Wagner-Martinez
Mitglied
Wissen oder Wissen
„Sind Sie sicher, dass Sie nur noch Plätze in diesem Abteil freihaben?“,fragte er den Schaffner mürrisch und blickte dabei in dem Abteil hinein.
„Ganz sicher“, sagte der Schaffner genervt.
„Jeder Abteil ist doch gleich Papi. Ich hab keine Lust mehr die ganzen schweren Sachen hin und her zu schleppen.“
Mit dem Blick immer noch in das Abteil, wo ein alter Mann saß, gab der Vater nach. „Na gut, lass uns hier rein gehen.“
Vorsichtig machten sie die Tür des Abteils auf. Der alte Mann schien zu schlafen. Der Vater wollte nicht den Fahrgast wecken. Mit Gesten signalisierte er seinen Sohn, dass er sich ebenfalls ruhig verhalten solle. Sie packten alles vorsichtig in die Ablagen. Der Inhalt der zwei Rucksäcke, die sie mit sich trugen, nahmen sie heraus. Es waren Bücher. Er breitete sie im Abteil aus. Er musste noch etwas für seinen Vortrag in Barcelona vorbereiten. Genug Zeit war für die restliche Bahnfahrt vorhanden.
Der Vater blickte zwischendurch zum Fahrgast, in der Hoffnung, er würde nicht aufwachen.
Seine zerschlissene, aber saubere Kleindung, verriet, dass sie nicht der gleichen sozialen Sicht angehörten.
Der Sohn, der wenig Aufmerksamkeit bekam, fragte den Vater nach einer Zeit: „Papi, warum nimmst du immer noch so viele Bücher mit, obwohl man heutzutage alles im Internet finden kann?“
„Psssst“, und zeigte mit seinen Zeigefinger auf dem Mund.
Flüsternd fuhr der Sohn weiter: „Und überhaupt, wozu all die ganzen Bücher, die so schwer zu tragen sind?“
„Der Vater antworte leise auf Deutsch, mit den glauben, dass der alte Mann es nicht verstehen würde. „Du irrst mein Sohn, zu glauben, man könne alles im Internet finden. Außerdem, nicht alles, was man im Internet findet, entspricht der Wahrheit. Mein kleiner, all die Bücher haben uns dazu verholfen, dass wir dieses gute Leben führen können, und nicht so aussehen oder enden müssen, wie der arme alte Mann gegenüber.“
Minuten später wachte der alte Mann auf. Er lächelte beide an und begrüßte sie freundlich auf Spanisch. Der Sohn tat es ihm gleich und der Vater versuchte es.
Der Mann schaute sich um und sah die ganzen Bücher.
„Entschuldigen Sie! Wollen Sie all die Bücher auf der Fahrt lesen?“
„Nein, aber ich verreise niemals ohne sie. Außerdem muss ich noch etwas für meinen Vortrag vorbereiten“, sagte er in der Hoffnung, in Ruhe gelassen zu werden.
„Sie vereisen immer mit all den Büchern?“
„Ja…ha.“
„Weil Sie sie noch nicht gelesen haben?“
„Doooch, ich habe sie bereits gelesen … sogar mehrmals!
„Aber Sie haben es nicht im Kopf behalten können, was sie lesen, nicht wahr? Das kenne ich.“
„Nein … ich meine doch, ich meine … ich habe alles behalten können.“
„Unglaublich …, alles?“
„Ja…ha, fast alles.“
„Um was geht es in den Büchern?“
„Um Tiere.“
„Oh toll. So einen hätte ich auch gerne in meiner Nachbarschaft.“
„Mhm …“
„Also sind sie Tierarzt?“
„Nein“, sagte der kleine Junge, „mein Papi ist Biologe und er weißt alles über Tiere“, und schaute seinen Papi kopfnickend an.
„Genau deswegen hätte ich ihn ja gerne in der Nachbarschaft. Weil er den Tieren in unseren Farm´s helfen könnte.“
„Nein, ich kann den Tieren nicht helfen. Ich bin Biologe, wie mein Sohn bereits sagte“, und schaute den Sohn ebenfalls kopfnickend an.
„Aha …“
…
„Entschuldigen Sie“, der Vater schaute währenddessen in die Bücher, „Sie wissen alles über Tiere, aber können Ihnen nicht helfen? Was nützt Ihnen dann das ganze Wissen, wenn Sie den Tieren nicht helfen können?“
„Natürlich kann ich den Helfen, aber nicht so wie ein Tierarzt, eher indirekt.“
„Verstehe ich nicht.“
„Na ja, vieles, was ich herausfinde nützt später den Ärzten als Information für die Behandlung.“
„Ok … Das heißt, Sie wissen, richtig viel über Tiere, kenne Ihre Bücher so gut wie auswendig, aber all das, was sie wissen, reicht Ihnen nicht aus!?“
„Nein, denn es geht immer mehr zu wissen, als die Anderen.“
„Wozu?“
„Weil es im Leben darum gehen sollte, immer mehr zu wissen. Um vielleicht besser zu sein als die anderen. Und, um vielleicht dann, auch ein besseres Leben zu haben. Ich finde dabei, dass das Wissen über sein Spezialgebiet hinaus gehen sollte.“
„Wozu?“
„Damit man alles beantworten kann. So wie ihre Fragen.“ Der Vater machte das Buch, was vor ihm lag, zu. Wissen Sie was, damit die restliche Fahrt interessanter wird, können Sie mich zu den Tieren irgendetwas fragen.“
„Oh ja“, klatsche der Sohn.
„Alles?“
„Ja, alles. Sie können etwas von Meinen Wissen abhaben, wenn Sie mögen. Wer weiß, vielleicht können Sie es für Ihre Farm gut gebrauchen. Und ich setze sogar noch einen drauf. Sollte ich Ihnen eine Frage nicht beantworten können, dann bekommen sie von mir 50 Euro! Und wenn ich jede Frage beantworten kann, dann laden Sie meinen Sohn einfach zum Eis ein. Was halten Sie davon?“
„Sind Sie sicher?“
„Ja klar …“ Dabei schaute er seinen Sohn siegessicher an.
Das Grinsen des Mannes kannte keinen Halt. „Sie schickt wohl der Himmel.“
Der Vater lächelte zurück, mit dem glauben, zu wissen, was sein Lächeln bedeutete. „Moment Mal freuen Sie sich nicht zu früh. Noch haben Sie die 50 Euro nicht gewonnen.“
„Ja genau, freuen Sie sich nicht zu früh.“ wiederholte der Sohn.
„Wie ich aber aus Ihrem Gesicht entnehmen kann, haben Sie bereits eine Frage im Kopf.“
„Oh ja …. Darf ich?
„Nur zu, fangen Sie an.“
„Ok … Meine Oma, Gott möge sie selig haben, erzählte immer über ein Tier, das bei uns in den Wäldern lebt, ich selbst aber nie zu Gesicht bekam. Das Tier hat Federn, aber nicht am Kopf und Schwanz. Es ist ein Vierbeiner. Er ist ca. ein Meter groß und Allesesser, ernährt sich aber an liebsten von Eiern der Hühner, und wenn es fürchterlich Angst hat, fällt der Schwanz ab.“
„Wie bitte?“, fragt der Vater nach. „Das Tier hat Federn, aber nicht am Kopf und Schwanz? Es ist ein Vierbeiner. Er ist ca. ein Meter groß und Allesesser, ernährt sich am liebsten von den Eiern der Hühner und wenn es fürchterlich Angst hat, fällt der Schwanz ab?“
„Ja, genau.“
Der Vater, schaut den alten Mann verdutzt an und bietet, um etwas Bedenkzeit.
„Von mir aus, solange die Fahrt dauert.“
Der Vater sucht gleich zu Anfang verzweifelt in seinem Gedächtnis nach. Wird aber nicht fündig. Die Minuten vergehen.
„Darf ich in meinen Büchern nachschauen.“
„Nur zu. Bitte.“
Er blättert jedes Buch hin und her. Gefühlte Stunden der Stille vergehen, während der Mann ruhig aus dem Fenster rausschaut, und ab und zu mit den Jungen redet.
„Darf ich das Internet benutzen?“ Sein Sohn schaut den Vater verdutzt an.
Lächelnd antwortet der Mann: „Nur zu, alle Mitteln sollen mir recht sein. Bitte.“
Der Vater fängt nun an, sich Notizen zu machen. Steht auf und holt noch mal aus dem anderen Gepäck zwei weitere dicke Bänder heraus. Er schreibt und redet immer wieder mit sich selbst. Zwei Stunden vergehen. Sein Notizblock ist voller Wörter und Zeichnungen, so wie durchgestrichenen Wörtern.
Schließlich kommt die Durchsage, dass der Zug nun in den Zielbahnhof einfahre. Der Vater fängt nun an zu schwitzen und sucht immer schneller mit schwerem Atem in seinen Büchern. Als der Zug deutlich Fahrt verliert, greift der Vater genervt zur Hosentasche und holt 50 Euro hervor. „Hier, Sie haben gewonnen.“
„Aber Papi …“
„Ruhe! … Haben Sie einen schönen Nachmittag damit.“
Ohne ein Lächeln, bedankt sich der alte Mann, holt ein Bündel Scheine hervor und tut es zu den anderen 50 Euro Scheine hinzu.
„Sie hätten also auch 50 Euro setzen können?“
„Ja klar, aber davon war nie die Rede. Schließlich haben Sie mir ein Vorschlag unterbreitet, dass man schwer abschlagen konnte. Es war zu verlocken, um nicht darauf einzusteigen.“
„Na gut, ich gebe es ungern zu, aber in diesen Punkt haben Sie recht.“
„Verraten Sie mir zumindest, wie das Tier heißt?“
„Das Tier? … Ach, das weiß ich ja auch nicht. Ich hatte so sehr gehofft, dass Sie es mir sagen könnten.“
„Aber, dann sind Sie ja ein Betrüger!“
„Wieso? Nur weil ich nicht weiß, wie das Tier heißt.“
„Weil das Tier gar nicht existiert!“
„Das ist ja interessant. Nur, weil Sie etwas nicht finden oder beweisen können, heißt es, dass das Tier nicht existiert? Meine Oma sagt immer zu mir, als ich ein kleiner Junge war, was sie wiederum von ihrer Oma hatte: „Es gibt ein Tier, was Federn hat, aber nicht am Kopf und Schwanz. Es ist ein Vierbeiner und ca. ein Meter groß. Er ist ein Allesesser, ernährt sich am liebsten von den Eiern der Hühner, und wenn es fürchterlich Angst hat, fällt der Schanz ab. Wenn du dieses Tier eines Tages sehen solltest oder herausfindest, wie es heißt, erst dann, darfst du die Arbeit für immer niederlegen.“
Ich habe so sehr auf Sie gesetzt, dass Sie heute derjenige wären, der mich davon befreit.“
Der Vater schaut den Mann nur mit offenen Mund an.
„Also wenn ich ein Betrüger bin, dann würden Sie mir damit sagen, dass meine Oma eine Lügnerin ist. Und das wollen Sie damit bestimmt nicht sagen, oder?“
…
„Komm Junge, ich lad dich und deinen Vater noch zum Eis ein“, sagte er zu den beiden auf Deutsch.
Nun schaute Vater den Mann nicht mehr an. „Nein, das ist nicht nötig.“
„Doch doch, ich bestehe darauf.“
Der Junge nahm die Hand des alten Mannes.
Auf dem Weg zum Speisewaggon, sagte der Mann: „Es ist schon verrückt. Irgendwie bin ich froh, nie dieses Tier begegnet zu sein oder zu wissen, wie es heißt.“
„Wieso?“, fragten beide gleichzeitig.
„Hätte ich es gefunden, hätte ich aufgehört zu arbeiten. Und ich hätte vielleicht dieses gute Leben nicht führen können, überall vereisen zu können. Genauso, wie ich heute diese 50 Euro nicht hätte verdienen können.“
„Sind Sie sicher, dass Sie nur noch Plätze in diesem Abteil freihaben?“,fragte er den Schaffner mürrisch und blickte dabei in dem Abteil hinein.
„Ganz sicher“, sagte der Schaffner genervt.
„Jeder Abteil ist doch gleich Papi. Ich hab keine Lust mehr die ganzen schweren Sachen hin und her zu schleppen.“
Mit dem Blick immer noch in das Abteil, wo ein alter Mann saß, gab der Vater nach. „Na gut, lass uns hier rein gehen.“
Vorsichtig machten sie die Tür des Abteils auf. Der alte Mann schien zu schlafen. Der Vater wollte nicht den Fahrgast wecken. Mit Gesten signalisierte er seinen Sohn, dass er sich ebenfalls ruhig verhalten solle. Sie packten alles vorsichtig in die Ablagen. Der Inhalt der zwei Rucksäcke, die sie mit sich trugen, nahmen sie heraus. Es waren Bücher. Er breitete sie im Abteil aus. Er musste noch etwas für seinen Vortrag in Barcelona vorbereiten. Genug Zeit war für die restliche Bahnfahrt vorhanden.
Der Vater blickte zwischendurch zum Fahrgast, in der Hoffnung, er würde nicht aufwachen.
Seine zerschlissene, aber saubere Kleindung, verriet, dass sie nicht der gleichen sozialen Sicht angehörten.
Der Sohn, der wenig Aufmerksamkeit bekam, fragte den Vater nach einer Zeit: „Papi, warum nimmst du immer noch so viele Bücher mit, obwohl man heutzutage alles im Internet finden kann?“
„Psssst“, und zeigte mit seinen Zeigefinger auf dem Mund.
Flüsternd fuhr der Sohn weiter: „Und überhaupt, wozu all die ganzen Bücher, die so schwer zu tragen sind?“
„Der Vater antworte leise auf Deutsch, mit den glauben, dass der alte Mann es nicht verstehen würde. „Du irrst mein Sohn, zu glauben, man könne alles im Internet finden. Außerdem, nicht alles, was man im Internet findet, entspricht der Wahrheit. Mein kleiner, all die Bücher haben uns dazu verholfen, dass wir dieses gute Leben führen können, und nicht so aussehen oder enden müssen, wie der arme alte Mann gegenüber.“
Minuten später wachte der alte Mann auf. Er lächelte beide an und begrüßte sie freundlich auf Spanisch. Der Sohn tat es ihm gleich und der Vater versuchte es.
Der Mann schaute sich um und sah die ganzen Bücher.
„Entschuldigen Sie! Wollen Sie all die Bücher auf der Fahrt lesen?“
„Nein, aber ich verreise niemals ohne sie. Außerdem muss ich noch etwas für meinen Vortrag vorbereiten“, sagte er in der Hoffnung, in Ruhe gelassen zu werden.
„Sie vereisen immer mit all den Büchern?“
„Ja…ha.“
„Weil Sie sie noch nicht gelesen haben?“
„Doooch, ich habe sie bereits gelesen … sogar mehrmals!
„Aber Sie haben es nicht im Kopf behalten können, was sie lesen, nicht wahr? Das kenne ich.“
„Nein … ich meine doch, ich meine … ich habe alles behalten können.“
„Unglaublich …, alles?“
„Ja…ha, fast alles.“
„Um was geht es in den Büchern?“
„Um Tiere.“
„Oh toll. So einen hätte ich auch gerne in meiner Nachbarschaft.“
„Mhm …“
„Also sind sie Tierarzt?“
„Nein“, sagte der kleine Junge, „mein Papi ist Biologe und er weißt alles über Tiere“, und schaute seinen Papi kopfnickend an.
„Genau deswegen hätte ich ihn ja gerne in der Nachbarschaft. Weil er den Tieren in unseren Farm´s helfen könnte.“
„Nein, ich kann den Tieren nicht helfen. Ich bin Biologe, wie mein Sohn bereits sagte“, und schaute den Sohn ebenfalls kopfnickend an.
„Aha …“
…
„Entschuldigen Sie“, der Vater schaute währenddessen in die Bücher, „Sie wissen alles über Tiere, aber können Ihnen nicht helfen? Was nützt Ihnen dann das ganze Wissen, wenn Sie den Tieren nicht helfen können?“
„Natürlich kann ich den Helfen, aber nicht so wie ein Tierarzt, eher indirekt.“
„Verstehe ich nicht.“
„Na ja, vieles, was ich herausfinde nützt später den Ärzten als Information für die Behandlung.“
„Ok … Das heißt, Sie wissen, richtig viel über Tiere, kenne Ihre Bücher so gut wie auswendig, aber all das, was sie wissen, reicht Ihnen nicht aus!?“
„Nein, denn es geht immer mehr zu wissen, als die Anderen.“
„Wozu?“
„Weil es im Leben darum gehen sollte, immer mehr zu wissen. Um vielleicht besser zu sein als die anderen. Und, um vielleicht dann, auch ein besseres Leben zu haben. Ich finde dabei, dass das Wissen über sein Spezialgebiet hinaus gehen sollte.“
„Wozu?“
„Damit man alles beantworten kann. So wie ihre Fragen.“ Der Vater machte das Buch, was vor ihm lag, zu. Wissen Sie was, damit die restliche Fahrt interessanter wird, können Sie mich zu den Tieren irgendetwas fragen.“
„Oh ja“, klatsche der Sohn.
„Alles?“
„Ja, alles. Sie können etwas von Meinen Wissen abhaben, wenn Sie mögen. Wer weiß, vielleicht können Sie es für Ihre Farm gut gebrauchen. Und ich setze sogar noch einen drauf. Sollte ich Ihnen eine Frage nicht beantworten können, dann bekommen sie von mir 50 Euro! Und wenn ich jede Frage beantworten kann, dann laden Sie meinen Sohn einfach zum Eis ein. Was halten Sie davon?“
„Sind Sie sicher?“
„Ja klar …“ Dabei schaute er seinen Sohn siegessicher an.
Das Grinsen des Mannes kannte keinen Halt. „Sie schickt wohl der Himmel.“
Der Vater lächelte zurück, mit dem glauben, zu wissen, was sein Lächeln bedeutete. „Moment Mal freuen Sie sich nicht zu früh. Noch haben Sie die 50 Euro nicht gewonnen.“
„Ja genau, freuen Sie sich nicht zu früh.“ wiederholte der Sohn.
„Wie ich aber aus Ihrem Gesicht entnehmen kann, haben Sie bereits eine Frage im Kopf.“
„Oh ja …. Darf ich?
„Nur zu, fangen Sie an.“
„Ok … Meine Oma, Gott möge sie selig haben, erzählte immer über ein Tier, das bei uns in den Wäldern lebt, ich selbst aber nie zu Gesicht bekam. Das Tier hat Federn, aber nicht am Kopf und Schwanz. Es ist ein Vierbeiner. Er ist ca. ein Meter groß und Allesesser, ernährt sich aber an liebsten von Eiern der Hühner, und wenn es fürchterlich Angst hat, fällt der Schwanz ab.“
„Wie bitte?“, fragt der Vater nach. „Das Tier hat Federn, aber nicht am Kopf und Schwanz? Es ist ein Vierbeiner. Er ist ca. ein Meter groß und Allesesser, ernährt sich am liebsten von den Eiern der Hühner und wenn es fürchterlich Angst hat, fällt der Schwanz ab?“
„Ja, genau.“
Der Vater, schaut den alten Mann verdutzt an und bietet, um etwas Bedenkzeit.
„Von mir aus, solange die Fahrt dauert.“
Der Vater sucht gleich zu Anfang verzweifelt in seinem Gedächtnis nach. Wird aber nicht fündig. Die Minuten vergehen.
„Darf ich in meinen Büchern nachschauen.“
„Nur zu. Bitte.“
Er blättert jedes Buch hin und her. Gefühlte Stunden der Stille vergehen, während der Mann ruhig aus dem Fenster rausschaut, und ab und zu mit den Jungen redet.
„Darf ich das Internet benutzen?“ Sein Sohn schaut den Vater verdutzt an.
Lächelnd antwortet der Mann: „Nur zu, alle Mitteln sollen mir recht sein. Bitte.“
Der Vater fängt nun an, sich Notizen zu machen. Steht auf und holt noch mal aus dem anderen Gepäck zwei weitere dicke Bänder heraus. Er schreibt und redet immer wieder mit sich selbst. Zwei Stunden vergehen. Sein Notizblock ist voller Wörter und Zeichnungen, so wie durchgestrichenen Wörtern.
Schließlich kommt die Durchsage, dass der Zug nun in den Zielbahnhof einfahre. Der Vater fängt nun an zu schwitzen und sucht immer schneller mit schwerem Atem in seinen Büchern. Als der Zug deutlich Fahrt verliert, greift der Vater genervt zur Hosentasche und holt 50 Euro hervor. „Hier, Sie haben gewonnen.“
„Aber Papi …“
„Ruhe! … Haben Sie einen schönen Nachmittag damit.“
Ohne ein Lächeln, bedankt sich der alte Mann, holt ein Bündel Scheine hervor und tut es zu den anderen 50 Euro Scheine hinzu.
„Sie hätten also auch 50 Euro setzen können?“
„Ja klar, aber davon war nie die Rede. Schließlich haben Sie mir ein Vorschlag unterbreitet, dass man schwer abschlagen konnte. Es war zu verlocken, um nicht darauf einzusteigen.“
„Na gut, ich gebe es ungern zu, aber in diesen Punkt haben Sie recht.“
„Verraten Sie mir zumindest, wie das Tier heißt?“
„Das Tier? … Ach, das weiß ich ja auch nicht. Ich hatte so sehr gehofft, dass Sie es mir sagen könnten.“
„Aber, dann sind Sie ja ein Betrüger!“
„Wieso? Nur weil ich nicht weiß, wie das Tier heißt.“
„Weil das Tier gar nicht existiert!“
„Das ist ja interessant. Nur, weil Sie etwas nicht finden oder beweisen können, heißt es, dass das Tier nicht existiert? Meine Oma sagt immer zu mir, als ich ein kleiner Junge war, was sie wiederum von ihrer Oma hatte: „Es gibt ein Tier, was Federn hat, aber nicht am Kopf und Schwanz. Es ist ein Vierbeiner und ca. ein Meter groß. Er ist ein Allesesser, ernährt sich am liebsten von den Eiern der Hühner, und wenn es fürchterlich Angst hat, fällt der Schanz ab. Wenn du dieses Tier eines Tages sehen solltest oder herausfindest, wie es heißt, erst dann, darfst du die Arbeit für immer niederlegen.“
Ich habe so sehr auf Sie gesetzt, dass Sie heute derjenige wären, der mich davon befreit.“
Der Vater schaut den Mann nur mit offenen Mund an.
„Also wenn ich ein Betrüger bin, dann würden Sie mir damit sagen, dass meine Oma eine Lügnerin ist. Und das wollen Sie damit bestimmt nicht sagen, oder?“
…
„Komm Junge, ich lad dich und deinen Vater noch zum Eis ein“, sagte er zu den beiden auf Deutsch.
Nun schaute Vater den Mann nicht mehr an. „Nein, das ist nicht nötig.“
„Doch doch, ich bestehe darauf.“
Der Junge nahm die Hand des alten Mannes.
Auf dem Weg zum Speisewaggon, sagte der Mann: „Es ist schon verrückt. Irgendwie bin ich froh, nie dieses Tier begegnet zu sein oder zu wissen, wie es heißt.“
„Wieso?“, fragten beide gleichzeitig.
„Hätte ich es gefunden, hätte ich aufgehört zu arbeiten. Und ich hätte vielleicht dieses gute Leben nicht führen können, überall vereisen zu können. Genauso, wie ich heute diese 50 Euro nicht hätte verdienen können.“