Worpswede erwacht

Pnirff

Mitglied
Worpswede erwacht

Seit 7 Jahren wohne ich in Worpswede, Niedersachsen, an der schönen Hamme, nordöstlich von Bremen, einer Künstlergemeinde mit Kurortcharakter. Durchzogen von alten Fachwerkhäuschen und mittelalterlichen Gebäuden und einer Kirche, der Zionskirche, die auf einer Erhöhung von mehreren Metern liegt. Die höchste Erhebung in Worpswede ist der Weyerberg, der mit stolzen 54,4 Meter über dem Wasserspiegel liegt und im Winter von den Einwohnern des Ortes als Schlittenbahn genutzt wird. Ein Tag an dem Weyerberg im Winter, mit Kindern, Schlitten und heißem Tee, ist wie eine Reise in die eigene Vergangenheit. Man ist in Sekunden wieder 12 Jahre alt und erfreut sich an dem Gefrorenen und kehrt abends mit kalten Gliedern und roten Wangen an den heimischen Ofen zurück, um gemeinsam aufzutauen und sich zu stärken. Dieser malerische Ort versprüht Urlaubsgefühle und täglich werden hunderte Touristen aus Bremen und Umgebung angezogen, die die begehrten Kunstobjekte aus den zahlreichen Galerien im Kern der Gemeinde begutachten und auch stolz erwerben. Am Wochenende gleicht die Hauptstraße und deren Nebenstraßen einem Wochenmarkt und Menschen aus aller Welt gehen von Galerie zu Galerie, wechseln ohne zu schauen die Straßenseiten, gehen mit gesenktem Kopf oder vertieft in einem angeregtem Gespräch die Bergstraße entlang, so dass Anwohner, die mit dem Auto unterwegs sind, diese Straßen meiden. Man kann an der Kleidung der Menschen sehen, dass dieser Besuch für sie etwas besonders sein muss, jeder hat sich fein angezogen, jeder möchte sehen, aber auch gesehen werden. Ich persönlich fahre während dieser Zeit absichtlich durch Worpswede, da ich das Treiben auf der Straße liebe und auch ein wenig stolz bin, dass so viele Menschen ihr Wochenende dort verbringen, wo ich wohne. So gleicht Worpswede jeden Tag einem Fest, mit vielen Besuchern, vielen Attraktionen und lebenden Künstlern, die sich von Touristen erklären lassen, was der Erschaffer des Werkes sich wohl bei der Erstellung des Kunstobjektes gedacht haben muss. Ab 18.00 Uhr allerdings, wenn die Geschäfte, Galerien und öffentlichen Einrichtungen schließen, ebnet sich das Treiben und die Menschenmenge verringert sich drastisch. Schilder werden auf „geschlossen“ gedreht, Verkäuferinnen treten ihren Nachhauseweg zu den nahe gelegenen Dörfern und Städten an, Müll wird entsorgt und die Stehtische vor den zahlreichen Gasthäusern werden mit regenfesten Planen abgedeckt. Die Straßen, die aus Worpswede führen verstopfen und im Kern ist es still, mausestill. Erst nach einer längeren Zeit wackelt hier und dort ein Vorhang, zaghaft werden Türen geöffnet und die ersten Worpsweder treten auf die Straße hinaus, zögerlich und immer über die Schulter blickend. Einige finden sich zu Gruppen und setzen sich langsam und leise an Tischen zusammen um den Abend gemeinsam zu genießen. „Sind se all weg?“ höre ich jemanden fragen. „Nich all, ober genögend, um sik ruttosetten!“ einen anderen antworten. „Wann mokst du dienen Loden eegentlich woller open?“ fragt der eine und zündet sich genüsslich eine alte Pfeife an. „Erst denn, wenn de Stroten no Bremen veriest und woller vull Snee sind!
Die Sonne verschwindet hinter dem Weyerberg und Worpswede ist wach und atmet.
 
N

nobody

Gast
Nicht nur Worpswede wird täglich von Touristen-Heuschrecken heimgesucht. Das abendliche Aufatmen der Stadt und seiner Ureinwohner wäre durchaus Stoff für (noch) eine literarische Betrachtung, auch wenn das Thema sicher nicht das erste Mal behandelt worden ist. Dieser Text hier reißt mich leider nicht vom Hocker. Die Erzählsprache wirkt schulaufsatzmäßig, die Pointe - na ja.

Willkommen in der Leselupe. Hier kann man - wenn man für Kritik aufgeschlossen ist - schreiben lernen. Ich spreche aus eigener Erfahrung.
Gruß Franz
 

Ofterdingen

Mitglied
"Dieser Text hier reißt mich leider nicht vom Hocker. Die Erzählsprache wirkt schulaufsatzmäßig"

Trifft leider zu. Schön, dass dich dein Wohnort so begeistert, doch wirkt dieser Aufsatz wie ein Bild, das einer fleißig von einer Postkarte abgemalt hat oder vom Fremdenverkehrsprospekt der Gemeinde, und ich stelle mir vor, dass die "Kunst" in den Geschäften und Galerien Worpswedes ebenso banale Dutzendware ist.

Als Leser erwarte ich etwas Neues, eine ganz eigene Sichtweise, etwas, das mich fesselt, meine Phantasie anregt. Warum unterhältst du dich nicht zum Beispiel mal mit einem der Ladenbesitzer möglichst intensiv über sein Leben, seine Ängste, Hoffnungen, besonderen Erlebnisse (meinetwegen auch mit Touristen) und verdichtest dann die Einzelheiten zu einer Geschichte, die den Leser neugierig macht, überrascht, fasziniert?

Also sieh zu, dass du das beim nächsten Mal besser machst. Mich würde es freuen.

LG,
Ofterdingen
 
B

bluefin

Gast
ich halte den text für eine satire-stoffsammlung. orte, wo man touristen mit "kunst" beglückt und abgreift, gibt's auch im süden der republik dutzendweis. in bernried am würmsee etwa steht seit 2001 ein buchheim-museum (das die bürger von feldafing nicht haben wollten) und in kochel habens grad erst (2006) ein marc-museum aufgemacht. in beiden orten wälzen sich seither die touris und lassen sich mit billigdrucken, weißwürsten und lokaler "kunst" vollstopfen (in der hochsaison sehr beliebt sind die sog. "heimatabende" oder das "bauerntheater"). und erst der töpfermarkt in dießen am ammersee! da soll auch irgendwo eine kolonie sein, aber kaufen tut man topfblumen, flammkuchen, poster, windspiele, t-shirts und hüte, fischsemmeln, "schmuck" aus indien und massenware aus china. ein paar irdene krügerln heimischer provenienz gibt's auch, aber die sind den heuschrecken meistens zu teuer.

wahrscheinlich muss man ein "zugereister" sein wie du, lieber pnirff, um sich dem wahne hinzugebebn, ein kaff wie deins oder eins der hier aufgezählten würde erst dann wach, wenn der wochenendrummel vorbei ist, und beschäftigte sich dann in der hauptsache damit, sich über den zustrom ebenjener masse aufzuhalten, die ihren laden schmiert.

ich darf dir versichern: das ist nicht der fall. hat der letzte tourist den ort verlassen, werden auch in worpswede die bürgersteige hochgeklappt und die dorflichter ausgeschaltet. mag sein, dass in der "künstlerkolonie" (was immer man unter einer solchen heutzutage auch noch verstehen mag) der eine oder andere weltverbesserer erst des abends wach wird und zu voller form aufläuft: die buden-, kunstschuppen-, ansichtskartenhäusel- und devotionalienkioskbetreiber hängen daheim in den seilen und trinken ihr bier oder ihren schnaps vor dem "tatort" oder vor "wetten, dass?"...*hupps*...

tipp: mach ein bisschen humor an deine scheinidylle - dann würz!

liebe grüße aus münchen

bluefin
 

Wipfel

Mitglied
Hi Pnirff,

eine Erzählung? Ist das nicht. Nö. Eher eine Ortsbeschreibung aus dem Reiseteil einer Wochenzeitung. Da hätte es ein "gern gelesen" von mir bekommen - und zugleich ein nachdenkliches: Was soll ich da?

Grüße von wipfel
 

Clara

Mitglied
das kindisch werden, am Weyerberg beim Rodeln passt schon gar nicht so recht in den Text.

Ich war schon mehrfach dort. Geschäfte? Die Kunst dort ist wohl doch schon ziemlich eingestaubt.
Nichts desto trotz ist es ein nettes Örtchen in dem man seine Kinder grossziehen kann.
Im Winter dort hinreisen?
Ich glaube eher nicht.
 



 
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