solowasser
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Ich war froh, dich zu sehen. Wir gingen zusammen durch das Zentrum der Kleinstadt, das wir beide auswendig kannten, dessen Leute wir auswendig kannten, dessen Cafes, Bars und Kneipen wir auswendig kannten. Atmeten die Luft ein. Sahen unsere alte Schule, stellten uns vor, was gewesen wäre. Und erinnerten uns an das, was gewesen war. Wir malten uns aus, wie wir uns hätten verhalten sollen und was das wohl geändert hätte. Merkten wir dumm wir waren und wie sehr das notwendig war. Redeten von Hochzeiten. Hochzeiten, auf denen wir kürzlich waren, Hochzeiten, von denen wir dachten, dass sie in Kürze stattfinden würden. Hochzeiten, die es nicht mehr geben wird. Ich glaube, wir sahen alles zusammenbrechen, das gab uns ein Gefühl von Aufbruch. Ja, wir wollten aufbrechen und wir mussten es auch. Ich sah dich immer wieder verstohlen an, als wärst du mir fremd, als wäre das unser erstes nervöses Treffen. Als müssten wir uns abtasten. Wir erinnerten uns, aber mit Bedacht. Vorsichtig, uns nicht aus der Deckung wagend. Wir drehten endlose Kreise durch diese Stadt, durch unsere Jugend und zogen riesengroße Kreise um unsere Geschichte. Uns wurde schwindelig. Wir suchten nach Halt, aber fanden ihn bei uns nicht. Es war als ob sich die Straße, ja die ganze Stadt in der Mitte aufbog und wir zur jeweils anderen Seiten herunterfielen. Ein tektonischer Riss, mitten durch uns hindurch. Und doch konnten wir nicht anders, als immer engere Spiralen zu drehen. Wir landeten beim Italiener, bei der alten Tankstelle, bei der Bushaltestelle, bei der Eisdiele. Auch deren Tisch: rund, wacklig und beengt. Ich legte ein Taschentuch unter ein Tischbein und noch eins unter das gegenüberliegende Tischbein. Es half nichts. Die Ellbogen knickten weg. Ich tauschte den Tisch aus. Auch der neue wackelte ohne Unterlass. Es lag ein Fluch auf dieser Stadt, auf dieser runden, wackligen, beengten Stadt. Es lag ein Fluch auf dieser runden, wackligen, beengten Jugend und es lag ein Fluch auf unserer runden, wackligen, beengten Geschichte. Wir wussten, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis uns das Wackeln zu Boden stürzen würde. Das durften wir nicht zulassen. Und trotzdem: Wieder und wieder dieselbe Runde. Es war wie eine Sucht. Wir quälten uns, aus Langeweile, aus Feigheit, aus Unentschlossenheit. Wir fürchteten uns vor unserer Zukunft, weil wir so hohe Anforderungen an sie stellten. Das machte uns träge. Wir machten uns gegenseitig träge.
Irgendwann begannen wir davon zu sprechen, wie es wäre, wenn wir blieben. Ganz vorsichtig tasteten wir uns voran. Wir waren so feige, dass es uns gefiel. Wir hatten unseren toten Winkel erreicht und stellten uns ins Abseits. Ich stellte dich ins Abseits und du mich. Es gefiel uns.
Ein Radfahrer rettete uns, als wir wieder einmal in der Eisdiele saßen. Unsere Ellbogen knickten weg. In der Straße war wenig los, ab und zu fuhr ein Auto vorbei. Ein paar Leute schlenderten die Straße entlang, mit Kinderwägen oder Schultaschen. Wir sahen einen Radfahrer umfallen. Er war so in sein Gespräch vertieft, dass er fast stehen blieb und dann seitlich umkippte.
„Er hätte besser mal in die Pedale getreten.“, sagtest du zu mir. Verdutzt sah ich dich an. Ich glaube, wir verstanden im selben Moment. Dein Mund klappte auf, aber du brachtest kein Wort heraus. Es war auch nicht nötig. Wir beide verstanden: Wir liefen Kreise, aber vergaßen zu treten.
„Wir müssen treten. Wir müssen kräftig in die Pedale treten.“, riefst du euphorisch, fast manisch. Lange sah ich dich an. Ich schüttelte den Kopf und erwiderte: „Nein, wir müssen das Rad neu erfinden.“ Du lächeltest mich an. Der Tisch hörte auf zu wackeln.
Irgendwann begannen wir davon zu sprechen, wie es wäre, wenn wir blieben. Ganz vorsichtig tasteten wir uns voran. Wir waren so feige, dass es uns gefiel. Wir hatten unseren toten Winkel erreicht und stellten uns ins Abseits. Ich stellte dich ins Abseits und du mich. Es gefiel uns.
Ein Radfahrer rettete uns, als wir wieder einmal in der Eisdiele saßen. Unsere Ellbogen knickten weg. In der Straße war wenig los, ab und zu fuhr ein Auto vorbei. Ein paar Leute schlenderten die Straße entlang, mit Kinderwägen oder Schultaschen. Wir sahen einen Radfahrer umfallen. Er war so in sein Gespräch vertieft, dass er fast stehen blieb und dann seitlich umkippte.
„Er hätte besser mal in die Pedale getreten.“, sagtest du zu mir. Verdutzt sah ich dich an. Ich glaube, wir verstanden im selben Moment. Dein Mund klappte auf, aber du brachtest kein Wort heraus. Es war auch nicht nötig. Wir beide verstanden: Wir liefen Kreise, aber vergaßen zu treten.
„Wir müssen treten. Wir müssen kräftig in die Pedale treten.“, riefst du euphorisch, fast manisch. Lange sah ich dich an. Ich schüttelte den Kopf und erwiderte: „Nein, wir müssen das Rad neu erfinden.“ Du lächeltest mich an. Der Tisch hörte auf zu wackeln.