Windelträger werden niemals Helden sein.

pleistoneun

Mitglied
Keine Angst, das Pferd trägt Schuhe. Schuheisen, um genauer zu sein. Auf leiser Sohle galoppiert es durch die Stadt, am Rücken einen dieser aus anständigem Familienhaus stammenden, rotznäsigen Polizisten, der glaubt, auf dem Rücken des Pferdes sitzend hätte er es weit gebracht. Ja, hoch hinaus wollte er, so im Sattel schaukelnd in sich unzufrieden, weil es die Fassadenreiniger noch viel höher und weiter gebracht hatten. Ja, die Leute von der Gebäudereinigung hatten den Überblick, da half dem tölpelhaften Reiter sein ganzes Amt und seine ganze Würde nichts, wenn die durch Schwindel erregten Blicke der passierenden Fußgängerschaft nicht einzig und allein dem Freund und Helfer galten. Für das Arbeiten in solchen Höhen sind Polizisten auch nicht ausgebildet, möchte sich dieser beruhigen, doch insgeheim wertschätzt und bewundert der Sheriff die Kühnheit und Furchtlosigkeit des Pöbels, die nicht nur buchstäblich über seinem zur Seite gekämmten Haupthaar schwebte, sondern worin er auch symbolisch als unübersehbare Spannung der Anerkennungs- und Machtverhältnisse zwischen Einfältigkeit und Disziplin, zwischen Oben und Unten, zwischen Gut und Böse hingewiesen wurde. Der Sattelwärmer wird es nie so weit bringen, nicht im Hinblick auf Erfolg und Ansehen. Er wird die Prestigekluft, die zwischen ihm und dem Fassadenvolk herrscht, niemals überwinden, denn Genosse "berittener Bulle" trägt weiche Windeln als Polsterung, damit er abends nach seinem vorwiegend in sitzender Position verbrachten Dienst nicht jammernd nachhause kommt und dort über Druck- und Wundscheuerstellen klagt, die ihm die lederne Sitzschale zugefügt hat. Er trägt weiche Windeln und will es weit bringen. Die Unvereinbarkeit der Verweichlichung auf der einen Seite und der zur beruflichen Anerkennung notwendigen Robustheit und Härte auf der anderen Seite führt in das Dilemma, in welchem sich der Berittene abends täglich suhlt. Mit diesem Wissen und als Passant der Straße beobachtet man gut und gerne, wie das Auf und Ab des galoppierenden Gesetzeshüters auf seinem Pferd ihn wechselweise aus dem Weich der Windel hebt, um ihn dann wieder im Moment des Aufsitzens an die Grobheit des Lebens zu erinnern und natürlich an den Umstand, dass der Fassadenmann ewiglich über ihm stehen wird. Zuletzt sei noch eine Bemerkung erlaubt: man stelle sich den armen Pferdepolizisten vor, der sich allein bei der Vorstellung an die im Wind wankenden Stahlgerüste der Fassadisten und dem daraus resultierenden mulmigen Gefühl in der Magengegend in die Hose macht und dann in unangenehmster Weise das Auf und Ab des Heimritts ertragen muss. So trägt es sich zu in den Straßen. Windelträger werden niemals Helden sein.
 
F

filechecker

Gast
Ja du scheinst ja schlimme Erfahrungen mit Berittenen gemacht zu haben. Ich beobachte da eine gewisse Berittenen-Phobie, die sehr ausgeprägt zu sein scheint.

Aber was hast du denn? Der Berittene will dir doch nichts böses, lediglich beschützen will er dich. Dir wird doch sicher der kühne, alles durchdringende Blick des Reiters nicht entgangen sein? Er sieht dich nur, wenn du in Gefahr bist, das hat er gelernt. Nein, ansprechen kannst du ihn auch nicht. Er hört nur auf sein Pferd. Jetzt bist du enttäuscht, weil du dich zurückgesetzt fühlst, nicht wahr?

Gemach, Gemach mein Freund! Keine Angst, du bist in Sicherheit. Auf Pferde ist Verlass, die haben einen guten Instinkt. Die wissen immer was sie tun.

Gruß
 



 
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