerbung. Wenn nicht, ist er ebenso deplatziert, weil er nichts mit dem Text und Textarbeit zu tun hat.
Das Lied, @Doc, das jeder unter "robert kneidl mädchen" guhgeln kann, ist käuflich nicht erwerbbar. Es ist hier deshalb nicht deplatziert, weil es haargenau das anspricht, wovon hier die Rede ist - und was von manchen in Zweifel gezogen wird: Dass die Liebe unter Umständen erst da (wieder) erkannt wird, wo's ans Scheiden geht. Schade, @Doc, dass deine Geduld zum Abhören des Textes nicht ausgereicht hat. Wirklich schade ...

Es scheint dir gar nicht um die Sache und um die Aussage des Textes zu gehen. Worum denn dann?

Gruß

aligaga
 
Weine nicht, weil...

Hallo Petra,

es ist mir wie Schuppen von den Augen gefallen, warum meine Personen, wie auch schon Maribu bemerkt hat, nicht leben. Ich habe, vermutlich unbewussst, versucht von den Protagonisten wenig preiszugeben, da diese Geschichte eine sehr persönliche Geschichten ist, über das Entlieben zweier, unreifer, junger Menschen.
Mir ist das nicht aufgefallen, doch der Leser hat es gespürt!

Danke für deine Anmerkungen. Sie haben mich auf dem Weg des Geschichtenerzählens ein Stück weiter gebracht.

Liebe Grüße
Anita
 

Clara

Mitglied
hi
es liest sich alles sehr plausibel und flüssig
aber ich fürchte auch, es ist eher eine Nach-Erzählung denn eine Erzählung

So etwaswie Handlung fehlt, Spannungsbogen, und ja, ich kann mir wohl beliebige Personen vorstellen aber ich täte keinen auf der Straße wieder erkennen, da du diese Personen nicht charakterisiert hast.

Das Alter oder Hinweise darauf - nun ja Studium - bis 27 könnte man es geschafft haben- dann mit 22 Jahren verheiratet sein?
5 Jahre ohne Kinder?

Problematisch bei auch eigenen Erlebnissen, ist die Erzählform.
Das ICH kann nicht alles erzählen, was er erlebte, jedenfalls nicht lebendig.
Über sich selbst schreibt man nciht gerne - das blockiert alles,und ist immer zu nah an der Wahrheit
Ergo müsste der Dritte ins Spiel kommen, der erzählt, beschreibt, auch wertet, ein bisschen lügen darf, ohne das es unlogisch, oder weltfremd wird- also authentisch rüberkommt.

bei dem Titel fiel mir sofort ein Lied ein von Drafi Deutscher - Weine nicht wenn der Regen fällt, damm damm - damm damm :)
 
Weine nicht, weil...

Hallo Clara,
ja, es ist eher eine Nacherzählung, denn eine Erzählung.
Hätte ich mal besser nicht preisgegeben, dass es eine persönliche Geschichte ist, dann wärst du auch nicht auf die Idee gekommen, zu schreiben, dass die Geschichte aus der Ich-Perspektive erzählt wird, denn SIE hat über die Trennung berichtet und ich hätte auch erzählen können, wie ER empfunden hat.
An der Erzählform kann es also so nicht liegen, dass die Personen nicht leben.

Vielen Dank für deine Anmerkungen!
Der Hinweis auf das Lied von Drafi Deutscher hat mich umgehauen...DAMM,DAMM,...

Liebe Grüße
Anita
 
Status
Für weitere Antworten geschlossen.



 
Oben Unten