Wendung zum Guten

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LeBüb

Mitglied
Die Mittwochszahlen

Gebannt schaute Katinka in den Fernseher. In der einen Hand hielt sie ein Glas billigen Weißweins, in der anderen Hand einen Schein mit 6 Kreuzen. Heute war es soweit, sie wusste es einfach. Sie würde nie wieder Sorgen haben müssen. Kein Befürchtungen mehr, ob zum Monatsanfang genug Geld für die Miete auf dem Konto sei und auch keine Bange mehr, ob zum Monatsende es noch zum Lebensmittelkauf reichte.
Vor lauter Vorfreude stürzte sie ihr Glas in einem Zug hinunter. Noch 5 Minuten, dann wusste sie es. Nun gut, eigentlich wusste sie es bereits zu diesem Zeitpunkt schon, die Ziehung war nur noch Formsache. Aber die Spannung..., so mussten sich Sportler fühlen, deren Vorsprung praktisch uneinholbar war, aber die dennoch erst am Ende die Spannung von sich abfallen merkten. Es wurde Zeit für noch ein Gläschen. Katinka erhob sich von ihrem abgewetzten Sofa, es wurde aber auch wirklich Zeit für ein neues, und ging leicht schwankenden Schrittes in die Küche.
An vergilbten Wänden vorbeikommend, fasste sie den Entschluss, dass eine neue Couch alleine nicht reichen würde. Zum Teufel, sie würde bald Millionärin sein. Ausziehen! Ja, endlich dieses heruntergekommene Viertel hinter sich lassen, oh ja! Von einem Ort träumend, an dem nicht zu jeder Tageszeit Säufer angetroffen werden konnten, an dem glückliche junge Familien auch abends noch unbesorgt spazieren gehen konnten, an dem die Supermärkte keine Stahlgitter vor ihren Fenstern hatten, öffnete sie den Kühlschrank. Die spärliche Innenausstattung, billige Scheibensalami, ranziger Gouda in einer 400gramm Packung, Margarine und einige übrig gebliebene Grillsaucen vom Sommer, kaum wahrnehmend, griff sie sich die angebrochene Flasche Mädchentraube und füllte ihr Glas. Sie würde wohl auch weiterhin Wein mit Schraubverschlüssen holen, diese fand sie einfach nur praktisch.
Zur Feier des Tages sollte es auch ein Gläschen guten Weinbrandes geben, beschloss sie. Sie holte sich noch ein kleines Schnapsglas aus dem staubigen, nicht mehr ganz so weißen, Hängeschrank und füllte es bis zur Oberkante mit der Goldkrone aus ihrem Kühlschrank. Sie schüttelte nachdenklich die Flasche, ein leises plätscherndes Geräusch erklang, und stellte fest, dass es nicht lohnte diesen kleinen Rest wieder zurück zustellen. Zum Teufel! Sie brauchte ja nicht zu befürchten, morgen auf Arbeit einen Kater zu haben. Die Fleischfabrik würde sie nie wieder von innen sehen müssen, endlich keine Rückenschmerzen mehr, kein Dröhnen in den Ohren nach der Arbeit, keine Überstunden. Diese Vorstellung im Kopf hob sie die Flasche an die Lippen und trank den Rest. Ein angenehmes Brennen breitete sich in ihrer Kehle aus. Schon besser, dachte sie, schnappte sich beide Gläser und begab sich wieder ins Wohnzimmer vor dem Fernseher. Sie war bereit für die guten Nachrichten
„Meine Damen und Herren, wir kommen nun zur Ziehung der Lottozahlen“ ertönte es aus dem Fernseher. Sie schaute auf ihren Schein: 1,10, 13, 20, 31, 49. Und die Superzahl war die 3. Es konnte gar nicht schief gehen, ein sorgenfreies Leben lag vor ihr. „Die erste Zahl ist die 6“ war die schlechte Nachricht der Lottofee. Es drang kaum in ihren Tagtraum vor. Die Raten für das Auto würden endlich abbezahlt. „9“ - eine private Krankenversicherung wäre doch das richtige, keine Wartezeiten mehr beim Arzt und eine vernünftige Therapie für ihren Rücken. „17“ - Aber erst mal würde sie in den Urlaub fliegen, vielleicht eine kleine Weltreise? „21“ - raus aus diesem Elendsviertel! „35 und 40“ machten das Fiasko komplett. Der Tagtraum verpuffte, die Realität holte sie ein. Nun, dafür gab es mehrere Mittel, erst den Schnaps, dann den Wein. Sie seufzte, morgen auf Arbeit würde sie wohl doch einen Kater haben. Das war nicht der erste, und würde wohl auch nicht der letzte sein. Wie gut, dass Samstag nur noch 3 Tage entfernt war. Katinka hatte ein gutes Gefühl für die nächste Ziehung.
 
K

KaGeb

Gast
Hallo LeBüb,

herzlich willkommen auf der LeLu.

Deine Geschichte fand ich kurzweilig, wenn deren Verlauf auch vorhersehbar ist. Ich würde vielleicht mehr die Tatsache des ständigen Trinkens an sich mehr herausarbeiten, um das Ergebnis der Lotterie (dass der Leser ja ohnehin vermutet) zweitrangig werden zu lassen mit dem Ziel, es letztendlich mit einer Säuferin zu tun haben, die sich einfach selbst was vormacht, nur um saufen zu können :)

LG kageb
 



 
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