Wer Weihnachten Ostereier sucht, der ...

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Ein Sprachspiel mit paradoxen Urteilen und Vorurteilen

Wer Weihnachten Ostereier sucht, der liebt auch seinen Urgroßvater – wer seinen Urgroßvater liebt, der küsst auch die Schnauze eines Terriers – wer die Schnauze eines Terriers küsst, der geht auch zum Kegeln – wer zum Kegeln geht, der hat auch eine Figur wie ein Kegel – wer eine Figur wie ein Kegel hat, der besucht auch sonntags die Kirche – wer sonntags die Kirche besucht, der würde auch gerne die Kollekte klauen – wer gerne die Kollekte klauen würde, der bekommt die Maul- und Klauenseuche – wer die Maul- und Klauenseuche bekommt, der wird Politiker – wer Politiker wird, der träumt von der Defloration einer Jungfrau – wer von der Defloration einer Jungfrau träumt, der ist ein Saubermann – wer ein Saubermann ist, der heiratet eine Sauberfrau – wer eine Sauberfrau heiratet, der ist katholisch – wer katholisch ist, der ist auch evangelisch – wer evangelisch ist, der hat auch Mundgeruch – wer Mundgeruch hat, der hat auch Fußpilz – wer Fußpilz hat, der liest auch die „Bild-Zeitung“ – wer die Bild-Zeitung liest, der liest auch den „Spiegel“ – wer den „Spiegel“ liest, der isst auch Spiegeleier – wer Spiegeleier isst, der ist auch ein Spiegelei – wer ein Spiegelei ist, der mag kein Rührei – wer kein Rührei mag, der ist Radfahrer – wer Radfahrer ist, der bezahlt seine Steuern nicht – wer seine Steuern nicht bezahlt, der wohnt in Bayern – wer in Bayern wohnt, der ist Deutscher – wer Deutscher ist, der ist Mensch – wer Mensch ist, der besitzt eine unsterbliche Seele – wer eine unsterblich Seele besitzt, der ist ein Teufel – wer ein Teufel ist, dem macht das Leben Spaß – wem das Leben Spaß macht, der hat einen Dachschaden – wer einen Dachschaden hat, der braucht für den Dachdecker nicht zu sorgen – wer für den Dachdecker nicht zu sorgen braucht, der besorgt es der Frau vom Dachdecker – wer es der Frau vom Dachdecker besorgt, der ist seine Sorgen los – wer seine Sorgen los ist, der ist auch seine Hosen los – wer eine Hosen los ist, der ist auch hosenlos – wer hosenlos ist, der ist auch hodenlos – wer hodenlos ist, der lügt auch bodenlos – wer bodenlos lügt, der geht auch gerne in die Oper – wer gerne in die Oper geht, der sucht auch Weihnachten Ostereier ...
 
Hallo steyrer,

genau kann ich die Frage leider auch nicht beantworten, und ich würde mir natürlich nie herausnehmen, meine Leser als „paradox“ zu bezeichnen. Ich jedenfalls habe Spaß an Paradoxien, Absurdität und Irrwitz. Allerdings ist es mehr als Spaß. Ich folge hier gerne Albert Camus, der die Welt und das Leben als absurd brandmarkte und eine anspruchsvolle Philosophie entwickelte, wie der „Mensch in der Revolte“ sich einerseits gegen die Absurdität auflehnen und sie andererseits doch akzeptieren kann. Da du (als einziger bisher) auf meinen kleinen Text reagierst hat – danke – , vermute ich mal, du hast auch ein Faible für die abgründige Realität jenseits von Ratio, Sinn und Ordnung.

Viele Grüße
Stefan
 

steyrer

Mitglied
Hallo Stefan,

du meinst Camus' glücklichen Sisyphos? Hm, der ist durchaus in Ordnung. Paradoxa sind meiner Meinung nach aber eher dazu da, den Leser überrascht und überrumpelt zurückzulassen, nicht ratlos und verärgert.

Schöne Grüße
steyrer
 
Hallo steyrer,

du schreibst, dass meine Geschichte den Leser verärgert und ratlos zurücklässt.
Es ist nicht meine Absicht, Leser zu verärgern. Aber ich möchte gerne darauf hinweisen: Ärgern ist ein aktiver Prozess, man sagt ja: „Er ärgert sich.“ Es liegt also immer auch am Leser selbst, ob er sich über einen Text ärgert, an seinen Einstellungen und Erwartungen.
Falls mein Text Leser ratlos macht, damit kann ich leben. Der moderne Mensch gibt sich zwar gerne als kompetenter, souveräner Manager seines Lebens. Aber wenn wir uns wirklich konsequent mit der Komplexität, den Schrecken und Risiken des Lebens konfrontieren würden, dann wären wir alle ziemlich ratlos.

Viele Grüße
Stefan
 



 
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