Wie man auf seinem Begräbnis Geld spart

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Kaiser Joseph II (für die Leser, die im Schulunterricht nicht aufgepasst habe: das ist der Kaiser aus dem Film «Amadeus») führte während seiner Regentschaft etliche Neuerungen ein. Darunter war auch etwas, dass vor allem die Wiener sehr verbitterte, fühlten sie sich doch um den «schönen» Leichengang betrogen: es handelte sich um einen bei Begräbnissen zwingend vorgeschriebenen Klappsarg. Das ist ein Sarg mit unten eingebauter Klappe, sodass beim Begräbnis der Tote durch die Klappe aus dem Sarg ins Grab fallen kann, um ihn wiederverwerten zu können. Den Sarg, nicht den Toten.
Solch Kuriosa sind längst Geschichte und Klappsärge können heute nur mehr im Bestattungsmuseum in Wien besichtigt werden.

Das bringt uns zu folgender Frage: Haben Sie bereits Ihre Begräbnisvorbereitungen gemacht? Wissen Sie schon, wo sie einmal Blumendünger werden wollen? Ein Festschmaus für Feuchtgewürm? Oder planen Sie gar sich verbrennen zu lassen? Da denken Sie besser nochmals scharf nach. Mit all dem Junk food in Ihrem Körper könnten Sie noch mit einer geschmalzenen Strafe wegen Umweltverschmutzung rechnen. Und wer kann sich bei den heutigen Ölpreisen schon das Krematorium leisten?

Wenn man mit dem Bestatter seines Vertrauens spricht, dann ist das wichtigste Thema der Sarg. Man darf nicht vergessen: darin wird man einige Jahrhunderte ruhen. Die Modellauswahl ist beachtlich. Von Kirschholzintarsien über Mahagonipanelen bis zu Eichenfassbrettern mit Veltlinergeschmack ist alles erhältlich. Schenkt man alten Erzählungen Glauben, dann gab es sogar Glassärge. Das sind aber wohl nur Märchen.

Ich persönlich lege Wert auf deutsche Handwerkskunst und verliebte mich in einen Designersarg. Der Modellname war Cocoon! In seinem futuristisch aussehenden, eiförmigen Äußeren befanden sich im Inneren nur die feinsten Stoffe, eine weiche Matratze, sowie eine Minibar mit Plasmabildschirm.

Als Grünwähler bin ich bedacht, möglichst umweltschonend begraben zu werden und erkundigte mich, ob dieser Sarg die Umweltunbedenklichkeitszertifizierung hatte. Er hatte. Er ist nämlich aus einem natürlichen und unbehandelten Material gemacht: aus gebackenen Sojasprossen. Als Toter wird man sich dabei wie die Füllung einer Weihnachtsgans fühlen. Ist man tot und hat Hunger, so braucht man nur ein kleines Stückchen aus dem Sarg herauszubrechen und zu essen. Selbst wenn man den Sarg nicht aufisst, benötigt er nur 10 bis 15 Jahre um vollständig zu verrotten. Obwohl dieses Modell etwas teurer in der Anschaffung ist, spart man an Essen und Recyclinggebühren.

Ebenso sparen lässt sich an der Sarggröße. Hat man über die Jahre einen Speckgürtel angelegt, dann ist ein Gespräch mit dem Bestatter angeraten. Diese bieten in einem Inklusivpaket regelmäßige Trainingseinheiten im angeschlossenen Gymnastikstudio an, die einen für das Begräbnis fit machen. Niemals wird man gesünder aussehen, als bei der eigenen Beerdigung. Und mit weniger Gewicht kann man sich auch einige Leichenträger ersparen.

Vorsicht sei bei der Anzahl der bestellten Kerzen angeraten: im Himmel wird’s genug Licht geben – oder Feuer in der Hölle.

Um die Grabrede sollte man sich beizeiten kümmern und nichts dem Zufall überlassen. Wenn der Pfarrer über den teuren Verblichenen spricht und dabei ausführt, welch großartiger Charakter, was für ein Genie, was für ein Geschenk an die Menschheit der liebe Tote gewesen sei, werden die Trauernden sich am Kopf kratzen und verwundert fragen, ob sie etwa auf der falschen Beerdigung gelandet seien.

Man schreibe deshalb auf den Grabstein am besten die Wahrheit, hier ein paar für mich. Je nach Lust und Laune werde ich dann das passende auswählen, wenn es soweit ist.

„Hier ruhen ihrer drei,
ein Ochs, ein Esel und er dabei.“

oder

„Unter diesem Rasen,
Liegt eine lustige Nasen.“

Der geneigte Leser mag sich nun fragen: wie kann ich mich heute schon vorbereiten? Ganz einfach: man lege eine Liste an mit Dingen, die man vor seinem Tod noch erledigen möchte. Einer meiner Freunde hatte eine solche Liste mit 400 Punkten: den Kilimanjaro rauflatschen, in einem chinesischen Drachenlauf mithirschen oder lernen, wie man mit Stäbchen isst ohne sich dabei zu verstümmeln. Gottes Einstellung zu solchen Listen ist, dass er einen nur dann abknallt – äh – abholt, wenn man diese Liste abgearbeitet hat, mit einer Genauigkeit von plus/minus fünfzig Jahren. Man ist also relativ sicher.

Wie kann man sich sonst noch vorbereiten? Man hinterlege bei allen Freunden, Bekannten, Verwandten und Arbeitskollegen seine Notfallkontakte. Die Mitglieder der Online-Community mygravespace.com treten dabei untereinander in einen Wettbewerb. Gewonnen hat, wer mit den meisten Notfallkontakten stirbt.

Zum Abschluss noch ein kleiner Tipp von mir: Bestattungsunternehmen bieten heute viele verschiedene Beerdigungsvarianten an. Für treue Kunden gibt es die Vielsterberbonuskarte, sowie einen zwanzigprozentigen Nachlass, wenn man an einem Werktag stirbt. Besonders engagierte Kunden können auch zu Bestatterwareparties nach Hause einladen, wo man Freunden bei einem vergnüglichen Abendessen die neuesten Produkte und Services der Beerdigungsbranche vorstellen kann. Gelingt es drei neue Kunden zu werben, dann bekommt man nicht nur einen Sarg nach eigener Wahl kostenlos, sondern auch noch eine Gratisleichenwäsche.

Bedenke: jeder muss mal sterben – vielleicht sogar auch ich.
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
da

fehlt nur noch die bemerkung, dass der klappsarg niemals für feuerbestattungen genommen werden durfte.
üprinx - wenn du Model schreibst, ist ein mensch gemeint. gegenstände, die das höchste entwurfsstadium erreicht haben, nennt man Modelle, einzahl Modell. beim model wird die erste silbe betont und das e fast verschluckt, beim modell die zweite.
lg
 
Danke für den Hinweis. Da merkt man, dass ich schon zu lange in USA bin, denn im Englischen schreiben die alle Modelle mit einem l ;-)

Und apropos: Verbrennen zu damaliger Zeit war nicht drin, waren doch alles Katholiken und da ist ein Sichverbrennenlassen nicht erlaubt (soviel ich mich erinnere)...

Marius
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
na,

so ein mist, dass ich dem einzigen katholiken, den ich je kannte, die freundschaft aufgekündigt habe, jetzt kann ich gar niemanden befragen . . . schluchz.
aber deine geschichte ist gut.
lg
 

Felix

Mitglied
Hallo Marius

wirklich nette Geschichte, man denkt so gar nicht darüber nach, dass man nirgends länger wohnt als in seinem eigenen sarg.
So ein zu Hause sollte wirklich gut durchgeplant sein...
 



 
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