Wie man einen Kellerboden verlegt

4,00 Stern(e) 4 Bewertungen

Vasco

Mitglied
Kürzlich gefiel es meiner besseren Hälfte - im Bündnis mit ihrer Mama - zu beschließen, dass ein Kellerraum, welchem ich bisher keinerlei Beachtung geschenkt hatte, einen neuen Boden erhalten müsse. Der alte Filzboden aus den 1970ern war unrettbar verdreckt und roch seltsam. So weit, so gut.

Da mir allerdings keine geeignete Ausrede einfallen wollte, wurde ich zum Projektleiter auserkoren. „Ich will, dass es schön aussieht“ sprach Eva, das geliebte Eheweib. „Ich will, dass es bald fertig ist“ sekundierte die nicht ganz so geliebte Schwiegermama.

In meiner Naivität hatte ich angenommen, dass es ein Leichtes sein müsste, eine Teppichfirma mit dieser Angelegenheit zu beauftragen. Schließlich hatte ich noch nie einen Teppich verlegt, in einem Kellerraum schon gleich gar nicht.
„Die Teppichzentrale“ galt als sehr günstig. Folglich suchte ich anderntags dieses Geschäft in einer Nebenstraße unserer hübschen Kleinstadt auf. Freilich sollte nicht ich den Boden auswählen, dazu gab es ja meine Frau. Und so begleitete sie mich.

Der Angestellte musterte uns griesgrämig. „Der Chef ist nicht da“, sagte er sofort und zeigte uns den Rücken.
„Wir wollen einen Boden kaufen“
„Hier ist der Musterkatalog. Suchen Sie halt was aus“ raunzte der Ladenhüter, bevor er sich wieder umdrehte.
„Wir würden gerne fünf mal vier Meter vom Typ „Toscana III“ bestellen“ versuchte es Eva.
„Hmpf“
„Äh … und verlegt soll er werden“ ergänzte ich hastig.
Ein feindseliger Blick traf mich. „Der Chef ist nicht da“. Er griff nach einem Bleistiftstummel, „Name, Telefon? Er ruft sie an“ versuchte er uns loszuwerden.
Doch Eva blieb dran: „Könnte es diese Woche noch geschehen?“
„Nein!“
„Doch. Bitte gleich morgen. Und wir sollten auch wissen, ob der alte Boden raus muss“.
„Raus! Alter Boden muss immer raus. Der Chef meldet sich“.
„Tut er nicht“ widersprach Eva.
„Morgen. Der Chef ruft morgen an“ keuchte der Kerl und spielte nervös an seinem Teppichcutter herum. Ich ergriff Evas Hand und wir gingen in kleinen Schritten rückwärts, bis wir die Tür heil erreicht hatten.

Im Morgengrauen des folgenden Tages läutete das Telefon. „Morschmüller, guten Morgen. Ich bin gerade in Ihrer Nähe und würde mir ihren Kellerraum ansehen. In fünf Minuten bin ich da“ überraschte uns der Chef der Teppichzentrale.

„Raus! Alter Boden muss immer raus“, klärte uns Herr Morschmüller mit gewissenhaftem Blick auf. „Wir rufen Sie an“.

Etwa 6 Wochen später begegnete ich Schwiegermuttchen unausweichlich auf der Kellertreppe. „Was ist denn nun mit dem Boden?“
„Sie rufen an.“
„Nein, tun sie nicht“, widersprach sie und musterte mich mit dem üblichen geringschätzigen Blick. „Naja“, seufzte sie dann. Mehr brauchte sie nicht zu sagen, ich wusste Bescheid und griff zum Hörer.

„Herr Morschmüller, unser Boden …“
„Ist seit 4 Wochen da“
„Wann kommen Sie?“
„Ist der alte Boden raus?“ Mir wurde heiß. Der alte Teppich.
„Ist raus“ log ich.
„Wir kommen gleich morgen früh“.

Ich warf den Hörer auf die Gabel, schloss mich im Keller ein, und löste diese Masse aus Kunstfaser, Dreck und Kleber Zentimeter für Zentimeter ab. Dann wartete ich. Im Morgengrauen des folgenden Tages tat sich nichts. Und auch danach nicht.

„Herr Morschmüller …“
„Eine Verwechslung. Es gibt einen Kunden, der hat einen Namen der so ähnlich klingt wie ihrer. Meine Leute waren dort. Wir kommen morgen.“

Fünf Minuten später klingelte es an der Tür. Zwei Gesellen im „Teppichzentrale“-Blaumann. Ein Breiter vom Typ Preisboxer in Rente und ein Dürrer mit Schildmütze, der aussah wie ein Klebstoffschnüffler.

„Wir bringen den Boden. Können wir kurz reinschauen?“
„Äh … natürlich“ begleitete ich die beiden in den Keller“.

„Grundiert?“ fragte der Kerl mit der Mütze und grinste. Mir fiel die Kinnlade runter. „Äh … der Chef war doch hier …“

„Grundieren! Wenn der alte Boden raus ist, muss man immer grundieren“ klärte mich der Schnüffler grinsend auf, während der Muskelmann mit mitleidigem Blick den Kopf schüttelte. Sachte begann ich zu begreifen, dass die Verlegung eines Kellerbodens eine Aufgabe universeller Grandiosität ist und nur so ein bescheidenes Licht wie ich denkt, dass so etwas einfach so geschehen kann.

Im Morgengrauen des folgenden Tages war ich mit der Grundierung fertig und griff zum Telefonhörer.
„Der Chef ist nicht da“ maulte mich eine mir bekannte Stimme an.
„Der Unterboden … ist grundiert. Wann …?“
„Wenn der PVC-Boden da ist“.
„Wenn … wie? Der Boden müsste doch schon längst …“
„Kommt in vier Wochen“. Mir wurde etwas flau in der Magengegend. Vor allem auch deshalb, weil Schwiegermuttchen wieder in den meine-Tochter-hat-einen-Versager-geheiratet-Modus geschaltet hatte.

Irgendwann in den folgenden Tagen läutete die Türglocke. Der dürre Kappenträger lehnte lässig im Türrahmen, während sein Boxerkollege noch im Lieferwagen saß und grinsend an einer Zigarette saugte.

„Ihr PVC-Boden. Liegt schon wochenlang rum. Können wir rein?“

Ich atmete auf und begleitete die beiden Gestalten in den Keller. Stolz präsentierte ich den grundierten Boden.

„Nicht gespachelt“ erkannte der Schnüffler sofort. „Spachteln! Nach dem Grundieren muss man immer spachteln“ erklärte er mit heimtückischem Grinsen, während sein Möbelpackerkollege in wieherndes Gelächter ausbrach. Ich Elender. Natürlich wird nach der Grundierung immer auch der Boden gespachtelt. Jeder im Universum weiß das. Außer mir.

Ich verabschiedete die Herren, schloss mich im Keller ein und spachtelte. Einmal klopfte es und Eva rief mir durch die Tür zu „Firma Teppichzentrale hat angerufen. Der Chef sei zwar nicht da, aber unser PVC-Boden soeben geliefert worden. Morgen früh wird verlegt. Das klappt doch, Schatz?“ Ich spachtelte, wie ich noch nie zuvor gespachtelt habe.

Im Morgengrauen des folgenden Tages hupte es einige Male vor der Tür. Ich kletterte hastig durch das Kellerfenster. Der Dürre setzte eine verächtliche Grimasse auf, während mir der Dicke grinsend seine Kippe vor die Füße schnippte. „Gespachtelt ?“ Ich nickte. „Gut. Wir machen dann mal Mittag. Also, bis später“.

Ich lud also ab, nahm Maß, schnitt, rollte, passte an und klebte Leisten. Irgendwie lag irgendwann ein PVC-Boden in jenem Kellerraum, der mittlerweile mein einziger Lebensinhalt geworden war.

„Verlegt?“ rief mir der Junkie zu, als er an unserem Haus vorbei fuhr und dabei den Umschlag mit der Rechnung in den Vorgarten warf, während mir sein Kollege mit höhnischem Grinsen den Mittelfinger zeigte.

In diesem Moment erschien Schwiegermuttchen im Türrahmen. „Da ist ein Herr Morschmüller dran. Der Boden ist jetzt endlich da. Sie kommen morgen früh“.
 

Vasco

Mitglied
Kürzlich gefiel es meiner besseren Hälfte - im Bündnis mit ihrer Mama - zu beschließen, dass ein Kellerraum, welchem ich bisher keinerlei Beachtung geschenkt hatte, einen neuen Boden erhalten müsse. Der alte Filzboden aus den 1970ern war unrettbar verdreckt und roch seltsam. So weit, so gut.

Da mir allerdings keine geeignete Ausrede einfallen wollte, wurde ich zum Projektleiter auserkoren. „Ich will, dass es schön aussieht“ sprach Eva, das geliebte Eheweib. „Ich will, dass es bald fertig ist“ sekundierte die nicht ganz so geliebte Schwiegermama.

In meiner Naivität hatte ich angenommen, dass es ein Leichtes sein müsste, eine Teppichfirma mit dieser Angelegenheit zu beauftragen. Schließlich hatte ich noch nie einen Teppich verlegt, in einem Kellerraum schon gleich gar nicht.
„Die Teppichzentrale“ galt als sehr günstig. Folglich suchte ich anderntags dieses Geschäft in einer Nebenstraße unserer hübschen Kleinstadt auf. Freilich sollte nicht ich den Boden auswählen, dazu gab es ja meine Frau. Und so begleitete sie mich.

Der Angestellte musterte uns griesgrämig. „Der Chef ist nicht da“, sagte er sofort und zeigte uns den Rücken.
„Wir wollen einen Boden kaufen“
„Hier ist der Musterkatalog. Suchen Sie halt was aus“ raunzte der Ladenhüter, bevor er sich wieder umdrehte.
„Wir würden gerne fünf mal vier Meter vom Typ „Toscana III“ bestellen“ versuchte es Eva.
„Hmpf“
„Äh … und verlegt soll er werden“ ergänzte ich hastig.
Ein feindseliger Blick traf mich. „Der Chef ist nicht da“. Er griff nach einem Bleistiftstummel, „Name, Telefon? Er ruft sie an“ versuchte er uns loszuwerden.
Doch Eva blieb dran: „Könnte es diese Woche noch geschehen?“
„Nein!“
„Doch. Bitte gleich morgen. Und wir sollten auch wissen, ob der alte Boden raus muss“.
„Raus! Alter Boden muss immer raus. Der Chef meldet sich“.
„Tut er nicht“ widersprach Eva.
„Morgen. Der Chef ruft morgen an“ keuchte der Kerl und spielte nervös an seinem Teppichcutter herum. Ich ergriff Evas Hand und wir gingen in kleinen Schritten rückwärts, bis wir die Tür heil erreicht hatten.

Im Morgengrauen des folgenden Tages läutete das Telefon. „Morschmüller, guten Morgen. Ich bin gerade in Ihrer Nähe und würde mir ihren Kellerraum ansehen. In fünf Minuten bin ich da“ überraschte uns der Chef der Teppichzentrale.

„Raus! Alter Boden muss immer raus“, klärte uns Herr Morschmüller mit gewissenhaftem Blick auf. „Wir rufen Sie an“.

Etwa 6 Wochen später begegnete ich Schwiegermuttchen unausweichlich auf der Kellertreppe. „Was ist denn nun mit dem Boden?“
„Sie rufen an.“
„Nein, tun sie nicht“, widersprach sie und musterte mich mit dem üblichen geringschätzigen Blick. „Naja“, seufzte sie dann. Mehr brauchte sie nicht zu sagen, ich wusste Bescheid und griff zum Hörer.

„Herr Morschmüller, unser Boden …“
„Ist seit 4 Wochen da“
„Wann kommen Sie?“
„Ist der alte Boden raus?“ Mir wurde heiß. Der alte Teppich.
„Ist raus“ log ich.
„Wir kommen gleich morgen früh“.

Ich warf den Hörer auf die Gabel, schloss mich im Keller ein, und löste diese Masse aus Kunstfaser, Dreck und Kleber Zentimeter für Zentimeter ab. Dann wartete ich. Im Morgengrauen des folgenden Tages tat sich nichts. Und auch danach nicht.

„Herr Morschmüller …“
„Eine Verwechslung. Es gibt einen Kunden, der hat einen Namen der so ähnlich klingt wie ihrer. Meine Leute waren dort. Wir kommen morgen.“

Fünf Minuten später klingelte es an der Tür. Zwei Gesellen im „Teppichzentrale“-Blaumann. Ein Breiter vom Typ Preisboxer in Rente und ein Dürrer mit Schildmütze, der aussah wie ein Klebstoffschnüffler.

„Wir bringen den Boden. Können wir kurz reinschauen?“
„Äh … natürlich“ begleitete ich die beiden in den Keller“.

„Grundiert?“ fragte der Kerl mit der Mütze und grinste. Mir fiel die Kinnlade runter. „Äh … der Chef war doch hier …“

„Grundieren! Wenn der alte Boden raus ist, muss man immer grundieren“ klärte mich der Schnüffler grinsend auf, während der Muskelmann mit mitleidigem Blick den Kopf schüttelte. Sachte begann ich zu begreifen, dass die Verlegung eines Kellerbodens eine Aufgabe universeller Grandiosität ist und nur so ein bescheidenes Licht wie ich denkt, dass so etwas einfach so geschehen kann.

Im Morgengrauen des folgenden Tages war ich mit der Grundierung fertig und griff zum Telefonhörer.
„Der Chef ist nicht da“ maulte mich eine mir bekannte Stimme an.
„Der Unterboden … ist grundiert. Wann …?“
„Wenn der PVC-Boden da ist“.
„Wenn … wie? Der Boden müsste doch schon längst …“
„Kommt in vier Wochen“. Mir wurde etwas flau in der Magengegend. Vor allem auch deshalb, weil Schwiegermuttchen wieder in den meine-Tochter-hat-einen-Versager-geheiratet-Modus geschaltet hatte.

Irgendwann in den folgenden Tagen läutete die Türglocke. Der dürre Kappenträger lehnte lässig im Türrahmen, während sein Boxerkollege noch im Lieferwagen saß und grinsend an einer Zigarette saugte.

„Ihr PVC-Boden. Liegt schon wochenlang rum. Können wir rein?“

Ich atmete auf und begleitete die beiden Gestalten in den Keller. Stolz präsentierte ich den grundierten Boden.

„Nicht gespachelt“ erkannte der Schnüffler sofort. „Spachteln! Nach dem Grundieren muss man immer spachteln“ erklärte er mit hämischem Grinsen, während sein Möbelpackerkollege in wieherndes Gelächter ausbrach. Ich Elender. Natürlich wird nach der Grundierung immer auch der Boden gespachtelt. Jeder im Universum weiß das. Außer mir.

Ich verabschiedete die Herren, schloss mich im Keller ein und spachtelte. Einmal klopfte es und Eva rief mir durch die Tür zu „Firma Teppichzentrale hat angerufen. Der Chef sei zwar nicht da, aber unser PVC-Boden soeben geliefert worden. Morgen früh wird verlegt. Das klappt doch, Schatz?“ Ich spachtelte, wie ich noch nie zuvor gespachtelt habe.

Im Morgengrauen des folgenden Tages hupte es einige Male vor der Tür. Ich kletterte hastig durch das Kellerfenster. Der Dürre setzte eine verächtliche Grimasse auf, während mir der Dicke grinsend seine Kippe vor die Füße schnippte. „Gespachtelt ?“ Ich nickte. „Gut. Wir machen dann mal Mittag. Also, bis später“.

Ich lud also ab, nahm Maß, schnitt, rollte, passte an und klebte Leisten. Irgendwie lag irgendwann ein PVC-Boden in jenem Kellerraum, der mittlerweile mein einziger Lebensinhalt geworden war.

„Verlegt?“ rief mir der Junkie zu, als er an unserem Haus vorbei fuhr und dabei den Umschlag mit der Rechnung in den Vorgarten warf, während mir sein Kollege mit höhnischem Grinsen den Mittelfinger zeigte.

In diesem Moment erschien Schwiegermuttchen im Türrahmen. „Da ist ein Herr Morschmüller dran. Der Boden ist jetzt endlich da. Sie kommen morgen früh“.
 

Vasco

Mitglied
Kürzlich gefiel es meiner besseren Hälfte - im Bündnis mit ihrer Mama - zu beschließen, dass ein Kellerraum, welchem ich bisher keinerlei Beachtung geschenkt hatte, einen neuen Boden erhalten müsse. Der alte Filzboden aus den 1970ern war unrettbar verdreckt und roch seltsam. So weit, so gut.

Da mir allerdings keine geeignete Ausrede einfallen wollte, wurde ich zum Projektleiter auserkoren. „Ich will, dass es schön aussieht“ sprach Eva, das geliebte Eheweib. „Ich will, dass es bald fertig ist“ sekundierte die nicht ganz so geliebte Schwiegermama.

In meiner Naivität hatte ich angenommen, dass es ein Leichtes sein müsse, eine Teppichfirma mit dieser Angelegenheit zu beauftragen. Schließlich hatte ich noch nie einen Teppich verlegt, in einem Kellerraum schon gleich gar nicht.
„Die Teppichzentrale“ galt als sehr günstig. Folglich suchte ich anderntags dieses Geschäft in einer Nebenstraße unserer hübschen Kleinstadt auf. Freilich sollte nicht ich den Boden auswählen, dazu gab es ja meine Frau. Und so begleitete sie mich.

Der Angestellte musterte uns griesgrämig. „Der Chef ist nicht da“, sagte er sofort und zeigte uns den Rücken.
„Wir wollen einen Boden kaufen“
„Hier ist der Musterkatalog. Suchen Sie halt was aus“ raunzte der Ladenhüter, bevor er sich wieder umdrehte.
„Wir würden gerne fünf mal vier Meter vom Typ „Toscana III“ bestellen“ versuchte es Eva.
„Hmpf“
„Äh … und verlegt soll er werden“ ergänzte ich hastig.
Ein feindseliger Blick traf mich. „Der Chef ist nicht da“. Er griff nach einem Bleistiftstummel, „Name, Telefon? Er ruft sie an“ versuchte er uns loszuwerden.
Doch Eva blieb dran: „Könnte es diese Woche noch geschehen?“
„Nein!“
„Doch. Bitte gleich morgen. Und wir sollten auch wissen, ob der alte Boden raus muss“.
„Raus! Alter Boden muss immer raus. Der Chef meldet sich“.
„Tut er nicht“ widersprach Eva.
„Morgen. Der Chef ruft morgen an“ keuchte der Kerl und spielte nervös an seinem Teppichcutter herum. Ich ergriff Evas Hand und wir gingen in kleinen Schritten rückwärts, bis wir die Tür heil erreicht hatten.

Im Morgengrauen des folgenden Tages läutete das Telefon. „Morschmüller, guten Morgen. Ich bin gerade in Ihrer Nähe und würde mir ihren Kellerraum ansehen. In fünf Minuten bin ich da“ überraschte uns der Chef der Teppichzentrale.

„Raus! Alter Boden muss immer raus“, klärte uns Herr Morschmüller mit gewissenhaftem Blick auf. „Wir rufen Sie an“.

Etwa 6 Wochen später begegnete ich Schwiegermuttchen unausweichlich auf der Kellertreppe. „Was ist denn nun mit dem Boden?“
„Sie rufen an.“
„Nein, tun sie nicht“, widersprach sie und musterte mich mit dem üblichen geringschätzigen Blick. „Naja“, seufzte sie dann. Mehr brauchte sie nicht zu sagen, ich wusste Bescheid und griff zum Hörer.

„Herr Morschmüller, unser Boden …“
„Ist seit 4 Wochen da“
„Wann kommen Sie?“
„Ist der alte Boden raus?“ Mir wurde heiß. Der alte Teppich.
„Ist raus“ log ich.
„Wir kommen gleich morgen früh“.

Ich warf den Hörer auf die Gabel, schloss mich im Keller ein, und löste diese Masse aus Kunstfaser, Dreck und Kleber Zentimeter für Zentimeter ab. Dann wartete ich. Im Morgengrauen des folgenden Tages tat sich nichts. Und auch danach nicht.

„Herr Morschmüller …“
„Eine Verwechslung. Es gibt einen Kunden, der hat einen Namen der so ähnlich klingt wie ihrer. Meine Leute waren dort. Wir kommen morgen.“

Fünf Minuten später klingelte es an der Tür. Zwei Gesellen im „Teppichzentrale“-Blaumann. Ein Breiter vom Typ Preisboxer in Rente und ein Dürrer mit Schildmütze, der aussah wie ein Klebstoffschnüffler.

„Wir bringen den Boden. Können wir kurz reinschauen?“
„Äh … natürlich“ begleitete ich die beiden in den Keller“.

„Grundiert?“ fragte der Kerl mit der Mütze und grinste. Mir fiel die Kinnlade runter. „Äh … der Chef war doch hier …“

„Grundieren! Wenn der alte Boden raus ist, muss man immer grundieren“ klärte mich der Schnüffler grinsend auf, während der Muskelmann mit mitleidigem Blick den Kopf schüttelte. Sachte begann ich zu begreifen, dass die Verlegung eines Kellerbodens eine Aufgabe universeller Grandiosität ist und nur so ein bescheidenes Licht wie ich denkt, dass so etwas einfach so geschehen kann.

Im Morgengrauen des folgenden Tages war ich mit der Grundierung fertig und griff zum Telefonhörer.
„Der Chef ist nicht da“ maulte mich eine mir bekannte Stimme an.
„Der Unterboden … ist grundiert. Wann …?“
„Wenn der PVC-Boden da ist“.
„Wenn … wie? Der Boden müsste doch schon längst …“
„Kommt in vier Wochen“. Mir wurde etwas flau in der Magengegend. Vor allem auch deshalb, weil Schwiegermuttchen wieder in den meine-Tochter-hat-einen-Versager-geheiratet-Modus geschaltet hatte.

Irgendwann in den folgenden Tagen läutete die Türglocke. Der dürre Kappenträger lehnte lässig im Türrahmen, während sein Boxerkollege noch im Lieferwagen saß und grinsend an einer Zigarette saugte.

„Ihr PVC-Boden. Liegt schon wochenlang rum. Können wir rein?“

Ich atmete auf und begleitete die beiden Gestalten in den Keller. Stolz präsentierte ich den grundierten Boden.

„Nicht gespachtelt“ erkannte der Schnüffler sofort. „Spachteln! Nach dem Grundieren muss man immer spachteln“ erklärte er mit hämischem Grinsen, während sein Möbelpackerkollege in wieherndes Gelächter ausbrach. Ich Elender. Natürlich wird nach der Grundierung immer auch der Boden gespachtelt. Jeder im Universum weiß das. Außer mir.

Ich verabschiedete die Herren, schloss mich im Keller ein und spachtelte. Einmal klopfte es und Eva rief mir durch die Tür zu „Firma Teppichzentrale hat angerufen. Der Chef sei zwar nicht da, aber unser PVC-Boden soeben geliefert worden. Morgen früh wird verlegt. Das klappt doch, Schatz?“ Ich spachtelte, wie ich noch nie zuvor gespachtelt habe.

Im Morgengrauen des folgenden Tages hupte es einige Male vor der Tür. Ich kletterte hastig durch das Kellerfenster. Der Dürre setzte eine verächtliche Grimasse auf, während mir der Dicke grinsend seine Kippe vor die Füße schnippte. „Gespachtelt ?“ Ich nickte. „Gut. Wir machen dann mal Mittag. Also, bis später“.

Ich lud also ab, nahm Maß, schnitt, rollte, passte an und klebte Leisten. Irgendwie lag irgendwann ein PVC-Boden in jenem Kellerraum, der mittlerweile mein einziger Lebensinhalt geworden war.

„Verlegt?“ rief mir der Junkie zu, als er an unserem Haus vorbei fuhr und dabei den Umschlag mit der Rechnung in den Vorgarten warf, während mir sein Kollege mit höhnischem Grinsen den Mittelfinger zeigte.

In diesem Moment erschien Schwiegermuttchen im Türrahmen. „Da ist ein Herr Morschmüller dran. Der Boden ist jetzt endlich da. Sie kommen morgen früh“.
 

Ilona B

Mitglied
Hallo Vasco,
Deine Geschichte hat mir gut gefallen, ich habe mich köstlich amüsiert. :D

Mit Handwerker kann man schon so einiges erleben. Wir hatten bis jetzt Glück, sogar die Laune der Handwerker war bestens.
Obwohl mir gerade einfällt, dass es ein zwei Mal mit den Terminen nicht geklappt hat und wir nicht informiert wurden. Wobei wir davon ausgehen, dass jeder ein Handy hat und es nicht so zeitaufwendig gewesen wäre, uns anzurufen.

Vielleicht kannst Du Deinen Text hinsichtlich der fehlenden Kommas noch korrigieren. Nach der wörtlichen Rede fehlt meistens eins.
Z.B:
„Ich will, dass es schön aussieht“[blue]Komma [/blue]sprach Eva, das geliebte Eheweib. „Ich will, dass es bald fertig ist“[blue]Komma [/blue]sekundierte die nicht ganz so geliebte Schwiegermama.
„Wir wollen einen Boden kaufen [blue]Punkt[/blue]“
„Hier ist der Musterkatalog. Suchen Sie halt was aus"[blue]Komma [/blue]raunzte der Ladenhüter, bevor er sich wieder umdrehte.
„Wir würden gerne fünf mal vier Meter vom Typ „Toscana III“ bestellen“[blue]Komma [/blue]versuchte es Eva.
 

Vasco

Mitglied
Kürzlich gefiel es meiner besseren Hälfte - im Bündnis mit ihrer Mama - zu beschließen, dass ein Kellerraum, welchem ich bisher keinerlei Beachtung geschenkt hatte, einen neuen Boden erhalten müsse. Der alte Filzboden aus den 1970ern war unrettbar verdreckt und roch seltsam. So weit, so gut.

Da mir allerdings keine geeignete Ausrede einfallen wollte, wurde ich zum Projektleiter auserkoren. „Ich will, dass es schön aussieht“, sprach Eva, das geliebte Eheweib. „Ich will, dass es bald fertig ist“, sekundierte die nicht ganz so geliebte Schwiegermama.

In meiner Naivität hatte ich angenommen, dass es ein Leichtes sein müsse, eine Teppichfirma mit dieser Angelegenheit zu beauftragen. Schließlich hatte ich noch nie einen Teppich verlegt, in einem Kellerraum schon gleich gar nicht.
„Die Teppichzentrale“ galt als sehr günstig. Folglich suchte ich anderntags dieses Geschäft in einer Nebenstraße unserer hübschen Kleinstadt auf. Freilich sollte nicht ich den Boden auswählen, dazu gab es ja meine Frau. Und so begleitete sie mich.

Der Angestellte musterte uns griesgrämig. „Der Chef ist nicht da“, sagte er sofort und zeigte uns den Rücken.
„Wir wollen einen Boden kaufen“
„Hier ist der Musterkatalog. Suchen Sie halt was aus“, raunzte der Ladenhüter, bevor er sich wieder umdrehte.
„Wir würden gerne fünf mal vier Meter vom Typ „Toscana III“ bestellen“, versuchte es Eva.
„Hmpf“
„Äh … und verlegt soll er werden“, ergänzte ich hastig.
Ein feindseliger Blick traf mich. „Der Chef ist nicht da“. Er griff nach einem Bleistiftstummel, „Name, Telefon? Er ruft sie an“, versuchte er uns loszuwerden.
Doch Eva blieb dran: „Könnte es diese Woche noch geschehen?“
„Nein!“
„Doch. Bitte gleich morgen. Und wir sollten auch wissen, ob der alte Boden raus muss“.
„Raus! Alter Boden muss immer raus. Der Chef meldet sich“.
„Tut er nicht“, widersprach Eva.
„Morgen. Der Chef ruft morgen an“, keuchte der Kerl und spielte nervös an seinem Teppichcutter herum. Ich ergriff Evas Hand und wir gingen in kleinen Schritten rückwärts, bis wir die Tür heil erreicht hatten.

Im Morgengrauen des folgenden Tages läutete das Telefon. „Morschmüller, guten Morgen. Ich bin gerade in Ihrer Nähe und würde mir ihren Kellerraum ansehen. In fünf Minuten bin ich da“, überraschte uns der Chef der Teppichzentrale.

„Raus! Alter Boden muss immer raus“, klärte uns Herr Morschmüller mit gewissenhaftem Blick auf. „Wir rufen Sie an“.

Etwa 6 Wochen später begegnete ich Schwiegermuttchen unausweichlich auf der Kellertreppe. „Was ist denn nun mit dem Boden?“
„Sie rufen an.“
„Nein, tun sie nicht“, widersprach sie und musterte mich mit dem üblichen geringschätzigen Blick. „Naja“, seufzte sie dann. Mehr brauchte sie nicht zu sagen, ich wusste Bescheid und griff zum Hörer.

„Herr Morschmüller, unser Boden …“
„Ist seit 4 Wochen da“
„Wann kommen Sie?“
„Ist der alte Boden raus?“ Mir wurde heiß. Der alte Teppich.
„Ist raus“, log ich.
„Wir kommen gleich morgen früh“.

Ich warf den Hörer auf die Gabel, schloss mich im Keller ein, und löste diese Masse aus Kunstfaser, Dreck und Kleber Zentimeter für Zentimeter ab. Dann wartete ich. Im Morgengrauen des folgenden Tages tat sich nichts. Und auch danach nicht.

„Herr Morschmüller …“
„Eine Verwechslung. Es gibt einen Kunden, der hat einen Namen der so ähnlich klingt wie ihrer. Meine Leute waren dort. Wir kommen morgen.“

Fünf Minuten später klingelte es an der Tür. Zwei Gesellen im „Teppichzentrale“-Blaumann. Ein Breiter vom Typ Preisboxer in Rente und ein Dürrer mit Schildmütze, der aussah wie ein Klebstoffschnüffler.

„Wir bringen den Boden. Können wir kurz reinschauen?“
„Äh … natürlich“ begleitete ich die beiden in den Keller“.

„Grundiert?“ fragte der Kerl mit der Mütze und grinste. Mir fiel die Kinnlade runter. „Äh … der Chef war doch hier …“

„Grundieren! Wenn der alte Boden raus ist, muss man immer grundieren“, klärte mich der Schnüffler grinsend auf, während der Muskelmann mit mitleidigem Blick den Kopf schüttelte. Sachte begann ich zu begreifen, dass die Verlegung eines Kellerbodens eine Aufgabe universeller Grandiosität ist und nur so ein bescheidenes Licht wie ich denkt, dass so etwas einfach so geschehen kann.

Im Morgengrauen des folgenden Tages war ich mit der Grundierung fertig und griff zum Telefonhörer.
„Der Chef ist nicht da“ maulte mich eine mir bekannte Stimme an.
„Der Unterboden … ist grundiert. Wann …?“
„Wenn der PVC-Boden da ist“.
„Wenn … wie? Der Boden müsste doch schon längst …“
„Kommt in vier Wochen“. Mir wurde etwas flau in der Magengegend. Vor allem auch deshalb, weil Schwiegermuttchen wieder in den meine-Tochter-hat-einen-Versager-geheiratet-Modus geschaltet hatte.

Irgendwann in den folgenden Tagen läutete die Türglocke. Der dürre Kappenträger lehnte lässig im Türrahmen, während sein Boxerkollege noch im Lieferwagen saß und grinsend an einer Zigarette saugte.

„Ihr PVC-Boden. Liegt schon wochenlang rum. Können wir rein?“

Ich atmete auf und begleitete die beiden Gestalten in den Keller. Stolz präsentierte ich den grundierten Boden.

„Nicht gespachtelt“, erkannte der Schnüffler sofort. „Spachteln! Nach dem Grundieren muss man immer spachteln“, erklärte er mit hämischem Grinsen, während sein Möbelpackerkollege in wieherndes Gelächter ausbrach. Ich Elender. Natürlich wird nach der Grundierung immer auch der Boden gespachtelt. Jeder im Universum weiß das. Außer mir.

Ich verabschiedete die Herren, schloss mich im Keller ein und spachtelte. Einmal klopfte es und Eva rief mir durch die Tür zu „Firma Teppichzentrale hat angerufen. Der Chef sei zwar nicht da, aber unser PVC-Boden soeben geliefert worden. Morgen früh wird verlegt. Das klappt doch, Schatz?“ Ich spachtelte, wie ich noch nie zuvor gespachtelt habe.

Im Morgengrauen des folgenden Tages hupte es einige Male vor der Tür. Ich kletterte hastig durch das Kellerfenster. Der Dürre setzte eine verächtliche Grimasse auf, während mir der Dicke grinsend seine Kippe vor die Füße schnippte. „Gespachtelt ?“ Ich nickte. „Gut. Wir machen dann mal Mittag. Also, bis später“.

Ich lud also ab, nahm Maß, schnitt, rollte, passte an und klebte Leisten. Irgendwie lag irgendwann ein PVC-Boden in jenem Kellerraum, der mittlerweile mein einziger Lebensinhalt geworden war.

„Verlegt?“ rief mir der Junkie zu, als er an unserem Haus vorbei fuhr und dabei den Umschlag mit der Rechnung in den Vorgarten warf, während mir sein Kollege mit höhnischem Grinsen den Mittelfinger zeigte.

In diesem Moment erschien Schwiegermuttchen im Türrahmen. „Da ist ein Herr Morschmüller dran. Der Boden ist jetzt endlich da. Sie kommen morgen früh“.
 

Vasco

Mitglied
Hallo Ilona,
vielen Dank für Deinen hilfreichen Kommentar. 20 Kommas vergessen nach wörtlicher Rede. Oh my god! Freut mich aber, dass der Text Dich amüsiert hat.

Gruß,
Vasco
 



 
Oben Unten