Wittgensteins Zuspruch

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Vera-Lena

Mitglied
Wittgensteins Zuspruch

Einst kam ein Wort zu Wittgenstein
in seine Vorlesung hinein,
es klagte, es sei taub und tot
und für die Sprache tät’s nicht Not,
dass es noch weiter überlebe,
es vielmehr nach Vergessen strebe.

Der Philosoph strich sich den Bart,
„vergessen“ fand er ziemlich hart.
Er äugelt mit dem Wörtchen lieb,
sucht nach behutsamer Kritik.

Ach Wörtchen, sagt er, so privat,
dass es ein eignes Schicksal hat,
ist gar kein Wort, drum sei bescheiden,
den großen Anspruch musst du meiden.

Ich sag es dir bei meiner Ehre,
du gibst der Sprache Atmosphäre.
Wie könnte man die Gegenstände
verknüpfen ständig ohne Ende,
gäbst du dich nicht der Sprache hin.
Die Sätze blieben ohne Sinn.

Drei Buchstaben sind dir gegeben,
gleich einem König zu verweben
die großen Worte. Keinen Grund
hast du zur Trauer, liebes „und“.
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Antworter, liebe Bewerter,

wenn dieser Text Zuspruch findet, so freut mich das sehr, sehr.

Wir haben schon die Länge und Breite über das Lyrische "Ich" gesprochen. Hier kommt gar kein Lyri drin vor, aber trotzdem.....wie soll ich das sagen,...in diesen Text bin ich unbedingt hineinverwebt und vielleicht ist er gar nicht so "lustig" oder "komisch", wie mir das anfangs erschien.

Jedenfalls danke ich Euch herzlich für Euer Echo.:)

Liebe Grüße von Vera-Lena
 

Sta.tor

Foren-Redakteur
Hallo Vera-Lena

Dies Gedicht ist ganz und gar so wie ich es mag. Hübsch gereimt, pointiert und flüssig zu lesen. Sehr schön.

Viele Grüße Thomas
 

Vera-Lena

Mitglied
Hallo jannes,

danke für Deine Antwort! Hach, schön, wenn ich mal was geschrieben habe, das Spaß macht.

Liebe Grüße von Vera-Lena
 
Teufel auch, Vera-Lena!

[Der Philosoph strich sich den Bart]

Ludwig Wittgenstein hatte nie einen Bart, und seine Philsophie hat bis heute keinen!
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Waldemar,

dass Wittgenstein keinen Bart hatte, das hatte ich mir beim Schreiben auch gedacht, allen Ernstes.

Nun habe ich mich schon oft dabei ertappt, wie ich mir selbst einen imaginären Bart streiche. Woher kommt das bloß?

Diese Geste scheint fürs Nachdenken doch verbreiteter zu sein, als man glaubt.

Herr Wittenstein verzeiht es mir sicher, dass ich ihm posthum einen Bart angedichtet habe, und wer weiß, vielleicht hatte er ja für ein, zwei Jahre doch einnmal einen.

Seine Überlegungen und Schlussfolgerungen sind allerdings bis heute aktuell, so als säße er immer noch vor uns.

Das kleine Wörtchen ist ihm jedenfalls nicht um den Bart gegangen,sondern es hat jämmerlich geklagt, und ich denke, seine Antwort hat es dann wieder zufriedener gestimmt.

Ich danke Dir ganz herzlich für Deine Antwort und wünsche Dir ein schönes Wochenende. :)
Liebe Grüße von Vera-Lena
 

Vera-Lena

Mitglied
Liebe Presque_rien.

da Du kürzlich seitenweise etwas über das Wort "Äh" abschreiben musstest und Du außerdem in "Kurzfassungen" Ludwig Wittgenstein erwähnt hast, mach Dir dieser ältere Text vielleicht etwas Freude.

Liebe Grüße von Vera-Lena
 

presque_rien

Mitglied
Liebe Vera-Lena,

vielen Dank dafür, ein sehr amüsanter und kluger Text! Da triffst du bei mir ins Schwarze: Ich schreibe meine Arbeit über "Kontrastive Konnektoren" - also schöne Wörtchen wie "aber", "doch", "sondern", auch "und" kann kontrastiv sein und "aber" ersetzen (und das, obwohl (<-- auch ein kontrastiver Konnektor) "und" verbindet während "aber" trennt!)... Die Sprachwissenschaft der "kleinen Wörter" oder sogar "Nicht-Wörter" ("äh", Pause etc.) ist, finde ich, ein unheimlich interessantes Thema. Zumal es ja auch Lagerwechsel der Wörter gibt. Im Englischen sagt man "I'm iffy about something" = unentschlossen <-- "if" ("wenn"). Und im Deutschen: "Es gibt immer ein Aber!" Spannend...

Lg Julia
 

Vera-Lena

Mitglied
Liebe Julia,

ja das klingt wirklich sehr interessant. Es sind die Dinge, über die man nie nachdenkt.Wie schön, wenn man herausfinden kann, was da alles drin steckt.
Ich wünsche Dir Freude und Erfolg bei Deiner Arbeit.

Liebe Grüße
Vera-Lena
 

Balu

Mitglied
textmelodie und auch die gelungenen umbrüche
machen mir das bewerten leicht

es weht ein sanfter hauch von trost durch die zeilen

müsste ich ein wort wählen, dass mich spiegelt,
ich könnte sehr mit dem und flirten

grüße vom bären
 

Vera-Lena

Mitglied
Hallo, Balu,

das freut mich aber, dass Du Dich auf den Text hin sogar mit dem Wörtchen "und" also mit dem Verbindenden, Kommunikativen, Geinschaft bildenden Wort identifizieren kannst.

Danke für Deine freundliche Antwort! :)

Liebe Grüße von Vera-Lena
 
M

Märchenfee

Gast
Es macht Freude, hat eine schöne Melodie...ein feines Gedicht.
LG von Petra
 

Talarmar

Mitglied
Lieber Blick

Hallo Vera-Lena

"und" eventuell wird dieser Vorschlag
von Dir akzeptiert. "und" es soll keine
Kritik sein. Glaube mir, sei so "lieb"

Der Philosoph strich sich den Bart,
„vergessen“ fand er ziemlich hart.
schenkt lieb dem Wörtchen einen Blick,
sucht nach behutsamer Kritik.

Bis dann Nachbarin

Dein Talarmar
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Talarmar,

danke für Deinen Hinweis! Nun finde ich gerade das "Liebäugeln" so schön! Ich weiß, dadurch, dass es etwas auseinadergerissen ist, kommt man nicht gleich darauf, dass das Liebäugeln gemeint ist.

Meistens benutzt man dieses Wort für ein Menschenpaar, dass sich gegenseitig noch nicht seine Liebe erklärt hat oder für eine Unternehmung, für die man sich noch nicht enscheiden kann.

Hier äugelt Wittgenstein mit dem Wörtchen lieb, um es zu beruhigen und um etwas Zeit zu gewinnen für die Überlegung, was er dem kleinen Wörtchen jetzt am besten sagen kann.

Ach, das möchte ich so stehen lassen.

Dass Du wieder aufgetaucht bist, finde ich ja schön. Ich hatte schon mal im Telefonbuch nachgesehen, ob Du überhaupt, Herr Nachbar, noch in derselben Stadt wohnst.

Liebe Grüße von Vera-Lena
 

Talarmar

Mitglied
Lieb geäugelt

Liebe Vera-Lena

Ich nehme an, Du fündig geworden.
Dann nimm doch

"Liebäugelt dem Wörtchen einen Blick"

Bis dann

Talarmar
 

Vera-Lena

Mitglied
Danke Talamar,

für den erneuten Vorschlag, aber diese Zeile hätte dann eine Silbe zu viel und die Betonung wäre auf der ersten Silbe, anstatt auf der zweiten.

Liebe Grüße
Vera-Lena
 



 
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