Wir haben noch Zeit

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mitis

Mitglied
ich habe 100prozent nichts zu meckern.
ein gedicht, in dem für mich gegenwart und zukunft zugleich stattfinden. eins der schönsten/berührendsten, was ich hier je gelesen habe. gratulation!
 
B

Beba

Gast
Gefällt mir ausgezeichnet, dein Text. Besonders die 2. Strophe mit den zum Trocknen aufgehängten Seelen finde ich sehr gelungen. In meinen Augen ein besonderer Text!

Ciao,
Bernd
 
H

Hakan Tezkan

Gast
hallo reggy,

ich kümmer mich dann mal um ein paar texte von dir, hauptsächlich um neueres.

dieses gedicht hier spricht auch mich an. das ist für dein alter erstaunlich gut. ich würde ledliglich ein wenig mehr verdichten.
so ist der fluss in strophe eins ziemlioch unnötig, es würde auch ohne ihn funktionieren, und das wiederum ist ein klares zeichen dafür, dass man hier streichen sollte.
die zweite strophe ist sehr gut umgesetzt. ich würde nur das "noch" streichen, klingt nicht in verbindung mit dem "noch" in strophe eins, aber du brauchst den sinn des wortes, also würde ich "bis jetzt" vorschlagen. außerdem möchte ich das "nicht" gerne vor das komma setzen, passt für mcih besser.
in strophe drei fände ich auch "blut" anstatt "venen" besser, weil ich mir "gefrierende" venen schwer vorstellen kann.

das gedicht würde also folgendermaßen aussehen:

Unser Lachen
wird der Morgenwind
nicht ersticken können.

Bis jetzt regen sich
die Zweige nicht, an denen wir
unsere Seelen zum Trocknen
aufgehängt haben.

Wir haben noch Zeit,
ehe unser Blut
zu Kristall gefriert.


was denkst du?
auch mir hat übrigens die aufgehangene seele sehr gut gefallen. die dritte strophe ist zwar ganz oke, aber irgendwie will sie nicht in die oder vielmehr: meine stimmung im gedicht passen, bis dato habe ich eine fröhliche, kämpferische aufbruch-stimmung wahrgenommen, die letzte strophe passt aber nicht dazu. das mag natürlich an mir liegen, aber ich hätte mir eher etwas abrundendes gewünscht, als die ankündigung, das man ja noch zeit habe, und vor allem: warum gefrieren die venen zu kristall, wenn alles vorbei ist? oder habe ich mcih verlesen. denn im originaltext steht "eher", falls das so gemeint war, steht die dritte strophe irgendwie komisch da, man hat noch zeit, aber eher würden die venen gefrieren. verstehst du, was ich meine? da passt es dann ganz und gar nicht für mich. daher meine lesart mit "ehe", die aber auch noch fragen aufwirft.
bin gespannt auf deine antwort.

lg,
hakan
 

Joh

Mitglied
Ich bin sehr angetan von Deinem Gedicht, mit wenigen Worten hast Du sehr greifbare Bilder gezeichnet, die nicht so schnell wieder loslassen.


ein Gruß an Dich, Johanna
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
na ja hakan,

ohne den Fluss bringt das Trocknen nicht viel.
Oder was verbindest Du mit nassen Seelen?

Die Änderung von eher in ehe finde ich aber berechtigt, wobei ich Venen ließe, allein weil Blut zu gewöhnlich klingt.

Wenn Du Dir hängende Seelen vorstellen kannst, ist das mit gefrorenen Venen doch ein Klacks.

:)

cu
lap
 

mitis

Mitglied
@lapismont
ich mische mich auch noch mal ein: ich habe "eher" als "ehe" gelesen - anders machts für mich keinen sinn.
und über die venen zum schluss hab ich nach hakans kritik auch noch mal nachgedacht - ich habe damit kein problem, finde es ein schönes bild (auch rhythmisch), in dem sich für mich die vision einer zukunft ausdrückt, in der vielleicht weniger emotion zugelassen werden kann als gerade eben noch jetzt, im lachen am fluss. und den fluss find ich insofern wichtig, als er zeit (und ihr vergehen) symbolisieren könnte.
aber vielleicht tu ich zu viel hinein geheimnissen. ;)
 

Reggy

Mitglied
Ich danke euch für eure Kommentare, von euren tiefgründigen Rezensionen bin ich sehr angetan und freue mich natürlich über das Lob.
Eure Interpretation war zutrefend, aber vielleicht hilft es noch, wenn ich erkläre, was ich mir bei diesem Gedicht dachte/vorstellte:
Das lyrische "Wir" bricht aus und übernachtet am Fluss - der genau das symbolisiert, was ihr angesprochen habt. Aber diese Personen haben nur wenig Zeit, bevor das Morgen - und damit die neue, kalte Welt, vor der sie flohen und die ihre Venen gefrieren lässt - sie einholt. Doch verlieren sie die Hoffnung nicht und glauben trotz allem noch an eine Zukunft, dass der Fluss sie vielleicht retten kann.
Vielleicht wird es so klarer?
GLG
Reggy
 



 
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