Windtage

Windtage


Sieben Uhr morgens läutet das Telefon
nur um sich erschrocken
für eine falsche Verbindung zu entschuldigen

Gegen Mittag pfeift eine Böe ums Haus
als wolle sie eine Segelregatta gewinnen
dabei treiben nur Papierschiffe auf dem Teich

Abends erzähle ich dir etwas über Hybridgurken
obwohl in unserem Gewächshaus
seit langem nur noch Chrysanthemen blühen

Alles ziemlich unnötig, Perry.
Gefällt mir.

Gruß

Thys

Hallo Tys,
im Alter werden die Tage mehr, an denen Anrufe falschverbunden sind und sinnloser Wind weht. Noch glaubt man Neues pflanzen zu können, doch in den Blüten lächelt bereits süß der Tod.
Freut mich, dass dir diese "Verwehen der Tage" gefallen hat.
Danke und LG
Manfred

Sieben Uhr morgens läutet das Telefon
nur um sich erschrocken
für eine falsche Verbindung zu entschuldigen

Zum Vergrößern anklicken....

seit wann entschuldigen sich telefone erschrocken für eine falsche verbindung? so eins hätt ich auch gern!

die letzte strophe gefällt mir am besten. die würde auch für sich allein wirken, finde ich

Hallo mitis,
ja die Lyrik bedient sich schon manchmal merkwürdiger Ausdrucksweisen, da entschuldigen sich dann schon mal Telefone (man nennt das Personifizierung, falls deine Anmerkung ernst gemeint war).
Freut mich, dass dir die letzte Strophe besonders gefallen hat. Sie bringt es auf den Punkt, dass man im Alter oft gar nicht merkt, dass in den Blüten bereits der süße Tod duftet.
Danke für dein Interesse und deinen Eindruck.
LG
Manfred

meine anmerkung war ernst gemeint.
manche so genannten lyrischen personifizierungen wirken auf mich halt recht "prosaisch" oder - noch schlimmer - eher wie ein formulierungs- oder denkfehler. das wollte ich damit sagen. ist mir übrigens selbst auch schon gelegentlich passiert... fällt einem dann erst auf, wenn man den text einige zeit nicht gelesen hat.

Hallo mitis,
die Personifizierung ist hier als Stilmittel gedacht, um die Einsamkeit und Entfremdung des LI deutlich zu machen. Prosaisch sind die meisten meiner Texte angehaucht.
LG
Manfred

ja, das versteh ich schon.
aber ich kann mir nicht helfen, für mich kling(elt)s trotzdem komisch. ich seh das telefon vor mir als eine art roboter oder monster, vielleicht bin ich ja auch grad blöd, und ich will auch gar nicht drauf herumreiten, denn ich finde deinen text sonst sehr gut. die "windbö" ist ja letztlich auch personifiziert und stört mich gar nicht, weil das bild mit der segelregatta und den papierschiffen passt.

ich mach noch einen versuch, mein problem zu verdeutlichen, dann lass ich dich schon in ruh.

sieben uhr morgens klingelt das telefon.
ich hebe ab, jemand hat aufgelegt
besetzt-zeichen in der morgenstille

oder

sieben uhr morgens klingelt das telefon.
ich hebe ab. entschuldigung,
sagt jemand erschrocken und legt auf

oder

sieben uhr morgens klingelt das telefon.
erschrocken entschuldigt sich
jemand. ich war nicht gemeint...

ich meine, das ist jetzt natürlich nicht ausformuliert, aber es drückt ebenso die einsamkeit aus. natürlich kann man einwenden, dass das im gegensatz zu deinem "stilmittel" sehr, sehr lapidar ist. aber vielleicht fällt dir ja noch ein ähnliches bild mit telefon ein wie das mit den chrysanthemen in der letzten strophe.
lg mitis

Hallo mitis,
danke für deine Vorschläge. Im Moment kann ich mich aber noch für keine Änderung erwärmen. Ich lass den Text erst einmal etwas ruhen und überlege dann noch einmal neu.
LG
Manfred