Wenn Übermorgen Gestern ist oder „Der große Verdacht“

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Lars Neumann

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Wenn Übermorgen Gestern ist
oder „Der große Verdacht“


Es gab zahlreiche Katastrophen. Es gab unzählige Kriege, unendlich viele Tragödien, im Kleinen wie im Großen. Und nicht erst seit dem die Menschheit ihre Wiege verlassen hatte, zu anderen Sternen reisend, um neue Planeten zu bevölkern.
Als mit immer mehr besiedelten Sonnensystemen die Möglichkeit stieg andere „intelligente“ Rassen zu treffen, hatte sich, leider, nichts daran geändert. Sogar als man sich sicher war dass fremdes, intelligentes, „außerirdisches“ Leben existiert. Sogar als man direkt davor stand und dieses Leben, auf zivilisierte Weise, ein freundschaftliches Verhältnis anstrebte. Das einzige was sich änderte war: Die Menschen stritten sich weniger untereinander da sie nun gemeinsame „Feinde“ hatten.
Und so geschah es, dass im Jahre 7038451298 des Galaktischen Universalkalenders der „Große Verdacht“ aufkam.

Teile der Menschheit hatten sich gerade im Sektor 4453 nahe des Schrödinger-Nebels breit gemacht, als fast schon regelmäßig ihre Raumschiffe verschwanden. Sicherlich keine militärischen, die wären in der Lage gewesen ihr Schicksal selbst zu bestimmen. Nein, es waren Passagierschiffe. Auswanderer die zu neuen Kolonien transportiert wurden. Glücksritter, Abenteurer und ganze Familien, die ihre einzige Chance auf eine erstrebenswerte Zukunft darin sahen ihre Heimat zu verlassen.
Und der Grund dafür war schnell gefunden.
Es waren Außerirdische.
Wieder einmal. Natürlich. Wer denn auch sonst.
Und die in ihrer Trauer vereinte Menschheit hatte bald einen Verdacht. Den berühmten „Großen Verdacht“.
Nämlich den, dass die dem betroffenen Gebiet am nächsten beheimateten Aliens diese Schiffe kapern und verschwinden lassen würden.
Was diese natürlich entschieden zurückwiesen. Denn in den verschwundenen Schiffen war, zumindest nach damaligem Wissensstand, nichts von Wert was einen derartigen Aufwand gerechtfertigt hätte. Jedenfalls nichts von Wert für einen Pavorianer.
Und der große Verdacht wurde zur Anklage.
Die Pavor, so der Vorwurf, würden die Siedler und die Besatzungen der Schiffe rauben. Um sie in Gefangenschaft zu halten. Sie anschließend zu verspeisen. Sie drückten es zwar in etwas drastischeren Worten aus, aber dies war der Kern der Aussage.
Nach langem Hin und Her, diversen Drohungen beiderseits, stetigem Belauern und bereits ersten, vereinzelten Scharmützeln, waren die Beschuldigten bereit ihre Planeten „durchsuchen“ zu lassen. Wenn auch nicht von den Menschen und ihren Verbündeten. Was wiederum die Menschen in ihrem Verdacht bestärkte.
Als letztlich ein weiterer Krieg unausweichlich schien lenkte die pavorianische Regierung ein. Sie stellte lediglich eine einzige Forderung. Jede bekannte Rasse sollte an den Kontrollen teilnehmen. Denn danach wären sämtliche Spekulationen endgültig vom Tisch.
Und wider aller Erwartungen brachten die Kontrollen nichts zum Vorschein. Alle entschuldigten sich mehrfach überschwänglich, gelobten Frieden und Zusammenarbeit. Zu allem Überfluss der guten Nachrichten bewies ausgerechnet ein irdischer Wissenschaftler dass die Pavor Menschenfleisch gar nicht verdauen können, ja sogar krank davon werden.
Unter welchen Umständen man die Untersuchungen an Gefangenen durchgeführt hatte wurde großzügig übersehen. Genauso wie die Frage woher das Fleisch für diese Versuche stammte.
Jedenfalls waren die beteiligten Parteien zufrieden und sahen gemeinsam in eine bessere Zukunft.
Nur hatte diese Zukunft einen kleinen, blutigen Schönheitsfleck.
Was alle, wirklich alle übersehen hatten: Die Pavor halten sich Haustiere. fleischfressende Haustiere. Man will doch seinem kleinen Liebling zwischendurch etwas ganz besonderes servieren. Oder etwa nicht? Na, komm her mein Kleiner. Hol dir noch ein Stück, hol es dir...
 

Val Sidal

Mitglied
Lars Neumann,

die Idee finde ich gut: "wo ist das Ende der Nahrungskette?"

Die Umsetzung hat für mich erst die Qualität der Beschreibung der Idee -- schnell festgehalten, damit sie nicht verloren geht. Das finde ich in Ordnung.

Jetzt müsste Deine kreative Arbeit beginnen, an Details (Inhalt, Bilder), Ablauf, Sprache usw. arbeiten, mit der Idee gewissermaßen "schwanger gehen", das "Kopfkino" anwerfen, und den "Directors Cut" niederschreiben.

Der dramaturgische Aufbau ist noch nicht zu Ende gedacht (es steckt zu viel im Drumherum, zu wenig im Kern der Geschichte), der Einstieg (inhaltlich und stilistisch) ist mühsam. Ein Science Fiction ohne Figuren/Charaktere ("Helden") stelle ich mir als eine Riesenherausforderung vor.
Globalkonflikte(Menschheit/Pavorianer) erreichen den Leser nur dann, wenn eine textuelle Meisterleistung den Abstand zwischen dem "kleinen Mann" und dem "Großen Verdacht" überbrückt.

Z.B. ein Anfang (literarisch nicht zu Ende gedacht) wie:
[blue]Und so geschah es, dass im Jahre 7038451298 des Galaktischen Universalkalenders der „Große Verdacht“ aufkam. Die Menschen stritten sich weniger untereinander. Sie hatten nun gemeinsame „Feinde“: fremdes, intelligentes, außerirdisches Leben, das auf zivilisierte Weise, ein freundschaftliches Verhältnis anstrebte.
Als im Sektor 4453 nahe des Schrödinger-Nebels auf unerklärlicher Weise irdische Raumschiffe verschwanden, argwöhnten die menschlichen Autoritäten, dass die am nächsten beheimateten Aliens – die Pavorianer – diese Schiffe kapern und verschwinden lassen.[/blue]
... hätte meiner Meinung nach eine größere Chance, die Aufmerksamkeit des Lesers anzuziehen.

Ich wünschte, Du würdest in die Idee investieren, denn sie ist gut.

Wenn Du Unterstützung brauchst, lass es mich wissen.
 

Lars Neumann

Mitglied
Hallo Val Sidal!

Danke für dein Angebot mir zu helfen, genau deswegen bin ich Mitglied bei der Leselupe. Ich selbst schreibe erst seit ca. viereinhalb Jahren. Hatte vorher nicht den Nerv dazu.

Der Text entstand, weil ich als Lieferant oft mitbekam was für Nonsens Menschen für ihre Schoßtiere kaufen. Die momentane Form war als Anspielung auf die „Bombardierung“ mit den, immer gleichen, History – Formaten im Fernsehen gedacht. Deshalb auch der etwas pathetische Anfang. Beim schreiben hatte ich immer die Stimme von Guido Knopp im Kopf. Hat echt abgelenkt.
Mir ist anscheinend auch nicht gelungen anzudeuten dass der Erzähler kein Mensch sein soll. Mist.
Dieses „Format“ aber steht für mich nicht fest.
Ich habe mir angewöhnt Texte nach dem schreiben erst einmal liegen zu lassen, sie später nochmal zu überarbeiten, mindestens vier bis fünf mal. Erstens bemerke ich beim reinen Lesen eher kleinere Fehler als wenn ich Plot und Co. komplett im Kopf habe. Zweitens verhindere ich damit mich zu sehr in Einzelheiten zu verbeißen. Meine bisher auf der Lupe geposteten Texte haben ein Stadium erreicht, an dem mich nur noch Anreize von Außen weiterbringen.
Den Text weiter zu entwickeln war also von vorn herein geplant, der schwer zu lesende Anfang wird dabei wohl eine starke Veränderung durchmachen.
Dein Hinweis auf das fehlen der Charaktere ist interessant. Ich habe es bis jetzt nicht so empfunden, lag vielleicht daran dass ich als Autor ja alles im Kopf habe, es mir nicht erst „erlesen“ muss. Wenn ich also Charaktere einbaue, muss ich zunächst entscheiden wie groß das Ergebnis sein soll.
Denkbar sind für mich im Moment sehr kurz, beschränkt auf evtl. die Besatzung eines Frachters, also den erwähnten kleinen Mann, ergänzt durch erhaltene Meldungen. Würde als nächster Schritt genügen, aber das Thema vielleicht nicht ausreichend beleuchten. Etwas länger, die Handlung erweitert um ein paar Entscheidungsträger aller Lager, wäre ebenfalls denkbar. Aber ich befürchte es wird eher ausufern, sich zu einem größeren Projekt entwickeln.
Es ist aber auch denkbar die Story in ein anderes, großes, SF-Projekt von mir einzugliedern. Z.B. als „Vorgeschichte“, mit ein paar hundert Jahren dazwischen. Dann könnte ich die dort zugrunde liegende Technik übernehmen. Ich muss nur aufpassen dass es nicht zu sehr „Hardcore“ wird, da einiges davon auf Quantenmechanik beruht (Verschränkte Quanten, Quanten-Zeno-Effekt, etc.). Sonst versteht es wider keiner. Aber für was gibt es Anhänge. ;-)
Es kann also noch etwas dauern bis was draus wird, aber sobald ich etwas vorzeigbares habe, bist du einer der ersten die es erfahren.
Versprochen!
 

Val Sidal

Mitglied
Lars Neumann,

du schreibst:
Mir ist anscheinend auch nicht gelungen anzudeuten dass der Erzähler kein Mensch sein soll. Mist.
Eine Idee, die vielleicht viele Klatschen mit einer Fliege erschlägt:
Du lässt die Geschichte von einem Haustierpfleger Alien, der als Sklave der Provianer die Menschen zerhackt und saftig serviert, erzählen. Diese eine Figur würde schon reichen.

Zum Vorgehen: Ich würde tatsächlich in einem ersten Arbeitsschritt den Text ausbauen, bis die richtigen Bilder und Momente eingefangen sind. In einem zweiten würde ich dann alles, was nicht zur Entfaltung der Atmosphäre, der Figur oder des Plots beiträgt, zusammenstreichen/verdichten.
 

Lars Neumann

Mitglied
Hallo Val Sidal, ich noch mal!

Die Idee mit dem Haustierpfleger Alien könnte ein Knackpunkt sein! Damit liefe es auf eine Quasi Feudale Alien Struktur hinaus. Etwa im Stile des Planet der Affen, aber wie im Originalroman von Pierre Boulle, 1963. Dominantes Oberschichtverhalten der Aliens, wie im Victorianischen Zeitalter, contra menschliche Expansion. Und die irdische Technik noch in den Kinderschuhen. Dann müsste ich die Physik nur anreißen und kann mich auf den Konflikt als solches konzentrieren.
Danke für den Tip!
 

jon

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Teammitglied
Es ist gerade etwas Zeit für …

… eine späte Reaktion auf diesen Text. Für eine schnelle Rückmeldung war ich mir zu unschlüssig, wie die Geschichten finde. Zum Beispiel klang es mit zu „moralisch" wobei ich nicht rauskriegen konnte, zu welcher Sache genau denn da der Zeigefinger erhoben wurde. Mir fehlte auch eine Handlung, das alles klingt doch sehr nach Vorentwurf eines Hintergrundes für eine Handlung.

Guido Knopp ist in TV schon schwer zu ertragen, zum Glück gibt es da aber oft Fotos oder Filmsequenzen, die eigene "Handlungen" beitragen. Nur Kopp-Stimme ist etwas wenig. Du müsstest die fehlenden Bilder wohl durch bildererzeugende (Fast-)"Szenen" ersetzen. Man braucht vielleicht keinen durchgehenden Charakter (obwohl es hilfreich wäre, den Sprecher als solchen zu erkennen), dafür aber mehr konkrete Ereignisse (mit "quasi-Caharakteren"). Man könnte zum Beispiel das mit dem Verschwinden der Schiffe detaillierter machen.

Und so geschah es, dass im Jahre 7038451298 des Galaktischen Universalkalenders der „Große Verdacht“ aufkam.

Es begann damit, dass im Jahr abcdefg irdischer Zeitrechnung ein großes Passagierschiff verschwand. Es war auf dem Weg nach „Hunkels Planet“ im Sektor 4453 nahe des Schrödinger-Nebels. Hier erblühte in jenen Jahren gerade eine neue Menschenkolonie, benachbarte Planeten waren erst wenige Jahrzehnte vorher von Siedlern urbar gemacht worden. "Hunkels Planet" lag sehr zentral in diesem Gebiet und galt als das inoffizielle Zentrum der Region FGHIJK. Das Schiff, die "Tante Emma", hatte neben allerlei Versorgungsgütern vor allem neue Siedler an Bord, die …
Also sowas in der Art – Handlung eben.
 

Lars Neumann

Mitglied
Hallo Jon!

Soviel Hilfe bin ich gar nicht gewöhnt. Danke!
Wie ich Val Sidal bereits mitgeteilt habe, war von vorn herein geplant den Text weiter zu entwickeln. Nach seiner hilfreichen Einschätzung, und der Anschließenden Erörterung der meisten Schwachpunkte, dient er jetzt als Rahmen für eine andere Form. Der Momentane "Plan" sieht so aus:
Ich schreibe die Story so um, dass sie zuerst von einem Alien handelt der in den beschriebenen Konflikt verwickelt ist. Er ist Pfleger für Gefangene, eine Art Sklave eines hohen Regierungsmitgliedes. Ich lasse nur ihn reden, wie in einem Selbstgespräch. Was er gehört und gesehen hat, usw. Damit existiert dann eine Figur mit der man sich identifizieren kann. Später besteht immer noch die Möglichkeit die Geschichte auszuweiten, andere Figuren und Handlungen rein zu schreiben.
Ich habe bereits gestern damit begonnen erste Profile für die Figuren zu erarbeiten und mir Gedanken über den Handlungsablauf zu machen. Für den "Erzähler" habe ich etwas im Sinn wie die Figur des Sartras in Babylon 5. Alt, schusselich, ständig mit sich selbst redend, immer hilfsbeflissen und Loyal bis auf die Knochen, obwohl er selbst ein Sklave ist.
Und der Knopp verschwindet in dem selben Loch aus dem er rausgekrochen ist. Versprochen!
 



 
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