Wie lesen Leser? - Diskussionsangebot

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Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Kürzlich sagte mir ein Freund, ich würde seine Werke meist anders lesen, als die meisten anderen seiner Freunde.
Wie er es genau gemeint hat, sagte er aber nicht.
Es ist sein Eindruck.
Es scheint aber allgemeineren Charakter zu haben, denn mir ist aufgefallen, dass ich sehr oft andere Werke bevorzuge, als die meisten anderen.

Mich würde sehr interessieren, wie Ihr das seht: Wie lest Ihr?
Worauf legt Ihr Wert? Kann man das überhaupt so fragen?

(In der Leselupe sind sehr unterschiedliche Charaktere vereint, es könnte eine interessante Diskussion werden.)

Über mich werde ich noch schreiben, aber nicht gleich, um die Diskussion nicht in eine bestimmte Richtung zu lenken.

Viele Grüße von Bernd
 
Wenn ich lese, tauche ich in eine Welt. Ich lese schnell, lege Wert darauf, Stimmung vorzufinden und überfliege die meisten Details, ich kann mir in der Regel nicht mal die Namen der Personen merken, es reicht mir, sie vor meinem inneren Auge zu sehen. Daher überfliege ich auch endlose Beschreibungen, und erfreue mich nicht an besonders schönen Formulierungen. Mir ist der Textfluss am wichtigsten.
 
K

kaffeehausintellektuelle

Gast
ich beginne ganz oben. mit dem ersten satz. der ersten zeile. dem ersten absatz.
und der entscheidet über das weitere schicksal über unsere beziehung.der erste absatz muss mich neugierig machen aufs weiterlesen. muss mich im bauch treffen. oder im herzen. muss irgendetwas auslösen in mir.

endlos lange beschreibungen, mögen sie noch so schön sein, langweilen mich. ewig lange, verschachtelte sätze verwirren mich, allzu fertiges, glattes, romantisches schreckt mich ab.

gedichte nehme ich zuerst immer als bild wahr. erst dann folgen die einzelteile.
 

soleil

Mitglied
es variiert

Die ersten Sätze müssen mich fesseln; das kann schon nach einem Absatz sein oder erst nach zehn Seiten. Allerdings halte ich mehrere Seiten, ohne gefesselt zu sein, nur durch, wenn mir die Sprache, der Stil gefällt. Dabei muss es nicht "wohlgefällig" geschrieben sein:
Beispielsweise hat mich die Sprache von "Liebesleben" (Shalev) anfangs aufgeregt, unruhig gemacht, ich wollte es schon weg legen, doch dann nahm ich zunehmend wahr, dass der Stil eine weitere Ebene war um den Seelenzustand der Protagonistin zu zeigen. Das Buch hatte mich gepackt! ;-)
Ganz anders ging es mir bei "Wie es ist" (Beckett): Nach "wie es war ich zitiere vor Pim mit Pim nach Pim wie es ist drei Teile ich sage es wie es ..." war ich sofort (und blieb es) begeistert, obwohl es recht anstrengend zu lesen ist.
Wenn mich ein Text in der Hand hat, lese ich schnell und aufmerksam, registriere Details, ungewöhnliche Formulierungen, Wortschöpfungen. Ich mag aber all dies nicht, wenn das Erzählte, die Geschichte nicht dadurch gewinnt. L'art pour l'art reicht mir beim Lesen nicht. Ich finde die Sprache wirkt dann schnell gekünstelt, einfach blutleer. Ein Beispiel: "Die letzte Welt" (Ransmayr). Da habe ich mich über viele Seiten (ich glaube 3x) gequält um immer wieder festzustellen, dass mir seine Sprache manieriert, abgestanden, seelenlos vorkam.

Hier, in der Leselupe, entscheide ich nach drei vier Zeilen, ob ich einen Text auf Papier lesen will. Bis auf ganz wenige Ausnahmen, kommentiere ich auch keine Texte (auch Gedichte), die ich nicht schwarz auf weiß gelesen habe. Es ist zwar dann immer noch "kein Buch", aber es macht für mich einen Riesenunterschied aus.

Viele Grüße
Soleil
 

Cassiopeia

Mitglied
Also ich komme aus der Lyrikecke und bin einfach mal so engstirnig auch nur Lyrik zu lesen. Warum das so ist, will ich hier nicht anführen, interessiert auch nicht.

Als erstes fällt mir natürlich die äußere Form auf, in der das Gedicht gehalten ist. Die ist allerdings für meine Beurteilung nur insoweit wichtig als dass ich ein buntes Durcheinander und Kreuz und Quer nicht als anziehend empfinde. Mit der Kleinschreibung habe ich mich schon abgefunden, aber Pünktchen, merkwürdig auseinandergezogene Absätze und der gleichen, schrecken mich immer noch ab. *gesteh*

Danach lese ich einfach und dann sehe ich, ob ich mich in das Gedicht fallen lassen kann - sprich, ob es in mir was zum Klingen bringt. Dabei ist der Inhalt und der Rhythmus erstmal Nebensache. Das wird erst danach sehr wichtig und macht das Gedicht zu einem Gewinn oder auch nicht. Wenn es hier und da hakt und holpert, hemmt das den Lesefluß und entweder gebe ich irgendwann auf, wenn das Werk inhaltslos ist oder ich quäle mich durch. Manchmal lohnt sich letzteres, manchmal allerdings auch nicht.

Ich lese Gedichte mehrmals - wenn ich sie überhaupt lese - mindestens dreimal und manchmal entgeht mir immer noch was. Anfangs lese ich schneller, um den Fluß zu erspüren und später langsam, um den Inhalt zu fassen.

Ja, that´s it.

Cassiopeia
 

bluesnote

Mitglied
Ich wünsche mir einen schnellen Einstieg am Anfang.
Die ersten Sätze müssen mich packen wie Schlagzeilen. Ich brauche dringend Informationen über die Geschichte vorab. Ich las früher gern detaillierte Action – Szenen, muß heut nicht mehr sein. Daher bemerke ich in letzter Zeit bei meiner eigenen Schreibe Oberflächlichkeit.
Das kommt vielleicht auch daher, das man Texte im Internet zusammen raffen muß, damit sie gelesen werden.
Nach der Hälfte eines Romans muß der Autor für mich zur Auflösung kommen.
Ein Beispiel: Duddits! Wenn Stephen King nicht bald ein bißchen mehr verrät, auf was er eigentlich hinaus will, schmeiß ich das Ding in die Ecke.
Ich mache es inzwischen so wie soleil. Ich drucke Texte auf Papier aus, und lese sie in Ruhe. Erst dann gebe ich Kommentare ab.
 
M

Monfou

Gast
Von guten Büchern (Achtung: Satire)

Was lange währt...

Ein gutes Buch muss langweilen!
Was schnell und rasant erscheint, erscheint nur schnell und rasant, weil es das Echo der eigenen Beschränktheit ist. Langeweile ist die höchste Qualität des Lesens. Ja, Lesen und Langeweile sind eins. Der Genuss der langen Weile manifestiert sich im Lesen. Kino ist rasant. Der Zauberberg von Mann als Kinofilm ist wie ein Luftschiff mit Düsenantrieb. Wir brauchen lange Weile und noch einmal lange Weile. Der Glaube, Literatur könne man nach einem Schema spannend machen, ist irrig. Was heute uns Saison für Saison atemlos angepriesen wird, ist billiges Blabla, schon im Erscheinen veraltet, vergessen, aber unheimlich spannend. Man kriegt Gänsehaut.

Ein langweiliges Buch wird immer langweilig bleiben! Ja! Auch in 200 Jahren wird es noch langweilen.
Nur wer langweilt, weilt lange!

Gelangweilt

Monfou
 

maskeso

Mitglied
Schnell?

Wenn ich ein Buch lese, dann meistens schnell. Denn wenn ich es nicht in drei Tgaen packe, dann droht es jämmerlich zu verenden. Das liegt wohl ander mangelnden Freizeit.
Daher bevorzuge ich auch mehr und mehr schnellebige Kost, die mich nicht langweilt. Anderseits - Kant konnte ich noch nie lesen, bzw. wollte es nicht..
Wenn ein Buch gut ist, dann versinke ich darin, sauge die Seiten auf, durchaus mehr als 100 pro Stunde und wenn es fertig ist, denke ich - schade. Wenn ein Buch schlecht ist, dann sauge ich die Seiten auf, verzweifelt versucht zum Ende zu kommen. Ein Buch nicht zu Ende gelesen weglegen kann ich nicht.
Ich lese schnell, vergesse schnell. Der Eindruck bleibt. Nur lohnt sich das??

mfg
 

Clara

Mitglied
Hm, wie lese ich ein Buch?
Nach handwerklichen Gesichtspunkten kann ich genüsslich keines lesen.

Wegen der Handlichkeit lese ich ungern dicke Bücher.
In den letzten Jahren habe ich fast nur Sachbücher gelesen.
Will sagen: ein bestimmtes Interesse habe ich verfolgt.
Ja, auch bei Prosa, ist es meist so, dass mich der Klappentext anspricht oder nicht.
Texte die zu rasant sind, vergesse ich schnell, da bleibt nicht viel haften.
Auch permanent sexistische Sprache mag ich nicht, oder harte Worte, Slang oder so. Bukowski-Stil nennt man das wohl. Hypermodernes, amerikanisiertes mag ich ebenfalls nicht.
Eintauchen in eine andere Welt, sich selbst und alles drumherum vergessen können, dann ist ein Buch für mich gut.
Wenn es schwierig ist, den Stoff zu erschließen, ist es gut, wenn der Autor langsam die Fäden spinnt und auf der letzten Seite sich mir die Thematik erschließt. Ein Beispiel wäre da Siegfried Lenz, jesses, wie heißt es noch? Ist noch gar nicht so alt.
Jedenfalls schrieb er aus der Sicht eines Teekosters und über diese Vögel, Kormorane, welche die Fischer arm machen. Vermutlich Teile seiner Heimat. Shit, der Titel, das war eigentlich, der am Ende des Buches klar wurde.

Ich besitze aber auch Sammelbände mit Kurzgeschichten, von Reich Ranicki zusammengestellt, oder von Hugo von Hoffmannsthal und Luise Kaschnitz. Diese Bände, da ist jede Geschichte für sich, ein Sonderexemplar. Nicht dass ich jede einzelne in Details behalten hätte, nein, das nicht. Aber jede hat quasie einen Leitsatz hinterlassen, der fürs Leben tauglich ist. Dostojewskis Meistererzählungen sind auch so ein Sammelband, allerdings seiner eigenen Erzählungen. Ja, Bauchleser bin ich auch.

Aneinandergereihte Worte, die keine Bilder, keine Assoziationen ergeben, durch die muss ich mich quälen.
Lyrik lese ich nur im Web.
Und, Geschichten mit zuviel an Technik im wahrsten Sinne, wie in SF mag ich überhaupt nicht.
Und, Krimis, ja, als junger Mensch fand ich die ganz fesselnd, aber auch Nicht-Krimis können sehr fesselnd sein.
Deshalb muss da auch immer Jammern, wann es wohl etwas zu Essen gibt, heißt, meine Fesseln lösen, sonst ist ein buch in wenigen Tagen durch.
Durch das Internet, lese ich zwar auch wie verrückt, aber das ist nicht das Gleiche. Und Ausdrucken sollte man auch dies oder das. Dann ist es ganz anders, als online lesen. Nunja, es unterscheidet sich ohnehin, weil ich dann meist mit den Augen eines Handwerkers lese, und mit Bauch.
 

unbekannt2581

Verbotenes Mitglied
Ich fresse Bücher, Texte, Buchstaben, wenn sie mich nicht Mass nehmen lassen. Setzen lassen. Die Texte monfous nehm ich in kleinen Schlucken, nicht mehr als 5 Sätze pro Tag. :)), ich muss es mir regelmässig ins Outlook schreiben, damit ichs ja nicht vergess. Annabell-le dekantier ich so zwischen Champus und Gleitzeit. Die Buddenbrocks las ich nie zu Ende, so wenig wie den Butt. Zimmer-Bradley geniess ich so in 120 Sachen pro Seite. Steinbeck bei 30. Es kommt auf den Autor UND meine Stimmung an. Ich könnte mir stundenlang Raol Schrott anhöhren und die 3 Stunden Grünbein waren hart. Hesses Goldmund liegt immer auf dem Nachttisch, wie Shakespeare und Harry Potter im Original. Es gibt Autoren, die les ich täglich mindestens 45 mal. Verat ich nicht, wen ich da meine.
Heinlein hat mir manche Nacht gestohlen, Assimov too.
Karl May, Bukowski, Frank Zappa, Simmel, Remarque, Vonnegout und dann Du.

liebe Grüsse

mikel
 

Clara

Mitglied
Lieber Bernd,

muss ich doch schmunzeln, dass das Thema als Diskussion eröffnet wurde, und schau an, jeder lässt jedem seine Art zu Lesen.
Nur wenn wir uns zu kritischen Lesern mausern, dann hält kaum einer das aus, wie man liest.

Na, gedruckte Autoren können sich kaum zur Wehr setzen, das stimmt wohl.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Danke für die bisherigen Antworten.
Bei mir ist es unterschiedlich. Das meiste (nicht fachlich bedingte) lese ich jetzt in Bus oder Straßenbahn. Um mich zu entscheiden, ob ich ein Buch lesen möchte, betrachte ich zunächst den Umschlag. Wenn er zu grell ist, hat das Buch schlechte Karten. Dann muss ich den Autor schon kennen, um hineinzusehen.
Ich schlage das Buch irgendwo auf und lese ein Stückchen. Oder ich blättere es mal durch. Dann weiß ich, ob ich es lesen will (Thema, Stil).
Viele Bücher habe ich von vorn nach hinten durchgelesen.
Manchmal las ich (besonders bei Krimis) auch erst mal den Schluss.

Heute lese ich ein Buch auch manchmal "mosaikartig" durcheinander. (Dazu angeregt wurde ich durch die "Sterntagebücher" von Lem. In ihnen gibt es seltsame Unregelmäßigkeiten, wie Reisen, die gar nicht stattgefunden haben und Ähnliches.)

Früher las ich Bücher, um Wissen zu sammeln, heute eher, um Eindrücke zu gewinnen. Spannende Bücher langweilen mich eher. Die Handlung ist für mich eher uninteressant. Anders gesprochen, ich lese auch in der Prosa gern eine Art "poetische" Bücher.

Besonders gefallen haben mir auch von Lem "Das absolute Vakuum" und "Die imaginäre Größe", Sammlungen von (fiktiven) Vorwörtern bzw. Rezensionen zu nicht erschienenen Werken.


Viele Grüße von bernd
 

itsme

Mitglied
.....

Nur unaufschiebbare Dinge und 3-D Kommunikation halten mich davon ab zu lesen, sei es Zeitung, Zeitschrift, Sachbuch oder Belletristik. An eine vor-lese-Zeit kann ich mich nicht erinnern. Mit Karl May und Kästner fing es an, dann die Hornblower Serie. Heute lese ich zu mehr als fünfzig Prozent Sachbücher (Geschichte, Antropologie, etwas Psychologie und Philosophie). Meine Auswahl treffe ich nach Rezensionen in Zeitungen und im DLF, manchmal nach Empfehlungen von Freunden.

Ich bin ein langsamer Leser, weil ich Wort für Wort lese. Mir könnte ja ein wichtiges Detail entgehen. Das Thema Lyrik ist für mich abgeschlossen. Ich besitze die gesammelten Lyrik Werke von Goethe, Benn und Fried (und hab sie auch gelesen). Das reicht. In Zeiten, in denen ich selbst viel schreibe, vermeide ich Romane, weil ich fürchte, unbeabsichtigt Stil-Anleihen zu machen.

@Mikel
Naziß und Goldmund war eines der wenigen Bücher, die ich nicht zu Ende gelesen habe. Eigentlich habe ich Geduld. Mich müssen nicht schon die ersten Zeilen mitreißen.

Grüßlinge
itsme
 
T

theubner

Gast
...nun - in den seltenen Fällen da ich Prosa lese verschlinge ich die Bücher sobald sie mich fesseln konnten oder ich hangle mich beseelt durch konstruierte Sprachstile - dem was das wie vorziehend...

...es mag am Zeitmangel liegen aber vor allem am Interesse für die Gattung, dass ich hauptsächlich Lyrik lese (wenn ich hier wahrnehmen muss, dass sich manche Leute mit Gedichtsammlungen einiger großer, altbewährter Dichter zufrieden geben, dann drückt sich fiebrig mein Magen zusammen!)... und Lyrik liest man freilich zum Großteil mit Herz und Bauch - entweder ein Text, ein Stil spricht mich an bzw. kann mich zumindest von seiner Sinnhaftigkeit überzeugen oder ich muss mich hindurchquälen... auf jeden Fall lese ich so ziemlich jedes Gedicht das erst mal meine Aufmerksamkeit auf sich gelenkt hat (auch hier *hehe*)...

...hat mich das lyrische Erzeugnis dann also angesprochen, so lese ich es noch mal (und noch mal...) und lasse mich von (eventuell) vorhandenen sprachlichen Mehrdeutigkeiten (der Leser braucht Denkfreiheit!) faszinieren oder bewundere zumindest den Sprachwitz, den Tiefgang - was halt gerade vorkommt...

...dann - lese ich das nächste... und das ist wahrscheinlich eher von Bukowski als von Goethe oder Schiller...

...tja - theubner...
 

Dorothea

Mitglied
Selektiv, hungrig und dann genussvoll

Romane:

Wenn ich den Autor nicht kenne, lese ich zuerst den Klappentext und dann ein paar Seiten zur Probe.
Nach dem Kaufen lese ich zuerst eilig und hungrig (wenn der Text es zulässt), um nur ja schnell zu erfahren, was vorgeht. Beim zweiten Lesen vertiefe ich mich in Details, genieße die sprachlichen Feinheiten und nehme innerlich Stellung zu entscheidenden Gedanken der Charaktere.
Ein Roman interessiert mich nur dann nicht, wenn er zu seicht, zu plakativ oder so abgrundtief grausam (mit blutverklebten Details) ist, dass ich ihn nicht aushalten kann.

Lyrik:

Ich mag nicht l'art pour l'art Gedichte (vollkommene Gestaltungsarbeit ohne Sinnaussage).
Ebenfalls mag ich nicht Gedichte, die zwar etwas Wahres, Bedeutsames oder Anrührendes in plumper Form (ohne poetisches, technisches Können)darstellen.
Ein gutes Gedicht sagt mehr aus als der Dichter (bewusst) mitgeteilt hat. Darum versuche ich ein Gedicht, dass es geschafft hat, meine Neugier zu wecken, nicht nur mit meinen intellektuellen und ästhetischen Fähigkeiten aufzunehmen, sondern mit allen "Rezeptoren", die mir zur Verfügung stehen.
Gedichte, die übertrieben kryptisch sind, und außer einem Rätselspiel mir nichts anbieten können, mag ich ebnso wenig, wie solche Gedichte, die mich zu sehr festlegen wollen, keinen Inerpretationsspielraum lassen.
LG.
 

MDSpinoza

Mitglied
Ich fresse Bücher und saufe Lyrik. es gibt nur zwei Bücher die ich angebissen habe liegen lassen: Kafka's "Schloß" Und Dostojewskij's "Verbrechen und Bestrafung" Kafka war mir zu öde und Dostojewskij zu verschwurbelt. Ungenießbar. Lyrik spucke ich öfter halb verdaut aus, da gibt es einfach zu wenig, was mich wirklich vom Sockel haut.

Gute Erzähler:

Tolstoi, Orwell*, A. Andersch, John Steinbeck*, Albert Camus*, Pierre Boulle*, Ayn Rand*/**, John Ross**, L. Neil Smith*, Arthur C. Clarke*, Sir Arthur Conan Doyle, J. Joyce* (ab 2 o/oo vol. alc.), Emile Zola, Irene Dische, Gordon R. Dickson, Isaac Asimov, Theodore Sturgeon*, Eric Frank Russell, Ernest Hemingway*, Lothar Günther Buchheim uva.
* Es empfiehlt sich, die Werke im Original zu lesen, weil die Übersetzungen lausig sind.
** Nicht alle oder gar keine Werke sind auf Deutsch erhältlich
 

MDSpinoza

Mitglied
Noch etwas: ich verzeihe einem Autor eine schlechte Geschichte wenn er sie gut erzählt. Wenn er allerdinges eine gute Geschichte mit miserablen Mittel versaut, dann spornt er mich lediglich an, dieselbe Geschichte besser zu erzählen.
Wenn ich einem als Kritik mit auf den Weg gebe, daß er eine gute Geschichte hat, sie aber unterhalb seiner Grenzen erzählt, ist das als Reiz gedacht, es noch einmal und zwar besser zu machen.
 

jon

Mitglied
Teammitglied
…ich glaube, da liegt der Knackpunkt! Dies ist die Stelle, wo Leute unterschiedlich lesen – manche lesen den Plot, manche die Ideen oder die Informationen, manche die Sprache. Die meisten lesen eine individuelle Mischung aus all dem.

Ich bin neulich wieder drauf gestoßen, als ich eine preisgekrönte Geschichte las (Wolfgang Jeschke „Die Cusanische Acceleratio", Laßwitzpreis 2000) und feststellte: Es ist nicht spannend, es ist nicht „rund" (im Sinne: Problem – Konflikt  – Lösung), es hat keine Charaktere (, die ich "fühlen" konnte, die mich interessierten), es ist sprachlich solide aber nicht „klingend" oder "stark"/"lebendig"… Wer immer den Preis gab, gab ihn wohl vor allem für die Idee(n), deren Großartigkeit mir (aus Mangel an Faktenwissen über Namen und Jahreszahlen der Wissenschafts- und/oder Politikgeschichte) irgendwie entgangen sein musste.
Oder: Wer "Nexen" von Bodo Kroll damals auf die Nominierungsliste zum Laßwitz-Preis setzte, kann UNMÖGLICH Sprache und Erzählhandwerk (Plot, Charaktere etc.) gelesen haben.
Oder: Zu meinen Lieblingstexten von Eschbach gehört eine Beschreibung eines uuuuuralten Palastes (in "Die Haarteppichknüpfer") – da "passiert" nichts, aber es ist sprachlich 1A.
Aber selbst wenn ich "Inhalt lese", lese ich anders als Leute, die sich ständig mit der "Welt und ihrem Zustand" beschäftigen, oder Leute, die "im Buch die bessere Wirklichkeit suchen", oder Leute, die „mal was anderes sehen/lesen/erfahren wollen". Ich will Menschen treffen.
Und dass man bei all dem nicht nur mit den Augen und den Wünschen sondern auch mit den Erfahrungen liest kommt noch dazu. Eine Dicke liest einen Text über eine Dicke anders als eine Dünne es tun würde – nur mal so als Beispiel.
 



 
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