Wenn ein Wort

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Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Ralf,

das ist das schönste und intensivste Gedicht, das ich hier in der Lupe seit langem gelesen habe.
Danke für die Erinnerungen und die erlösende Träne!

Liebe Grüße
Manfred
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
meisterhaft!

Es ist wunderbar! Klingt irgendwie persisch in Form, Metaphorik und Inhalt.
 

Label

Mitglied
Hallo Ralf Langer

eine duftig leichte Melancholie und Trauer durchströmt dein Gedicht

den fehlenden Mauerstein deute ich als eine Lücke in der Schutzmauer gegen die Umwelt
das LyrDu hatte wohl einen Platz in diesem Schutzwall und war daher dem LyrIch so nahe wie ein Mensch dem anderen sein kann.

ganz besonders angetan bin ich von
"und eine Träne läuft,
der Zeit erinnernd hinterher."

solch ein Verlust blieb mir bisher erspart, sollte dies einmal eintreten, werde ich mich gewiss dieser Zeilen erinnern, denn in ihnen liegt auch Trost

liebe Grüße
Label
 

Ralf Langer

Mitglied
hallo mondnein,

freut mich wirklich, das das melodische deine "an-erkennung" findet. wonach es klingt - kann ich nicht beantworten.
aber das die worte einen klang und vielleicht einen sog erzeugen,
ads lag mir sehr im sinn.

hallo label,

auch dir herzlichen dank:

der autor hat lange nach den richtigen worten und den sie erzeugenden klang gesucht, und ist nun glücklich-
zum einen das er eine erinnerung in worte fassen konnte
- zum anderen über das lob ;)

herzliche grüße

ralf
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Kriterium

Es wird beim Wieder-und-wieder-Lesen immer schöner und schöner.
 
F

Fettauge

Gast
Lieber Ralf,

du wirst es mir hoffentlich nicht übelnehmen, wenn ich dir schreibe, dass die Träne nun wirklich ein peinlich ist. Ich denke auch, dass es heißen müsste: "die Träne erinnernd", nicht "der Träne erinnernd", ansonsten: "der Tränen sich erinnernd", erinnern wird im Deutschen rückbezüglich gebraucht. Aber ich frage mich sowieso, wieso ein Wort, dem längst das Du entronnen ist, als Rose wiederkehrt, ich würde eher annehmen, es kehrt als Stinkdistel zurück. Aber so kann man sich irren. Ganz nebenbei: Ich habe schon viele Lücken im Mauerwerk gesehen, aber Rosen? Nein, danach haben sie nicht geduftet. Ein bisschen kitschig das Ganze, findest du nicht auch?

Liebe Grüße, Fettauge
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
M.E. hat Ralf das Gefühl des Verlustes sehr gut ausgedrückt, in dem er ein fehlendes Teil als Lücke in der Mauer beschreibt, das aber wie eine Rose duftet - denn die Erinnerung daran ist so süß und so schwer wie eine voll erblühte Rose, benetzt von einer Träne.

Das Wort wird der Name eines geliebten Menschen sein, der nicht mehr da ist. Aber er ist immer noch da, in der Erinnerung, in Augenblicken, in plötzlichen Assoziatonen durch Gerüche, Stimmen, Schauplätze.
Und im Herzen sowieso. Da kann der Verstand - die Mauer - gar nichts gegen machen.
Peinlich ist hier gar nichts, sondern nur bittersüß.

Hoffentlich habe ich alles richtig gedeutet. :)

LG Doc
 

Ralf Langer

Mitglied
hallo doc,
herzlichen dank das du hier in die "bresche" gesprungen bist.

ich habe keine probleme mit fettauges ansicht, obschon ich sie hier nicht teile, bei der grammatischen sache bin ich mir unsicher, das werde ich überprüfen.

für mich geht es gerade bei stücken dieser art um ausdruck, rhythmus und form. dazu hat fettauge leider nichts angeführt, obschon mich das sehr interessierte.

ich persönlich glaube hier nahe bei dem zu sein, was ich vor mir selbst als "gelungen" bezeichnen würde.

ja pathos, leidenschafft, die hat ihr ausdruck gefunden.
ich wollte es so...
lg
ralf
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
und eine Träne läuft,
der Zeit erinnernd hinterher.
Gewiß gibt es oft mehrere grammatische Bezüge vor und zurück - Anbindungen zu zwei Seiten hin heißen "apo koinou" - aber zunächst wird man "der Zeit" als Dativobjekt zum Hinterherlaufen sehen (ich würde aber das Komma wegnehmen).
Erinnern ist reflexiv - also in der Tat eigentlich "sich erinnernd", aber solange kein falsches Akkusativobjekt eingeschoben wird (wie es leider bei manchen Erinnerern vorkommt und mir die Fußnägel hochkrümmt), kann man es als eliptisch annehmen: beschränkt auf den kürzesten Ausdruck.
Genetivobjekt (wie vor "begierig, kundig, eingedenk, teilhaftig, mächtig, voll [des Bieres kundig eingeschenkt trank er sich mächtig voll]) sollte "der Zeit" nicht sein, das wäre trotz der Nähe zu den Adjektiven des Merkspruchs falsch.
"Der Zeit gedenkend" wäre ein wenig zu antiquiert, oder?
 

Ralf Langer

Mitglied
hallo mondnein,

das hast du sehr interessant auf gedröselt

" und eine träne läuft
der zeit erinnernd hinterher"

ich selbst benutze dieses "erinnern" oft, und auch schon hier in einigen texten in der form:
" ich erinnere, da war eine träne"
oder "ich erinnere das licht"
etc...

in dem vorliegenden Falle könnte ich vielleicht
auch:
"und eine träne läuft
der zeit - erinnernd - hinterher"

schreiben.

letztlich glaube ich das dieser ausdruck funktioniert.

herzlichen dank für deine erläuterungen
ralf
 

sonah

Mitglied
Hallo Ralf,

das Gedicht hat mir ganz spontan sehr gefallen und auch beim mehrmaligen Lesen erhärtet sich der Eindruck.

Ich habe es auch als "der Zeit (erinnernd) hinterher" gelesen.

Was mir besonders gefällt ist das Wort, dem das Du entronnen ist, die Lücke in dem Mauerwerk, die vom Stein erzählt und der Zeit erinnernd hintherlaufen.

Ist es erwünscht, hier seinen persönlichen Eindruck wiederzugeben? Eine Textanalyse kann ich nicht machen.

Eine Person, die einem nah war, ist fremd geworden. Es könnte sogar noch eine Person sein, mit der man noch zu tun hat, aber die alte Beziehung ist nur noch als Erinnerung präsent, es fehlt etwas, die Lücke, wie eine schmerzende Wunde. Die Erinnerungen sind sehr präsent, in Form von Worten und einem Duft. Für mich kommt der Schmerz in Form von Sehnsucht sehr gut rüber. Trotzdem ist die Erinnerung aber auch präsent und das vermittelt fast etwas wie Geborgenheit.

Herzliche Grüße,

sonah
 
D

Die Dohle

Gast
Hallo Ralf Langer,
da ist dir ein ziemlich schöner text gelungen. hab den jetzt viele male gelesen, der trägt. ich drösel da jetzt nix dran auf und herum, ich und sag einfach: sehr gut!

lg
die dohle
 

Ralf Langer

Mitglied
hallo sonah,
herzlichen dank das du deinen eindruck hier gelassen hast.

ich möchte eigentlich zu dem wie ich als autor dies stück sehe nichts sagen

"Für mich kommt der Schmerz in Form von Sehnsucht sehr gut rüber. Trotzdem ist die Erinnerung aber auch präsent und das vermittelt fast etwas wie Geborgenheit."

diesem, deinem eindruck kann ich mich gerne anschliessen.

lg
ralf
 
F

Fettauge

Gast
Lieber Ralf,

das musst du doch selber gemerkt haben: Deine Tränengeschichte erinnert doch man sehr an den Schlager "Es geht eine Träne auf Reisen". Oder? Nimm die Träne raus, dann ist dein Gedicht ja annehmbar, obwohl ich es nicht für ausreichend durchdacht halte. Das Gedicht, sofern es funktioniert, funktioniert auch ohne Tränen. Tränen in einem Gedicht sind ein heißes Eisen, zu schnell ist der Leser dabei, gleich das ganze Gedicht als larmoyant abzutun. Vielleicht hast du diese Möglichkeit nicht in Betracht gezogen.

Liebe Grüße, Fettauge
 
C

cellllo

Gast
[blue]Wenn[/blue] ein Wort,
dem längst das Du entronnen
als Echo immer wieder kehrt.
[blue]Wenn[/blue] eine Lücke
in dem Mauerwerk
dir nur von diesem Stein erzählt:
[red]Dann[/red] steigt ein Duft
- er ist von Rosen schwer,
und eine Träne läuft,
der Zeit erinnernd hinterher.

Wenn....
und nochmals
Wenn....
Diese Formation baut große Spannung auf...
- es wundert mich nur, dass sich bisher
niemand über den Punkt am Ende der 3. Zeile wunderte,
denn diese 3 ersten Zeilen, eingeleitet von "Wenn...",
bilden doch gar keinen geschlossenen Satz und der
Spannungsbogen wird fälschlich und unnötig unterbrochen :-(

In diesen 3 ersten Zeilen ist ein wirklich sehr eindrucksvolles Bild der Entbehrung gestaltet !
Kann "ein" fehlender Stein in dem Mauerwerk
diesem Bild entsprechen ?
Löst sich die entstandene Spannung in Rosenduft auf
anstatt den Schmerz weiter zu steigern........ ?
Man kann dieses Zurücknehmen und Diminuieren als
duldsames Ertragen und Sich-Bescheiden deuten.

Dann steigt ein Duft,
er ist von Rosen schwer,
und eine Träne rinnt
der Zeit erinnernd hinterher.

( ein Gedankenstrich stoppt da unnötig )
1 Träne kann, wie Rosenduft, schon etwas kitschgefährdet wirken,
aber es muss hier wirklich eine Träne sein,
denn "ein" und "eine" durchweben das ganze Gedicht.
Die Träne rinnt evtl. wie auch die Zeit verinnt.......
und würde mit den Buchstaben -rinn- eine Alliteration zu "erinnernd" bilden,
außerdem hätte das auch Bezug zum entronnenen Du der 2.Zeile
und klingt etwas poetischer als "läuft hinterher" !
Die Träne rinnt der Zeit hinterher
und die Träne tut das erinnernd
bzw. Erinnerungen weckend.....

Es ist schön wie das Lyrich ganz im Hintergrund bleibt
und "ein Wort" und weitere bedeutungsvolle Dinge agieren :
sie sind durch den unbestimmten Artikel dezent verallgemeinert
und doch höchst persönlich stellvertretend
z.T.für das LyrDu und z.T. stellvertretend für das LyrIch :
ein Duft
er ist von Rosen schwer
= wie ihm, dem LyrIch das Herz schwer ist
eine Träne rinnt erinnernd
= wie sich das LyrIch erinnert und weint.

Sorry, etwas lang geworden.
cellllo
 



 
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