Wen Gott liebt, den züchtigt er!

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Wen Gott liebt, den züchtigt er !
Mütter muss er ganz besonders lieben.Aber ob uns das als Trostpflästerchen wirklich genügt, meine lieben Mütter, um uns über den Alltag mit unseren lieben, kleinen Ungeheuern hinweg zu trösten, wage ich doch sehr zu bezweifeln.
Also, wenn mir jemand rechtzeitig gesagt hätte, dass ich als erwachsene Frau in einem Affenstall hauswirtschaften muss, hätte ich im zarten Alter von 2 Jahren aus Protest aufgehört zu wachsen.
Dass meine eigene Mutter mich eiskalt und ohne mit der Wimper zu zucken hat ins offene Messer laufen lassen, kann nur was mit später Rache zu tun haben.
Hätte sie doch nur einmal erwähnt, dass Kinder unter 3 Jahren niemals und unter gar keinen Umständen länger als eine 1/2 Stunde an einem Stück schlafen.
Außerdem hatte ich, als ich mich in das Abenteuer Mutterschaft stürzte nicht die geringste Vorstellung davon,
-dass ich fortan nie mehr länger als 36 Sekunden ungestört telefonieren kann,
-dass ich, wenn überhaupt,meinen Kaffee nur noch kalt genießen darf,
-dass ich meine Zeitungen erst in mühevoller Kleinarbeit Schnippselchen für Schnippselchen zusammen setzen muss, um sie dann klammheimlich mitten in der Nacht zu lesen und
-dass ich 90% meiner Gespräche mit den Wänden unseres Wohnzimmers führe, weil alle meine Kinder offensichtlich an einem akuten und chronischen Hörschaden leiden.
Jetzt erzählen Sie mir bloß nicht, ich hätte etwas falsch gemacht. Mein Selbstbewußtsein hat in den Jahren, die man mich nun schon "Mutter" schimpfe, wahrhaftig genug gelitten. Da habe ich mich nun aus purer Verzweiflung durch sämtliche Erziehungsratgeber gekämpft und möchte behaupten,dass meine theoretischen Kenntnisse inzwischen ausreichen, um selbst ein Buch zu schreiben, aber die Praxis, meine Damen, sieht leider ganz anders aus.
Mein Ältester (22) läuft aus Fitnessgründen ohne Ermüdungserscheinungen und ohne Wenn und Aber mindestens 10 km pro Tag, aber der Weg zum Papierkorb
in seinem eigenen Zimmer ist ihm zu weit.
Mein Mittlerer (20) findet den Kühlschrank mit schlafwandlerischer Sicherheit, bei totaler Mondfinsternis und ohne irgendwo anzuecken, aber die Spülmaschine würde er nicht finden, wenn sie mit 1001 Hunderwattbirnen beleuchtet wäre.
Meine Jüngste (3) kann sich zum Doktorspielen innerhalb von 2 Minuten komplett ausziehen. Sie bedient die Waschmaschine alleine,um ihre Puppenkleider zu waschen. Aber sie schafft es nicht ohne meine Hilfe sich nachts wieder zuzudecken.
Inzwischen habe ich die Hoffnung aufgegeben,dass meine pädagogischen Maßnahmen noch irgendwann mal fruchten werden und tröste mich mit der Gewissheit, dass der liebe Gott mich maßlos liebt.
Wenn Sie sich Ihr Plätzchen im Himmel noch nicht verdient haben, meine Damen,
schaffen Sie sich Kinder an!
 

majissa

Mitglied
Liebe Gerda,

deine Geschichte habe ich gerne gelesen, weil mir dein Humor gefällt und dein Schreibstil recht flüssig ist. Beides könntest du, zumindest in diesem Text (deine anderen habe ich noch nicht gelesen) noch weiter ausbauen. Damit meine ich in erster Linie den Humor. Insgesamt ist dein Werk amüsant, besteht aber aus vielen kleinen Handlungsfasern, die das Potential zu eigenständigen Geschichten haben. Im Text wirken sie jedoch wie diskontinuierlich nebeneinandergesetzte Einzelsequenzen, die den Kern der Dinge mehr umkreisen als ihn zu benennen. So entsteht stellenweise sogar der Charakter einer Büttenrede. Noch kürzer gehalten könnte ich mir deine Satire auch gut als einen etwas lang geratenen Klappentext vorstellen. Das Buch würde ich mir dann sogar kaufen. :)

Was ich sagen will: In deiner Geschichte stecken mindestens zehn weitere. Alleine aus dem Umstand, nicht eine einzige Minute ungestört telefonieren zu können, liesse sich eine herrliche Anekdote basteln. Der Schreibstil ist – bis auf den ersten, arg holprigen Satz – recht flüssig und erfrischend. Die vielen aufeinanderfolgenden „Dass-Sätze“...nun ja...sehen nicht schön aus und haben etwas Telegrammartiges. Dein Humor aber ist herrlich und macht mich neugierig auf neue, etwas detailreichere Geschichten.

Liebe Grüsse
Majissa
 
Hallo Majissa!

Vielen Dank fur Deine nett verpackte Kritik.
Ich wollte schon mit 5 Jahren Schriftstellerin werden, aber heute mit 46 endlich traue ich mich hinzusetzen und drauf los zu schreiben. Natürlich muss ich noch dran rumfeilen.
Humor alleine reicht da wohl nicht. Erstmal bin ich total stolz drauf, mir endlich ein Herz gefasst zu haben.

Ich danke Dir für Deine Antwort
Fühl Dich herzlich gegrüßt von

Gerda
 



 
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